Das T-Shirt meines Vaters ist nass geschwitzt, als er aus den Büschen kommt. Wieder ist er zerkratzt und voller Blätter. Wir setzen uns auf die Terrasse, und er sieht sich meine neuesten Zeichnungen an. Viele davon zeigen Wale.
Dann höre ich die alte Dame hinter uns, ihr Kleid knistert beim Gehen.
»Wie läuft es mit dem Garten?«, fragt sie.
Mein Vater will aufstehen.
»Bleib sitzen, du arbeitest hart genug.«
Er wischt sich die Hände an der Hose ab.
»Ich weiß genau, wie es werden soll«, sagt er. »Jetzt, wo wir auch hier wohnen. Aber es ist viel mehr Arbeit, als ich dachte.«
»Der Garten ist ja auch groß.«
»So war das nicht gemeint.«
»Ich weiß … Letztes Jahr war ein anderer junger Mann hier. Ich sagte, er solle die Sache ruhig angehen, aber er schuftete jeden Tag von früh bis spät. In der ersten Woche lachte er noch wie ein frisch geretteter Schiffbrüchiger, aber eine Woche später sah er aus wie ein Lagerhäftling. Schließlich kam er gar nicht mehr. Ich glaube, er hat aufgegeben. Aber vielleicht findest du ihn auch irgendwo da draußen.« Sie schmunzelt in sich hinein.
Ich sehe meinen Vater an, und erst jetzt bemerke ich, dass seine Wangen eingefallen und seine Augen größer geworden sind. Vielleicht habe ich es bloß nicht wahrgenommen, weil er die ganze Zeit lächelt.
»Welches Werkzeug hat er benutzt?«, fragt mein Vater.
Die alte Dame zögert, als verstünde sie die Frage nicht.
»Sein eigenes«, antwortet sie dann. »Er hatte sein eigenes Werkzeug dabei.«
Mein Vater nickt und streicht mit dem Daumen über das Firmenlogo der Motorsäge, den Bären.
»Heute Abend lege ich ein wenig Extrafleisch in die Suppe«, sagt die alte Dame. Ich folge ihr ins Haus, weil ich vorlesen soll, wie jeden Tag zu dieser Stunde, wenn die Sonne hoch am Himmel steht und man nur die Silhouette der alten Dame sieht, wenn sie am Fenster sitzt.
Oft vergesse ich die Zeit. Dann bin ich auf Kapitän Ahabs Schiff. Jeden Tag sind wir kurz davor, den großen, weißen Wal zu fangen.
Manchmal höre ich erst auf zu lesen, wenn es nicht mehr hell genug ist, die Buchstaben zu entziffern. Dann kann man ihr Gesicht wieder erkennen. Die ersten paar Male hätte ich beinahe das Buch fallen lassen. Ich entschuldigte mich und rannte aus dem Zimmer. Aber langsam gewöhne ich mich an ihr Aussehen, genau wie ich mich an den Duft von Holz gewöhnt habe, das den ganzen Tag von der Sommersonne erwärmt wird.
Nachts sehe ich das Wasser kommen. Es bricht durch die Bäume, reißt große und kleine Pflanzen mit. Es ersäuft die Tiere und umschließt das Haus. Das alte Holzhaus lässt den Boden los und schwimmt davon wie ein Schiff. Wir sind die letzten Menschen auf der Welt. Über uns fliegen die Vögel. Der Himmel gehört jetzt ihnen, sie schreien laut. Es sind Freudenschreie: keine Hochhäuser mehr, keine Telefonmasten, nur offener Himmel. Sie wissen noch nicht, dass sie nirgendwo landen können.