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Jotunberge, Kore Peripherie
23. April 3060

Sturm trieb den Goshawk nahezu auf Höchstgeschwindigkeit, um den Frostriesenpaß zu erreichen. Er steuerte die riesige Kampfmaschine geschickt über die eisbedeckte Oberfläche der Ebene und schaffte es in Rekordzeit ins Gebirge. Das schneebedeckte Gelände war von den vor ihm vorbeimarschierten BattleMechs in eine eisige Schlammspur verwandelt worden. Es gab keinen Zweifel daran, daß Ryans Rebellen bereits hier waren. Er konnte nur hoffen, nicht zu spät zu kommen. In der schmalen Lücke hinter Sturms Pilotenliege kauerte Dr. Kintaro und klammerte sich verzweifelt fest.

»Tut mir leid, Papa«, meinte Sturm. »Es sieht nicht aus, als könnte ich dich vorher absetzen. Ich muß so schnell wie möglich zum Rest der Lanciers. Ich wollte dich eigentlich aus all dem heraushalten ...«

»Sturm, ihm ganzen bekannten Universum herrscht Krieg«, unterbrach ihn sein Vater. »Das weiß ich seit langem. Ich dachte, wenn wir hier hinaus in die Peripherie ziehen, an den Rand des erforschten Weltraums, könnten wir den Kämpfen entkommen. Aber der Tod deiner Mutter hat mir gezeigt, daß das eine Illusion war. Ich wollte dich aus all dem heraushalten. Tu du nur, was du tun mußt, und mach dir keine Sorgen um mich. Ich halte schon durch und komme dir nicht in den Weg. Du bist ein Krieger. Du hast Verantwortung. Ich verstehe das.«

Sturm lächelte unter dem Neurohelm. Vielleicht verstand sein Vater es tatsächlich. »Danke«, sagte er. Dann drang er in den Paß vor. Goldjunges Ortung arbeitete mit Höchstleistung und suchte die gesamte Umgebung nach Spuren des Feindes oder eines möglichen Hinterhalts ab. Falls die Piraten die anderen bereits erledigt hatten, würde Sturm fliehen müssen, auch wenn er nicht wußte, wohin. Die einzige andere Möglichkeit war die Kapitulation, und die gefiel ihm ganz und gar nicht.

Als er sich dem Punkt näherte, an dem der Frostriesenpaß in das Tal mündete, ortete er die im Kampf mit Ryans Rebellen stehenden Lanciers. Die PiratenMechs waren den Lanciers nahezu zwei zu eins überlegen, aber Susie Ryans Mad Cat stand abwartend in der Nähe des Paßeingangs und bewachte den Ausgang aus dem Tal, während ihre anderen Mechs sich um die Lanciers kümmerten. Sturm konnte Clancys Peregrine erkennen, der gegen zwei der PiratenMaschinen kämpfte, und eine Vixen - entweder Flannery oder Metz - stand im Duell mit Volkers altem Panther, den die Piraten geborgen und repariert hatten. Aber von der zweiten Vixen und dem Hellhound war keine Spur zu entdecken. Wo steckten sie? Konnte es möglich sein, daß die Piraten sie schon zur Strecke gebracht hatten?

Sturm drängte es, seinen Kameraden zu Hilfe zu kommen, aber er wußte, daß Susie Ryans Mad Cat die Hauptbedrohung darstellte. Er blockierte den Zugang zum Tal, und momentan kehrte er ihm den Rücken zu. Die Störungen durch die Nähe der Berge schienen Goldjunge vor Ryans Sensoren zu verbergen, aber es konnte nur Sekunden dauern, bis sie ihn auf dem Sichtschirm bemerkte.

Sturm schätzte die Situation augenblicklich ein und traf seine Entscheidung. Er brachte den Goshawk in der Nähe des Mad Cat ins Freie. Der Feuerleitcomputer des Goldjungen brauchte nur Sekundenbruchteile zur sicheren Zielerfassung. Das rotleuchtende Fadenkreuz lag über der ungeschützten Rückenpartie des Mad Cat.

Sturm sah, wie der riesige ClanMech sich bewegte, den Torso in seine Richtung drehte. Sie hatte ihn gesehen! Aber im selben Augenblick preßte er bereits hart auf die Feuerknöpfe und schickte alles auf den Weg, was sein Mech an Waffenleistung zu bieten hatte.

Raketen donnerten auf langen Rauchbahnen davon, und vier smaragdgrüne Lanzen aus gebündelter Lichtenergie stießen aus Arm und Torso des Goldjungen. Die Laser erreichten ihr Ziel und schälten die Panzerung vom Rücken des Mad Cat, dann schlugen die Raketen ein und schleuderten feste und geschmolzene Bruchstücke von Ferrofibritpanzerung und verbogenem Metall nach allen Seiten davon. Sturm warf einen schnellen Blick auf die Sichtprojektion. Er hatte im Rücken von Ryans OmniMech einen beachtlichen Schaden erzielt. Seine Schüsse hatten die Panzerung durchschlagen und waren in die Interne Struktur vorgedrungen. Die Piratenchefin drehte ihren Mech jetzt eiligst in Sturm Richtung, um seine gewaltige Feuerkraft zum Tragen zu bringen. Sturm erinnerte sich daran, wie er bei seiner letzten Trainingssitzung unter Feldwebel Krenner gegen einen Mad Cat hatte antreten müssen. Das schien eine Ewigkeit zurückzuliegen. Er wußte, was dieser Mech aufzubieten hatte. Er mußte aus der Schußlinie, und zwar schnell.

»Festhalten, Papa!« rief Sturm und löste die Sprungdüsen des Goshawk aus, als Ryan gerade das Feuer eröffnete. Der Mech schoß in die Höhe, höher, noch höher, über den Mad Cat hinweg. Sturm kämpfte mit den Kontrollen, um Goldjunge in der Luft zu drehen und kampfbereit im Rücken seiner Gegnerin auf den Boden zu bringen. Der Goshawk setzte auf dem Berghang auf, seine breiten Metallfüße gruben sich in Schnee, Erde und Fels und fanden Halt.

Der Mad Cat, der sich in die Richtung gedreht hatte, in der Sturm noch Augenblicke zuvor gestanden hatte, bot jetzt seine linke Flanke ungeschützt einem Angriff an. Sturm zielte und schoß.

Die Laser schlugen durch die dünne Rückenpanzerung und bohrten sich in die interne Skelettstruktur und die Systeme des riesigen Kampfkolosses. Tropfen zerschmolzener Panzerung erstarrten in der eisigen Luft fast sofort wieder. Sturm sah auf die Sichtprojektion und jauchzte. »JA!« Die Ortung zeigte einen Hitzeanstieg im Innern des Mad Cat. Einer seiner Schüsse mußte den Fusionsreaktor oder dessen Kühlsystem beschädigt haben. Ryans Mech lief heiß, was ihre Möglichkeiten deutlich einschränkte. Je mehr Waffen sie abfeuerte, um so größer würde der Hitzestau im Innern der gewaltigen Kampfmaschine werden.

Jetzt öffnete er die Funkverbindung zu den anderen Mechs. »Okay, Lanciers! Zeit, daß wir diesen Piraten zeigen, wie wir hier auf Kore mit solchen Typen umgehen!«

»Kintaro!« antwortete Tom Flannery. »Mann, sind wir froh, Sie zu sehen! Volker ist uns in den Rücken gefallen! Er ist zu Ryan übergelaufen. Jetzt hat er Metz da hinten in der Zange. Sie braucht Hilfe!«

»Verstanden«, bestätigte Sturm wütend. Volker! Dieser gemeine Drecks... Er konnte es kaum fassen. Aber jemand mußte Ryan das Peilsignal von Shangri-La aus gesandt haben, und Volkers Widerstand dagegen, daß Kintaro die Lanciers befehligte, war kein Geheimnis. Lon Volker war ein arroganter Prahler, aber Sturm hätte nie von ihm gedacht, daß er seine Kameraden verraten würde.

Er suchte den Sichtschirm ab und fand Volkers Hellhound da, wo Flannery ihn gemeldet hatte, tiefer im Talkessel. Eine Vixen, Metz' Lady Fuchs, versuchte ihn abzuwehren, aber sie war keine echte Gegnerin für den erfahreneren Piloten in seinem schwereren Mech.

»Flannery«, gab er über die Leitung. »Ich gehe Metz helfen und versuche, Ryan beschäftigt zu halten. Wie sieht's bei dir aus?«

Flannerys Vixen duellierte sich mit dem PiratenPanther. Beide Mechs waren beschädigt, aber den Panther hatte es erkennbar schlimmer erwischt. »Ich komme zurecht«, antwortete Flannery. »Beeilung!«

Sturm verzichtete darauf, weiterzufragen. Er stieß den Steuerknüppel des Goshawk nach vorne und steuerte den Kampfkoloß den Hang hinunter ins Tal. Ein Blick auf die Sichtprojektion, und er sah, daß der Mad Cat sich erholt hatte und ihn wieder aufs Korn nahm.

»Festhalten!« schrie er und zündete die Sprungdüsen. Der Goshawk erhob sich in einer eleganten Parabelbahn in den Himmel, als der Mad Cat auf ihn feuerte. Ein Schwarm Raketen jagte auf weißen Kondensstreifen heran. Mehrere der Geschosse erwischten den springenden Mech am Bein. Ihre Detonationen schüttelten den Metallriesen durch. Sturm rang mit der Steuerung, um Goldjunge auf Kurs zu halten, als die Druckwelle drohte, den Mech aus der Balance zu werfen. Die Schadensanzeige meldete Panzerverluste an einem Bein, aber alle Systeme waren intakt.

Er setzte den Goshawk etwas härter auf, als ihm lieb gewesen wäre, schaffte es aber, ihn aufrechtzuhalten. Er landete und rannte sofort weiter auf den Zweikampf zwischen dem Hellhound und der Vixen zu. Inzwischen hatten beide Piloten ihn bemerkt. Der Hellhound drehte sich leicht in Richtung des heranpreschenden Goshawk und hob den rechten Armlaser.

Sturm warf den Mech in einen Zickzackkurs, als Volker auf ihn schoß. Die teuflisch grünen Lichtbolzen der Laserkanone verfehlten den Goldjungen nur um Meter und schleuderten eine Fontäne aus Steinbrocken und überhitztem Dampf auf, als sie in den Hang einschlugen. Sturm erwiderte den Angriff mit einer Salve aus seinem eigenen Armlaser, die den bereits gehörig zernarbten Torso des Hellhound traf und weitere Ferrofibritpanzerung abschälte. Auch Metz nutzte die Gelegenheit, die Sturms Auftauchen ihr bot, und nahm Volkers Mech unter Beschuß. Ihr schwerer Laser sprengte große Panzerbrocken vom Torso der Maschine.

Auf der Sichtprojektion konnte Sturm sehen, daß der Mad Cat sich in ihre Richtung in Bewegung gesetzt hatte. Der schwere ClanMech war schneller als er aussah, und auch ohne Sprungdüsen würde er nicht lange brauchen, um sie zu erreichen. Dann würden Sturm und Metz es mit zwei harten Gegnern zu tun haben, nicht nur mit einem.

In diesem Moment drang Laura Metz' Stimme aus den Lautsprechern. »Freut mich, daß Sie es doch noch zu unserer Party geschafft haben.« Dann krachte es in der Leitung, und eine andere Stimme mischte sich ein.

»Ja«, meinte Volker. »Schön, daß du es geschafft hast, Kleiner. Wäre doch schade gewesen, wenn du das verpaßt hättest.«

»Warum, Lon?« fragte Sturm. »Warum verrätst du deine Freunde? Hast du überhaupt kein Ehrgefühl?«
»Ehrgefühl?« höhnte Volker. »Ehrgefühl nützt mir einen Dreck, wenn ich tot bin. Werd vernünftig, Kleiner. Du und deine lächerliche Sandkastentruppe seid geschlagen. Noch ist es nicht zu spät, es zu beenden. Gebt die Mechs heraus, und wir verschwinden. Sei nicht blöd. Zwing mich nicht, dich umzubringen.«
»So gut bist du nicht, Lon.«
»Ach nein?« Sturm konnte Volkers hämisches Grinsen fast hören. »Du meinst, so wenig, wie ich mit dem großen starken Spieß Krenner fertiggeworden bin?«
»Was?«
»Krenner ist tot, Sturm. Diesmal wird er dir nicht zu Hilfe kommen. Niemand stärkt dir hier den Rücken. Gib auf.«
»Nein!« brüllte Sturm. Das war gelogen! Es mußte gelogen sein! Er richtete alle Waffen des Goshawk auf Volkers Mech. »Du Sau!« schrie er und preßte die Feuerknöpfe nieder. Flammend grüne Laserlichtimpulse zuckten aus den Geschützläufen, zusammen mit dem Stakkato der schweren Maschinengewehre. Aber Volkers Maschine war bereits wieder in Bewegung, und nur einer der mittelschweren Laser traf sein Ziel und zerkochte etwas Panzerung am Arm des Hellhound. Sturm drehte den Goldjungen, folgte Volkers Bewegungen. Er würde diesen dreckigen Hurensohn erledigen, und wenn es das Letzte war, was er ...
»Sturm! Hinter uns!« rief sein Vater. Sturms Blikke zuckten zum Rand des Sichtschirms, aber da schlug schon schweres Laserfeuer in den Rücken des Goshawk. Verdammt! In seiner Wut hatte er den Mad Cat völlig vergessen! Volker hatte ihn absichtlich gereizt! Die Schadensanzeige leuchtete auf wie ein Christbaum. Sie meldete schwere Schäden am Rücken und internen Skelett des Goldjungen.
Die dünne Rückenpanzerung war von den Strahlschüssen praktisch verdampft worden. Anschließend hatten sie einige der Myomermuskeln des Mechs und die internen Stützstreben angegriffen, die ihn zusammenhielten. Der Schaden war beachtlich, aber keines der lebenswichtigen Systeme war getroffen worden. Trotzdem genügte ein weiterer derartiger Treffer, und der Kampfkoloß war erledigt.
Sturm drehte sich zu dem im Galopp den Hang herabpreschenden Mad Cat um, unter dessen breiten Vogelfüßen Geröll und Schnee davonspritzten. Mit einem bedauernden Blick auf Volkers Hellhound aktivierte Sturm erneut die Sprungdüsen und hüpfte den Hang hinauf, außer Reichweite Susie Ryans.
Die Temperatur im Innern der Kanzel erreichte gefährliche Werte. Sturm hatte alle Waffen abgefeuert und übermäßig oft die Sprungdüsen gezündet. Beide Insassen der krampfhaft engen Pilotenkanzel waren schweißgebadet, und er machte sich Sorgen um seinen Vater. Hidoshi Kintaro hatte keine Kühlweste, die ihm half, diese Temperaturen zu ertragen.
Der junge MechKrieger suchte das Tal mit den Sensoren ab und lokalisierte die anderen Mechs. Metz bewegte sich auf seine Position zu, fort von Volker und dem sich schnell nähernden Mad Cat. Flannery hatte am Taleingang den Panther überwältigt, der qualmend und mit zertrümmertem Kopf im Schnee lag. Jetzt half er Clancy im Kampf gegen die beiden anderen Piraten-Maschinen, was das Kräfteverhältnis ein wenig ausgeglichener machte. Möglicherweise hatten sie eine Chance, falls es ihnen gelang, noch einen der verbliebenen Mechs ernsthaft zu beschädigen oder ganz auszuschalten, am besten den Mad Cat.
»Eher werden wir in dieser Hitze gesotten«, murmelte Sturm bei sich, als er die Wärmeskala betrachtete. Bevor er irgend etwas versuchte, mußte er erst einmal einiges an Hitze loswerden.
»Hitze! Natürlich!« drang die Stimme seines Vaters aus der hinteren Hälfte des Cockpits. Sturm bekam Angst, daß die Hitze seinen Verstand beeinträchtigte. »Sturm! Ich habe eine Idee!«
»Das ist jetzt nicht der Zeitpunkt...« antwortete er. Der Mad Cat und der Hellhound gingen in Stellung, um auf Metz und ihn zu feuern.
»Ich glaube, ich weiß einen Weg, sie zu schlagen!« erklärte sein Vater. Sturm bewegte Goldjunge schnell über den Hang, um den anfliegenden Raketen und dem Laserfeuer auszuweichen. Er schien ihr Feuer auf sich zu ziehen, was Metz Gelegenheit gab, etwas mehr Distanz zwischen sich und die beiden anderen Mechs zu bringen. Ihre Vixen war schwer mitgenommen, war aber noch kampffähig.
»In Ordnung, ich höre.«
»Diese gesamte Region ist vulkanisch aktiv«, setzte Dr. Kintaro an. »Sie ist übersät mit...«
»Keine Diskurse, Papa! Komm auf den Punkt!« schrie Sturm ihn fast an. Sie hatten keine Zeit für einen der wissenschaftlichen Vorträge seines Vaters.
»Das Magma!« sagte Hidoshi. »Unter diesen Bergen lagern Einschlüsse von flüssigem Magma. Du hast sie bei deinen Untersuchungen selbst lokalisiert! Wenn du genug Hitze auf die richtige Stelle konzentrierst...«
Hätte er nicht den Neurohelm getragen, hätte Sturm sich mit der flachen Hand gegen die Stirn geschlagen. Die Idee war so verrückt, daß sie eine echte Chance bot. Er öffnete eine Funkverbindung zur Lady Fuchs. »Metz, wir müssen unsere gesamte Feuerkraft auf einen bestimmten Punkt konzentrieren. Warte auf meine Vorgabe, und dann feuerst du auf die selbe Stelle wie ich, verstanden?«
Es dauerte nur einen Moment, dann antwortete sie: »Verstanden.«
»Versuche, sie beschäftigt zu halten«, wies Sturm sie an. Dann suchte er mit den Sensoren des Goshawk die trostlosen Berghänge ab. Die Magnetfeldinterferenzen machten es schwer, irgendwelche Metallablagerungen sicher zu entdecken und zu identifizieren, also verließ er sich auf die Thermalortung. Er ignorierte die überdeutlichen Wärmespuren der Mechs und Fehlschüsse, die glühende Krater und Narben im Gelände hinterlassen hatten, und hielt statt dessen Ausschau nach weniger auffälligen, aber trotzdem eindeutigen Wärmesignaturen.
»Da!« stieß Dr. Kintaro aus und zeigte über Sturms Schulter auf den Monitor. »Da entlang!« Sturm betrachtete die Sensoranzeige. Das konnte tatsächlich ein subplanetarer Magmaeinschluß sein. Er vertraute auf die Erfahrung seines Vaters. Er richtete Goldjunges Feuerleitcomputer auf die betreffende Stelle und erfaßte das Ziel.
Im selben Moment schoß kreischend eine Wand von Raketen aus den Lafetten des Mad Cat heran. Es war zu spät, ihnen auszuweichen, ohne die Zielerfassung zu verlieren.
»Festhalten!« schrie Sturm, Sekundenbruchteile bevor die Raketen einschlugen. Die Gewalt der Detonationen schüttelte den Goshawk durch, sprengte die Torsopanzerung weg und ließ die Schadensanzeige blinken und aufheulen. Der größte Teil der Torsopanzerung seiner Maschine war in dem Feuerball der Explosionen verschwunden. Die Sicherheitsgurte und Polster der Pilotenliege hatten Sturm weitgehend vor den Erschütterungen bewahrt, aber sein Vater ...
»Papa, bist du in Ordnung?« rief Sturm. »Papa?« Keine Antwort.
Er verrenkte sich den Hals, um nach hinten zu sehen. Alles, was er dort erkennen konnte, war die reglos hinter der Liege zusammengesackte Gestalt seines Vaters.
»Papa!« schrie er. Keine Bewegung. Keine Antwort. Es gab nichts, was Sturm tun konnte, um seinem Vater zu helfen, falls für Dr. Hidoshi Kintaro nicht ohnehin schon alle Hilfe zu spät kam.
Er drehte sich wieder zu den Kontrollen um. Die Lady Fuchs feuerte ihren Impulslaser auf das beschädigte Bein des Hellhound ab. Danach zu urteilen, wie Volkers Mech letzt humpelte, hatte der Treffer Wirkung gezeigt. Der Mad Cat bereitete den nächsten Angriff vor. Sturm vergewisserte sich, daß er die Zielerfassung nicht verloren hatte und packte die Kontrollen fester.
»Na schön«, stieß er aus, und auf seinem Gesicht liefen Tränen der Wut durch den Schweiß und Schmutz. »Ihr wollt einen Kampf? Mal sehen, wie heiß ihr es wirklich mögt.« Er preßte den Daumen auf den Feuerknopf und löste alle Laser des Goshawk aus. Die smaragdgrünen Strahlbahnen krachten in den Felshang. Sekunden später war Metz' Vixen in Position und konzentrierte noch mehr sonnenheiße Laserenergie auf denselben Punkt.
Das schwarze Eruptivgestein zerschmolz unter der Berührung der Laserbahnen und wurde weich wie Butter. Ein leises Beben ging durch den Boden. Kleinere Felsbrocken polterten den Berghang hinab. Der Schnee entlang der gesamten Hangfläche verwandelte sich in eine gewaltige heiße Dampfwolke. Auf Sturms Ortungsschirm schoß die Temperaturanzeige für das Hanggebiet in die Höhe. Dann explodierte die Klippenwand in einer Fontäne aus leuchtendem flüssigen Gestein, das sich wie ein titanischer Geysir in den Talkessel ergoß.
Susie Ryan mußte im letzten Moment erkannt haben, was die Lanciers planten. Ihr Mad Cat versuchte auf höheres Gelände zu fliehen, aber ihre Reaktion kam einen Sekundenbruchteil zu spät. Auch Volkers Hellhound wollte ausweichen, aber er wurde von dem verkrüppelten Mechbein behindert, und derselbe Treffer mußte auch die dort angebrachten Sprungdüsen zerstört haben. Das flüssige Magma strömte ins Tal. Es spritzte über beide Maschinen, brannte sich zischend und dampfend in die Panzerung und legte deren Innenleben frei. Ryans Mech war schnell und konnte den schlimmsten Schäden entgehen, aber die unglaubliche Hitze des Magmas trieb die von den Beschädigungen und dem Waffeneinsatz der Maschine bereits hochpeitschte Betriebstemperatur noch weiter in die Höhe. Eine der riesigen Raketenlafetten auf den Schultern des Mad Cat explodierte. Die Detonation warf den monströsen Kampfkoloß fast um, aber der OmniMech kämpfte sich weiter den Berg hinauf.
Lon Volker hatte weniger Glück. Der Hellhound wurde von dem Magmastrom eingeschlossen. Er rutschte aus, und das flüssige Gestein schwappte über den Mech. Einen Augenblick tat Sturm sein ehemaliger Kamerad leid. Das war ein furchtbarer Tod. Aber als er daran dachte, wie Volker Feldwebel Krenner kaltblütig ermordet hatte, verflog jede Andeutung von Mitgefühl. Volker hatte verdient, was er bekam. Als der Hellhound sich wieder bewegte, riß Sturm überrascht die Augen auf. Der Mech kroch aus dem Magmastrom, dann brach er auf festem Boden zusammen wie ein Ertrinkender, der sich mit letzter Kraft aus einem Fluß gezogen hatte.
Der Mad Cat entkam dem Magma und strauchelte noch ein paar Dutzend Meter den Hang hinauf, bevor er stehenblieb. Seine Panzerung war an zahlreichen Stellen geschwärzt, zerschmolzen und aufgerissen. Sturms Sensoren meldeten, daß die Explosion der Raketenlafette schwere Schäden an der Internen Struktur des OmniMechs angerichtet hatte. Er richtete alle Waffen Goldjunges auf den Piraten-Mech und erfaßte ihn mit dem Feuerleitcomputer, bevor er eine Funkverbindung aufbaute.
»Der bessere Teil der Tapferkeit besteht darin zu erkennen, wann es wichtiger wird, die Verluste zu begrenzen. Wollen Sie diesen Kampf überleben, Captain Ryan, oder soll ich feuern?«

BattleTech 50: MechWarrior Trilogie
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