Der Weihnachtsmann rührt in einem Topf mit Brei, öffnet den Mund und schließt die Augen. Es sieht aus, als würde er lachen, aber es kommt kein Ton heraus. Mein Vater sagt, dass er einen Motor unter dem Mantel habe. Fasziniert stehe ich vor dem Schaufenster und sehe ihn an.

Zuerst fand ich ihn lustig, aber langsam wird er mir unheimlich.

Wir sind die Einzigen, die nicht mit großen Plastiktüten herumlaufen, die Einzigen, die es nicht eilig haben. Ich stopfe mich mit Weihnachtsplätzchen voll, die in fast allen Läden in Schalen auf der Theke liegen. Mein Vater hat rote Zähne vom Glögg. Der Schnee in der Stadt ist nur weiß, wenn er frisch gefallen ist. Dann wird er grau und dann schwarz.

»Du kannst heute mit auf die Arbeit kommen«, sagt mein Vater und streut braunen Zucker auf den Haferbrei. »Der Chef ist in Jütland.« Er macht den Löffel so voll wie möglich, isst und dampft aus dem Mund. »Er löst dort einen Haushalt auf. Ein Todesfall.«

Der Chef ist böse. Ich stelle mir vor, wie er ein kleines, gelbes Backsteinhaus plündert. Er schleppt einen Schrank hinaus, auf dem Sofa sitzt ein alter Mann. Stumm und kalt. Die Zunge hängt ihm aus dem Mundwinkel. Der Chef hebt die Füße des Alten an und schnappt sich den Teppich.

Sobald mein Vater die Werkstatt aufgeschlossen hat, gehe ich zu der Tür mit dem großen Vorhängeschloss. Irgendwann einmal wird der Chef es vergessen.

»Weißt du wirklich nicht, was da drin ist?«, frage ich meinen Vater und rüttle an dem Schloss.

»Das geht uns nichts an«, sagt er und holt sein Werkzeug.

»Willst du es überhaupt nicht wissen?«

Er schüttelt den Kopf. »Jeder hat das Recht auf ein Geheimnis.«

Heute darf ich meinem Vater helfen, einen Tisch zu lackieren. Er zeigt mir, wie man gleichmäßig streicht, ohne Ränder und Nasen. »Nass auf nass«, sagt er, »streich immer nass auf nass.« Ich will ihm zeigen, dass ich es kann. Der Autolärm von der Straße verschwindet. Gleichmäßige Pinselstriche, das Holz immer im Blick, damit kein einziges Pinselhaar hängenbleibt.

Ein paar Tage später machen wir den Lack mit einer Stahlbürste wieder kaputt. »Du wirst immer besser«, sagt mein Vater. »Ich glaube, du kannst jetzt schwierigere Aufgaben übernehmen.«

Er hebt mich auf die Werkbank, damit ich die Farbbilder an der Wand besser sehen kann. Sie zeigen Möbel mit Wasserschäden und Schimmelflecken. Alte englische Möbel mit Teeflecken. Französische Möbel mit klitzekleinen Kratzern – von den Pfoten der Schoßhunde adliger Damen. Die macht man mit einem Drahtbügel, sagt mein Vater.

Bevor ich mein erstes Termitenloch bohre, präge ich mir die Bilder ein. Die Abstände zwischen den Löchern müssen genau stimmen. Der Bohrer muss beim ersten Mal greifen, sonst zerfasern die Löcher.

Mit verschwitzten Händen setze ich den Bohrer an, er rutscht mir fast aus der Hand. Als ich ihn herausgezogen habe, fahre ich mit der Fingerspitze über die Kante. Das Loch im Stuhlbein ist nicht zerfasert, es ist so klein, dass man sich bücken muss, um es zu erkennen. Ein echtes Termitenloch. Ich bin stolz, aber ich sage nichts. Will nicht angeben. Mit den Fingern messe ich den Abstand, etwas mehr als die Hälfte eines Fingernagels, ich markiere es mit einem Bleistift. Hier muss das nächste Loch hin. Ich will es mit einem Lineal nachmessen und genau den richtigen Abstand zwischen den Löchern einhalten, aber mein Vater sagt, das ginge nicht. Die Löcher würden zu regelmäßig aussehen. Termiten haben doch kein Lineal, oder?

Wie keiner sonst / ebook
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