Venus in Krebs
Das Frauenbild ist
hier die mediale, geheimnisvolle Frau, die in den inneren Welten zu
Hause ist, die Nixe im Teich, die einen unter Wasser ziehen kann,
von der irdischen Realität weg in die Welt der Träume, der
Leidenschaften, der Fantasie. Männer mit Venus in Krebs werden eine
Affinität zu Frauen haben, die sie in ihre innere Welt mitnehmen,
die die Fantasie-und Sehnsuchtsseite ihres Wesens
anregen.
Eine andere Variante
ist der Lolita-Typus, die kindliche Seite des Weiblichen. Männer
mit Krebs-Venus zieht es oft zu solchen Frauen hin oder auch zum
Gegenpol: Da Krebs immer Mutter-und-Kind-Thema zugleich verkörpert,
können das betont mütterliche Frauen sein, auch auf sexueller
Ebene. Für Krebs-Venus hat Sexualität mehr mit Zärtlichkeit zu tun
als mit Sinnlichkeit, sie ist nicht zu trennen von der Begegnung
auf seelischer Ebene.
Wer eine Krebs-Venus
hat und keinen Panzer darum gebaut hat, kann sehr tiefe Begegnungen
erleben, bei denen weniger die körperliche Lust im Vordergrund
steht als vielmehr das Gefühl von Verschmelzung, eine Erfahrung von
Tiefe, bei der die Sehnsucht, dem anderen ganz nah und vertraut zu
sein, im Mittelpunkt steht. Dieses »gemeinsame« Eintauchen kann
auch in Musik, Tanz, Naturerleben, Meditation
geschehen.
Positiv gesehen kann
man in einer solchen Beziehung heimkommen, eine tiefe Verbundenheit
erleben, auch das Gefühl, einen Seelenpartner gefunden zu haben.
Die Einbindung von Beziehung in einen familiären Rahmen spielt hier
oft eine große Rolle. Die zentrale Fragestellung heißt dann: Könnte
ich mit diesem Menschen eine Familie gründen, gemeinsam einen Platz
bewohnen?
In einer
Krebs-Venus-Beziehung ist Gefühl die Hauptnahrung, auch das
Bedürfnis, Verständnis, Wärme und Trost zu spenden und zu empfangen
– Seelennahrung eben. In dieser Beziehung gibt es eine gute
Mütterlichkeit, hier darf auch das innere Kind der beiden Partner
mitleben, das heißt, dass der Partner nicht nur dann geachtet und
geliebt wird, wenn er erfolgreich oder klug oder selbstständig ist,
sondern auch dann, wenn er Hilfe braucht oder krank ist, wenn er
manchmal ganz einfach bedürftig ist.
Die Schattenseite
einer Krebs-betonten Beziehung ist eine Art Nest-Beziehung, bei der
man nur zusammengluckt und sich gegen die vermeintlich feindliche
Außenwelt abschottet. Solche Beziehungen – »Wir beide und sonst
keiner« – können erstickend sein. Man klammert sich ängstlich
aneinander mit der Botschaft »Ich brauche dich« und »Verlass mich
nicht«, die keine Eigenentwicklung, keine Autonomie innerhalb der
Partnerschaft zulässt. Es gibt auch Fälle, bei denen das
Mutter-Kind-Modell tragische Formen annehmen kann. Mir fällt dazu
ein alter Film mit Gerd Fröbe ein, in dem er einen einsamen alten
Rentner spielt. Auf einem Spaziergang findet er ein Mädchen, das
zusammengeschlagen worden ist; er nimmt dieses Mädchen mit nach
Hause in seine kleine Wohnung und pflegt es liebevoll gesund. »Ich
tu alles«, sagt er immer. Das Drama entsteht, als das Mädchen eines
Tages gesund wird und sagt: »Alter Mann, ich danke dir für alles,
was du für mich getan hast, aber jetzt will ich wieder in meine
eigene Welt zurück.« Da wird er so wütend und verzweifelt, dass er
das Mädchen zusammenschlägt, es schwer verletzt, und der Film hört
damit auf, dass er wieder vor dem Bett des Mädchens steht und sagt:
»Ich tu alles, du wirst sehen, ich bin immer für dich
da.«
Wenn das
Mutter-Kind-Motiv in Beziehungen diese Ausprägung annimmt, kann es
sein, dass man den andern klein, abhängig und krank haben will –
denn eine Mutter ohne Kind ist nichts. Wenn ich dich nicht mehr
versorgen kann, wenn ich dir als Mutter nichts mehr zu geben habe,
dann fühle ich mich überflüssig – das ist die unreife Form von
Krebs-Beziehungen.
Diese Struktur findet
sich in vielen Beziehungen, bei denen es um Retten und Helfen geht.
Ein klassisches Bild dafür ist der Krebs-betonte Mensch, der seinem
süchtigen Partner großmütig und verständnisvoll noch den
hundertfünfzigsten Rückfall in seine Sucht verzeiht, denn so wird
er weiterhin gebraucht. So wichtig es ist, zu helfen und zu geben,
so wichtig ist es auch zu sehen: Wo fördere ich in Wirklichkeit
durch eine bestimmte Art des Gebens beim anderen Krankheit und
Abhängigkeit, werde ich selbst dabei co-abhängig. Hier ist der
Bezug auf den Gegenpol Steinbock mit seiner gesunden Härte
notwendig.