Ein neuer Gesellschaftsvertrag
Kollektives Handeln von Arbeitnehmern und Bürgern unterstützen. Die Spielregeln wirken sich auf die Verhandlungsstärke der verschiedenen Beteiligten aus. Wir haben Spielregeln geschaffen, die die Verhandlungsposition der Arbeiter gegenüber dem Kapital schwächen, und dies führte dazu, dass sich die Lage der Arbeiter verschlechterte. Der Mangel an Arbeitsplätzen und die strukturellen Asymmetrien im Globalisierungsprozess lösten einen Wettbewerb um Arbeitsplätze aus, bei dem die Arbeitnehmer verloren und die Kapitaleigner gewannen. Unabhängig davon, ob dies das Ergebnis einer zufälligen Entwicklung oder einer gezielten Strategie ist, müssen wir den Tatbestand anerkennen und das Ruder herumreißen. Eine Gesellschaftsordnung und ein Regierungssystem, die dem Gemeinwohl dienen – in Einklang mit den Grundsätzen der Gerechtigkeit, des Fairplay und der Chancengleichheit –, erhalten sich nicht von selbst aufrecht. Jemand muss sich darum kümmern. Andernfalls werden unsere Regierung und unsere Institutionen von Sonderinteressen vereinnahmt. Zumindest brauchen wir Gegenmächte. Doch unsere Gesellschaft und unser politisches System sind aus dem Gleichgewicht geraten. Alle von Menschen geschaffenen Institutionen sind fehlbar; alle haben ihre Schwächen. Niemand käme auf die Idee, Großunternehmen deshalb abschaffen zu wollen, weil viele von ihnen ihre Mitarbeiter ausbeuten oder die Umwelt schädigen oder sich wettbewerbswidrig verhalten. Vielmehr erkennen wir die Gefahren, regulieren den entsprechenden Sektor, versuchen Verhaltensänderungen zu bewirken – auch wenn wir wissen, dass uns dies niemals hundertprozentig gelingen wird. Aber diese Eingriffe können immerhin das Verhalten verbessern.
Gewerkschaften treten wir jedoch vollkommen anders gegenüber. Sie werden verunglimpft, und in vielen Bundesstaaten gibt es unverhohlene Bestrebungen, sie weiter zu schwächen, während die wichtige Rolle negiert wird, die sie als Korrektiv zu anderen Sonderinteressen und als Verteidigerinnen jener grundlegenden sozialen Absicherung spielen, die unabdingbar ist, wenn Arbeitnehmer Veränderungen akzeptieren und bereit sein sollen, sich an den Wandel der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen anzupassen.19
Positive Diskriminierung, um das Erbe der Diskriminierung zu überwinden. Eine der ärgerlichsten – und am schwersten auszumerzenden – Ursachen der Ungleichheit ist Diskriminierung, sowohl die fortdauernde Diskriminierung der Gegenwart als auch die Altlasten vergangener Diskriminierung. In verschiedenen Ländern nimmt die Diskriminierung unterschiedliche Formen an, aber fast überall gibt es Rassen- und Geschlechterdiskriminierung. Von sich aus beseitigen Marktkräfte diese Benachteiligung nicht. Wir haben gesehen, wie die Marktkräfte, zusammen mit sozialen Kräften, Diskriminierung sogar aufrechterhalten. Aber diese Benachteiligung untergräbt unsere Grundwerte, die Basis unseres nationalen Zusammengehörigkeitsgefühls. Strenge Antidiskriminierungsgesetze sind wichtig; dennoch wirken die Folgen vergangener Diskriminierungen fort, so dass wir selbst dann, wenn es uns gelänge, jegliche Diskriminierung heute zu beseitigen, deren Folgen weiterhin ausgesetzt wären. Zum Glück haben wir gelernt, wie wir die Situation durch positive Diskriminierung verbessern können – die dazu entwickelten Programme sind »weicher« als feste Quoten, doch wenn sie besonnen umgesetzt werden, können sie dazu beitragen, dass sich unsere Gesellschaft in einer Weise entwickelt, die mit unseren Grundwerten in Einklang steht. Weil Bildung der Schlüssel zu Chancengleichheit ist, ist ein solches Vorgehen im Bildungswesen vielleicht sogar noch wichtiger als anderswo.