Das Paris-Urteil
Eine andere
Geschichte voller Waage-Motive ist die von Paris und Helena und wie
der Trojanische Krieg anfing. Eris, die Göttin der Zwietracht,
hatte eines schönen Tages einen Apfel in die Runde der Götter
geworfen, auf dem stand: »Der Schönsten«. Natürlich brach sofort
ein Streit los, wem der Apfel gebühre, und die erbittertsten
Konkurrentinnen waren Hera, Athene und Aphrodite. Man brauchte
einen Schiedsrichter, und die Wahl fiel auf den trojanischen
Prinzen Paris. Als die drei Göttinnen voller Erwartung vor ihm
standen und drängten, versuchte Paris es zunächst mit einem
Waage-Manöver, denn er wusste, dass jede Entscheidung ihm den Zorn
der beiden Verschmähten eintragen würde. Also wählte er den
diplomatischen Weg: »Ihr seid alle drei gleich schön.« Doch damit
gaben sich die Göttinnen nicht zufrieden, und sie versuchten, ihn
zu bestechen. Hera nahm ihn beiseite und sagte: »Wenn du mich
wählst, mache ich dich zum Herrscher über die Welt.« Athene raunte
ihm zu: »Wenn du mich wählst, mache ich dich zum Sieger aller
Kriege.« Doch dann kam Aphrodite und bot ihm an: »Wenn du mich
wählst, vermähle ich dich mit der schönsten Frau der Welt.« Was
interessiert einen Waage-Helden? Nicht Herrschaft und schon gar
nicht Sieg in allen Kriegen – das überlässt er gern dem Gegenpol
Widder -, aber die schönste Frau der Welt, das ist es, was ihn
wirklich reizt. Nun war die schönste aller Frauen damals Helena,
die Gattin des Königs Menelaos, und Aphrodite half Paris dabei, sie
zu rauben. Doch was waren die Folgen? Der ganze Trojanische Krieg
ist nur durch diese Spielerei entstanden. Wie viele Helden sind
dafür gefallen, wie viel Unglück hat es gegeben, und das nur, weil
der arme Paris sich entscheiden musste.
An diesem Beispiel
wird deutlich, was eine Entscheidung für Folgen haben kann. Und so
kann man auch verstehen, warum Waage-betonte Menschen in scheinbar
unbedeutenden nebensächlichen Lebenssituationen oft so große
Probleme mit Entscheidungen haben. Sie sind sich eben über deren
möglicherweise enorme Konsequenzen bewusst.