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Planetares Hauptquartier Able's Aces, Gillfillan's Gold Randgemeinschaft, Peripherie
16. April 3059

Kommandanthauptmann Jerry Able starrte durch die Hologrammkarte der sechs Systeme der Randgemeinschaft auf die beiden anderen Offiziere. Die schwacher. Lichtpunkte der holographischen Sterne zeichneten ein Muster auf ihre Gesichter und Arme.

Hauptmann Maxwell Chou, der Kommandeur des Bataillons Eins, war einen Tag zuvor heimlich mit einem Personaltransport eingetroffen. Er war von kleiner Statur, und in seinen Zügen spiegelte sich eine scharfe Intelligenz, eine der Eigenschaften, die Jerry Able an seinem alten Freund besonders schätzte. Weil die drei Kompanien des Einserbataillons über drei der sechs bewohnten Welten der Randgemeinschaft verteilt waren, benötigte Max Chou sowohl die Fähigkeiten eines klugen Kommandeurs wie auch die eines erstklassigen Verwalters.

Der dritte anwesende Offizier war Oberleutnant Livia Hawke, die Able in den letzten Monaten erheblich häufiger gesehen hatte als früher. Sie stand in Ruhehaltung, aber es schien ihm, daß sie etwas von dem zurückgewonnen hatte, was sie nach dem Desaster am Vogelsangkamm verloren gehabt zu haben schien. Er hoffte nur, daß es reichen würde. Able würde den beiden einiges abverlangen müssen.

»Max. Danke, daß du dir trotz deiner Trainingsverpflichtungen die Zeit genommen hast«, eröffnete er das Gespräch.

Chou lächelte ihn mit strahlend weißen Zähnen an. »Es ist mir eine Freude, Kommandanthauptmann, aber ich war überrascht, daß der Befehl nicht über den normalen Dienstweg eintraf.« Die Nachricht war in größter Geheimhaltung übermittelt und am Zielort persönlich überbracht worden.

»Es war leider nötig«, stellte Able fest und schaltete die Holoprojektion ab. »Wie ihr beide wißt, sind wir in den letzten zwei Monaten zweimal angegriffen worden. Auf Caldarium haben wir praktisch eine komplette Mechkompanie mit Jägerunterstützung verloren. Und jetzt haben die Piraten uns hier auf Gillfillan's Gold überfallen. Die einzige gute Nachricht ist, daß unsere Verluste beim letzten Angriff gering ausgefallen sind und wir ihnen einen Tritt in den Arsch versetzt haben.«

»›König‹ Hopper Morrison«, erklärte Chou eisig.

Able nickte. »Ganz recht Bis jetzt hat Morrison es bei seinen Angriffen immer auf Raub und Diebstahl abgesehen, wie es sich für einen guten kleinen Piraten gehört. Aber diese beiden letzten Angriffe waren strategischer Natur.«

Chou nickte ohne Kommentar und wartete darauf, daß Able seine These ausführte.
»Am Vogelsangkamm war sein Ziel schlicht und einfach die Vernichtung einer Mechkompanie. Sicher, er hat einen Überfall inszeniert, aber der war mehr ein Ablenkungsmanöver. Seine Hauptabsicht war, uns einen Schlag zu versetzen, einen gewaltigen Schlag. In einem Streich hat er ein Drittel des Einserbataillons aufgerieben. Das ist kein typisches Piratenbenehmen. Im Gegenteil, Piraten versuchen in aller Regel, eine Feldschlacht zu vermeiden.« Able runzelte die Stirn, als er sich an die jüngsten Ereignisse erinnerte. »Und als Morrisons Bande hier auftauchte, ging es ihm nicht darum, die Händler auszurauben wie früher. Seine Leute haben keinen Versuch unternommen, die Fracht zu stehlen. Nein, er hat nur angegriffen, um uns zu treffen und die einheimische Bevölkerung in Unruhe zu versetzen Er wollte Panik säen.«
Hauptmann Chou strich sich nachdenklich über den schwarzen Kinnbart. »Wenn ich es nicht besser wüßte würde ich sagen, Morrison expandiert. Er fängt an, sich für reichere Beute zu interessieren.«
Able beugte sich über den Tisch und sah erst Chou dann Hawke fest in die Augen. »Er will die Randgemeinschaft soweit destabilisieren, daß er die ganze Chose einsacken kann.«
Hawke war sichtlich überrascht. »Sir?«
»Indem er uns schwächt, jagt er dem Rat der Planeten Angst ein. Wir haben ihn bei seinem Überfall auf unsere Basis zurückgeschlagen, aber das war ihm von vornherein klar. Er hat trotzdem erreicht, worauf es ihm ankam, nämlich, die Einheimischen glauben zu machen daß unser Schutz nicht ausreicht. Wenn er für weitere Verunsicherung sorgt, könnten Able's Aces den Kontrakt mit der Randgemeinschaft verlieren. Präsident Moroney muß sich bereits Anschuldigungen anhören er würde uns hier auf Gillfillan's Gold als seine Privatarmee beschäftigen. Die Vertreter der anderen Planeten behaupten, daß wir auf Gillfillan's Gold die Piraten zurückschlagen, während sie unter Morrisons Überfällen zu leiden haben.«
Chou nickte. »Das erweckt den Eindruck, daß wir nicht in der Lage sind, unsere Arbeit zu tun.«
»Werden sie versuchen, andere Söldner zu verpflichten?« fragte Hawke.
Able wußte, daß das Thema im Rat der Planeten schon mehrmals zur Sprache gekommen war, in der Regel nach einem von Morrisons Überfällen. Bisher waren solche Anträge immer abgelehnt worden, aber der Stimmenvorsprung, mit dem das geschah, wurde von mal zu mal kleiner.
»Oh, das würde Hopper Morrison gefallen«, stellte er sarkastisch fest. »Die klassische Teile-undErobere-Strategie. Jede Welt würde ihre eigene Söldnertruppe verlangen. Sie würden keine Ressourcen mehr teilen, und es gäbe keine Möglichkeit mehr, unsere Anstrengungen zu koordinieren. Ohne zentrale Befehlsstruktur wäre jedes System auf sich allein gestellt. Morrison könnte die einzelnen Welten und die verschiedenen Söldnerkommandeure gegeneinander ausspielen. Wie ich ihn kenne, könnte es ihm sogar gelingen, ein paar der Söldner auf seine Seite zuziehen. Eine Menge Söldnereinheiten hier draußen in der Peripherie interessiert sich nur für das eigene Wohlergehen. Ein paar davon hätten kaum Skrupel, einen Auftraggeber gegen ihr . eigenes Stück eines Privatkönigreichs zu verkaufen. Gleichgültig, wie wir es auch drehen oder wenden, ein dezentraler Militärapparat wäre für jemanden wie Morrison eine leichte Beute. Er wäre möglicherweise sogar in der Lage, einzelne Weiten, wenn nicht sogar die ganze Randgemeinschaft, so einzuschüchtern, daß sie ihm Schutzgeld zahlen, damit er seine Überfälle einstellt. Abgesehen von den Aces sind die Ausbeuter die einzige nennenswerte Militärmacht hier draußen in diesem Teil der Peripherie. Das wäre eine andere Möglichkeit für ihn, die Herrschaft zu übernehmen.«
Die Randgemeinschaft war ein sehr junger und noch nicht wirklich gefestigter Staat, der erst noch lernen mußte, sich zu behaupten. Jetzt war er in Gefahr. Es würde nicht viel nötig sein, Hawke und Chou klarzumachen, daß ihr Einkommen und ihr Zuhause ernsthaft gefährdet waren. Chou hatte eine Familie auf All Dawn. Das letzte, was er ihr wünschen konnte, war eine Situation, in der »Recht und Ordnung« in den Händen eines skrupellosen Raumpiraten wie Hopper Morrison lagen.
»Das ist noch nicht alles«, sprach Able weiter. »Das Schlimmste kommt noch. In beiden der letzten zwei Überfälle hat ein Verräter Morrisons Ausbeutern wichtige Informationen zugespielt, die den Piraten ihre Argriffe erst ermöglicht haben. Das ist die einzige Erklärung dafür, wie die Piraten mit jedem Angriff besser auf uns vorbereitet zu sein scheinen.«
Chou schüttelte ungläubig den Kopf. »Sind Sie sicher, Kommandanthauptmann?«
»Völlig sicher. Auf dem Vogelsangkamm wußten sie exakt, wie Oberleutnant Hawke ihre Truppen aufzustellen plante. In Rectortown wußten sie, daß wir den Zeitplan vorgezogen hatten. Wir müssen sogar die Möglichkeit in Betracht ziehen, daß wir mehr als eine undichte Stelle haben, aber ich bin bereit zu wetten, daß es bis jetzt vor allem eine Person war.«
Livias Miene war ernst. »Haben Sie eine Idee, wer, Kommandanthauptmann?«
»Ich bin mir sogar beinahe sicher«, stellte Able fest. »Und zwar Sie, Livia.« Er stieß den Finger in ihre Richtung. »Für die nächsten drei Tage werden Sie eingeschränkten Dienst ausschließlich bei nicht kampfbezogenen Aufgaben leisten, Danach haben Sie Gillfillan's Gold zu verlassen. Bis auf weiteres sind Sie verbannt Oberleutnant Hawke.«
Präsident James Moroney, das Staatsoberhaupt der Randgemeinschaft, wirkte noch immer wie der Professor, der er gewesen war, bevor er zum Politiker wurde. Der zurückweichende Haaransatz, die Drahtbrille und seine zerbrechlich wirkende Statur ließen ihn wie einen zaghaften Bücherwurm aussehen. Aber in seiner Fall täuschte der äußere Eindruck.
Jerry Able wußte, daß Moroney als Aufrührer aus der Inneren Sphäre vertrieben worden war. Nur deshalb hielt er sich jetzt hier in der Peripherie auf. Innerhalb kürzester Zeit war es dem ehemaligen Professor gelungen, die Oberhäupter sechs unabhängiger Welten zur Gründung einer Konföderation zu mobilisieren, Jetzt nannten sie sich die Randgemeinschaft und hoffen, sich von einer Hinterwäldlerecke der Peripherie zu einem echten interstellaren Staat zu entwickeln, mit dem man rechnen mußte. Und jetzt war dieser Traum in Gefahr.
»Jerry«, sagte Moroney. »Ich habe Ihnen nie etwas vorgemacht. Dieser Plan, den Sie mir da vorschlagen, steckt voller Risiken.«
»Ich kann Ihre Bedenken verstehen, Herr Präsident«, erwiderte Jerry Able. »Dies ist ein Wendepunkt für uns beide. Sie haben mich verpflichtet, damit wir Ihre Nation verteidigen. Das haben wir getan, und wir haben auf allen sechs Welten der Gemeinschaft Milizen ausgebildet. Morrisons Ausbeuter sind eine ernste Gefahr für alles, was wir bis jetzt erreicht haben. Ich glaube, daß dieser Plan geeignet ist diese Bedrohung auszuschalten.«
Moroney nahm die Brille ab und rieb sich die Augen, bevor er antwortete. »Es gibt andere im Rat, die Ihren Plan zu ihrem eigenen Vorteil ausnutzen könnten.«
Able wußte wohl, was Moroney damit äußerte. Planetarrat Roberts, der wortgewaltige Repräsentant Otisbergs, führte die Opposition gegen die Amtsführung des Präsidenten an und hatte in letzter Zeit an Unterstützung gewonnen.
»Das stimmt, Herr Präsident, aber ich bin überzeugt, daß Sie in der Lage sind, es richtig zu verkaufen. Erklären Sie ihnen, wie schwer angeschlagen wir militärisch und finanziell sind. Ich bitte Sie nur um ein paar Monate Zeit, drei Monate - maximal vier -, und wenn ich fertig bin, wird die Randgemeinschaft sicherer sein als je zuvor.«
Moroney zog ein Taschentuch aus seiner Jacke und polierte methodisch die Gläser seiner Brille. Able war klar, daß er sich damit ein paar Sekunden Zeit verschaffen wollte, in der er die Alternativen abwägen, die Gefahren überdenken und einen Blick in die Zukunft werfen konnte.
»Welche Welten würden von Ihren Truppen entblößt werden?« fragte Moroney schließlich und legte die Drahtbügel seiner Brille wieder über die Ohren.
»Gillfillan's Gold, All Dawn, Waystation ...« erklärte Able. Er machte eine Pause, dann fügte er leise hinzu: »... und Otisberg.«
Moroney zuckte zusammen, als er das hörte, weil er wußte, was es kosten würde, Roberts dazu zu bewegen, einer solchen Bedingung zuzustimmen. »Muß es unbedingt auch Otisberg sein?«
Able nickte. »Ich fürchte ja, Herr Präsident. Aber diese Welten werden nicht völlig schutzlos sein. Wir ziehen nur achtzig Prozent unserer Truppen ab, die restlichen zwanzig Prozent werden bleiben. Gillfillan's Gold wird am schwächsten verteidigt sein.«
»Jerry, Geschichte ist mein Spezialgebiet. Ich habe sie mein ganzes Leben studiert, bevor ich hierher karr und seitdem lebe ich, was ich vorher studiert habe. Ich stimme Ihnen zu, daß dieser kleine Staat, den wir uns hier zusammengeschustert haben, an einem Wendepunkt seiner Geschichte steht. Ich habe es kommen sehen, aber ich hätte mir niemals träumen lassen, daß es so werden würde.« Sein Blick ging an Jerry Able vorbei, als er nachdenklich die Fingerspitzen aufeinanderlegte. »Morrisons Ausbeuter sind eine reale Bedrohung Sie haben mit Ihrer Einschätzung der jüngsten Überfälle recht. Sie haben den Einsatz erhöht und spielen ein neues Spiel. Sie wollen uns entweder zerschlagen oder übernehmen. So oder so gewinnen sie. Und Sie sind möglicherweise nicht der einzige mit einem Verräter in den eigenen Reihen.«
Able nickte. Es bestand eine reelle Gefahr, daß jemand in gehobener Position in der Randgemeinschaft mit Hopper Morrison unter einer Decke steckte. Er hegte diesen Verdacht selbst ebenfalls, hatte aber noch nicht die Mittel, es zu beweisen.
»Herr Präsident, ich glaube einen Weg gefunden zu haben, wie ich mit meinem Sicherheitsproblem fertigwerden kann. Wenn alles läuft wie geplant, sollten wir in der Lage sein, auch alle undichten Stellen in Ihrem Apparat zu schließen.«
»Ich hoffe, Sie haben recht, Jerry. Wenn nicht, werden eine Menge Menschen darunter zu leiden haben.«
Jerry Able wußte, daß er dieses Risiko eingehen mußte. »Ich habe recht, Herr Präsident. Sie müssen mir nur bei den anderen Ratsmitgliedern die nötige Zeit erkaufen.«
Moroney stieß einen langen, resignierten Seufzer aus. »Nun denn, so bleibt mir nichts, als meinen Teil beizutragen.«
Das Sitzungszimmer des Rats der Planeten war ein relativ kleiner Raum und der jungen Regierung angemessen, die hier tagte. Ein Halbkreis aus Tischen wölbte sich vor einem zentralen Rednerpult für den Präsidenten. Der Raum war dunkel und fensterlos, und das auf Hochglanz polierte Wurzelholzmobiliar verlieh ihm eine erhabene und zugleich abweisende Aura von Förmlichkeit und Macht.
Jede der sechs Welten der Randgemeinschaft entsandte einen einzelnen, gewählten Vertreter in den Rat. Von seinem Platz am Rednerpult aus ließ Präsident Moroney den Blick langsam von einem Gesicht zum nächsten wandern. Es war nicht sonderlich schwierig, in den Mienen zu lesen, und er wußte gut genug, wer in dieser Versammlung sein Verbündeter war und wer sein Feind. Jetzt mußte er etwas tun, was er schon lange nicht mehr nötig gehabt hatte: Er mußte sie beherrschen.
»Der nächste Punkt der Tagesordnung ist eine Sicherheitsfrage gemäß Artikel drei des Gemeinschaftsvertrages«, sprach Moroney die Geheimhaltungsverpflichtung an. Die Mitglieder des Rates waren damit gesetzlich verpflichtet, mit niemandem außerhalb des Sitzungszimmers über die zu behandelnde Frage zu sprechen. »Gestern erhielt ich einen Bericht von Kommandanthauptmann Able bezüglich der jüngsten Überfälle auf unsere Welten. In beiden Fällen hat die Einheit erhebliche Schäden erlitten. Daher hat er einen bestimmten Passus in unserem Kontrakt mit Able's Aces in Anspruch genommen, über den zu informieren ich mich vor Ihnen bei dieser Gelegenheit nur ungern gezwungen sehe.«
Planetarrat Roberts ergriff mit trotzig verschränkten Armen von seinem Platz aus das Wort. »Von welchem Passus reden Sie, Herr Präsident?«
»Kommandanthauptmann Able zieht zwei seiner drei Bataillone aus der Randgemeinschaft ab. Er hat einen Kurzkontrakt mir der Lyranischen Allianz ausgehandelt und wird zu einer fünfmonatigen Mission in deren Gebiet aufbrechen.«
Die Erklärung schlug ein wie eine Bombe. Alle Repräsentanten protestierten gleichzeitig. »Das kann er nicht machen, Herr Präsident. Die Randgemeinschaft wäre diesen Piraten schutzlos ausgeliefert«, rief Planetarrätin Warner.
»Laut den Bedingungen unseres rechtlich verbindlichen Kontrakts mit den Aces kann Kommandanthauptmann Able dies sogar für über sechs Monate. Und wenn man bedenkt, wie weit wir mit unseren Zahlungen im Rückstand sind, kann ich sowohl Ihre Besorgnis wie auch seine Zwangslage gut verstehen. Able hat mir versichert, daß das Ziel dieses Unternehmens darin besteht, ausreichende Mittel für eine komplette Neuausrüstung und Verstärkung seiner Einheit zu erwirtschaften, damit sie uns nach seiner Rückkehr besser beschützen kann. Er wird sein Bataillon Drei hierlassen, und unsere planetaren Milizen werden uns ebenfalls weiter verteidigen.«
»Nach seiner Rückkehr?« spie Roberts und lehnte sich über seinen glänzend polierten Tisch. »Es wird uns nicht mehr geben, wenn er zurückkommt. Morrison wird uns massakrieren. Es wird Zeit, daß wir meinen Antrag verabschieden, zusätzliche Söldnereinheiten zu verpflichten.«
Wieder sprachen die fünf anderen Planetenvertreter durcheinander, und es klang ganz so, als würde Roberts bei einer Abstimmung den Sieg davontragen.
»Verehrter Planetarrat Roberts«, erklärte Moroney. »Ich kann Ihren Wunsch verstehen, zusätzliche Truppen zu verpflichten, aber ich muß darauf hinweisen, daß dieser Vorschlag zu seiner Annahme sowohl eine Mehrheit im Rat wie auch meine Unterschrift benötigt, die ich nicht zu leisten bereit bin.«
»Natürlich«, gab Roberts zurück und fuhr sich mit der Hand durch die wenigen Haare, die auf seinem kahlen Schädel noch sprossen. »Sie haben die Aces ja auch wie Ihre Privatarmee benutzt. Es ist mir nicht entgangen, daß ihre Verluste bei dem Überfall auf Gillfillan's Gold minimal waren. Im Gegensatz zur Situation bei den letzten Angriffen auf Otisberg und Caldarium.«
Moroney setzte ein drohendes Lächeln auf und reagierte völlig gelassen. »Ihre Anschuldigung ist völlig haltlos, Planetarrat Roberts. Die bloße Andeutung, ich hätte die Kraft meines Amtes mißbraucht, ist aufrührerisch und riskiert ein Ausschlußverfahren. Welche Beweise haben Sie für diese irrwitzige Beschuldigung anzubieten?«
Roberts steckte zurück, aber mit stahlhartem Blick. »Ich entschuldige mich, Herr Präsident«, erklärte er in unterwürfigem Ton. »Ich bin nur besorgt um die Sicherheit der Menschen, für die ich in diesem Rat spreche.«
Für Moroney war es offensichtlich, daß diese Debatte noch lange nicht vorbei war »Es wäre ein Irrtum, sollten Sie auch nur für einen Augenblick annehmen, Planetarrat Roberts, daß ich um die Sicherheit unserer Bevölkerung weniger besorgt bin als Sie.« Er klang beleidigt, aber das war weitgehend gespielt. »Aber Morrisons Ausbeuter sind simple Raumpiraten. Wenn wir unsere Miliztruppen verstärken und die Sicherheitsvorkehrungen ausweiten, halte ich uns durchaus dazu in der Lage, diese kleine Unannehmlichkeit durchzustehen.«
»Und genau in diesem Punkt bin ich anderer Meinung«, gab Roberts zurück. »Ich beantrage, daß jede Welt die Erlaubnis erhält, zusätzliche Söldnereinheiten zur Verstärkung unserer Milizen anzuwerben. Mein Volk wird darauf bestehen.«
Moroney hatte darauf gewartet, daß die Debatte diesen Punkt erreichte. Er hatte sich darauf vorbereitet Jerry Able hatte nur um drei Monate gebeten, möglicherweise vier, und Moroney hatte versprochen, sie ihm zu verschaffen. Sie hatten schon zuviel durchgestanden, um sich jetzt zu trennen.
»Planetarrat Roberts, verehrte Weltenoberhäupter der Randgemeinschaft, ich teile Ihre Bedenken. Aber wir sind auch an die Bedingungen unseres Kontrakts gebunden. Ich wäre bereit, einem Antrag zuzustimmen, der ausschließlich Überbrückungskontrakte mit anderen Söldnereinheiten vorsieht. Das würde uns gestatten, die Verpflichtungen unserer Vertragsvereinbarung mit Able's Aces einzuhalten und zugleich eine solide Verteidigung zu gewährleisten. Auf diese Weise gewinnen beide Seiten.«
»An wen haben Sie gedacht, Herr Präsident?« fragte Planetarrätin Warner. »Wie viele vertrauenswürdige Söldnereinheiten könnten wir finden, die sich nahe genug an unseren Systemen aufhalten, um auch nur rechtzeitig eintreffen zu können?«
»Wir werden über legitime Kanäle rekrutieren, soll heißen, die Söldnerkommission auf Outreach. Alle Kontrakte werden entsprechend der Gründungsverträge von mir als Präsident unterzeichnet. Auf diese Weise besteht keine Gefahr, daß eine Mitgliedswelt versucht, eine Privatarmee aufzustellen, wie Planetarrat Roberts es uns bewußt gemacht hat. Außerdem werden alle Überbrückungskontrakte mit der Rückkehr von Able's Aces enden.«
Moroneys plötzliche Kursänderung hatte Roberts sichtlich aus dem Gleichgewicht geworfen. Es war ihm vom Gesicht abzulesen, daß seine Gedanken rasten, als er versuchte, einen Haken in der Argumentation des Präsidenten zu finden. »Sie würden uns gestatten, unter diesen Bedingungen Söldner anzuwerben?«
»Sie haben mein Wort, und ich werde einen entsprechenden Artikel mit meiner Unterschrift bekräftigen, sofern er die von mir erwähnten Bedingungen enthält.«
Planetarrat Randel von Slewis meldete sich zu Wort. »Ich bin kein Experte in Reisezeiten, aber Outreach liegt in der Inneren Sphäre. Es wird lange dauern, jemanden dorthin zu schicken, damit er eine Söldnereinheit verpflichtet.«
Moroney ließ sich nicht erschüttern. »Wenn wir das zu unserem legitimen Schutz durchziehen, dann dürfen Verhandlungen und Rekrutierung ausschließlich über legitime Kanäle erfolgen. Wenn das eine Reise nach Outreach oder auf eine Welt mit einer HPG-Station der Klasse A erfordert, von der aus wir uns mit Outreach in Verbindung setzen können, dann muß das eben sein.«
»Das wird Zeit kosten«, setzte Randel nach.
»Ja, das wird es«, erwiderte Moroney. Seine Stimme klang bedauernd, aber innerlich lachte er. Er hatte Jerry Able die Zeit beschafft, die der sich erbeten hatte. Jetzt war es an Able, seinen Part der Vereinbarung hochzuhalten. Wenn ihm das nicht gelang, würde keiner vonihnen vorhersagen können, wie sich die Lage entwickelte.
Nach zwei weiteren Stunden hitziger Debatte unterzeichnete Präsident Moroney den Artikel, den er selbst vorgeschlagen hatte, und Planetarrat Roberte strahlte, zufrieden, seinen Willen durchgesetzt zu haben.

BattleTech 50: MechWarrior Trilogie
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