Zum Schluss
Die Rezepte der Banker und anderer Spitzenverdiener zur Krisenbewältigung – Lohn- und Etatkürzungen – werden unsere Volkswirtschaften nicht wieder zum Blühen bringen. Es ist sogar fraglich, ob ihre politischen Empfehlungen unter den gegenwärtigen Bedingungen einer schwachen Konjunktur überhaupt zu einer nachhaltigen Verringerung des Defizits führen werden: Ein niedrigeres BIP und höhere Arbeitslosigkeit bedeuten geringere Steuereinnahmen und höhere Ausgaben. Und es steht auch dahin, ob sie tatsächlich im Interesse des obersten einen Prozents sind, auch wenn man leicht nachvollziehen kann, weshalb es dies glauben mag. Durch Lohnkürzungen (»stärkere Flexibilisierung des Arbeitsmarktes«) werden die Unternehmensgewinne erhöht, sofern der Umsatz konstant bleibt. Außerdem geht es den Banken vor allem darum, ihre Außenstände hereinzuholen. Sie denken typischerweise an einen Haushalt, der ihnen Geld schuldet. Aber die Analogie zwischen dem Haushalt und der Volkswirtschaft ist falsch: Die Kürzung von Staatsausgaben zerstört die Nachfrage und Arbeitsplätze. Ein privater Haushalt verfügt nicht über das nötige Geld, um seine Schulden bei der Bank zu tilgen, wenn zeitgleich mit Ausgabenkürzungen sein Einkommen sinkt. Und die Rückzahlung wird dem Haushalt sogar noch schwerer fallen, wenn sein Einkommen um ein Vielfaches des Betrages sinkt, um den er seine Ausgaben gekürzt hat – aber genau dies geschieht, wie Ökonomen nachgewiesen haben.
Bemerkenswert ist, wie viele Leute – Experten und gewöhnliche Bürger, Amtsträger und andere – dem Mythos der Sparsamkeit und dem Mythos, das Staatsbudget sei mit dem Budget eines privaten Haushalts zu vergleichen, auf den Leim gegangen sind. Ein gleichlautendes, besonders raffiniertes Argument, das die Konservativen gegen makroökonomische Eingriffe vorbringen, hat ebenfalls breite Resonanz gefunden: Es gab ein Konjunkturpaket. Die Wirtschaftslage verbesserte sich nicht. Sie verschlechterte sich sogar. Ergo: Das Konjunkturpaket hat nichts gebracht. Aber der Stimulus hat durchaus gewirkt; er sorgte nämlich dafür, dass die Arbeitslosigkeit nicht noch höher ausfiel.
Das oberste eine Prozent hat die Budgetdebatte an sich gerissen und absichtlich tendenziös verzerrt, indem es nachvollziehbare Bedenken gegen überhöhte Staatsausgaben als Deckmantel für ein Programm zum Staatsabbau benutzte, ein Programm, das heute die Konjunktur schwächen, das zukünftige Wachstum verringern und, was für die Fragestellung dieses Buches besonders wichtig ist, die Schere zwischen Arm und Reich noch weiter öffnen wird. Die Superreichen sahen die haushaltspolitische Kontroverse zudem als Gelegenheit, für ein geringeres Maß an Steuerprogression und eine Kürzung der ohnehin schon eingeschränkten sozialen Sicherungssysteme zu plädieren.
Angesichts der strukturellen Schwächen unserer Wirtschaft (unzureichende Nachfrage in der Gegenwart und unzureichende Investitionen in die Zukunft) konzentriert sich der Defizitfetischismus auf das falsche Problem, zumindest im Moment. Doch selbst wenn man sich dem Defizitfetischismus anschließen wollte, gibt es, wie wir gezeigt haben, eine alternative Steuer- und Ausgabenpolitik, die gleichzeitig die ökonomische Effizienz steigern, die gesamtwirtschaftliche Produktion erhöhen und die Arbeitslosigkeit senken sowie eines der brisantesten Probleme der USA, die zunehmende Verteilungsungerechtigkeit, entschärfen könnte.
Eine Hauptursache für Einkommensgefälle ist Arbeitslosigkeit. Nicht nur die Arbeitslosen, sondern auch die Erwerbstätigen verzeichnen Einkommensverluste, da hohe Arbeitslosigkeit die Löhne stark unter Druck setzt. Da die parteipolitische Blockade in den USA fiskalpolitische Maßnahmen (Steuern und Ausgaben) zur Wiederherstellung der Vollbeschäftigung weitgehend ausschließt, hat sich die Hoffnung auf die Geldpolitik verschoben. Wie in diesem Kapitel aufgezeigt, könnte sich die Lage noch weiter verschlechtern: Der Defizitfetischismus könnte in eine strenge Sparpolitik münden, die die Wirtschaft weiter abwürgen und der Geldpolitik eine noch größere Bürde auferlegen würde. Aber ist die Geldpolitik dieser Aufgabe gewachsen? Im nächsten Kapitel werde ich zeigen, weshalb die Geldpolitik das Gemeinwohl nicht in der Weise gefördert hat, wie sie es hätte tun sollen: Sie diente vor allem dem Finanzsektor und den Interessen der oberen Zehntausend.