Die Tage auf dem Pfarrhof sind kaum voneinander zu unterscheiden. Jeden Morgen stehen wir früh auf und nehmen die erste Fähre.
An manchen Tagen kommt meine Tante mit ihrem eigenen Auto mit. Sie schaut den Mann im Bett an, als sei er etwas Lästiges, ein Welpe, der auf den Teppich scheißt, kurz bevor Gäste kommen. Ich lasse sie nicht mit den Ärzten allein. Wenn sie zur Toilette geht, verlasse ich auch das Zimmer und hole Kaffee.
Nach dem Mittagessen gehe ich hinaus, und jeden Tag höre ich die Schritte meines Cousins hinter mir. Er fragt, ob ich wirklich kein Hasch mehr habe. Nur ein bisschen. Er sieht mich an, als würde ich es heimlich rauchen, und nimmt einen tiefen Zug aus einem unsichtbaren Joint.
Die Zimmer im Pfarrhof sind eiskalt, wir halten uns im Wohnzimmer oder in der Küche auf. Mein Cousin dreht die Kassette in seinem Walkman um, meine Cousine füllt Blatt für Blatt mit ihren Arabesken. Meine Tante liest zum x-ten Mal dieselbe Zeitung oder geht fort – Besorgungen, sagt sie – und bleibt stundenlang weg.
Ab und zu klopft es an die Küchentür, und ein paar Fischer kommen zu Besuch, große Männer mit roten Gesichtern und schmutzigen Kleidern. Ich erkenne den Mann wieder, der schwankend auf der Straße stand.
Hier in der Küche reden sie leise, bewegen sich bedacht und übertrieben langsam, als hätten sie Angst, den Tisch zu zertrümmern oder den Türgriff abzureißen. Sie bringen frischen Fisch, Eier und Lammkeulen. Meine Großmutter nimmt alles mit einem Nicken an und sagt ihnen, wo sie das Essen hinlegen sollen.
Tag für Tag stehe ich früher vom Tisch auf. Obwohl noch Kartoffeln und Fisch auf meinem Teller liegen, bedanke ich mich und gehe hinaus. Die Stiefel und die dicke Jacke liegen im Flur bereit. Tag für Tag versuche ich, mich davonzustehlen, bevor mein Cousin mir folgt.
Heute jedoch folgen mir mehr als ein Paar Füße.
»Hast du etwa kein Papier mehr für deine blöden Scheißmuster?«, höre ich meinen Cousin sagen.
»Und du willst wohl wieder rauchen?«, fragt meine Cousine. »Das nächste Mal werfen wir dich in den Graben.«
»Geh woanders spazieren.«
»Auf dieser blöden Insel gibts nicht viele Wege.«
»Geh ins Dorf und such dir einen Fischer.«
Ich drehe mich um, und beide bleiben stehen. Sie weichen meinem Blick aus.
»Verpisst euch, lasst mich in Ruhe!« Sie antworten nicht.
Ich gehe weiter, und wieder höre ich zwei Paar Füße hinter mir.
Kurz darauf haben sie mich eingeholt. Sie streiten sich, welchen Weg wir nehmen sollen. Ich folge meiner Cousine, und mein Cousin kommt nur widerwillig mit. Wir gehen durch einen verwilderten Hain, der einmal eine Apfelplantage war. Fast alle Bäume sind tot, auf den wenigen Blättern klebt eine dünne Salzkruste.
Dann gehen wir ans Meer. Ich höre die Wellen, bevor wir das Ufer erreichen, große, schwarze Wellen mit Schaumkronen. Entlang der Kliffkante liegen verlassene Vogelnester. Mein Cousin und meine Cousine treten sie kaputt, Zweige und Federn wirbeln durch die Luft.
»Zur Brutzeit macht das viel mehr Spaß«, sagt meine Cousine. Daunen kleben an ihren Stiefeln. Die beiden hüpfen und lachen.
»Das machen wir immer hier«, sagt mein Cousin.
»Blöde Scheißinsel«, sagt meine Cousine. »Blöde, verdammte Scheißinsel.«
Sie lassen sich ins Gras fallen und schnappen nach Luft, rot im Gesicht.