Das Salzkorn
Oskar Adler gibt eine
Definition von drei verschiedenen Bewusstseinshaltungen des
Menschen in dem Gleichnis vom Stein im Wasser, vom Salzkorn im
Wasser und vom Tuch im Wasser. Das Bewusstsein des Steins im Wasser
ist das in der westlichen Welt meistverbreitete. Wir erleben uns
getrennt von dem, was da draußen ist, fühlen uns nicht eins mit der
Natur, mit der Schöpfung; wir versuchen mit mehr oder weniger gutem
Erfolg, die Natur zu beherrschen, spalten alles in Subjekt und
Objekt – ich bin hier, du bist da draußen. Das Salzkorn im Wasser
wäre genau das Gegenteil. Wirfst du ein Salzkorn ins Wasser, dann
löst es sich auf. Der Stein und das Wasser können sich nie
verbinden, Salzkorn und Wasser hingegen werden nach kurzer Zeit
eins. Das ist ein Gleichnis für einen Menschen, der sich alleins
fühlt wie der erste Chinese, eins mit der Schöpfung, mit der Natur,
mit den Menschen um ihn herum, und dieses ozeanische Gefühl
entspricht einer tiefen Sehnsucht in uns allen. Es geht hier um das
Glück, das man nicht mit Namen nennen kann, wie Hermann Hesse es
formuliert hat. In bestimmten Momenten des Lebens wird man
vielleicht dieses Salzkorn sein können, in Momenten absoluter
Stille, in der Meditation oder wenn man allein in der Natur ist und
sich auf einmal mit jedem Grashalm, mit jedem Baum verbunden fühlt,
wenn man einen Spaziergang am Meer macht oder eine wunderschöne
Musik hört und dabei Zeit und Raum vergisst oder wenn man tanzt
oder in einer liebevollen Begegnung, die keine Worte mehr braucht,
in der eine gemeinsame Schwingung, eine Seelenverwandtschaft zu
spüren ist; auch in der Sexualität, wenn völlige Verschmelzung
stattfindet. Die Möglichkeiten, dieses ozeanische Gefühl zu
erleben, sind vielfältig. Um das Salzkorn im Wasser geht es, wenn
wir das Zeichen Fische näher betrachten.
Das Tuch im Wasser
symbolisiert den »normalen« Menschen; jeder von uns ist so ein Tuch
mit unterschiedlich großer Durchlässigkeit für ozeanisches Erleben.
Unsere innere Entwicklung bestimmt die Durchlässigkeit dieses
Tuches. Es gibt Momente, in denen der abgrenzende Aspekt im
Vordergrund steht, und andere, in denen wir heimkommen, das
Einssein wieder spüren.