[449; Anschrift: Ohlsdorf]
Frankfurt am Main
1. Oktober 1982
Lieber Thomas Bernhard,
ich weiß, daß Frau Zeeh Sie auf dem neuesten Stand hält, aber irgendwann sollte sich ja auch der Verleger wieder einmal zu Wort melden.
Venedig war erholsam, schön teuer, schade, daß wir dort in Torcello nicht essen konnten.1
Jetzt rüsten wir uns zur Buchmesse, für mich ist dies das 30. Mal, also nichts Neues.
Doch schön ist das große Interesse an »Beton«. Wie Sie von Frau Zeeh wissen, haben wir, schon immer geplant, aber jetzt mit der Blöcker-Stimme ausgerüstet, unsere Messe-Anzeigen auf »Beton« konzentriert. Ich hoffe, daß wir nach der 2. Auflage, die jetzt ausgeliefert wird, bald eine 3. Auflage drucken können.
In diesem Sinne Ihnen eine gute und produktive Zeit2 und herzliche Grüße
Ihres
Siegfried Unseld
1 S. U. hält sich mit seiner Frau Hildegard zwischen dem 22. und 27. September in Venedig auf; am 23. September feiert Hildegard Unseld dort ihren 60. Geburtstag.
2 Th. B. hält sich vom 25. Oktober bis Ende November in Dubrovnik auf. Den Rückweg macht er über Frankfurt. S. U. vermerkt über die Begegnung: »Thomas Bernhard kam aus Dubrovnik, wo er fünfeinhalb Wochen ›weilte‹, um sich an den ›volksdemokratischen‹ Einrichtungen zu ärgern und damit die nötige Folie für seine Arbeiten zu haben. Er hat das Stück ›Der Schein trügt‹ fertiggestellt und übergab mir Duplikat Nr. 1. Wir sollten das aber noch nicht publik machen, denn er will erst in der nächsten Woche Peymann ein Exemplar geben. Es ist ein Zwei-Personen-Stück: Karl, ein alter Artist, und Robert, sein Bruder, ein alter Schauspieler, und Thomas Bernhard hat das für die beiden Schauspieler Minetti und Buhre geschrieben. Peymann will das im Juni in Bochum herausbringen. Bernhard sähe gerne, wenn wir das in der Bibliothek Suhrkamp brächten, und zwar in der Ausstattung wie die ›Macht der Gewohnheit‹.
Er hat ein 350seitiges Prosamanuskript in der Schublade. Früherer Titel ›Unruhe‹, jetzt ›Auslöschung‹. Aber er möchte das ruhen lassen. Ihm schwebt vor, eine neue Prosaarbeit zu schreiben, die er im April 83 beendet hat und die dann im Herbst erscheint.«