Das Wichtigste von Kapitel 11 noch einmal in Kürze
In den vorangegangenen Kapiteln wurden bereits viele Erscheinungen behandelt, die bei Atomen auftreten, allerdings nur für ein einzelnes Elektron. Dieses Kapitel beschäftigt sich dagegen erstmals mit Systemen, die aus zwei oder mehr Teilchen bestehen. Ein wichtiger Unterschied zwischen diesen beiden Gebieten der Quantenphysik besteht darin, dass für ein Viel-Teilchen-System die Schrödinger-Gleichung nicht mehr exakt lösbar ist. Wie sich gezeigt hat, gibt es aber andere Möglichkeiten, Systeme mit mehreren Teilchen zu behandeln, die zu wichtigen Ergebnissen wie der Erklärung des Pauli-Prinzips oder dem Periodensystem der Elemente führen.
Untersucht man ein Viel-Teilchen-System aus N unterscheidbaren Teilchen, so muss man zunächst prüfen, ob die Teilchen miteinander wechselwirken. Ist dies nicht der Fall, so ist die Wellenfunktion das Produkt aus den N Einteilchen-Wellenfunktionen, der zugehörige Energieeigenwert ist die Summe aus den Einteilchen-Energien.
Betrachtet man dagegen Systeme aus N identischen Teilchen, so ist die Situation komplizierter; man muss sich dabei mit den Konsequenzen befassen, die aus den quantenmechanischen Regeln für Systeme mit ununterscheidbaren Teilchen folgen.
Eine wichtige Größe zur Beschreibung von Viel-Teilchen-Systemen ist der Symmetriecharakter. Mithilfe des Permutationsoperators Pij, der die Teilchen i und j miteinander vertauscht, kann gezeigt werden, dass ein Viel-Teilchen-System bei Teilchenaustausch entweder symmetrisch oder antisymmetrisch ist und diese Eigenschaft auch in jedem Fall beibehält. Das heißt, der Symmetriecharakter eines Systems ist eine Erhaltungsgröße.
Wie Sie wissen, gibt es zwei Sorten von Teilchen, Bosonen und Fermionen. Fermionen haben halbzahligen Spin und antisymmetrische Wellenfunktionen (Elektronen sind Fermionen), Bosonen haben ganzzahligen Spin und symmetrische Wellenfunktionen. Wie im Abschnitt »Identische nicht wechselwirkende Teilchen« gezeigt wurde, wird die antisymme-trische Wellenfunktion null, wenn sich zwei Teilchen im gleichen Quantenzustand befinden. Daraus folgt, dass zwei Fermionen des gleichen Systems nicht in allen Quantenzahlen übereinstimmen können. Genau das ist der Inhalt des Pauli-Prinzips.
Anders ausgedrückt besagt das Pauli-Prinzip, dass Fermionen nicht am selben Ort existieren können, sich also »ausschließen« – daher trägt das Pauli-Prinzip auch den Namen Paulisches Ausschlussprinzip.
Da auch die Quarks, die Bestandteile der Protonen und Neutronen, zu den Fermionen gehören, gilt das Pauli-Prinzip für den gesamten Aufbau der Materie. Somit beschreibt das Pauli-Prinzip nicht nur den Aufbau von Viel-Elektronen-Atomen, sondern spielt auch beim Aufbau des Periodensystems der Elemente eine entscheidende Rolle.