[50]
Ohlsdorf
27. 7. 68
Lieber Herr Dr. Unseld,
heute gehen die Fahnen von »Ungenach« nach Frankfurt zurück, gleichzeitig, in diesem Kuvert, der Vertrag für den Band. Ich bin in Ohlsdorf, mein Finanzamt ist in Wien, ich kann also den »Antrag« nicht unterschrieben zurückschicken, Sie dürfen nicht gegen Ihr Gesetz zuwiderhandeln, also bitte ich Sie, mir die 75% von 3.000.— sofort an mich in Ohlsdorf zu überweisen, ich habe einen Installateur, einen Dachdecker und einen Zementlieferanten zu zahlen, mir aber die restlichen 25% zu reservieren, denn wenn ich in Wien bin, gehe ich sofort aufs Finanzamt usf.1
Ich freue mich im Grunde sehr auf das Buch.2
Dass die »Verstörung« in der Bibliothek herauskommt, ist auch eine gute Nachricht, also »ich bin gewillt und imstande« usf., die »Verstörung« betreffend. Natürlich.
Den Absatz über das Darlehen verstehe ich im Augenblick nicht, weil mich meine Arbeit am »Roman« so beschäftigt wahrscheinlich. Aber das Ganze schaut wie Vernunft aus.
Ich bin ja am 24. 9. in Darmstadt zu einer Lesung und werde vorher oder nachher in Frankfurt sein, wahrscheinlich sind Sie in Frankfurt und es gibt Gelegenheit, über alles ein kurzes Gespräch zu führen.
Neinnein, ich bin sehr glücklich, gut in Fahrt und ein Freund von Candide.
Herzlich
Ihr
Thomas Bernhard
1 Am Rand dieses Absatzes findet sich der handschriftliche Vermerk von dritter Seite »not[iert] Buchhaltung«.
2 Th. B. schreibt am selben Tag an Günther Busch: »Ihre Änderungen sind gut, ein paar habe ich noch gemacht, auch zwei, drei Kleinigkeiten ›rückgängig‹. Ich freue mich sehr auf das Buch und bitte, ist eins fertig, mir das gleich zu schicken. Ich habe eine besondere Bitte, das Biographische betreffend, das mir immer Magenweh verursacht. Ich wünsche mir, dass die Biographie nur enthält: ›Thomas Bernhard, geboren am 10. Februar 1931 in Heerlen / Holland, lebt in Ohlsdorf, Oberösterreich.‹ aus, fertig. Nichts von freier Schriftsteller (im »Prosa«-Band heißt es ›Schiftsteller‹) usf., das ist alles widerwärtig und uninteressant.«