Der böse Geist
Im Märchen gibt es
kaum einen Helden, der nicht Fehler macht, und die Fehler, die er
macht, bringen ihn immer zunächst in Teufels Küche. Betrachtet man
den Gesamtplan, den Entwicklungsbogen eines Märchens, sind diese
Fehler jedoch unabdingbar für Bewusstwerdung und Entwicklung der
Figuren. Irgendwann muss man die verbotene Kammer aufmachen oder,
wie in einem russischen Märchen, den bösen Geist aus dem Turm
lassen.
In diesem Märchen gibt
es einen Soldaten, der seit vielen Jahren im Auftrag des Zaren
einen steinernen Turm bewacht. Eines Tages hört er, wie eine Stimme
aus dem Turm ruft: »Bitte, lass mich raus, ich verhungere hier
drin.« Der Soldat fragt: »Wer bist du?« Da antwortet der Geist:
»Ich bin der böse Geist, wenn du mich befreist, helfe ich dir
später!« Da sperrt der Soldat die Tür auf, und der böse Geist
verschwindet. Dem Soldaten wird himmelangst. Er denkt: »Ich komme
vors Kriegsgericht, ich habe dem Befehl des Zaren
zuwidergehandelt«, und er flieht aus dem Land. Schließlich sitzt er
halb verhungert in einem finsteren Wald und jammert: »Warum habe
ich nur den Fehler gemacht und den bösen Geist rausgelassen? Jetzt
muss ich verhungern!« Da erscheint auf einmal der böse Geist und
bringt ihm zu essen. Er wird der Führer und Lehrmeister unseres
Helden. Mit seiner Hilfe gewinnt er die Zauberin Elena, wird ihr
ein ebenbürtiger Zaubererpartner. Es ist paradox, dass der böse
Geist von Anfang bis Ende diesen Namen behält, obwohl er eigentlich
die gute, treibende Kraft in dieser Geschichte ist. Er ist die
Kraft, die das Böse will und das Gute schafft, könnte man mit
Goethe sagen (der übrigens auch Jungfrau war).