[259; Anschrift: Ohlsdorf]
Frankfurt am Main
29. August 1973
Lieber Herr Bernhard,
mit der Ortsangabe »Wolfsegg« kam ein eher verstümmeltes Telegramm hier an. Die Verabredung mit Herrn Kaut sei perfekt, Regie Dorn, Bild Minks, danach war aber alles verstümmelt.
Die wichtigste Frage: haben Sie mit Kaut über eine Tantiemenpauschale gesprochen? Fiel der Betrag von DM 40.000.—, oder soll ich versuchen, ihn noch höher anzusetzen? Bitte, schreiben Sie mir, rufen Sie mich an, oder schicken Sie mir ein Telegramm. Ich setze mich danach sofort mit ihm in Verbindung.1
Ich nehme Ihre Absage für eine Frankfurter Lesung während der Buchmesse also definitiv, doch in einem Punkt möchte ich insistent bleiben: es wäre eine optimale Angelegenheit, wenn wir zu Weihnachten ausgesuchten Buchhändlern und einem ganz kleinen Kreis sicherer Bernhard-Freunde unter den Rezensenten die »Korrektur« als Vorexemplar übergeben könnten. Um das möglich zu machen, brauchen wir bis zum 15. September den Text. Geht das?2
Schöne Grüße
Ihr
[Siegfried Unseld]
1 Am 29. August schreibt Josef Kaut an den Suhrkamp Verlag: »Gestern hatte ich ein ausführliches Gespräch mit Herrn Thomas Bernhard, das die Uraufführung seiner Komödie ›Die Macht der Gewohnheit‹ bei den Salzburger Festspielen betraf. Herr Bernhard hat erklärt, daß er bei diesem Stück an das Salzburger Landestheater und die Salzburger Festspiele gedacht habe und daß es sein größter Wunsch ist, daß dieses neue Werk bei uns aufgeführt wird.« S. U. antwortet unter dem Datum des 31. August: »Auch ich bin wie Sie erfreut, daß Thomas Bernhard die Uraufführung seiner Komödie ›Die Macht der Gewohnheit‹ den Salzburger Festspielen anvertrauen möchte. Sie haben sicherlich gelesen, daß in der Kritikerumfrage von ›Theater heute‹ ›Der Ignorant und der Wahnsinnige‹ als das ›wichtigste Stück der Spielzeit 72/73 bewertet wurde. [. . .] Gerne schließen wir mit Ihnen einen Vertrag über die Aufführung. [. . .] Nun zu der anderen Frage im Zusammenhang dieses Stückes. Ich gehe davon aus, daß Thomas Bernhard Sie über unser Vorhaben, das Stück in der Regie und Besetzung der Salzburger Festspiele im Anschluß an die Aufführungen in Salzburg auf Tournee gehen zu lassen, informiert hat. Müssen wir darüber nicht bald ein detailliertes Gespräch führen, da das Engagement der Schauspieler durch diesen Plan ja deutlich beeinflußt wird?«
2 Die Verlagskopie des Briefs trägt über der Anschrift den handschriftlichen Vermerk »Eilboten«.