Politische Reformen
Die meisten Amerikaner erkennen mittlerweile, wie wichtig es ist, dass unser politischer Prozess in einer Weise reformiert wird, der ihn für die Wünsche der Mehrheit empfänglicher und gegen die Macht des Geldes unempfindlicher macht. So wie die politischen Spielregeln den Vermögenden heute unverhältnismäßig viel Einfluss gewähren, so ließe sich mit einer Änderung der Spielregeln dem Demokratiedefizit unserer Gesellschaft auch entgegenwirken. Wir können und sollten zum Beispiel die Spielregeln ändern, um sicherzustellen, dass möglichst viele Bürger zur Wahl gehen – indem wir aufhören, ganzen Bevölkerungsgruppen das Wahlrecht entziehen zu wollen, und es den Armen erleichtern, ihre Stimme abzugeben. Der Manipulation von Wahlrechtsbezirken, die die Reaktionsfähigkeit des politischen Systems herabsetzen soll, muss ebenso ein Riegel vorgeschoben werden wie der »Drehtür«-Praxis, die es Leuten aus dem Bankensektor ermöglicht, mühelos von der Wall Street nach Washington und wieder zurück zu wechseln. Regeln wie die Wahlpflicht, die es zum Beispiel in Australien gibt, führen vorhersagbar zu einer höheren Wahlbeteiligung und dazu, dass die Wahlergebnisse die in der Gesellschaft vorhandenen unterschiedlichen Meinungen und Interessen umfassender widerspiegeln.42 Vor allem aber ist eine Reform der Wahlkampffinanzierung notwendig. Selbst wenn das Citizens-United-Urteil nicht aufgehoben wird, sollten Aktiengesellschaften nur dann Wahlkampfspenden tätigen dürfen, wenn ihre Eigentümer – die Aktionäre – dies beschließen. Diese Entscheidung sollte nicht den Topmanagern überlassen bleiben, die ihre Macht nicht nur dazu benutzen, sich schamlos aus den Firmenkassen zu bedienen, sondern auch dazu, ein System aufrechtzuerhalten, das ihnen diese Selbstbedienung erlaubt. Und die Regierung sollte ihre Finanzmittel dazu verwenden, auf dem »Marktplatz der Ideen« für gleiche Rahmenbedingungen für alle oder zumindest dafür zu sorgen, dass die Rahmenbedingungen nicht so weit auseinanderklaffen wie heute.43
Wir wissen, was zu tun ist – und selbst wenn die Reformen nicht jene lupenreine Demokratie herbeizaubern, in der alle Stimmen gleich viel Gewicht besitzen und die wir uns wünschen würden, könnten sie uns diesem Ziel doch ein Stück näher bringen. Aber entsprechende Bemühungen wurden aus einem naheliegenden Grund behindert: Die Finanzwelt verfügt über die Anreize und die Mittel sicherzustellen, dass das System weiterhin ihren Interessen dient. Zu meiner Zeit als Vorsitzender des Wirtschaftswissenschaftlichen Beirats des Präsidenten unternahm die Regierung Clinton einen beherzten Versuch, die Wahlkampffinanzierung zu reformieren. Die Frequenzbänder, die Fernsehsender nutzen, gehören der Allgemeinheit. Statt diese Wellen Fernsehsendern zur unbeschränkten Nutzung zu überlassen – eine eklatante Form von »Konzernwohlfahrt« –, sollten wir die Nutzungsrechte verkaufen; und wir könnten dies mit der Auflage verknüpfen, eine bestimmte Sendezeit für Wahlwerbung zur Verfügung zu stellen. Wenn die Wahlwerbung kostenlos wäre, brauchten Politiker weniger Geld, und wir könnten bei denjenigen, die die kostenlose Werbezeit in Anspruch nehmen, die Höhe und die Herkunft der Wahlkampfspenden, die sie entgegennehmen dürften, beschränken. Aber die Fernsehsender, die mit der Wahlwerbung – und mit den ihnen kostenlos zur Verfügung gestellten Frequenzen – eine Menge Geld verdienen, haben sich dieser Reform energisch und erfolgreich widersetzt.