Unter dem Vorwand, erneut auf die Jagd gehen zu wollen, waren Naudé, du und ich schon bald auf dem Weg zu dem gestern vereinbarten Ort. Während des Marsches hatte ich die Gelegenheit wahrgenommen, einen schönen Hasen zu schießen, den ich jetzt triumphierend an meinem Gürtel baumeln ließ. Naudé schwieg den ganzen Weg über nachdenklich. Ich konnte nicht ergründen, worüber er grübelte, ob über Guyetus’ Selbstmord oder darüber, dass sein Name überraschend in Bouchards Notizen aufgetaucht war. Er schien etwas sagen zu wollen, als das Unerwartete geschah.
Alles spielte sich in wenigen Sekunden ab, nicht einmal wir verstanden genau, wie.
|542|Im selben Moment, in dem wir Philos Ptetès und den ehemaligen Kommissar beim Kastaniensammeln im Wald erblickten, spürten wir, wie der kalte Lauf von Hakenbüchsen einen eisigen Kreis auf unsere Wangen zeichneten.
»Hände hoch, Nazarenerhunde!«, hörten wir schreien, während Philos Ptetès und sein Gefährte die Kastanienkörbe mit einem Laut des Erschreckens zu Boden fallenließen.
Vor uns standen vier Individuen mit gezückten Waffen und einem äußerst grimmigem Gesichtsdruck. Aus der Art und Weise, wie sie uns angesprochen hatten, konnte man schließen, dass es sich um Korsaren handelte.
»So, ihr sammelt Kastanien, was? Verfluchte Kerle!«, knurrte einer der vier, hob den Kolben seiner Hakenbüchse und stürzte sich auf den ehemaligen Kommissar.
Naudé legte sich entsetzt eine Hand vor die Augen, um den tödlichen Stoß der Büchse gegen den Nacken des Armen nicht sehen zu müssen. Stattdessen ließ der Korsar den Kolben seiner Waffe auf den Fuß des ehemaligen Kommissars niedergehen, mit dem weniger grausamen Ergebnis, dass das Opfer im Kreis herumsprang und ein langanhaltendes Schmerzensgeheul ausstieß, in welches sich das Gelächter der vier Angreifer mischte.
»Nehmt sie, die Kastanien gehören Euch! Aber habt Erbarmen mit uns!«, rief Philos Ptetès, wobei er auf die Knie fiel und mit beiden Händen ein Häufchen Kastanien darbot.
»Erbarmen! Erbarmen!«, echote der andere und kniete ebenfalls eilig nieder.
»Kastanien sind Schweinefraß!«, rief einer der vier. Er schlug dem Knienden auf die Hände, sodass die kleinen Früchte zu Boden fielen, während sein Genosse einem Sack, den Philos Ptetès auf dem Rücken trug, einen kräftigen Tritt versetzte, worauf der Mönch mit dem Gesicht voran in die fauligen Blätter stürzte.
Die anderen zielten auf uns, was im Grunde überflüssig war, da man uns die Gewehre und den Hasen abgenommen hatte.
»Sagt wenigstens, was ihr von uns wollt!«, bat Naudé.
»Ruhe! Wir gehen jetzt los, und wer nicht gehorcht, kriegt eine Kugel in den Kopf«, brüllte einer der vier und winkte mit dem Lauf seiner Hakenbüchse.
Keiner wagte mehr, den Mund aufzumachen. Die vier gruppierten |543|uns einer hinter dem anderen, indem sie uns kräftige Tritte versetzten und brutal mit den Gewehrläufen in die Rippen stießen.
Einer der vier ging voran, zwei kontrollierten unsere Reihe von beiden Seiten, und der letzte bildete das Ende der Prozession. Wir gingen über einen schmalen Pfad, doch schon bald führten sie uns in das undurchdringlichste, wildeste Dickicht.
Unversehens waren durch diesen Überfall all unsere Hoffnungen zunichtegemacht. Wir würden nicht mehr mit dem Boot nach Livorno fahren können, was wir bereits um eine Nacht verschoben hatten; wir würden den anderen nicht einmal mehr von unserem Unglück berichten können. Wir waren in der Gewalt einer Gruppe unbekannter Räuber, die uns entweder töten oder als Sklaven verkaufen würden. In dem verzweifelten Gemütszustand, den unsere Lage bei jedem ausgelöst hätte, gab es nur einen einzigen winzigen Hoffnungsschimmer oder besser einen Grund zur Neugierde: Der Marsch bewegte sich auf den unbekannten Teil der Insel zu. Vielleicht würden wir bald erfahren, ob die geheimnisvolle Stadt, von der so viele sprachen, tatsächlich existierte.