Kollektive Aspekte
Ich möchte mich
abschließend auf den kollektiven Aspekt dieses Zeichens, dieses
Archetyps beziehen. Meiner Ansicht nach gibt es zwei große Sünden,
die wir Menschen in den letzten Jahrtausenden zu verantworten haben
und die auch im Kollektiven geheilt werden müssen. Die eine ist,
dass wir die weibliche Göttin weniger geachtet haben als den
männlichen Aspekt Gottes – wir haben ja Vater, Sohn und Heiliger
Geist und nicht Mutter, Tochter, Heiliger Geist. Das zweite Problem
ist, dass wir die Götter der oberen Welt viel mehr geachtet haben
als die Götter der unteren Welt, wodurch eine Spaltung im
kollektiven Bewusstsein existiert, die sich zum Beispiel im großen
Weiblichen als die Spaltung in Maria und Hexe äußert. (Darauf gehe
ich im Skorpion-Kapitel noch genauer ein.)
Ein Stier-betonter
Mensch, egal ob Mann oder Frau, hat in seinem Umfeld, in seinem
Leben auch die Aufgabe, etwas für die Rehabilitation der Großen
Göttin zu tun. Dabei geht es um eine neue Achtung vor der Erde und
der Natur. Politisch gehört die ökologische Bewegung hierher. Im
Märchen wird diese Weisheit auch durch das Motiv des hilfreichen
Tieres dargestellt. Wenn man nicht bereit ist, mit dem Tier sein
Essen zu teilen, wie viele Märchenhelden es tun müssen, wenn man
nicht bereit ist, auf seinen Rat zu hören, gerät man in
Schwierigkeiten – das wiederholt sich in jeder Geschichte. Auf den
Menschen bezogen heißt das ganz einfach, wenn man die Botschaften
des Körpers missachtet, dann wird man krank. Der Körper hat immer
Recht, er belügt einen nie. Auch hier haben wir in unserer
Tradition ein Ungleichgewicht: Wir schätzen die geistigen,
»höheren« Werte mehr als die so genannten niederen, zu denen der
Körper und damit die Weisheit des hilfreichen Tieres gehört. Das
hat damit zu tun, dass im Körper Krankheit und Tod wohnen, und uns
unserer Körperlichkeit bewusst zu werden bedeutet gleichzeitig, uns
mit unserer Vergänglichkeit auseinanderzusetzen.