[4; Anschrift: St. Veit im Pongau1]
Frankfurt am Main
11. Dezember 1964
Lieber Herr Bernhard,
ich höre eben, daß Sie den Bremer Literaturpreis bekommen. Dazu möchte ich Sie von Herzen beglückwünschen – Sie haben diesen Preis verdient und auch die öffentliche Anerkennung, die damit verbunden ist.2 Der Verlag wird sich bemühen, dies genügend auszunützen.
Von Frau Botond erfahre ich, daß Sie wieder aus Jugoslawien zurückgekehrt sind. Wie sieht es mit Ihren Reiseplänen aus? Es scheint mir richtig, daß wir uns einmal in Ruhe aussprechen. Mir liegt viel daran, Ihre Arbeiten im Insel Verlag zu haben, und ich bin auch gern bereit, unser Interesse so zu bekunden, daß wir a conto der Honorare des neuen Buches entweder eine größere Zahlung oder auch lfd. monatliche Zahlungen leisten. Am besten, wir verständigen uns darüber mündlich, ich wollte Ihnen aber doch meine Bereitschaft dazu schon heute mitteilen.3
Ich nehme an, daß Sie zur Preisverleihung nach Bremen fahren werden. Ich selbst habe für den 28. und 29. Januar schon einen unaufschiebbaren Termin in Paris. Wir könnten uns aber für den Fall, daß Ihre Bremer Reise in diese Zeit fällt, vorher oder nachher sehen und sprechen.
Nochmals herzlichen Glückwunsch!
Ihr
Siegfried Unseld
1 Im Donauerhof, einer Pension in St. Veit im Pongau – dem Ort im Land Salzburg, in dem Th. B. zwischen 1949 und 1951 mehrere Monate (vom 27. Juli 1949 bis zum 26. Februar 1950 sowie vom 13. Juli 1950 bis zum 11. Januar 1951) Patient der Lungenheilanstalt Grafenhof ist —, halten sich Th. B. und Hedwig Stavianicek in den fünfziger und sechziger Jahren häufig auf.
2 Der damals mit 10 000 DM dotierte Rudolf-Alexander-Schröder-Stiftung / Literaturpreis der Freien und Hansestadt Bremen (der seit 1954 vergeben wird) für das Jahr 1965 wird Th. B. für Frost zuerkannt.
3 Anneliese Botond berichtet Th. B. am selben Tag, ebenfalls nach St. Veit im Pongau, in einem handschriftlichen Brief: »Lieber Herr Bernhard, Unseld war extra ins Haus gekommen, um mit uns über Sie zu sprechen. [. . .] keine fünf Minuten, da kam die Nachricht vom Preis! Kommt er nicht wie gerufen? [. . .] Es sieht jetzt fast so aus, als ob Unseld Ihnen ein Angebot auf den Preis hin machte. So ist es aber wirklich nicht. Es ist ein reiner Zufall.«