Misstrauen, Medien und Verdrossenheit
Kein Ökonom bezweifelt die Bedeutung eines funktionierenden Wettbewerbsmarktes für Güter und Dienstleistungen. Noch wichtiger für unsere Gesellschaft und unsere Politik ist jedoch ein Wettbewerbsmarkt der Ideen. Aber leider ist dieser Markt verzerrt – und wird auch so wahrgenommen.22 Bürger können als Wähler keine sachlich fundierten Entscheidungen treffen, wenn sie keinen Zugang zu den erforderlichen Informationen erhalten. Ist die Medienberichterstattung tendenziös, dann erhalten die Wähler keine ausgewogenen Informationen. Und selbst wenn die Medienberichterstattung ausgewogen wäre, wissen die Bürger, dass die Informationen, die die Regierung gegenüber den Medien offenlegt, dies möglicherweise nicht sind.
Als John Kenneth Galbraith vor etwa sechzig Jahren erkannte, dass nur auf wenigen Märkten annähernd »vollständige Konkurrenz« herrschte, wie Ökonomen sagen, hob er die Bedeutung »ausgleichender Gegenkräfte« hervor.23 Wir werden in den Vereinigten Staaten niemals eine wirklich vielfältige Medienlandschaft haben, mit einer Fülle von Zeitungen und Fernsehsendern, die unterschiedlichste Standpunkte vertreten, aber wir könnten besser sein. Wir könnten die Einhaltung des Wettbewerbsrechts strenger überwachen, in dem Bewusstsein, dass es um mehr geht als nur um die Kontrolle etwa des Werbemarktes – es geht auch um die Kontrolle des Marktes für Ideen. Wir könnten besonders auf Versuche von Medienkonzernen achten, Zeitungen, Fernseh- und Radiosender zu kontrollieren. Und wir könnten jene Medien öffentlich unterstützen, die dazu beitragen, die Medienlandschaft bunter zu machen. Schließlich ist das Gemeinwohl ein öffentliches Gut – das heißt, alle profitieren davon, wenn der Staat gut funktioniert. Es ist eine grundlegende Erkenntnis der Wirtschaftswissenschaften, dass private Märkte von sich aus zu wenig in öffentliche Güter investieren, da der gesamtgesellschaftliche Nutzen weit größer ist als der Nutzen für das Individuum selbst. Es ist für eine gut funktionierende Demokratie wichtig, gut informierte Bürger zu haben, und dies wiederum erfordert aktive und vielfältige Medien. Andere Länder haben – mit einigem Erfolg – versucht, diese Pluralität zu gewährleisten, indem sie den Medien eine breite öffentliche Unterstützung zukommen lassen, angefangen von nationalen öffentlichen Radiosendern bis zu kommunalen Radiostationen und zur Förderung von Lokalzeitungen selbst in kleineren Gemeinden.24
Auch unsere Medienlandschaft könnte ausgewogener sein. Gegenwärtig ist es so, dass das oberste eine Prozent in den Medien das Sagen hat. Die Superreichen verfügen über die Mittel, um kritische Medien aufzukaufen und zu kontrollieren, und einige von ihnen sind bereit, dafür sogar Verluste in Kauf zu nehmen, denn es handelt sich um eine Investition zur Sicherung ihrer ökonomischen Position.25 Wie die politischen Investitionen von Banken mögen auch diese Investitionen viel höhere private Erträge abwerfen als gewöhnliche Investitionen – wenn man die Auswirkungen auf den politischen Prozess mit berücksichtigt.26
Das gehört zur Entstehungsgeschichte von Misstrauen und Verdrossenheit dazu: Nicht nur das Vertrauen in die Fairness unseres politischen und wirtschaftlichen Systems ist verloren gegangen; auch das Vertrauen in die Informationen, die über unser politisches und ökonomisches System zur Verfügung gestellt werden, ist dahin.27