[323; Anschrift: Ohlsdorf]
Frankfurt am Main
15. Juli 1975
Lieber Thomas Bernhard,
auch ein Verleger ist ein Mensch. Auch er braucht seine Streicheleinheiten. Wenn er nur geprügelt, wie ein Hund geprügelt wird, dann kann er ja nur noch hündisch werden . . .
Ich schickte Ihnen ein Telegramm mit zwei Daten für ein Treffen. Ich hoffe, eines paßt Ihnen. Zu diesem Treffen brächte ich dann das dritte Darlehens-Viertel mit.
Was die Verträge betrifft, so hatte ich von vorneherein die Idee, das nicht vor den Ferien aufzunehmen. Sowohl Kaut als auch Klingenberg hätten die Sache in die Ferien hinein verzögert, die Verträge wären dann wochenlang liegengeblieben, und das ist nicht gut. Ein Vertrag sollte, wenn er vorliegt, dann auch unterzeichnet werden. An Kaut schicke ich den Vertrag Ende Juli, an Klingenberg Mitte August.
Ihr Brief vom 10. Juni nebst der polnischen Anlage war ein Irrläufer; er kam praktisch erst mit Ihrem zweiten Brief vom 6. Juli hier an.
Ich kann nicht beurteilen, ob man mit dem Text »Minetti« einen Band in der Bibliothek Suhrkamp machen kann, dazu müßte ich wirklich den Text kennen oder von Ihnen ausführlich informiert werden. Es ist dabei auch zu bedenken, daß wir doch wahrscheinlich »Die Berühmten« und dann auch das nachfolgende Stück wieder in der BS machen wollen, und eine allzu große Häufung von Titeln von Ihnen in der Bibliothek Suhrkamp ist für beide Teile nicht gut.
Ich verstehe nicht, daß Sie sich so aufregen, wenn Fehler vorkommen; diese Dinge kann man bei einer zweiten Bindequote bereinigen, und dann ist die Sache ausgestanden. Man kann in einem großen Betrieb nicht alles selber machen, und Fehler kommen halt leider vor. Vollkommen ist niemand – nur Thomas Bernhard, wenn er schimpft.
Frau Borchers hat die Fahnen zur »Korrektur« in zwei Schüben unserer Expedition gegeben. Diese hat dann diese zwei Schübe in vier aufgeteilt, und zwar, wie mir versichert wurde, aus zolltechnischen Gründen. Sie wollen ja auch nicht für die Abholung der Pakete auf den Zoll rennen.
Das ist der Grund auch, warum wir Ihnen bisher keine Bücher geschickt haben. Schicken wir Bücher, so müssen Sie zum Zoll und schimpfen; schicken wir Ihnen keine, schimpfen Sie auch.
Im übrigen habe ich das Buch »Korrektur« sehr gerne, um nicht zu sagen geradezu lieb. Ich werde mich dafür einsetzen, und wir werden das Buch gehörig ins Zentrum stellen. So bei einer Veranstaltung während der Suhrkamp-Buchwoche in Frankfurt am Freitag, dem 19. September, vor etwa 150 geladenen Gästen, von A (Abs) bis Z (Professor Zeller, Marbach) werden die wichtigsten Leute aus dem intellektuellen und ökonomischen Bereich anwesend sein. Im Mittelpunkt dieser Veranstaltung steht eine 20minütige Lesung von Ihnen aus »Korrektur«.
Mit den Polen verhandeln wir schon seit längerem! Der Verlag hat uns ein Angebot für »Frost« gemacht: 7% für 10 000 Auflage, zahlbar bei Erscheinen je zur Hälfte in Devisen und in Zloty. Dieses Angebot haben wir angenommen, seither warten wir auf den unterschriebenen Vertrag. Über Sie möchte man jetzt vermutlich erreichen, daß alles in Zloty gezahlt wird, das Honorar also untransferierbar ist. Ist das so in Ihrem Sinne?
Mit Erval habe ich vor vier Wochen bei seinem Besuch in Frankfurt über eine Ausgabe der »Stücke« gesprochen. Er wollte sich darum kümmern. Nichts läuft von selbst! Wir tun das Unsere.
Und kein Wort der Anerkennung für das, was wir mit der Theaterproduktion geschafft haben! Hier ist wirklich Basis-Arbeit für Sie geleistet worden.
Ich hoffe, wir sehen uns bald.
Herzlich
Ihr
[Siegfried Unseld]