[108; Anschrift: Ohlsdorf]
Frankfurt am Main
19. Februar 1970
Lieber Thomas Bernhard,
bitte schicken Sie sogleich die Unterlagen für die Prozeßverhandlung, die Sie noch haben, an
Herrn Rechtsanwalt Dr. Peter Stern
Elisabethstr. 2-6
Wien I.
Ich treffe mich mit Herrn Dr. Stern am Montag bzw. Dienstag der kommenden Woche in Wien. Ich möchte noch den Versuch machen, die Angelegenheit irgendwie außergerichtlich zu bereinigen. Dies in gebührender Kürze.1
Herzlich
Ihr
Siegfried Unseld
1 Während seines Wien-Aufenthalts trifft S. U. am 24. Februar Th. B. Der Reisebericht Wien, 23.-25. Februar 1970 hält fest:
»Die Begegnung war schwierig, weil der Anwalt, den fünf Leute mir für Bernhard empfohlen hatten, in seinem Schreiben einen Fehler gemacht hat und Bernhard ihn deshalb nicht nehmen wollte. Wir unterhielten uns dann mit drei anderen Leuten in der ›Furche‹-Angelegenheit und beauftragten schließlich Dr. Schwager, die Interessen von Bernhard zu vertreten.
Ich versuchte bei dem Herausgeber der ›Furche‹, Herrn Lorenz, einen Vermittlungsversuch zu erreichen, der wurde abgelehnt. Die ›Furche‹-Leute wollen ganz offensichtlich eine Verurteilung Bernhards herbeiführen.
Dann hat sich Bernhard sehr skeptisch über unsere Presseabteilung geäußert, die wohl von zwei Rentnern gemacht würde. Man hätte ihm einen abgezogenen Brief geschickt, Besprechungen zugesandt, und die hätten aus einer großen Besprechung und einigen Titelabdrucken bestanden; die wichtigsten großen Besprechungen jedoch hätten gefehlt.
Dann wollte er nicht, daß das ›Kalkwerk‹ im 2. Halbjahr 70 erscheinen sollte. Hier habe ich nun doch heftig widersprochen und ihn in seiner Entscheidung soweit ändern können, daß ich ihm jetzt einen Brief schreibe, in dem ich noch einmal alle Argumente zusammenfasse. Er würde das Ms. für ›Kalkwerk‹ Ende März, spätestens zum 15. 4. abliefern. Der BS-Band ›Midland‹ würde in diesem Fall auf Januar 1971 verschoben.
Telefonat mit dem Burgtheater, Generalintendant Hoffmann. Die Burg kann leider ›Ein Fest für Boris‹ nicht ins Repertoire aufnehmen. Eine Studiobühne steht nicht zur Verfügung. Man verzichtet auf diesen Plan. Man muß das Frau van Witt, die nicht in Wien war, mitteilen.«