Zum Schluss
Für die meisten Menschen sind Löhne die wichtigste Einkommensquelle. Makroökonomische und geldpolitische Maßnahmen, die zu höherer Arbeitslosigkeit – und niedrigeren Löhnen für den Durchschnittsbürger – führen, sind heute eine Hauptursache für die wachsende Ungleichheit in unserer Gesellschaft. In den letzten 25 Jahren ist es den Institutionen, die für die makroökonomische und insbesondere die Geldpolitik zuständig sind, nicht gelungen, Stabilität zu erreichen; sie haben kein nachhaltiges Wachstum generiert und, was am wichtigsten ist, sie haben kein Wachstum geschaffen, von dem die meisten Bürger in unserer Gesellschaft profitiert hätten.
Angesichts dieses spektakulären Versagens hätte man erwarten können, dass nach alternativen makroökonomischen und geldpolitischen Ordnungsrahmen gesucht wird. Aber so wie die Banken – die behaupten, kein System sei absturzsicher, sie seien die Opfer einer Jahrhundertflut, und unsere gegenwärtige Rezession sei kein Grund, ein System zu ändern, das sich bewährt habe – erstaunlich erfolgreich darin waren, eine erneute stärkere Regulierung zu verhindern, so zeigen viele derjenigen, die an den makroökonomischen Irrlehren festhielten, die einer nachweislich verfehlten Geldpolitik zugrunde liegen, keinerlei Reue. Diese Überzeugungen haben sich als recht änderungsresistent erwiesen. Die Theorie sei richtig gewesen, behaupten sie; nur bei der Umsetzung habe es etwas gehapert.58
In Wahrheit haben die makroökonomischen Modelle der Ungleichheit und den Verteilungsfolgen wirtschaftspolitischer Maßnahmen zu wenig Beachtung geschenkt. Politische Entscheidungen auf der Basis dieser fehlerhaften Modelle haben die Krise mit verursacht und sich zugleich als untauglich zu ihrer Bewältigung erwiesen. Möglicherweise werden sie sogar dazu beitragen, dass die Erholung, wenn sie denn kommt, keine Beschäftigungseffekte entfaltet. Für die Zwecke dieses Buches am wichtigsten ist die Tatsache, dass die makroökonomischen Strategien zu der starken Verteilungsungerechtigkeit in den USA und anderen Ländern beitrugen.
Anders als es die Verfechter dieser makroökonomischen Strategien behaupten, sind sie keineswegs für alle die besten. Die eine beste Politik gibt es nicht. Wie ich in diesem Buch betonte, haben wirtschaftspolitische Weichenstellungen immer Verteilungsfolgen, so dass die Interessen von Anleiheinhabern und Schuldnern, Jung und Alt, Finanzsektor und anderen Sektoren et cetera immer gegeneinander abgewogen werden müssen. Es hätte durchaus alternative Strategien gegeben, die gesamtwirtschaftlich bessere Leistungen erzielt hätten – insbesondere wenn wir die ökonomische Leistungsfähigkeit danach beurteilen, wie sie sich im Wohlbefinden der meisten Bürger niederschlägt. Aber wenn diese Alternativen umgesetzt werden sollen, müssen die institutionellen Rahmenbedingungen der Entscheidungsfindung verändert werden. Wir können uns keine Geld- und Währungsordnung leisten, die von Menschen gesteuert wird, auf die die Denkweise der Banker abgefärbt hat, und die de facto allein dem Interesse des obersten einen Prozents verpflichtet ist.