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Planetares Hauptquartier Able's Aces, Gillfillan's Gold Randgemeinschaft, Peripherie16. April 3059
Kommandanthauptmann Jerry Able starrte durch die Hologrammkarte der sechs Systeme der Randgemeinschaft auf die beiden anderen Offiziere. Die schwacher. Lichtpunkte der holographischen Sterne zeichneten ein Muster auf ihre Gesichter und Arme.
Hauptmann Maxwell Chou, der Kommandeur des Bataillons Eins, war einen Tag zuvor heimlich mit einem Personaltransport eingetroffen. Er war von kleiner Statur, und in seinen Zügen spiegelte sich eine scharfe Intelligenz, eine der Eigenschaften, die Jerry Able an seinem alten Freund besonders schätzte. Weil die drei Kompanien des Einserbataillons über drei der sechs bewohnten Welten der Randgemeinschaft verteilt waren, benötigte Max Chou sowohl die Fähigkeiten eines klugen Kommandeurs wie auch die eines erstklassigen Verwalters.
Der dritte anwesende Offizier war Oberleutnant Livia Hawke, die Able in den letzten Monaten erheblich häufiger gesehen hatte als früher. Sie stand in Ruhehaltung, aber es schien ihm, daß sie etwas von dem zurückgewonnen hatte, was sie nach dem Desaster am Vogelsangkamm verloren gehabt zu haben schien. Er hoffte nur, daß es reichen würde. Able würde den beiden einiges abverlangen müssen.
»Max. Danke, daß du dir trotz deiner Trainingsverpflichtungen die Zeit genommen hast«, eröffnete er das Gespräch.
Chou lächelte ihn mit strahlend weißen Zähnen an. »Es ist mir eine Freude, Kommandanthauptmann, aber ich war überrascht, daß der Befehl nicht über den normalen Dienstweg eintraf.« Die Nachricht war in größter Geheimhaltung übermittelt und am Zielort persönlich überbracht worden.
»Es war leider nötig«, stellte Able fest und schaltete die Holoprojektion ab. »Wie ihr beide wißt, sind wir in den letzten zwei Monaten zweimal angegriffen worden. Auf Caldarium haben wir praktisch eine komplette Mechkompanie mit Jägerunterstützung verloren. Und jetzt haben die Piraten uns hier auf Gillfillan's Gold überfallen. Die einzige gute Nachricht ist, daß unsere Verluste beim letzten Angriff gering ausgefallen sind und wir ihnen einen Tritt in den Arsch versetzt haben.«
»›König‹ Hopper Morrison«, erklärte Chou eisig.Able nickte. »Ganz recht Bis jetzt hat Morrison es bei seinen Angriffen immer auf Raub und Diebstahl abgesehen, wie es sich für einen guten kleinen Piraten gehört. Aber diese beiden letzten Angriffe waren strategischer Natur.«
Chou nickte ohne Kommentar und wartete darauf,
daß Able seine These ausführte.
»Am Vogelsangkamm war sein Ziel schlicht und einfach die
Vernichtung einer Mechkompanie. Sicher, er hat einen Überfall
inszeniert, aber der war mehr ein Ablenkungsmanöver. Seine
Hauptabsicht war, uns einen Schlag zu versetzen, einen gewaltigen
Schlag. In einem Streich hat er ein Drittel des Einserbataillons
aufgerieben. Das ist kein typisches Piratenbenehmen. Im Gegenteil,
Piraten versuchen in aller Regel, eine Feldschlacht zu vermeiden.«
Able runzelte die Stirn, als er sich an die jüngsten Ereignisse
erinnerte. »Und als Morrisons Bande hier auftauchte, ging es ihm
nicht darum, die Händler auszurauben wie früher. Seine Leute haben
keinen Versuch unternommen, die Fracht zu stehlen. Nein, er hat nur
angegriffen, um uns zu treffen und die einheimische Bevölkerung in
Unruhe zu versetzen Er wollte Panik säen.«
Hauptmann Chou strich sich nachdenklich über den schwarzen
Kinnbart. »Wenn ich es nicht besser wüßte würde ich sagen, Morrison
expandiert. Er fängt an, sich für reichere Beute zu
interessieren.«
Able beugte sich über den Tisch und sah erst Chou dann Hawke fest
in die Augen. »Er will die Randgemeinschaft soweit destabilisieren,
daß er die ganze Chose einsacken kann.«
Hawke war sichtlich überrascht. »Sir?«
»Indem er uns schwächt, jagt er dem Rat der Planeten Angst ein. Wir
haben ihn bei seinem Überfall auf unsere Basis zurückgeschlagen,
aber das war ihm von vornherein klar. Er hat trotzdem erreicht,
worauf es ihm ankam, nämlich, die Einheimischen glauben zu machen
daß unser Schutz nicht ausreicht. Wenn er für weitere
Verunsicherung sorgt, könnten Able's Aces den Kontrakt mit der
Randgemeinschaft verlieren. Präsident Moroney muß sich bereits
Anschuldigungen anhören er würde uns hier auf Gillfillan's Gold als
seine Privatarmee beschäftigen. Die Vertreter der anderen Planeten
behaupten, daß wir auf Gillfillan's Gold die Piraten
zurückschlagen, während sie unter Morrisons Überfällen zu leiden
haben.«
Chou nickte. »Das erweckt den Eindruck, daß wir nicht in der Lage
sind, unsere Arbeit zu tun.«
»Werden sie versuchen, andere Söldner zu verpflichten?« fragte
Hawke.
Able wußte, daß das Thema im Rat der Planeten schon mehrmals zur
Sprache gekommen war, in der Regel nach einem von Morrisons
Überfällen. Bisher waren solche Anträge immer abgelehnt worden,
aber der Stimmenvorsprung, mit dem das geschah, wurde von mal zu
mal kleiner.
»Oh, das würde Hopper Morrison gefallen«, stellte er sarkastisch
fest. »Die klassische Teile-undErobere-Strategie. Jede Welt würde
ihre eigene Söldnertruppe verlangen. Sie würden keine Ressourcen
mehr teilen, und es gäbe keine Möglichkeit mehr, unsere
Anstrengungen zu koordinieren. Ohne zentrale Befehlsstruktur wäre
jedes System auf sich allein gestellt. Morrison könnte die
einzelnen Welten und die verschiedenen Söldnerkommandeure
gegeneinander ausspielen. Wie ich ihn kenne, könnte es ihm sogar
gelingen, ein paar der Söldner auf seine Seite zuziehen. Eine Menge
Söldnereinheiten hier draußen in der Peripherie interessiert sich
nur für das eigene Wohlergehen. Ein paar davon hätten kaum Skrupel,
einen Auftraggeber gegen ihr . eigenes Stück eines
Privatkönigreichs zu verkaufen. Gleichgültig, wie wir es auch
drehen oder wenden, ein dezentraler Militärapparat wäre für
jemanden wie Morrison eine leichte Beute. Er wäre möglicherweise
sogar in der Lage, einzelne Weiten, wenn nicht sogar die ganze
Randgemeinschaft, so einzuschüchtern, daß sie ihm Schutzgeld
zahlen, damit er seine Überfälle einstellt. Abgesehen von den Aces
sind die Ausbeuter die einzige nennenswerte Militärmacht hier
draußen in diesem Teil der Peripherie. Das wäre eine andere
Möglichkeit für ihn, die Herrschaft zu übernehmen.«
Die Randgemeinschaft war ein sehr junger und noch nicht wirklich
gefestigter Staat, der erst noch lernen mußte, sich zu behaupten.
Jetzt war er in Gefahr. Es würde nicht viel nötig sein, Hawke und
Chou klarzumachen, daß ihr Einkommen und ihr Zuhause ernsthaft
gefährdet waren. Chou hatte eine Familie auf All Dawn. Das letzte,
was er ihr wünschen konnte, war eine Situation, in der »Recht und
Ordnung« in den Händen eines skrupellosen Raumpiraten wie Hopper
Morrison lagen.
»Das ist noch nicht alles«, sprach Able weiter. »Das Schlimmste
kommt noch. In beiden der letzten zwei Überfälle hat ein Verräter
Morrisons Ausbeutern wichtige Informationen zugespielt, die den
Piraten ihre Argriffe erst ermöglicht haben. Das ist die einzige
Erklärung dafür, wie die Piraten mit jedem Angriff besser auf uns
vorbereitet zu sein scheinen.«
Chou schüttelte ungläubig den Kopf. »Sind Sie sicher,
Kommandanthauptmann?«
»Völlig sicher. Auf dem Vogelsangkamm wußten sie exakt, wie
Oberleutnant Hawke ihre Truppen aufzustellen plante. In Rectortown
wußten sie, daß wir den Zeitplan vorgezogen hatten. Wir müssen
sogar die Möglichkeit in Betracht ziehen, daß wir mehr als eine
undichte Stelle haben, aber ich bin bereit zu wetten, daß es bis
jetzt vor allem eine Person war.«
Livias Miene war ernst. »Haben Sie eine Idee, wer,
Kommandanthauptmann?«
»Ich bin mir sogar beinahe sicher«, stellte Able fest. »Und zwar
Sie, Livia.« Er stieß den Finger in ihre Richtung. »Für die
nächsten drei Tage werden Sie eingeschränkten Dienst ausschließlich
bei nicht kampfbezogenen Aufgaben leisten, Danach haben Sie
Gillfillan's Gold zu verlassen. Bis auf weiteres sind Sie verbannt
Oberleutnant Hawke.«
Präsident James Moroney, das Staatsoberhaupt der Randgemeinschaft,
wirkte noch immer wie der Professor, der er gewesen war, bevor er
zum Politiker wurde. Der zurückweichende Haaransatz, die
Drahtbrille und seine zerbrechlich wirkende Statur ließen ihn wie
einen zaghaften Bücherwurm aussehen. Aber in seiner Fall täuschte
der äußere Eindruck.
Jerry Able wußte, daß Moroney als Aufrührer aus der Inneren Sphäre
vertrieben worden war. Nur deshalb hielt er sich jetzt hier in der
Peripherie auf. Innerhalb kürzester Zeit war es dem ehemaligen
Professor gelungen, die Oberhäupter sechs unabhängiger Welten zur
Gründung einer Konföderation zu mobilisieren, Jetzt nannten sie
sich die Randgemeinschaft und hoffen, sich von einer
Hinterwäldlerecke der Peripherie zu einem echten interstellaren
Staat zu entwickeln, mit dem man rechnen mußte. Und jetzt war
dieser Traum in Gefahr.
»Jerry«, sagte Moroney. »Ich habe Ihnen nie etwas vorgemacht.
Dieser Plan, den Sie mir da vorschlagen, steckt voller
Risiken.«
»Ich kann Ihre Bedenken verstehen, Herr Präsident«, erwiderte Jerry
Able. »Dies ist ein Wendepunkt für uns beide. Sie haben mich
verpflichtet, damit wir Ihre Nation verteidigen. Das haben wir
getan, und wir haben auf allen sechs Welten der Gemeinschaft
Milizen ausgebildet. Morrisons Ausbeuter sind eine ernste Gefahr
für alles, was wir bis jetzt erreicht haben. Ich glaube, daß dieser
Plan geeignet ist diese Bedrohung auszuschalten.«
Moroney nahm die Brille ab und rieb sich die Augen, bevor er
antwortete. »Es gibt andere im Rat, die Ihren Plan zu ihrem eigenen
Vorteil ausnutzen könnten.«
Able wußte wohl, was Moroney damit äußerte. Planetarrat Roberts,
der wortgewaltige Repräsentant Otisbergs, führte die Opposition
gegen die Amtsführung des Präsidenten an und hatte in letzter Zeit
an Unterstützung gewonnen.
»Das stimmt, Herr Präsident, aber ich bin überzeugt, daß Sie in der
Lage sind, es richtig zu verkaufen. Erklären Sie ihnen, wie schwer
angeschlagen wir militärisch und finanziell sind. Ich bitte Sie nur
um ein paar Monate Zeit, drei Monate - maximal vier -, und wenn ich
fertig bin, wird die Randgemeinschaft sicherer sein als je
zuvor.«
Moroney zog ein Taschentuch aus seiner Jacke und polierte
methodisch die Gläser seiner Brille. Able war klar, daß er sich
damit ein paar Sekunden Zeit verschaffen wollte, in der er die
Alternativen abwägen, die Gefahren überdenken und einen Blick in
die Zukunft werfen konnte.
»Welche Welten würden von Ihren Truppen entblößt werden?« fragte
Moroney schließlich und legte die Drahtbügel seiner Brille wieder
über die Ohren.
»Gillfillan's Gold, All Dawn, Waystation ...« erklärte Able. Er
machte eine Pause, dann fügte er leise hinzu: »... und
Otisberg.«
Moroney zuckte zusammen, als er das hörte, weil er wußte, was es
kosten würde, Roberts dazu zu bewegen, einer solchen Bedingung
zuzustimmen. »Muß es unbedingt auch Otisberg sein?«
Able nickte. »Ich fürchte ja, Herr Präsident. Aber diese Welten
werden nicht völlig schutzlos sein. Wir ziehen nur achtzig Prozent
unserer Truppen ab, die restlichen zwanzig Prozent werden bleiben.
Gillfillan's Gold wird am schwächsten verteidigt sein.«
»Jerry, Geschichte ist mein Spezialgebiet. Ich habe sie mein ganzes
Leben studiert, bevor ich hierher karr und seitdem lebe ich, was
ich vorher studiert habe. Ich stimme Ihnen zu, daß dieser kleine
Staat, den wir uns hier zusammengeschustert haben, an einem
Wendepunkt seiner Geschichte steht. Ich habe es kommen sehen, aber
ich hätte mir niemals träumen lassen, daß es so werden würde.« Sein
Blick ging an Jerry Able vorbei, als er nachdenklich die
Fingerspitzen aufeinanderlegte. »Morrisons Ausbeuter sind eine
reale Bedrohung Sie haben mit Ihrer Einschätzung der jüngsten
Überfälle recht. Sie haben den Einsatz erhöht und spielen ein neues
Spiel. Sie wollen uns entweder zerschlagen oder übernehmen. So oder
so gewinnen sie. Und Sie sind möglicherweise nicht der einzige mit
einem Verräter in den eigenen Reihen.«
Able nickte. Es bestand eine reelle Gefahr, daß jemand in gehobener
Position in der Randgemeinschaft mit Hopper Morrison unter einer
Decke steckte. Er hegte diesen Verdacht selbst ebenfalls, hatte
aber noch nicht die Mittel, es zu beweisen.
»Herr Präsident, ich glaube einen Weg gefunden zu haben, wie ich
mit meinem Sicherheitsproblem fertigwerden kann. Wenn alles läuft
wie geplant, sollten wir in der Lage sein, auch alle undichten
Stellen in Ihrem Apparat zu schließen.«
»Ich hoffe, Sie haben recht, Jerry. Wenn nicht, werden eine Menge
Menschen darunter zu leiden haben.«
Jerry Able wußte, daß er dieses Risiko eingehen mußte. »Ich habe
recht, Herr Präsident. Sie müssen mir nur bei den anderen
Ratsmitgliedern die nötige Zeit erkaufen.«
Moroney stieß einen langen, resignierten Seufzer aus. »Nun denn, so
bleibt mir nichts, als meinen Teil beizutragen.«
Das Sitzungszimmer des Rats der Planeten war ein relativ kleiner
Raum und der jungen Regierung angemessen, die hier tagte. Ein
Halbkreis aus Tischen wölbte sich vor einem zentralen Rednerpult
für den Präsidenten. Der Raum war dunkel und fensterlos, und das
auf Hochglanz polierte Wurzelholzmobiliar verlieh ihm eine erhabene
und zugleich abweisende Aura von Förmlichkeit und Macht.
Jede der sechs Welten der Randgemeinschaft entsandte einen
einzelnen, gewählten Vertreter in den Rat. Von seinem Platz am
Rednerpult aus ließ Präsident Moroney den Blick langsam von einem
Gesicht zum nächsten wandern. Es war nicht sonderlich schwierig, in
den Mienen zu lesen, und er wußte gut genug, wer in dieser
Versammlung sein Verbündeter war und wer sein Feind. Jetzt mußte er
etwas tun, was er schon lange nicht mehr nötig gehabt hatte: Er
mußte sie beherrschen.
»Der nächste Punkt der Tagesordnung ist eine Sicherheitsfrage gemäß
Artikel drei des Gemeinschaftsvertrages«, sprach Moroney die
Geheimhaltungsverpflichtung an. Die Mitglieder des Rates waren
damit gesetzlich verpflichtet, mit niemandem außerhalb des
Sitzungszimmers über die zu behandelnde Frage zu sprechen. »Gestern
erhielt ich einen Bericht von Kommandanthauptmann Able bezüglich
der jüngsten Überfälle auf unsere Welten. In beiden Fällen hat die
Einheit erhebliche Schäden erlitten. Daher hat er einen bestimmten
Passus in unserem Kontrakt mit Able's Aces in Anspruch genommen,
über den zu informieren ich mich vor Ihnen bei dieser Gelegenheit
nur ungern gezwungen sehe.«
Planetarrat Roberts ergriff mit trotzig verschränkten Armen von
seinem Platz aus das Wort. »Von welchem Passus reden Sie, Herr
Präsident?«
»Kommandanthauptmann Able zieht zwei seiner drei Bataillone aus der
Randgemeinschaft ab. Er hat einen Kurzkontrakt mir der Lyranischen
Allianz ausgehandelt und wird zu einer fünfmonatigen Mission in
deren Gebiet aufbrechen.«
Die Erklärung schlug ein wie eine Bombe. Alle Repräsentanten
protestierten gleichzeitig. »Das kann er nicht machen, Herr
Präsident. Die Randgemeinschaft wäre diesen Piraten schutzlos
ausgeliefert«, rief Planetarrätin Warner.
»Laut den Bedingungen unseres rechtlich verbindlichen Kontrakts mit
den Aces kann Kommandanthauptmann Able
dies sogar für über sechs Monate. Und wenn man bedenkt, wie weit
wir mit unseren Zahlungen im Rückstand sind, kann ich sowohl Ihre
Besorgnis wie auch seine Zwangslage gut verstehen. Able hat mir
versichert, daß das Ziel dieses Unternehmens darin besteht,
ausreichende Mittel für eine komplette Neuausrüstung und
Verstärkung seiner Einheit zu erwirtschaften, damit sie uns nach
seiner Rückkehr besser beschützen kann. Er wird sein Bataillon Drei
hierlassen, und unsere planetaren Milizen werden uns ebenfalls
weiter verteidigen.«
»Nach seiner Rückkehr?« spie Roberts und lehnte sich über seinen
glänzend polierten Tisch. »Es wird uns nicht mehr geben, wenn er
zurückkommt. Morrison wird uns massakrieren. Es wird Zeit, daß wir
meinen Antrag verabschieden, zusätzliche Söldnereinheiten zu
verpflichten.«
Wieder sprachen die fünf anderen Planetenvertreter durcheinander,
und es klang ganz so, als würde Roberts bei einer Abstimmung den
Sieg davontragen.
»Verehrter Planetarrat Roberts«, erklärte Moroney. »Ich kann Ihren
Wunsch verstehen, zusätzliche Truppen zu verpflichten, aber ich muß
darauf hinweisen, daß dieser Vorschlag zu seiner Annahme sowohl
eine Mehrheit im Rat wie auch meine Unterschrift benötigt, die ich
nicht zu leisten bereit bin.«
»Natürlich«, gab Roberts zurück und fuhr sich mit der Hand durch
die wenigen Haare, die auf seinem kahlen Schädel noch sprossen.
»Sie haben die Aces ja auch wie Ihre Privatarmee benutzt. Es ist
mir nicht entgangen, daß ihre Verluste bei dem Überfall auf
Gillfillan's Gold minimal waren. Im Gegensatz zur Situation bei den
letzten Angriffen auf Otisberg und Caldarium.«
Moroney setzte ein drohendes Lächeln auf und reagierte völlig
gelassen. »Ihre Anschuldigung ist völlig haltlos, Planetarrat
Roberts. Die bloße Andeutung, ich hätte die Kraft meines Amtes
mißbraucht, ist aufrührerisch und riskiert ein Ausschlußverfahren.
Welche Beweise haben Sie für diese irrwitzige Beschuldigung
anzubieten?«
Roberts steckte zurück, aber mit stahlhartem Blick. »Ich
entschuldige mich, Herr Präsident«, erklärte er in unterwürfigem
Ton. »Ich bin nur besorgt um die Sicherheit der Menschen, für die
ich in diesem Rat spreche.«
Für Moroney war es offensichtlich, daß diese Debatte noch lange
nicht vorbei war »Es wäre ein Irrtum, sollten Sie auch nur für
einen Augenblick annehmen, Planetarrat Roberts, daß ich um die
Sicherheit unserer Bevölkerung weniger besorgt bin als Sie.« Er
klang beleidigt, aber das war weitgehend gespielt. »Aber Morrisons
Ausbeuter sind simple Raumpiraten. Wenn wir unsere Miliztruppen
verstärken und die Sicherheitsvorkehrungen ausweiten, halte ich uns
durchaus dazu in der Lage, diese kleine Unannehmlichkeit
durchzustehen.«
»Und genau in diesem Punkt bin ich anderer Meinung«, gab Roberts
zurück. »Ich beantrage, daß jede Welt die Erlaubnis erhält,
zusätzliche Söldnereinheiten zur Verstärkung unserer Milizen
anzuwerben. Mein Volk wird darauf bestehen.«
Moroney hatte darauf gewartet, daß die Debatte diesen Punkt
erreichte. Er hatte sich darauf vorbereitet Jerry Able hatte nur um
drei Monate gebeten, möglicherweise vier, und Moroney hatte
versprochen, sie ihm zu verschaffen. Sie hatten schon zuviel
durchgestanden, um sich jetzt zu trennen.
»Planetarrat Roberts, verehrte Weltenoberhäupter der
Randgemeinschaft, ich teile Ihre Bedenken. Aber wir sind auch an
die Bedingungen unseres Kontrakts gebunden. Ich wäre bereit, einem
Antrag zuzustimmen, der ausschließlich Überbrückungskontrakte mit
anderen Söldnereinheiten vorsieht. Das würde uns gestatten, die
Verpflichtungen unserer Vertragsvereinbarung mit Able's Aces
einzuhalten und zugleich eine solide Verteidigung zu gewährleisten.
Auf diese Weise gewinnen beide Seiten.«
»An wen haben Sie gedacht, Herr Präsident?« fragte Planetarrätin
Warner. »Wie viele vertrauenswürdige Söldnereinheiten könnten wir
finden, die sich nahe genug an unseren Systemen aufhalten, um auch
nur rechtzeitig eintreffen zu können?«
»Wir werden über legitime Kanäle rekrutieren, soll heißen, die
Söldnerkommission auf Outreach. Alle Kontrakte werden entsprechend
der Gründungsverträge von mir als Präsident unterzeichnet. Auf
diese Weise besteht keine Gefahr, daß eine Mitgliedswelt versucht,
eine Privatarmee aufzustellen, wie Planetarrat Roberts es uns
bewußt gemacht hat. Außerdem werden alle Überbrückungskontrakte mit
der Rückkehr von Able's Aces enden.«
Moroneys plötzliche Kursänderung hatte Roberts sichtlich aus dem
Gleichgewicht geworfen. Es war ihm vom Gesicht abzulesen, daß seine
Gedanken rasten, als er versuchte, einen Haken in der Argumentation
des Präsidenten zu finden. »Sie würden uns gestatten, unter diesen
Bedingungen Söldner anzuwerben?«
»Sie haben mein Wort, und ich werde einen entsprechenden Artikel
mit meiner Unterschrift bekräftigen, sofern er die von mir
erwähnten Bedingungen enthält.«
Planetarrat Randel von Slewis meldete sich zu Wort. »Ich bin kein
Experte in Reisezeiten, aber Outreach liegt in der Inneren Sphäre.
Es wird lange dauern, jemanden dorthin zu schicken, damit er eine
Söldnereinheit verpflichtet.«
Moroney ließ sich nicht erschüttern. »Wenn wir das zu unserem
legitimen Schutz durchziehen, dann dürfen Verhandlungen und
Rekrutierung ausschließlich über legitime Kanäle erfolgen. Wenn das
eine Reise nach Outreach oder auf eine Welt mit einer HPG-Station
der Klasse A erfordert, von der aus wir uns mit Outreach in
Verbindung setzen können, dann muß das eben sein.«
»Das wird Zeit kosten«, setzte Randel nach.
»Ja, das wird es«, erwiderte Moroney. Seine Stimme klang bedauernd,
aber innerlich lachte er. Er hatte Jerry Able die Zeit beschafft,
die der sich erbeten hatte. Jetzt war es an Able, seinen Part der
Vereinbarung hochzuhalten. Wenn ihm das nicht gelang, würde keiner
vonihnen vorhersagen können, wie sich die Lage
entwickelte.
Nach zwei weiteren Stunden hitziger Debatte unterzeichnete
Präsident Moroney den Artikel, den er selbst vorgeschlagen hatte,
und Planetarrat Roberte strahlte, zufrieden, seinen Willen
durchgesetzt zu haben.