Welche Größe kann man bestimmen?
Wenn man es mit einem quantenmechanischen Problem zu tun hat, wie etwa ein Teilchen in einem Potentialtopf oder einem quantenmechanischen Oszillator stellt sich zunächst die Frage, welche Größe will man eigentlich bestimmen, und welche Größen kann man auch wirklich bestimmen?
Eine nützliche Information ist natürlich der Aufenthaltsort eines Teilchens. Aus der obigen Darstellung geht hervor, dass die Quantenmechanik nur Aussagen über die Wahrscheinlichkeitsdichte des Aufenthaltsortes erlaubt:
Um diese Wahrscheinlichkeit zu berechnen, muss man also die Wellenfunktion ψ (r) kennen!
Die Bestimmung der Wellenfunktion ist also eins der
wichtigsten Ziele bei der Berechnung quantenphysikalischer
Probleme.
Natürlich möchte man nicht nur den wahrscheinlichen Aufenthaltsort eines Teilchens wissen, sondern auch weitere Eigenschaften wie etwa mögliche Energiewerte und die Wahrscheinlichkeiten, dass ein Teilchen unter gegebenen Umständen einen bestimmten Energiewert besitzt. Dazu ist es notwendig, anhand der Schrödinger-Gleichung oder eines anderen Lösungsansatzes die Energieeigenwerte eines Systems zu berechnen. Es wird sich herausstellen, dass in den meisten Fällen Größen wie die Energie quantisiert sind; sie können also nicht jeden beliebigen Wert annehmen, sondern nur bestimmte diskrete Werte, die durch eine entsprechende Quantenzahl beschrieben werden. Wenn ein Zustand durch mehrere Parameter beeinflusst wird, können auch mehrere Quantenzahlen notwendig sein, um diesen Zustand zu beschreiben.
Ein Beispiel dafür ist das Elektron in einem Wasserstoffatom, zu dessen vollständiger Beschreibung vier Quantenzahlen notwendig sind. Diese sind:
Hauptquantenzahl n: Die Hauptquantenzahl
n beschreibt die »Schale«, zu der der Zustand des Elektrons
gehört. Für den Grundzustand gilt n = 1,
für den nächsten Zustand n = 2 usw.;
n kann also beliebige natürliche
Zahlenwerte größer als Null annehmen: n =
1, 2, 3 ...; je größer n ist, desto
geringer ist die Bindungsenergie des Elektrons und desto größer ist
somit die Wahrscheinlichkeit, dass sich das Elektron weiter
entfernt vom Kern befindet.
Drehimpulsquantenzahl
l: Die Drehimpulsquantenzahl oder
Nebenquantenzahl l gibt an, in welchem der erlaubten
Drehimpulszustände sich das Elektron befindet. Bei gegebenem n kann
l gerade n Werte annehmen: l = 0, 1, 2, 3...n – 1.
Magnetquantenzahl m: Die magnetische
Quantenzahl m beschreibt die Komponente
des Elektronen-Bahndrehimpulses in z-Richtung, daher kann m
Werte von –l bis +l
annehmen. Aus diesem Grund bezeichnet man sie manchmal auch mit
ml.
Spinquantenzahl ms oder s: Die
Spinquantenzahl ms des Elektrons
beschreibt die Orientierung seines Spins zur z-Achse.
Der Spin ist der jedem Teilchen innewohnende Eigendrehimpuls. Die beiden möglichen Zustände für
den Spin eines Elektrons ms = +1/2 und ms = –1/2 werden mit up und
down bezeichnet.
Die Eigenzustände des gebundenen Elektrons und seine Wellenfunktion im Wasserstoffatom werden somit durch vier Quantenzahlen beschrieben, die sich folgendermaßen darstellen lassen:
In Form eines Zustandsvektors:
In Form einer Wellenfunktion:
Dieser Satz von Quantenzahlen wurde 1924 von Wolfgang
Pauli gefunden. Sie legen jeweils einen einzigen Zustand eines
Elektrons fest; mit ihrer Hilfe kann man das nach ihm benannte
Pauli-Prinzip folgendermaßen formulieren:
In einem Atom können keine zwei Elektronen in allen vier
Quantenzahlen übereinstimmen.
Zur Bestimmung der Energieeigenwerte eines
quantenphysikalischen Systems ist es notwendig, nach Ermittlung der
Wellenfunktion eines Systems die Schrödinger-Gleichung in Bezug auf
diese Energiewerte zu lösen.
Wie weiter oben bereits betont wurde, gibt es in der mikroskopischen Welt sehr viele unterschiedliche Situationen, die mathematisch beschrieben und quantenmechanisch berechnet werden können. Das hat unmittelbar zur Folge, dass in verschiedenen Fällen neben den im Allgemeinen interessanten Größen wie den Energiewerten auch Größen berechnet werden können, die nur bei der jeweiligen Problemstellung von Interesse sind. Beispiele dafür sind der Transmissions- und der Reflexionskoeffizient (siehe Kapitel 4), wobei ersterer die Wahrscheinlichkeit angibt, dass ein Teilchen eine Potentialbarriere durchdringt, ein Effekt, der in der klassischen Physik nicht auftritt. Ein weiteres Beispiel für eine Größe, die nur in besonderen Situationen eine Rolle spielt, ist die Bestimmung von Streuquerschnitten, die bei der Behandlung von Streuproblemen erfolgt; Sie lernen sie in Kapitel 13 kennen.