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Richartwald, Toffen Geisterbären-Dominium
17. Februar 3062

»Kontakt!« rief Sprange aus dem Cockpit seines Timber Wolf über die Kommverbindung. »Stravag! Ich habe ihn verloren.« Alle, die ihm zuhörten, spürten seine Frusstration. Das war kein leichter Kampf gewesen.

Angela justierte die Kontrollen ihrer Langstrekkenortung, während sie antwortete. »Gib mir die Koordinaten des Signals durch.«

»Null-drei-null komma zwo-eins-eins, aber es war nur ein kurzes Aufflackern, Sterncaptain.«
Angela verstand sein Problem nur zu gut. »Bei all den Felsformationen und kleinen Senken hier können wir uns nicht erlauben, ein Risiko einzugehen. Breedfelt, du und Bethany rückt in einer weiträumigen Zangenbewegung gegen diese Position vor. Neta, auf die rechte Flanke, dreihundert Meter außerhalb. Ich gehe nach links. Sobald jemand irgendein Signal zeichnet, gibt er die Koordinaten durch. Sterncommander Constant Tseng, rücke auf die äußere linke Flanke vor und schwenke in mindestens einem Kilometer Abstand von unserer Position nach Norden, für den Fall, daß sie uns in eine Falle locken.«
Eine Serie von Bestätigungen antwortete ihr, während sie den Executioner in das tief hängende Astgestrüpp des Richartwalds steuerte. Der Fusionsreaktor der ihre fünfundneunzig Tonnen schwere Kampfmaschine antrieb, pulsierte vor Energie, als sie sich durch den Wald wuchtete, als existiere er gar nicht. Das Manöver, das Constant Tseng und sie zusammen ausgearbeitet hatten, war simpel genug angelegt, aber die Gefechtsbedingungen erschwerten es spürbar. Der Befehls-und KampfStern sollten in einem Scheingefecht den JagdStern aufspüren und vernichten.
Sie hatte das Gelände für diesen Kampf aus mehreren Gründen gewählt. Zum einen, um allen Mitgliedern der Einheit Gelegenheit zu geben, Erfahrung in der Umgebung Fort DelVillars zu sammeln. Sie waren rund achtzig Kilometer von der Festung entfernt, aber es war wichtig, daß sie die Eigenheiten des Gebiets kennenlernten. Man konnte nicht wissen, wann sie gezwungen sein würden, ernsthaft hier zu kämpfen. Zum anderen zwang diese Übung den Befehls- und den KampfStern, zusammenzuarbeiten.
»Wo soll denn dieser angebliche Kontakt sein, Sprange?« fragte jemand sarkastisch. Angela erkannte Bethans Stimme sofort.
»Kein überflüssiges Geschnatter über die Komm«, bellte sie.
»Ich zeichne ein Signal rechts von mir«, meldete Neta aus ihrem Kingfisher. Der OmniMech war ein neueres Modell und etwas leichter als Angelas Maschine. »Die Ortung wird schwächer. Könnte ein leichter Mech sein. Ich habe ihn nur auf Magnetresonanz getastet.«
Angela überprüfte die Position ihres Sterns auf der Ortungsanzeige, während sie mit dem Executioner einem riesigen Eichenstamm auswich. »BefehlsStern. Rechte Flanke hält Position, linke Flanke schwenkt um. KampfStern übernimmt den äußeren linken Rand.«
Ihr Plan war einfach. Sie wollte das rechte Ende ihrer Kampfreihe fixieren und dann zusammen mit Sterncommander Tsengs Stern wie eine Sense nach links schwenken, in der Hoffnung, den JagdStern in die Zange zu nehmen und zu zerquetschen.
»Ich zeichne ein Ziel. Fire Moth, Primärkonfiguration. Zieht nach West ab.« Das war Bethany. Der Fire Moth war einer der leichtesten OmniMechs im Arsenal der Geisterbären. Mit nur zwanzig Tonnen war er weniger auf Feuerkraft denn auf Geschwindigkeit ausgelegt. Der JagdStern verfügte über zwei Mechs dieses Typs, es mußte sich also um Stone oder Dis handeln.
»Bestätigt«, kam Breedfelts Stimme über die Leitung. »Ich hatte den Kontakt nur eine Minute. Er bewegt sich auf unsere linke Flanke zu.«
»Position in der Linie halten, bis der KampfStern in Position ist«, befahl Angela, und stürmte mit dem Executioner noch eiliger durch den dichten, mit Lianen verhangenen Wald. Sie mußte nach vorne, an die Führungssposition.
»Greife an«, meldete Bethany aus den Helmlautsprechern.
Verdammt.
Auf der Taktikanzeige war deutlich zu erkennen, wie Bethany vorpreschte, viel zu früh, als daß der KampfStern schon hätte in Stellung gehen können. Der leuchtend blaue Punkt, der ihre Maschine auf der Anzeige repräsentierte, bewegte sich aus der Kampfreihe und brach zur linken Flanke aus, auf den Angelpunkt zu, um den Angela die Einheit drehen wollte.
»Neg, Bethany«, brüllte sie, aber es war schon zu spät. Ein Aufblinken der Ortungsanzeige meldete, daß Bethany auf das Ziel gefeuert und es damit für sich beansprucht hatte. Der Ehrencodex der Clans verlangte, daß Krieger den Gegner in Einzelduellen stellten, solange keines der Ziele seinerseits einen anderen Gegner attackierte. Das öffnete den Kampf für alle und jeden.
Es blieb keine Zeit für lange Überlegungen. Angela rannte mit dem Executioner durch einen flachen Sumpf und einen niedrigen Felshang hinauf, während sie ihre Möglichkeiten durchging. »Neue Befehle. BefehlsStern, nach Norden vorrücken. KampfStern, schneller Vormarsch auf die linke Flanke. Gefechtslinie von Nord nach Süd bilden. Wir versuchen, sie auf euch zuzutreiben.«
»Aye«, bestätigte Constant Tsengs Stimme leise. »Wir machen den Amboß für euren Hammer.«
»Neue Ortung!« brach Spranges Stimme fast panisch aus dem Lautsprecher. »Elementare in unserem Rücken. Ich wiederhole ...« Das Knistern der Statik verschluckte die nächsten Worte. Offenbar hatten die in seinem Bordcomputer simulierten Gefechtsschäden die Kommanlage ausfallen lassen.
Angela wurde langsamer und sah auf die Anzeige. Dolfs Elementare waren von der äußeren rechten Flanke hinter ihre Linien vorgestoßen und hatten sich auf Sprange gestürzt.
»Ich zeichne zwei Ziele«, meldete Neta. »Eine Viper und einen Fire Moth links voraus.«
»Bestätigt«, gab Breedfelt durch. »Zusätzlich noch ein Mist Lynx an der äußeren rechten Flanke.«
Seit Jahrhunderten sprachen Taktiker und Strategen vom »Gefechtsnebel«, wenn sie andeuten wollten, daß die meisten Kommandeure nicht die ganze Schlacht überblicken konnten, weil sie sich häufig nicht sicher waren, wo genau der Feind stand, und wohin er sich bewegte. Angela tat ihr Bestes, sich einen Weg durch diesen Nebel zu bahnen.
»KampfStern nach Osten. Sofort!« befahl sie. »BefehlsStern, Feind stellen und Rückzug um fünfhundert Meter einleiten. Sterncommander Constant Tseng, jetzt bist du der Hammer.«
Als sie die Hügelkuppe erreichte, wurde sie von einer Breitseite aus leistungsgebremstem Laserfeuer und weißen Dampfexplosionen harmloser Raketen aus den Geschützen einer Viper erwartet, die den Hügel als Ortungsschutz genutzt hatte. Angelas Taktikanzeige meldete Schäden am linken Bein und in der Torsomitte. Der Name des Kriegers war ihr geläufiger als seine Maschine. Hallo, Scarry, dachte sie. Kein ernster Schaden, aber schlimm genug.
Sie bremste ab und wich nach rechts aus. Dabei feuerte sie eine Salve von 20 Langstreckenraketen und einen Feuerstoß aus der überschweren Autokanone Die Hälfte der Raketen schoß am Ziel vorbei, der Rest schlug in die Beinpanzerung des gedrungenen Mechs ein. Die Ultra-AK im rechten Arm des Executioner spie ihre Übungsgranaten in den linken Arm der gegnerischen Maschine. Die Wirkung war vernichtend. Ein Blick auf die Schadensanzeige genügte, um ihr zu bestätigen, daß der Angriff das Waffenmodul des Arms praktisch zerfetzt hatte, und daran, wie der Arm kraftlos an der Seite der Viper herabhing, erkannte sie, daß sie dem leichteren Mech die Hälfte seiner Feuerkraft genommen hatte.
Scarry zog sich den Hang hinab zurück, um die Distanz zwischen ihnen zu vergrößern. Angela zog da; Fadenkreuz über den runden Kopf der Viper und schaltete mehrere Feuerleitkreise um, bis ein Druck auf der Auslöser genügte, um Autokanone und Langstreckenraketen gleichzeitig abzufeuern. Die Temperatur in der Pilotenkanzel stieg leicht an, als das Scheppern des Nachlademechanismus der Raketenlafette durch die Kabine hallte. Netas Stimme zerstörte Angelas Konzentration
»Ich werde von Elementaren angegriffen. Vier Elementare.«
»Fire Moth abgeschossen«, jubelte Bethany, die vom Rest des unter dem Blätterdach des Waldes tobenden Gefechts völlig unbeeindruckt schien.
Angela feuerte. Diesmal ging die AK-Salve daneben, aber die meisten Raketen senkten sich zielgenau auf den Torso der Viper. Über die Hälfte wurde noch in der Luft zerstört, als das Raketenabwehrsystem des mittelschweren OmniMechs in Aktion trat und eine Feuerwand zwischen den beiden Maschinen aufbaute. Der Einschlag der AK-Granaten reichte trotz der minimalen Explosivladung aus, einen Krater in den mit abgestorbenen Nadeln und Kiefernzapfen bedeckten Waldboden zu schlagen. Scarry kämpfte mit den Kontrollen, als der Bordcomputer versuchte, seine Maschine unter dem Aufprall der Treffer umzuwerfen.
»Hier KampfStern. Wir finden keine Ziele«, gab Constant Tseng durch.
Sieh dich vor, wonach du suchst... Scarry ließ sich durch den Angriff nicht einschüchtern und wanderte nach rechts. Angela erhaschte einen kurzen Blick auf einen zweiten Mech, der sich in dieselbe Richtung bewegte, einen blitzschnellen Fire Moth. Scarrys Viper griff mit Kurzstreckenraketen und zwei Impulslasern an, die den Kopf des Executioner trafen und den OmniMech schüttelten wie eine Pinata.
Wenn das hier vorbei ist, werden Bethany und ich eine hübsche kleine Unterhaltung führen, entschied Angela.

* * *

Sie hatte immer noch das Gefühl, ihr Büro gehöre in Wahrheit jemand anderem, aber das machte Angela Bekker nicht annähernd so zu schaffen wie die bevorstehende Aufgabe. Bethanys Aktion hatte zwar nicht den Sieg gekostet, aber sie hatte das Gefecht alles andere als ausgewogen gestaltet. Aber das Ergebnis hatte der Kampfmoral des JagdSterns erheblich genutzt. Er hatte es geschafft, je drei Mechs des BefehlsSterns und des KampfSterns auszuschalten, bevor er sich ergeben hatte. Laut simulierter Schadensrechnung besaß der JagdStern zu diesem Zeitpunkt immer noch mehrere Elementare und einen einsatzfähigen Mech, auch wenn der sich nur gerade eben noch auf den Beinen halten konnte. Im Grunde war es ein taktischer Sieg.

»Herein«, sagte Angela, und war überrascht, als nicht Bethany eintrat, sondern ein Fremder.
»Sterncaptain Bekker«, sagte er. Der Mann im grauen Overall wirkte durchaus fit, aber die grauen Strähnen an den Koteletten verrieten sein Alter. »Man sagte mir, ich solle mich bei Ihnen melden, sobald meine Pflichten es zulassen.« Er streckte die Hand aus, aber an seinem Tonfall erkannte sie, daß er über diese Begegnung alles andere als begeistert war.
Angela nahm seine Hand und drückte sie. »Und du bist?«
»Doktor Drogan Wyrick. Ich bin der Garnisonsarzt. Nach Ihren Begriffen ein Mitglied der Wissenschaftlerkaste.«
Das also war der Mann, den Dana Vishio ihr gegenüber erwähnt hatte. Es war arrogant von ihm, auf seinem alten Familiennamen zu bestehen. Offenbar akzeptierte er seine Position im Clan nicht wirklich. Das verriet er auch durch die Unterschlagung ihres Vornamens in der Anrede. Im Gegensatz zu den Gebräuchen der Inneren Sphäre legten Clanner Wert darauf, unter allen Umständen mit vollem Namen angesprochen zu werden.
»Ja.« Angela deutete auf einen Sessel. »Sterncolonel Dana Vishio hat dich erwähnt, Doktor Drogan.«
»Kann ich mir denken«, meinte er und gluckste, als er sich ohne irgendwelche Rücksicht auf sie oder ihren Rang lässig in den nächsten Sessel fallen ließ. »Was immer sie Ihnen erzählt hat, dürfte stimmen. Eines habe ich über Clanner herausgefunden: Sie lügen nicht. Übrigens nennt man mich Doktor Wyrick, Sterncaptain.«
Angela versteifte sich kurz, verzichtete dann aber auf eine Entgegnung. Sollten die niederen Kasten ihn doch nennen, wie sie wollten. Für sie blieb er Drogan. »Sie schien dich ausgesprochen positiv einzuschätzen, aber ich nehme an, daß dies nicht immer der Fall war, frapos?«
Der Arzt musterte sie abschätzend. »Sie hat Ihnen wohl nicht viel über mich erzählt. Sie fischen.«
»Falls du damit andeuten willst, daß ich über dein Verhältnis zu ihr nicht informiert bin, hast du recht.«
Er lachte. Der Gedanke schien ihn zu amüsieren. »Dann werd' ich Sie mal aufklären. Ich bin hier auf Toffen geboren. Sie sind die dritte Garnisonskommandeurin, unter der ich Dienst tue. Als die Geisterbären diese Welt eroberten, haben sie mich als Stationsarzt zwangsverpflichtet. Mir war's gleich. Schließlich ist das mein Job. Ich habe den größten Teil meines Lebens damit zugebracht, Soldaten zusammenzuflicken, nachdem sie vom Beginn der Invasion bis jetzt in irgendwelchen Schlachten halb auseinandergenommen wurden. Ihre Vorgängerin hat es weitgehend mir überlassen, wie ich meine Klinik und die Krankenstation führe. Hauptsächlich, weil sie wußte, daß sie mich nicht hätte ändern können.«
»Sie drücken sich nicht wie jemand aus, der mit einem Mitglied einer höheren Kaste spricht, Doktor.«
»Ohne beleidigende Absicht, Sterncaptain. Bloß, das Einzige, was sich für mich geändert hat, als die Geisterbären Toffen übernahmen, war, daß ich einen neuen Boß bekam und eine neue Fahne am Mast weht. Fahnen bedeuten nicht viel für die Menschen, die unter ihnen leben. Sie sind nur Symbole. Sie sind mein dritter Boß. Der erste hat versucht, mich zu brechen. Ich habe mich nicht verändert. Sterncolonel Vishio hat gelernt, mit mir zu leben. Sie ... Sie hab' ich noch nicht durchschaut. Aber wenn die Gerüchte stimmen, die über Sie umgehen, werden wir Probleme miteinander haben.«
»Und warum das, Doktor?«
»Die Gerüchteküche erzählt, Sie wären ein Komet in Ihrem Clan. Früher oder später muß jemand die angeblich Besten auf die Probe stellen, und wenn das passiert, kann ich hinterher die Reste zusammenklauben.«
In seinen Worten lag mehr als nur eine Spur von Wahrheit. »Doktor ich hoffe, du hast unrecht. Aber wenn nicht, verlasse ich mich darauf, daß du dich um mich und meine Leute kümmerst.« Sie wollte aufstehen, aber cm erneutes Klopfen an der Tür lenkte sie ab. »Du entschuldigst mich, Doktor. Ich habe noch einen Termin.«
Der Doktor stand auf und nickte. »Ja, ich hab's gehört. Sie ist ein rechter Hitzkopf.« Er deutete mit dem Daumen zur Tür
»Was hast du gehört?«
»Diese Bethany. Ein gehöriges aufbrausendes Mädel. Läßt sich nicht gerne Vorschriften machen. Aber die meisten von uns in den ›niederen Kasten‹ wetten, daß Sie es schaffen werden, sie zu besiegen.«
»Tatsächlich«, meinte Angela, und war sich nicht sicher, wie sie auf diese Information reagieren sollte. »Ich wußte gar nicht, daß die Angelegenheiten der Krieger für die niederen Kasten von solchem Interesse sind.«
Der Doktor grinste. »Wir sind hier draußen ziemlich isoliert. Es ist eine Abwechslung.«
»Und was wettest du, Doktor?«
Er sah sie nachdenklich an. »Es ist zu früh, als daß ich das sagen könnte. Aber davon ausgehend, daß Sie darauf verzichtet haben, mich für meine Frechheiten bei dieser ersten Begegnung zu Klump zu schlagen, würde ich annehmen, daß sie gut mit ihr fertigwerden.« Bevor Angela reagieren konnte, drehte er sich um und ging zur Tür. Als er sie aufzog, stand Bethany auf dem Gang. »Keine Sorge«, raunte er der kerzengerade stillstehenden MechKriegerin in einem lauten Flüsterton zu, den Angela ohne die geringsten Schwierigkeiten hören konnte. »Ich hab' sie dir weich gemacht.«
Seine Frechheit ließ sie zusammenzucken. Er zwinkerte ihr zu, dann war er durch die Tür und den Gang hinunter verschwunden. Es war auch besser so. Jetzt hatte sie ernsthaftere Probleme.
»Komm herein, Bethany«, befahl Angela streng. »Wir haben einiges zu bereden.«
Bethany trat ein. Ihr schweißnaß glänzendes schwarzes Haar klebte am Kopf. Angela ging an ihr vorbei und schloß die Tür. Der Knall, mit dem sie zufiel, hallte durch den Raum, als der Sterncaptain sich hinter den Schreibtisch setzte.
»Das war eine beachtliche Darbietung heute.«
»Ich habe gesiegt«, erwiderte Bethany.
»Du hast dich meinem Befehl widersetzt. Deshalb habe ich den Sieg Sterncommander Stone zugesprochen.«
Bethany wirkte unbeeindruckt. »Der Verlust war nicht meine Schuld, sondern möglicherweise die Folge der Fähigkeiten der von dir rekrutierten Krieger.«
»Neg!« antwortete Angela und schlug mit der Faust auf die granitene Schreibtischplatte. »Die Aktionen einer einzelnen Kriegerin können über Sieg oder Niederlage entscheiden. Du hast uns auf die Verliererstraße geführt.«
»Ich stimme dir nicht zu, Sterncaptain. Ich habe fehlerlos gekämpf. Unter denselben Umständen hättest auch du Dis' Fire Moth angegriffen.«
»Neg, das hätte ich nicht. Ich kämpfe für Clan Geisterbär. Du kämpfst allem Anschein nach für dich selbst.«
Bethany zuckte leicht die Achseln. »Ich bin, wie ich bin. Ich weiß von all den anderen Sterncaptains, die mich nicht in ihren Einheiten wollten. Es ist mir gleichgültig. Aber du, Sterncaptain, du bist schlimmer als sie. Statt mich abzulehnen versuchst du, mich in etwas zu verändern, das ich nicht bin.«
»Ich war wie du, als ich Kriegerin wurde«, stellte Angela kühl fest. »Ich versuche dir zu helfen, mehr aus dir zu machen.«
»Laß es!« spie Bethany. »Ich habe nicht um deine Hilfe gebeten, und ich will sie nicht. Versuche nicht mich zu deinem Schatten zu machen.«
»Es ist mehr als das, und das weißt du auch. Sieh dir an, was du heute getan hast. Dein Handeln hat unseren Stern einen klaren Sieg gekostet. Du stürzt nach vorne und erwartest, daß wir das Gelände halten, das du eroberst.«
»Wieder gibst du mir die Schuld für die Schwäche anderer. Oder hat deine Generation vergessen, wie man kämpft? Vielleicht hat die Niederlage auf Tukayyid dir die Kampflust ausgetrieben.«
Angela drückte sich in die Polster ihres Sessels. Sie hätte Bethany für diese Insubordination auf der Stelle niederschlagen sollen, aber es war wichtiger, ihr Beherrschung beizubringen. Außerdem verstand sie, warum Bethany nicht nach Angelas Vorbild geformt werden wollte. Die junge MechKriegerin fühlte Schande über das Ergebnis der Schlacht um Tukayyid. Sie gab Angelas Generation von Kriegern die Schuld am Scheitern der Invasion.
»Du läßt mir zwei Möglichkeiten, Bethany. Entweder fordere ich dich in den Kreis der Gleichen und bringe dir bei, was Befehlsgewalt bedeutet, oder ich lasse dich in eine andere Einheit versetzen, bis du bereit bist, erwachsen zu werden, vielleicht in eine Garnisonklasse-Einheit.«
Bethanys Gesicht loderte wie eine Fackel. »Wenn du das tust, bestehe ich auf einem Widerspruchstest gegen deine Entscheidung. So oder so treffen wir uns im Kreis der Gleichen.«
Angela beugte sich vor. »Also dann.«

* * *

Die Krieger des Trinärsterns Pirschende Bären standen in einem weiten Kreis auf dem Asphalt im Schatten des Landungsschiffs Blutige Tatze. Es hatte länger gedauert, als sie erwartet gehabt hatte, aber endlich stand Angela triumphierend in der Mitte des Kreises, die halb bewußtlose Bethany in den Armen. Ihr Körper zitterte vor Adrenalin, und ihre Haut kitzelte unter einer Mischung aus Schweiß, Staub und Erregung. Ein Blutfaden rann ihr aus dem Mundwinkel, und wenn sie sprach, schmeckte sie salzigmetallisches Blut auf ihrer Zunge. In ihrer Erinnerung war der Kampf ein wildwogender Orkan aus Fäusten, Armen, Köpfen, Haaren und Füßen. Bethany hatte einige gute Treffer gelandet, aber schließlich hatte Angelas Beherrschung den Sieg errungen.

»Bethany hat ihre Lektion darüber erhalten, was es bedeutet, Teil einer Einheit zu sein. Ich hoffe, niemand sonst unter euch braucht eine derartige Lektion zum Thema Befehlsgewalt und Gehorsam im Feld.«

Sie ließ Bethany auf das Landefeld fallen wie einen Sack Kartoffeln und trat durch den Kreis der Gleichen. Es herrschte lange Schweigen, während Bethany mit zerschlagenem, blutigem Gesicht und Körper versuchte, sich aufzurichten. Als es ihr nicht gelang, die Kraft dafür zu finden, trat Gregori aus dem Kreis und ging zu ihr hinüber.

»Der Sterncaptain hat dir eine Lektion erteilt, Bethany. Aber die wirkliche Frage ist: Bist du in der Lage, sie zu lernen, Freigeburt?« Leise lachend ging er weiter, und der Rest der Pirschenden Bären folgte ihm.

BattleTech 50: MechWarrior Trilogie
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