Die innere Familie
Noch ein paar Worte
zu den Planeten. In esoterischer Sichtweise sind Sonne, Mond und
Planeten Gottheiten, Repräsentanten für Urprinzipien, für
Archetypen. Sieht man sie sich im Horoskop näher an und versucht
ihre Bedeutung für den Menschen zu definieren, erscheint mir der
passendste und schönste Begriff für sie: die innere Familie. Wenn
der Mensch ein Mikrokosmos ist, wenn wir nach dem Motto »Wie oben,
so unten« eine Entsprechung von Sonne, Mond und Planeten auch in
uns haben, dann könnte man diese als Götter und Göttinnen in uns
begreifen, als archetypische Prinzipien, an denen jeder von uns auf
seine Art, in einer ganz bestimmten Konstellation teilhat. Wie bei
der Familie ist die Struktur zwar grundsätzlich dieselbe, aber jede
Konstellation ist auf ihre Art einmalig. Unsere Aufgabe, und damit
nähere ich mich schon ein wenig dem therapeutischen Aspekt der
Astrologie, ist es, im Lauf unseres Lebens mit all diesen
Familienmitgliedern Freundschaft zu schließen, sie alle in unser
Leben einzuladen, ihnen dadurch auch Opfer zu bringen, wie das in
alten Kulturen üblich war. Wenn wir uns diese inneren
Familienmitglieder zu Freunden machen wollen, dann heißt das, dass
wir uns als sehr widersprüchliche Wesen begreifen
müssen.
Das Menschenbild, das
hier entsteht, ähnelt eher einer bunten Zirkustruppe als einem
eindeutigen Wesen. Egal, ob wir nun ein Mann oder eine Frau sind,
astrologisch gesehen sind wir alle männlich und weiblich zugleich.
Jeder von uns hat einen bestimmten Sonnenstand, einen inneren König
und Vater, jeder von uns hat einen bestimmten Mondstand, eine
innere Königin und Mutter. Jeder hat Mars, den Krieger, in seinem
Horoskop und damit in seiner Psyche, und jeder hat Venus/Aphrodite
in sich, die Göttin der Liebe und Schönheit.
Diese
Widersprüchlichkeit ist manchmal schwer zu ertragen. Ein großes
Problem ist zum Beispiel, dass wir alle den hellen Jupiter/Zeus,
den Chef auf dem Olymp, in uns haben, aber auch seinen dunklen
Bruder Pluto/ Hades, der aus unseren Gottesbildern ausgelöscht ist.
Bei den Griechen war er noch der Bruder des Zeus, aber in unserer
Tradition haben wir ihn »verteufelt«, so wie wir das plutonische
Prinzip in Gestalt der Hexe auf den Scheiterhaufen gepackt haben.
Grundsätzlich sind jedoch alle Familienmitglieder in jedem von uns
als energetische Potenziale vorhanden, und sie zu versöhnen, sie
mitleben zu lassen, sie zu Freunden und Freundinnen zu machen ist
eine lebenslange Aufgabe.
Sheldon Kopp hat
einmal gesagt: »Alles an dir ist etwas wert, wenn du es nur
besitzt.« Auf die Astrologie angewendet heißt das: Wenn du die
verschiedenen Aspekte deines Wesens, die von den Planetengöttern
und -göttinnen verkörpert werden, achtest, wenn du bereit bist,
Verantwortung für sie zu übernehmen, wenn du dir diese
energetischen Potenziale bewusst machst und sie mitleben lässt,
eine Ausdrucksform dafür findest, dann wird dich jeder dieser
Planetengötter und -göttinnen lieben, und sie werden dir gute
Freunde und Lehrmeister sein. Du wirst von jeder Gottheit etwas
anderes lernen können. Wie du das Prinzip lernst, ist diesem
allerdings gleichgültig: Du kannst dein Schicksal sehend erfüllen
oder blind erleiden, sagen die Griechen. Wer nicht bereit ist, mit
seinen inneren Familienmitgliedern Freundschaft zu schließen,
vielleicht aufgrund einer Erziehung, die ihm beigebracht hat, dass
manche Seiten seines Wesens willkommen sind und andere nicht, der
wird früher oder später mit den vernachlässigten Gottheiten
konfrontiert werden. Wie diese Konfrontation ablaufen kann, ist im
Märchen Dornröschen sehr schön
dargestellt.