Der klassische und der quantenmechanische harmonische Oszillator
Nachdem Sie die Eigenwerte, die Eigenzustände und die Eigenfunktionen des quantenmechanischen harmonischen Oszillators berechnet haben, lohnt es sich an dieser Stelle, einen Vergleich zum klassischen harmonischen Oszillator zu ziehen.
In dem Abschnitt »Berechnung des Energiespektrums« haben Sie zunächst die Energieeigenwerte des quantenmechanischen harmonischen Oszillators bestimmt. Sie lauten:
Dieses Ergebnis ist von grundlegender Bedeutung,
da es besagt, dass der quantenmechanische harmonische Oszillator
nicht beliebige Energiewerte annehmen kann, sondern nur bestimmte.
Alle Anregungsenergien liegen äquidistant zum Grundzustand mit dem
Abstand . Wenn Sie nun den Grundzustand n = 0 betrachten,
erkennen Sie, dass die niedrigste Energie, die der
quantenmechanische harmonische Oszillator annehmen kann,
beträgt. Das
heißt, er besitzt auch noch am Nullpunkt eine endliche, von null
verschiedene Energie E0. Diese wird im
Allgemeinen als Nullpunktsenergie oder
Grundzustandsenergie des harmonischen Oszillators bezeichnet.
Dieses Ergebnis unterscheidet sich somit deutlich von der
klassischen Physik, in der die niedrigste Energie E = 0 ist.
Eine Folge der endlichen Nullpunktsenergie besteht darin, dass die Aufenthaltswahrscheinlichkeit für n = 0 eine nichtverschwindende Breite besitzt. Das heißt, ein Teilchen lässt sich nicht exakt bei x = 0 lokalisieren, dem Minimum des Potentials, wie man es von der klassischen Physik kennt; vielmehr besitzt sein Aufenthaltsort eine endliche zugehörige Ortsunschärfe. Diesen für die Quantentheorie charakteristischen Sachverhalt, der in Abbildung 5.5 dargestellt ist, bezeichnet man auch als Nullpunktsschwankung.
Betrachtet man nun die Wellenfunktion für hohe angeregte Zustände n, so erkennt man, dass die quantenmechanische Aufenthaltswahrscheinlichkeit |ψ(x)|2 in die klassische Aufenthaltswahrscheinlichkeit übergeht. Abbildung 5.6 zeigt eine Darstellung der klassischen und der quantenmechanischen Aufenthaltswahrscheinlichkeit bei der Koordinate x. Je größer n wird, desto ähnlicher werden sich die Kurven.

Abbildung 5.6: Vergleich der Aufenthaltswahrscheinlichkeiten von klassischem und quantenmechanischem harmonischen Oszillator