Das Ganze abrunden: Übergang zu Kugelkoordinaten
Im ersten Teil dieses Kapitels wurde die Dirac-Schreibweise verwendet, die den Vorteil hat, dass sie kurz und übersichtlich ist und man darüber hinaus an kein spezielles Basissystem gebunden ist. In dem Abschnitt »Die Eigenwerte des Drehimpulses bestimmen« haben Sie allein aufgrund der algebraischen Struktur der Vertauschungsrelationen für den Drehimpuls folgendes Ergebnis für das Eigenwertspektrum erhalten:
Dabei gilt für die zugehörigen Werte von m:
Die Drehimpulseigenwerte l sind demzufolge entweder ganzzahlig oder halbzahlig; die Eigenwerte von m liegen in ganzzahligen Schritten zwischen l und –l.
Im zweiten Teil dieses Kapitels werden speziell die Eigenwerte und Eigenfunktionen des Bahndrehimpulses bestimmt. Diese Rechnung wird Sie auf die Kugelfunktionen führen, die im Abschnitt ,,Die Eigenfunktionen von L2 in Kugelkoordinaten“ ausführlich untersucht werden. Aufgrund des engen Zusammenhangs mit der Rotation ist es an dieser Stelle vorteilhaft, von den kartesischen Koordinaten x, y und z zu Kugelkoordinaten (sphärischen Polarkoordinaten) überzugehen, da sie die Mathematik deutlich vereinfachen.
Im rechtwinkligen (kartesischen) Koordinatensystem benutzt man x, y und z zur Orientierung. Im Kugelkoordinatensystem verwendet man auch drei Größen, wie Abbildung 6.4 zeigt: r, θ und φ. Die Strecke der Länge r geht vom Nullpunkt zu dem Teilchen, das einen Drehimpuls besitzt; θ ist der Winkel, den r mit der z-Achse bildet, und φ ist der Winkel zwischen der Projektion von r auf die x-y-Ebene und der x-Achse. Man kann zwischen den Kugel- und den rechtwinkligen Koordinaten wie folgt umrechnen:
Die Ortsdarstellung des Bahndrehimpulses in kartesischen Koordinaten lautet folgendermaßen:
Wenn man zu Kugelkoordinaten übergeht, so erhält man folgende Gleichungen für den Drehimpuls:
Diese Gleichungen sehen zunächst sehr umfangreich aus. Aber eines sieht man dennoch sofort: Sie hängen nur von θ und φ ab, nicht von r. Die Eigenfunktionen der Operatoren in der obigen Liste können somit in folgender Weise geschrieben werden:
Die Eigenfunktionen des Bahndrehimpulses sind aus der Mathematik bekannte Funktionen, die man als Kugelfunktionen oder Kugelflächenfunktionen Ylm(θ, φ) bezeichnet. Demzufolge gilt:
Jetzt sind Sie in der Lage, die Eigenfunktionen der gemeinsam diagonalisierbaren Operatoren L2 und Lz des Bahndrehimpulses zu bestimmen. Sie wissen, dass Sie, wenn Sie die Operatoren L2 und Lz auf die Eigenzustände des Drehimpulses anwenden, folgendes erhalten:
Also muss folgendes gelten:
Damit können Sie fortfahren. Beachten Sie, dass Lz nur von θ abhängt. Das heißt, man kann Ylm(θ, φ) so aufspalten, dass ein Teil nur von θ abhängt und der andere nur von φ. Die Separation von Ylm(θ, φ) in zwei Teile sieht folgendermaßen aus:
Aus diesem Grund ist das Arbeiten mit Kugelkoordinaten beim Drehimpuls so hilfreich: Man kann die Eigenfunktionen in zwei Teile aufspalten, wobei einer nur von θ abhängt und der andere nur von φ.