Ich lege die Waren auf die Theke.

Farbtuben. Eine Staffelei. Pinsel in unterschiedlichen Größen.

Der Verkäufer fragt, ob ich Hilfe brauche, ich schüttle den Kopf und suche weiter, kümmere mich nicht um den Preis.

Ich kaufe so viel Leinwand, wie ich tragen kann, staple alle alten Bilder auf dem Gang übereinander.

Die Staffelei stelle ich mitten ins Zimmer und spanne eine Leinwand auf. Dann öffne ich die erste Farbtube. Ich male, bis die Sonne untergeht, dann mache ich das Licht und Kerzen an und male weiter.

Am frühen Morgen liege ich im Bett. Meine Hand hat sich noch nicht ganz geöffnet, als würde sie noch immer den Pinsel umklammern. Ich schließe die Augen, rieche die Farbpigmente so stark, dass ich die Farben auf der Innenseite der Augenlider sehe.

Die Sonne weckt mich, und ich male weiter.

Nach einer Stunde trinke ich ein Glas Wasser und rauche ein Zigarette.

Ich stelle den Wasserkocher an und bereite mir eine Tasse Pulverkaffee, den ich erst Stunden später kalt trinke.

Ich benutze die Bilder aus dem Keller als Skizzen, finde Details, eine Hand, einen Blick. Dann trage ich die alten Bilder in den Hof, reiße sie aus dem Rahmen und werfe sie in den Müll. Die Rahmen behalte ich und spanne neue Leinwände darauf.

Es ist Nachmittag, ich drücke Ocker auf die Palette. Als ich auf die Uhr schaue, sind es noch vier Minuten, bis ich vor dem Regal mit den Postleitzahlen stehen muss. Ich laufe über die Straße, spüre, wie die Farbe auf meinem T-Shirt trocknet.

Ein paar Tage später rufe ich im Verteilerzentrum an. Es ist mitten am Tag, und ich spreche mit einer Frau aus dem Büro. Ich sage, dass es einen Krankheitsfall in der Familie gebe. Eine tödliche Krankheit. Es tue mir leid, ich würde gern arbeiten kommen. Die Frau zeigt Verständnis. Sie tippt meinen Namen ein und sieht, dass ich in den letzten zwei Jahren nur einen einzigen Tag krank war. Sie sagt, ich solle anrufen, sobald es wieder besser gehe. Manchmal müsse man sich etwas Zeit gönnen. Ich verspreche, bald anzurufen. Am Bankautomaten prüfe ich Mehmet Faruks Kontostand. Ich habe mehrere Jahre mit Sonn- und Feiertagszuschlägen gearbeitet, es ist genug für den Rest des Jahres.

Mit einer Stange Zigaretten unter dem Arm treffe ich Elsebeth auf dem Flur.

Sie öffnet und schließt den Mund und starrt mich an, als wäre ich einer ihrer verstorbenen Männer.

»Du hast abgenommen«, sagt sie. »Du musst etwas essen.«

»Ich male.«

»Ja«, sagt sie und lächelt. »Das sehe ich.«

Erst jetzt bemerke ich die Farbe auf meinen Wangen und unter meinen Fingernägeln.

»Ich passe schon auf, dass ich nicht kleckere«, sage ich.

»Das ist mir egal. Wenn du malst, dann malst du. Aber du musst etwas essen.« Sie nimmt meinen Arm und führt mich in die Küche.

»Ich würde es vorziehen, vor dir zu sterben«, sagt Elsebeth und macht den Herd an. »Gute Untermieter sind schwer zu finden.«

Sie kocht Rührei, der Speck zischt in der Pfanne.

»Ein Mädchen war hier und hat nach dir gefragt«, sagt sie, ohne vom Essen aufzublicken. »Sie hatte sehr helle Haut. Ich habe gesagt, du seist nicht zu Hause. Es geht mich ja nichts an.«

Es ist erst ein paar Tage her, seit ich Petra zum letzten Mal gesehen habe. Aber ich habe es immer aufgeschoben, habe gedacht: Morgen gehst du zu ihr. Oder in ein paar Tagen. Auf jeden Fall bald.

Elsebeth setzt mir den Teller vor, füllt ein großes Glas mit Milch und versichert sich, dass ich esse.

Die ersten Bissen bleiben mir im Mund stecken. Mein Magen knurrt und stöhnt, ich spüre ein Stechen im Bauch, als wäre ich zu schnell gelaufen.

Ich habe Lust auf eine Zigarette, sie sind mir gestern Nacht ausgegangen. Eine Zigarette und eine Tasse Kaffee.

Elsebeth behält mich im Auge, bis mein Magen erwacht und der Hunger überhandnimmt. Ich leere den Teller und esse vier Scheiben Roggenbrot dazu.

Von nun an finde ich jeden Tag Essen in der Küche, mit kleinen Notizzetteln darauf.

Iss!, steht an einem Teller Hackbraten im Kühlschrank. Trink!, steht auf einem Glas, das wie Milch aussieht, aber wie Sahne schmeckt.

Ich finde Äpfel, hartgekochte Eier und Bratwürste, die ich kalt esse.

Ich male, während ein Sturm das Land verheert. Die Scheiben klirren, und ich tauche den Pinsel in Farbe. Am Tag danach sehe ich entwurzelte Bäume und Autos, deren Windschutzscheiben von Dachziegeln zertrümmert sind. Erst da bin ich mir sicher, dass es nicht nur in meinem Kopf gestürmt hat. Der Winter ist unterwegs, ich weiß es, weil ich immer weniger Stunden mit Tageslicht an der Staffelei habe.

Meine Träume sehe ich in blassem Grün und Blau. In anderen Nächten sind sie tiefrot, wie Blut, Briefkästen oder die Innenseite des Mundes.

Wie keiner sonst / ebook
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