Die Globalisierung bändigen: Wie man faire Bedingungen schafft und den Unterbietungswettlauf beendet
Sowohl die Globalisierung als auch der technische Fortschritt tragen zur Polarisierung unseres Arbeitsmarktes bei, aber dabei handelt es sich nicht um abstrakte Marktkräfte, die vom Himmel fallen; vielmehr verleiht die Politik ihnen ihre konkrete Gestalt. Ich habe erklärt, inwiefern die Globalisierung – insbesondere unsere asymmetrische Globalisierung – die Verhandlungsposition des Faktors Arbeit gegenüber dem Faktor Kapital schwächt. Während die Globalisierung der Gesellschaft insgesamt nützen mag, gerieten viele dadurch aufs Abstellgleis – was nicht weiter verwunderlich ist, wenn man bedenkt, dass die Globalisierung so genutzt wird, dass sie einseitig zum Vorteil von Unternehmens- und anderen Sonderinteressen ausfällt. Allzu oft wird die Globalisierung als Vorwand herangezogen, um Arbeitnehmer noch schlechter zu stellen, nicht nur durch Lohnsenkungen, sondern auch durch den Abbau von Sozialleistungen. Der Zulauf, den die Bewegung der Globalisierungsgegner verzeichnet, ist unter diesen Umständen voll und ganz verständlich.
Dabei gibt es vielfältige Möglichkeiten, um im Rahmen der Globalisierung einen besser und gerechter gestalteten Interessenausgleich zwischen allen betroffenen Gruppen zu erreichen.12
In vielen Ländern hatte der Ansturm von vagabundierendem Spekulationskapital verheerende Folgen; er hat in Form von Wirtschafts- und Finanzkrisen schwere Verwüstungen angerichtet. Grenzüberschreitende Kapitalströme, insbesondere solche, die zu kurzfristigen Spekulationszwecken erfolgen, müssen reguliert werden. Gewisse Beschränkungen des ungezügelten Kapitalflusses würden in vielen Ländern nicht nur die Wirtschaft stabilisieren, sondern auch dafür sorgen, dass die Kapitalmärkte den Rest der Gesellschaft nicht mehr so fest im Griff hätten. Die Ansicht mag in den Vereinigten Staaten auf Widerstand stoßen. Doch aufgrund unserer Vormachtstellung in der Weltwirtschaft haben wir die Chance, die Globalisierung aktiv mitzugestalten – eine Chance, die andere nicht haben.
Wir müssen erkennen, dass es zu einem Unterbietungswettlauf gekommen ist, der uns allen geschadet hat, und dies bei der Neuordnung der Globalisierung berücksichtigen. Die Vereinigten Staaten sind am ehesten in der Lage, diese Abwärtsspirale zu beenden (wenn ihre internen politischen Grabenkämpfe dies zuließen); sie können sich für einen Ausbau der Arbeitnehmerrechte und bessere Arbeitsbedingungen, eine strengere Regulierung der Finanzmärkte und effektiveren Umweltschutz einsetzen. Aber auch andere Länder können sich zusammentun und gemeinsam gegen den Unterbietungswettlauf ankämpfen.
Die Globalisierungsbefürworter sollten einsehen, dass es sogar in ihrem Interesse ist, der Globalisierung Zügel anzulegen. Denn wenn die Globalisierung nicht in wohlgeordneten Bahnen verläuft, besteht das sehr reale Risiko eines Rückfalls in Protektionismus oder andere Formen der Beggar-thy-neighbour-Politik, die darauf hinausläuft, dass durch hohe Exportüberschüsse auch Arbeitslosigkeit exportiert, der Nachbar »an den Bettelstab« gebracht wird.
Die Vereinigten Staaten können einige konkrete Maßnahmen ergreifen, um die Globalisierung in einer Weise neu auszurichten, die weltweit für mehr Gerechtigkeit und Effizienz sorgen wird. So fördert etwa das geltende US-Steuerrecht, demzufolge (internationale) Gewinne von US-Aktiengesellschaften erst dann zu versteuern sind, wenn sie ins Inland transferiert werden, die Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland. Unser globales Wettbewerbssystem ermuntert Unternehmen, ihre Standorte nicht nach Maßgabe einer Optimierung ihrer globalen Effizienz, sondern nach den niedrigsten Steuersätzen auszuwählen; dass sich Unternehmen so verhalten, mag verständlich sein, da der Steuerwettbewerb ihren Nachsteuer-Gewinn erhöht, aber dieser Unterbietungswettstreit verzerrt die Weltwirtschaft und untergräbt die Fähigkeit der Staaten, Kapital angemessen zu besteuern. Die Vereinigten Staaten zum Beispiel könnten Unternehmen, die auf ihrem Hoheitsgebiet geschäftlich aktiv sind, nach der vollen Höhe ihres Gewinns, den sie mit ihrem Umsatz in den Vereinigten Staaten erzielen, besteuern, unabhängig davon, wo diese Unternehmen produzieren.13