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Wien
18. 5. 67
Lieber Dr. Unseld,
in meinem Safe, der gar kein imaginärer ist, ist als Wichtigstes das Vertrauen meines Verlegers zu mir aufbewahrt, ein wunderbarer selbstverständlicher Schatz.
Ich finde, die Kritiker, ob dumm oder nicht, haben sich von meinem Buch aufregen lassen, das ist der Sinn eines solchen Buches. Wie Sie ja wahrscheinlich, sicher wissen, gibt es ja überhaupt nur dumme, darunter aber verheerend ganz dumme Kritiker. Ich weiss das und die Kost verdirbt mir nicht den Magen, wichtig ist nur, wie und in welchem Rahmen die Kritikerdummheit aufgetragen wird, das Besprechungsmenu, das auf eine Veröffentlichung folgt.
In 14 Tagen schicke ich das Theaterstück an Herrn Braun, es heisst »Ein Fest für Boris« – und im nächsten Jahr, im Herbst, werde ich meinen neuen Roman herausbringen, mein Verleger wird es tun und |ich| werde arbeiten, nichts als arbeiten und mein lebenslängliches Vergnügen daran haben.
Sie haben einen Autor, der nicht dumm ist und sich nicht irritieren lässt.
Sehr herzlich
Ihr
Thomas Bernhard