Ich esse Cornflakes und trinke Saft. Karin und Michael lächeln, sie freuen sich, dass ich mich normal benommen habe, dass ich die ganze Nacht weg war und mich betrunken habe.
Karin zieht meiner kleinen Schwester eine Jacke an. Sie wollen für ihren Geburtstag einkaufen. Clara hat in derselben Woche wie Christians kleine Schwester Geburtstag, was zu einem Wettbewerb geworden ist. Sie zeigen einander alle Geschenke und die Partydekoration, was stets damit endet, dass eine von beiden in Tränen ausbricht.
Michael fragt mich, ob ich mit zum Baumarkt kommen will.
»Wir wollen eine Schaukel für deine Schwester kaufen«, flüstert er. »Du könntest mir tragen helfen.«
»Die aus dem Zeichentrickfilm?« Er grinst und nickt. Clara hat uns schon mehrmals gezwungen, den Film anzusehen, in dem die Prinzessin auf der Schaukel sitzt, als der Frosch vorbeihüpft.
Karin und Clara steigen am Marktplatz aus, wir fahren weiter.
»Sag einfach, wenn ich den Mund halten soll«, sagt Michael und dreht am Radio. Er findet Bloody Sunday von U2 und dreht auf.
Wir denken beide daran, wie es letztes Mal gelaufen ist.
Es war kurz nach Neujahr, der Briefkasten war in die Luft gesprengt worden, und wir wollten einen neuen kaufen.
»Wie geht es dir eigentlich?«, fragte er, während wir reihenweise Briefkästen begutachteten.
Eine geschlagene Stunde lang versuchte er, etwas aus mir herauszukriegen. Ein kleines Bruchstück, ein Edelsteinchen, das er in die Tasche stecken und stolz Karin zeigen könnte. Ich brachte den Jungen zum Reden, er ist homosexuell, er ist depressiv. Er will einen Hund, einen Hamster, eine Jahreskarte für den Zoo.
Nichts gab ich ihm.
Nach einer Stunde entschieden wir uns für einen roten Briefkasten, genau dasselbe Modell, das wir vorher hatten.
Wir fahren auf die Schnellstraße.
»Du sollst nicht denken, dass ich dich im Auto festnageln und zum Reden zwingen will«, sagt Michael und dreht das Radio leiser.
»Der Schuldirektor hat mich auf der Arbeit angerufen. Er meinte, dass er keine Entschuldigung verlangen würde, wenn du in sein Büro kommst. Er will dich nicht demütigen. Er hat wirklich keine Lust, dich von der Schule zu werfen.«
Wir fahren durch ein Gewerbegebiet aus grauen Lagerhallen.
»Der Mann ist also ein Heuchler. Genau wie ich. Das ist nur ein anderes Wort für Erwachsenwerden.«
Michael dreht den Kopf.
»Manchmal lächelst du zum falschen Zeitpunkt, weißt du das?«
Wir gehen durch lange Gänge zwischen hohen Regalen, vorbei an gelben Schildern, die Rabatte auf Rauchmelder und Schlagbohrmaschinen verkünden.
»Wenn sie nur eine Schaukel mit Prinzessinnen drauf hätten …«, sagt Michael.
Es ist keine Saison für Schaukeln, sie sind tief in den Regalen versteckt. Ein mittelalter Mann mit einem Zollstock in der Hand kommt uns zu Hilfe. Michael redet mit ihm wie mit einem Automechaniker oder anderen Handwerkern.
»Die hier ist also galvanisiert?«, fragt er. »Entspricht sie den Sicherheitsnormen?«
»Alle unsere Waren entsprechen den Sicherheitsnormen.«
Natürlich kaufen wir nicht das billige Modell, das rostet. Michael und der Mann mit dem Zollstock belächeln alle Idioten, die versuchen, ein bisschen Geld zu sparen. Die nicht verstehen, dass es im Endeffekt teurer kommt.
»Haben Sie eine mit Prinzessinnen drauf?«, frage ich. Der Mann vom Baumarkt sieht mich verwundert an.
»Ist sie vielleicht für dich?« Er grinst, stützt die Arme in die Hüfte.
»Ja«, antworte ich.
»Nein … so welche gibt es nicht.«
Als wir die Schaukel auf den geliehenen Anhänger gepackt haben, essen wir einen Hotdog an der Würstchenbude am Parkplatz.
Ich erzähle Michael, dass ich am Abend ein Mädchen besuchen möchte und vielleicht über Nacht bleibe. Er leckt sich Ketchup von den Fingern.
»Wer ist es denn?«
»Camilla aus meiner Klasse.«
»Ach, die Kleine … Ich werde mit deiner Mutter reden. Ich sehe da kein Problem.« Normale Sachen darf ich immer tun.
Wir kommen vor Karin und meiner Schwester nach Hause. Die Schaukel liegt in Einzelteilen auf dem Anhänger, und wir verstecken sie im Gartenschuppen. Michael bringt den Anhänger zurück, ich packe meinen Rucksack.