Jetzt kommen die Wellen
Betrachten Sie nun den Ortsoperator R in einer kontinuierlichen Basis. Legt man diesen Operator an, so erhält man den Ortsvektor r:
In dieser Gleichung wird der Ortsoperator auf einen Zustandsvektor angewendet; dies liefert den Ort r, an dem das Teilchen gefunden werden kann. Man kann jeden Ket wie folgt im Ortsraum beschreiben:
Und das wird zu:
An dieser Stelle ist es sehr wichtig, Folgendes
zu verstehen: ψ(r) = <r|ψ> ist die Wellenfunktion für den Zustandsvektor |ψ>; das
ist die Darstellung des Kets im Ortsraum. Oder mit anderen Worten,
es ist eine Funktion, in der die Größe |ψ(r)|2d3r die
Wahrscheinlichkeit angibt, dass sich das Teilchen in dem Raum
d3r am Ort r befindet.
Die Wellenfunktion ist die Grundlage der Methode, die, im Gegensatz zur Matrizenmechanik, Wellenmechanik genannt wird. Es ist an dieser Stelle wichtig zu verstehen, dass man bei der Darstellung physikalischer Systeme in der Wellenmechanik nicht die basisfreien Bras und Kets der Matrizenmechanik benutzt. Vielmehr benutzt man Wellenfunktionen, also die Bras und Kets im Ortsraum.
Deshalb benutzt man hier nicht |ψ>, sondern <r|ψ>, was ψ(r) entspricht. Diese Wellenfunktion, die einfach nur ein Ket im Ortsraum ist, wird in den folgenden Kapiteln noch sehr häufig erscheinen. In der Wellenmechanik wird H|ψ> = E|ψ> somit in folgender Form geschrieben:
Das kann man auch wie folgt schreiben:
Aber was ist <r|H|ψ>? Es ist das Gleiche wie Hψ(r). Der Hamilton-Operator H gibt die gesamte Energie des Systems an, also sowohl die kinetische (p2/2m) als auch die potentielle (V(r)). Somit erhält man die folgende Gleichung:
Der Impulsoperator lautet:
Setzt man diesen in die obige Gleichung ein, so erhält man:
Verwendet man den Laplace-Operator, so ergibt sich folgende Gleichung:
Diese Gleichung kann man jetzt folgendermaßen
umschreiben (sie heißt Schrödinger-Gleichung):
Wenn man also Quantenphysik mithilfe der Wellenmechanik beschreibt, arbeitet man mit einer Differentialgleichung statt mit Matrizen. Das hängt damit zusammen, dass man hier im Ortsraum mit ψ(r) = <r|ψ> rechnet und nicht mit dem Zustandsvektor |ψ>.
Der größte Teil dieses Buches beschäftigt sich nun damit, diese Differentialgleichung für eine Anzahl verschiedener Potentiale V(r) zu lösen. Der Schwerpunkt liegt also im Folgenden darin, die Wellenfunktionen zu finden, die die Schrödinger-Gleichung für verschiedene physikalische Systeme erfüllen. Wenn man die Schrödinger-Gleichung für ψ(r) löst, kann man sowohl die erlaubten Energiezustände eines physikalischen Systems angeben als auch die Wahrscheinlichkeit, dass sich das System in einem bestimmten Ortszustand befindet.
Man beachte, dass man neben Wellenfunktionen im Ortsraum auch solche im Impulsraum bzw. in einer anderen Basis angeben kann.
Die Heisenberg'sche Matrizenmechanik ist ein
Weg, mit der Quantenphysik umzugehen, und man benutzt sie am
besten, wenn man mit physikalischen Systemen mit wohldefinierten
Zuständen arbeitet, wie etwa dem harmonischen Oszillator. Die von
Schrödinger entwickelte Wellenmechanik benutzt dagegen
Wellenfunktionen, häufig im Ortsraum, um die Fragen der
Quantenphysik mithilfe von Differentialgleichungen zu
beantworten.