Mond in Löwe
Dieser Mondstand ist
besonders interessant, weil hier der Mond im Domizil der Sonne
steht. Mond steht in den zwölf Tierkreiszeichen für zwölf Gesichter
des Weiblichen, der Großen Göttin. Bei Löwe ist es das Bild der
Königin, der Herrscherin, der stolzen, selbstbewussten Amazone, der
tanzenden und lachenden Südländerin.
Diese Mütterlichkeit
vermittelt dem Kind die Botschaft »Lebe, liebe, lache« und ein
bedingungsloses Ja zum eigenen Wesen. Die Liebe von Löwe ist
unteilbar, es gibt sie ganz oder gar nicht. Eine ungebrochene
Löwe-Mutter wird ihr Kind mit ganzem Herzen lieben und ihm das
Gefühl geben: Du bist in Ordnung so, wie du bist.
Ein Löwe-Kind (ich
spreche bei Mond immer die kindliche Seele an) wird als kleiner
Sonnenschein geboren. Das sind die Sonntagskinder, der kleine
Prinz, die kleine Prinzessin (auch Antoine de Saint-Exupéry, der
Autor von Der kleine Prinz, war so ein
Löwe-Mond-Kind). Im Tarot findet man das Bild dieser Kinder auf der
Sonnenkarte. Da ist ein kleines lachendes, nacktes Kind auf einem
Schimmel abgebildet; die Sonne steht hoch am Himmel, im Hintergrund
leuchtet eine Sonnenblume, und das Kind breitet ganz weit die Arme
aus. Mit dieser Haltung und Lebenserwartung kommt ein kleines
Löwe-Kind auf die Welt, mit der Erwartung, dass Leben in erster
Linie Freude, Glück, Licht, Süden bedeutet und nicht etwa
Dunkelheit, Schmerz, Krankheit. Deswegen heißt es im Löwe-Märchen
Der Königssohn, der sich vor nichts
fürchtet: Der Königssohn, der von Falschheit nichts wusste,
fiel auf die List des Riesen herein. Er war völlig naiv. Das so
genannte Böse kommt in seiner Lebensphilosophie überhaupt nicht
vor, sondern er ist ein unschuldiger Lichtheld mit
Löwe-Energie.
Die Problematik
besteht darin, dass so ein Lichtkind mit den Schattenseiten des
Lebens, auch den eigenen Schattenseiten, nicht leicht umgehen kann
– sofern es sie überhaupt sieht.
Wann wird es schwierig
für kleine Löwe-Kinder? Einmal, wenn in der Familie keine Freude
herrscht, sondern eine Stimmung von Ernst, Trauer, Schwere.
Zweitens: Wenn in der Familie Askese, Verzicht und Bescheidenheit
den Ton angeben. Auch die Devise »Denk an dich selbst zuletzt, nimm
dich nicht so wichtig« ist für einen kleinen Prinzen, eine kleine
Prinzessin zunächst völlig unverständlich. Seine Haltung ist: »Ich
bin wichtig. Wenn ich geboren werde, geht die Sonne auf! Ihr müsst
doch froh sein, dass so ein kleines göttliches Wesen in der Wiege
liegt.«
Ein wichtiges Thema in
Löwe-Mond-Kindheiten ist die Entthronung. Wenn das Kind zum
Beispiel zwei, drei Jahre alt ist und ein kleines Geschwisterchen
geboren wird, um dessen Wiege sich die Familie versammelt, hat es
plötzlich das Gefühl: »Ich bin nicht mehr Hauptdarsteller, ich bin
nicht mehr Mittelpunkt.« Auf solche Situationen reagieren
Löwe-betonte Kinder oft extrem. Etwa indem sie sich ganz von der
Außenwelt zurückziehen und in ein inneres Königreich auswandern, wo
sie nicht mehr verletzt oder gekränkt werden können (das kann im
Extremfall später der Napoleon in der Psychiatrie sein), bis hin
zum Autismus. Oder aber sie werden in der Zeit der Entthronung sehr
auffällig, nach dem Motto »Lieber negativ auffallen als überhaupt
nicht«.
Gekränkte Löwe-Kinder
können auch später im Leben ein »Diva-Problem« haben. Sie werden
dann abhängig von äußerer Bewunderung, von Schmeichelei, von
Publikum, werden unglaublich eitel. Hinter dieser Eitelkeit steckt
oft ein tief verletztes kleines Kind, ein entthronter Prinz oder
eine Prinzessin, die sich nicht genug gewürdigt
fühlten.
Es ist deshalb sehr
wichtig, solche Löwe-Kinder zu würdigen und zu achten. Es ist, als
hätten sie von vornherein viel Stolz in die Wiege gelegt bekommen:
eine unsichtbare Königskrone, die sie auf dem Kopf tragen. Kleine
Königskinder muss man achten, sie als solche behandeln. Die
Erwartung, einen Thron zu bekommen, ist für sie selbstverständlich.
Wie sie diesen Thron dann finden und wie sie ihn definieren, ist
ein wesentliches Thema in ihrer Entwicklung.
Die Liebesenergie des
Löwe-Mondes könnte man mit der Liebe der Sonne vergleichen. Wir
können uns von der Sonne lieben lassen, indem wir uns an den Strand
legen und uns von ihren Strahlen wärmen lassen. Die Sonne
allerdings bleibt, wo sie ist, sie kümmert sich nicht groß um uns.
So kann es einem auch gehen, wenn man mit Löwe-betonten Menschen
zusammen ist. In ihrer Gegenwart fühlt man sich einfach gut, sie
strahlen eine herzliche Energie aus. Gleichzeitig kann manchmal das
Gefühl aufkommen: Irgendwie fühle ich mich gar nicht verstanden von
diesem Menschen, fühle mich nicht wahrgenommen, gehört, gesehen als
das, was mich ausmacht. Trotzdem ist es schön. Diese Art von Liebe
strahlt von einer Mitte aus, von einem Zentrum. Sie zielt nicht auf
Verschmelzung oder Hingabe ab wie im Zeichen Krebs. Dieses den
andern Hören, sich auf seine Seelenschwingungen Einlassen ist dem
Löwen grundsätzlich fremd.
Das ist dann auch die
Schattenseite dieses Prinzips. Die Schwierigkeit, sich auf den
anderen zu beziehen, und damit verbunden die Tendenz, alles nur mit
den eigenen Augen zu sehen und mit dem eigenen Maßstab zu
messen.
Zur Schattenseite
gehört auch, dass Beziehung und Liebe hier nur im Sommer
existieren. Für viele Löwe-betonte Menschen ist es eine böse
Überraschung, dass zu einer Beziehung auch gehört, mit dem Winter
umgehen zu können. Ich kenne eine Löwe-Mutter, die ein sehr
sensibles Kind hat, und wenn dieses Kind weint, wenn es verletzt
oder traurig ist, sagt diese Mutter gewöhnlich: »Jetzt geh aus dem
Zimmer, und komm erst zurück, wenn du wieder lachst.« Diese Liebe
richtet sich nur auf das lachende, so genannte positive Kind. Ein
Partner wird dann auch nur akzeptiert, solange er positiv gestimmt
ist. Als Leitmotiv, auch als Entwicklungsauftrag, kann man hier
noch einmal das Märchen vom Königssohn, der
sich vor nichts fürchtet anführen. Der Königssohn geht durch
die Dunkelheit, durch die heilsame Depression, in der die Naivität,
das Grandiositätskonzept sterben. Ein echter reifer Löwe kann
lachen wie ein König, aber auch weinen wie ein König. Er ist in der
Welt des Tanzes und des Feierns genauso zu Hause wie dort, wo es
dunkel wird und wo Schmerz und Leid angesagt sind.