301   Philipp III. von Frankreich mit Heinrich I. von Navarra, C 218 zu 103 und 104.

302   Das Unglück Frankreichs, mal di Francia, ist Philipp IV. von Frankreich, C 219 zu 109.

303   Der Kräftige: Peter III. von Aragon; der mit der kräftigen Nase ist Karl I. von Anjou, der im Leben sein Feind war, der den Staufen Konradin ermorden ließ und den Dante sonst angreift, der aber im letzten Augenblick seine Verbrechen bereute.

Jakob II. und Friedrich II., Söhne Peters von Aragon, C 220 zu 112 und 113, 221 zu 116.

304   Apulien und Provence werden regiert von Karl II., Sohn von Karl von Anjou, C 222 zu 126.

305   Das heißt: Karl II. ist soviel schlechter als Karl I., wie Karl I. schlechter war als Peter III. Anders ausgedrückt bei L 127: Peter von Aragon ist um so viel besser als Karl von Anjou, wie dieser besser ist als sein Sohn.

306   Markgraf Wilhelm von Monferrato. Zu der großen Markgrafschaft gehört auch das Canavese am linken Ufer des Po. Wilhelm geriet in Alexandria in Gefangenschaft, wurde in einem Eisenkäfig öffentlich ausgestellt und dem Hungerstod preisgegeben. Sein Sohn wollte ihn rächen, aber der Mailänder Matteo Visconti unterstützte Alexandria, was zu schweren Kriegen führte, C 224 zu 134.

307   Dante weist auf den allegorischen Charakter der Erzählung hin: Sie meint etwas anderes, als sie sagt. Dazu unbefriedigend C 236 und D 135.

308   Nino, das ist Ugolino Visconti, S 86, C 240, L 130 zu 53. Seine Frau heiratete nach Nino aus Gallura (einen Hahn, gallo, im Wappen) einen Visconti mit dem Wappenbild der Viper, C 244–245 zu 79–81.

309   Konrad Malaspina, der Neffe Konrads des Älteren, an den er erinnert. C 250 zu 118 und 251 ganz.

310   Vorhersage Konrads im Jahr 1300, daß Dante 1306 als Exilant bei den Malaspina in der Lunigiana Unterkunft finden und seine hohe Meinung bestätigt sehen wird.

311   Feierlicher, antikisierender Anfang des eigentlichen Purgatorio, nach dem Ante-Purgatorium der canti 1 bis 8, parallel zu canto 9 des Inferno, wo der Engel den Zugang zur Stadt des Dis erzwingt.

Die fünf, die Platz genommen haben, sind Vergil, Dante, Sordello, Nino und Corrado. –

Zuerst, bis Vers 12, gestaltet Dante die Morgenfrühe mit antiken mythologischen Figuren: Die Morgenröte, Aurora, hatte sich verliebt in Tithonos, den trojanischen Königssohn. Sie hat sich ihm entwunden und erscheint am Horizont, noch überstrahlt vom Sternbild des Tiers, das die Leute mit dem Schwanz schlägt, dem Skorpion. Zu Einzelheiten: L 132; C 261 und D 150. – Zum Ursprungsunglück der Schwalben (Vers 15) nach Ovid und Vergil: L 132 und C 264.

Ab Vers 13 erzählt Dante seinen Traum. Er glaubte an die Wahrheit von Träumen; darin hatten ihn nicht nur Ovid und Avicenna bestärkt. Zur älteren Traumphilosophie vgl. Thomas Ricklin, Der Traum der Philosophie im 12. Jahrhundert. Von Constantinus Africanus zu Aristoteles, Leiden 1998; Petra Gehring, Traum und Wirklichkeit. Zur Geschichte einer Unterscheidung, Frankfurt/M. 2008.

312   Dante, der Wanderer, wird nun zum eigentlichen Purgatorio zugelassen; sein Thema wird höher, die Schreibart erhabener. Dante, der Autor, kündigt an, dieser canto werde ein besonders kunstvolles Gewebe aus antiker Mythologie und Bildern des kirchlichen Bußwesens. Viele Details – etwa die drei Stufen oder die zwei Schlüssel – fordern zur symbolischen Deutung auf, die Dante aber nicht ausspricht. Deutungen der Farbenfolge bei D 157.

313   P für peccavi, ich habe gesündigt, wovon die Spur im Aufstieg gelöscht werden muß. Zur Symbolik der Buße vgl. L 134, C 275 zu 94 und 278 zu 112.

314   Unter dem tarpeischen Felsen befand sich der römische Staatsschatz. Als Caesar in Rom einzog, wollte er sich seiner bemächtigen, aber der Verwalter Metellus stellte sich ihm in den Weg. Er wurde weggetragen, und der Schatzraum im tarpeischen Felsen blieb leer zurück, rimase macra. Dante folgt Lukan, Phars. 3, 154–155. Dazu M 156.

315   »Te deum laudamus, Großer Gott, wir loben dich«: kirchlicher Hymnus für Festtage. Über die Art, wie Dante ihn gesungen hört, nämlich in voce mista al dolce suono, wie beim cantar con organi, wobei man nicht jedes Wort distinkt versteht, streiten Ausleger und Übersetzer. Es wird sich kaum um Orgeln handeln, sondern um polyphonen Gesang, M 215; C 283 zu Vers 141 und zu 144.

316   Alttestamentliche Szene: Usa sieht die Bundeslade beim Transport schwanken, er will sie vor dem Hinfallen schützen, wird aber, da er sie unerlaubt anfaßt, von Gott erschlagen, 2. Buch der Könige 6. Dante deutet den auf dem magisch konzipierten Berührungsverbot beruhenden Vorgang moralisch-politisch: Niemand soll eine öffentliche Aufgabe anfassen, zu der er nicht berufen ist.

317   Der halbnackte König, der vor der Bundeslade hertanzt, gab in den Augen seiner Frau Micol keinen politisch-korrekten Anblick, 2. Kön. 6, 16. Dante deutet das ekstatische Benehmen des Sängers als Demut.

318   Papst Gregor besiegte Gott, der den heidnischen Kaiser Trajan schon zur Hölle verdammt hatte, indem er ihn bewegte, Trajan aus der Hölle herauszunehmen. Das berichtet die Vita Gregors von Paulus Diaconus, PL 75, 56–57, vgl. 105, übernommen von Johannes von Salisbury, Polycraticus, von Vincenz von Beauvais und im Novellino.

319   Umberto aus einer alten und mächtigen Adelsfamilie, lag im Streit mit Siena. Sein Fehler: Er vergaß die gemeinsame Urmutter Eva, als deren Kinder wir alle gleich sind. Das Thema Adel und Adelsstolz behandelte Dante schon im 4. Buch des Convivio, besonders 4, 23.

320   Jetzt Künstlerhochmut. Keine Konkurrenz anerkennen. Über ihn C 335 zu 79.

321   In dunklen Zeiten wechseln die Kunstrichtungen nicht zu rasch. Will Dante sagen, die antiken Künstler seien im Mittelalter nicht überholt worden? Damit hätte er erklärt, warum er sich an Vergil und Ovid orientiert.

322   Provenzan Salvani, Ghibelline, war Führer der Sienesen in der Schlacht von Montaperti 1260 gegen Florenz. Er begann, den Hochmut der Mächtigen abzulegen, als er sich bettelnd auf den Marktplatz von Siena setzte.

323   Anspielung auf das bevorstehende Exil Dantes: Auch er wird betteln müssen.

324   Es folgen Szenen bestraften Hochmuts aus Bibel und antiker Mythologie und Geschichte:

Luzifer stürzt wie ein Blitz vom Himmel (Luk. 10, 18). – Briareos: Giganten und Hundertarmige stürmten gegen Zeus an und wurden zerschmettert. – Nimrod galt als Erbauer des Turms von Babel. – Niobe hatte gegenüber der Göttin Leto geprahlt mit ihren vierzehn Kindern. Die Götter bestraften sie, indem sie ihre 14 Kinder mit Pfeilen umbrachten. – Saul stürzte sich, von den Philistern besiegt, ins eigene Schwert. David verfluchte daraufhin die Berge, sie sollen weder Tau noch Regen sehen. – Arachne prahlte mit ihrer Webkunst. Athene zerriß das Gewebe und verwandelte sie in eine Spinne. – Salomos Sohn Rehabeam drohte dem Volk. Dieses erhob sich, Rehabeam konnte sich nur durch Flucht retten. – Das Halsband war ein Bestechungsgeschenk an die Mutter, das zum Tod des Vaters führte. Alkmaion rächte den Tod des Vaters, indem er die Mutter ermordete. – Der Assyrerkönig Sanherib hatte das Gottvertrauen des Hiskias verspottet. Als er im Tempel betete, erschlugen ihn seine Söhne. Die Massagetenkönigin ließ Kyros köpfen und steckte den Kopf in einen Sack voll von Blut. – Das assyrische Heer floh, nachdem Judith Holofernes ermordet hatte.

325   Dante vergleicht den Aufstiegsweg mit den Treppen, die zur Kirche San Miniato führen. Sie steht über der vom Podestà Rubaconte 1237 erbauten Brücke, die heute Ponte alle Grazie heißt. Er spielt an auf zwei Skandale von 1299 und 1283, als im Protokoll eine falsche Zeugenaussage ausradiert worden war und als der Salzmeister das Maß veränderte. Vgl. L 144f.

326   Dies sind Beispiele für neidloses Verhalten: Maria bei der Hochzeit von Kanaan. Pylades, als er rief, er sei Orest, der statt des Freundes den Göttern geopfert werden sollte.

327   Das Bild des zu erziehenden Pferdes: Die Peitsche bringt Bewegung, sie setzt in Gang, sie muß aus Liebe bestehen. Der Zügel engt das Böse ein und droht.

328   Über den Zusammenhang von Neid und Sehen, Schiefanschauen und Nichtsehen informativ: D 217.

329   Über Sapia ist sonst wenig bekannt.

330   Schlacht bei Colle Val d’Elsa, L 147f., C 395 zu 115. Dante spielt auf das Sprichwort an: Die Amsel jubiliert, weil sie meint, es sei schon Sommer. Sie verkennt die Situation.

331   Über Pietro Pettinaio schön L 148. Vgl. C 397 zu 128.

332   Kritische Beschreibung von Siena: Sie setzen törichterweise ihre Hoffnung auf einen Seehafen in Talamona und auf die Entdeckung einer unterirdischen Wasserader namens Diana unter der Stadt.

333   Dante umschreibt den Apennin, von dem Cap Peloro am äußersten Nordosten Siziliens sich abtrennt.

334   Dantes politisch-ethische Beschreibung des Arnotales: Im Ca-sentino gibt es nur Schweine, bei Arezzo nur Kläffer, in Florenz nur Wölfe und in Pisa nur Füchse. Vor Arezzo macht der Flußlauf einen scharfen Knick: Er wendet voll Verachtung die Schnauze ab.

335   Es handelt sich um Fulcieri da Calboli, er wütete als Podestà von Florenz 1303 gegen die Bianchi. Vgl. L 150 und C 418 zu 58.

336   Man weiß wenig Sicheres über ihn. Er gehört zum Adel der Romagna. Dante beklagt den Verfall der alten Sitte in toskanischen Städten, nennt eine Serie von Namen alter Adelsgeschlechter.

337   Die Verse 86–87 lauten bei Sanguineti 266: o gente umana, perché poni il core ov’è mestier di consorte divi(e)to?

Sie reizen zum Vergleich einiger Übersetzungen:

bei Vossler 305: Was hängest du dein Herz, Menschenvolk, / an Werte, die das Allgemeine scheuen?

bei Naumann 254: warum hängst du dein Herz an die Dinge, / die notwendigerweise einen Mitbesitzer ausschließen?

bei L 150: was wirfst du dein herz auf dinge, / die keinen teilhaber dulden!

338   Bretinoro ist ein Ort in der Romagna; Bagnacavallo, Castracaro und Conio sind Herrscherfamilien in der Romagna. Die Pagani waren Tyrannen von Faenza, die es richtig machten, indem sie ausstarben. Sie starben aus mit dem Teufelskerl, dem Dante den baldigen Tod wünscht, mit Maghinardo. C 427 zu 118.

339   Die Stimme Kains, der aus Neid seinen Bruder Abel erschlagen hat.

340   Aglauros, Tochter des Königs von Athen, wurde von Merkur zu Stein verwandelt, weil sie ihn aus Neid hindern wollte, als Liebhaber zu ihrer Schwester Herse zu kommen, L 151; C 430 zu 139. Dante nennt abwechselnd biblische und antik-mythologische Figuren, die mit Schreckensstimme Beispiele von Neid bringen.

341   Es war drei Stunden vor Sonnenuntergang, noch so viele Stunden, nämlich drei, wie zwischen Tagesanfang und Terz. – Für eine rationalistische Theorie des Kosmos ist es von der Sonne unartig, daß sie die Länge ihrer Tage ständig variiert, also wie ein Kind unregelmäßig herumtanzt. – Zur Bedeutung von spera in Vers 2 als ›Sonnenlauf‹ oder ›Kreisbahn der Sonne‹ vgl. D 250.

342   Die Dichter haben ein Viertel des Läuterungsberges umkreist. Zu Zeit- und Ortsangaben: L 152; C 439–440; D 250.

343   Über Licht, Lichtbrechung vgl. L 152, C 441 zu 16 und 442 zu 22, auch D 251 und Kurt Flasch, Dietrich von Freiberg, S. 618–627 und 668–671.

344   Zur ganzen Überlegung vgl. Dante, Conv. 3, 7, 2–7.

345   Wir sind im dritten Kreis, wo die Zornigen büßen. Zuvor zeigten Reliefs, dann priesen Stimmen die entgegengesetzte Tugend. Im dritten Sims empfehlen Visionen die Sanftmut. Erstes Beispiel: Maria, die ihren Sohn nach langem Suchen im Tempel wiederfindet und ihn sanft tadelt, nach Luk. 2, 41–50.

346   Zweites Beispiel: Peisistratos war Tyrann in Athen. Bei einem Fest stürzte ein junger Mann auf seine Tochter zu und küßte sie. Statt ihn zu bestrafen, gab er sie dem jungen Mann zur Frau. Dante fand diese Geschichte wohl bei Johannes von Salisbury, Polycraticus 7, 25, der sie bei Valerius Maximus gelesen haben dürfte.

347   Dante erinnert an die Steinigung des heiligen Stefan, Apg. 7, 55, der im Tod ausrief: Herr rechne ihnen diese Sünde nicht zu. Er sieht biblische Szenen vor sich, dann wieder solche aus der antiken Geschichte. Das sind Leseerinnerungen, keine mystischen Visionen, wie man gemeint hat. Er sagt in Vers 115/116, diese Ereignisse seien nur in seiner Seele gewesen.

348   Von Marco ist wenig bekannt. Er war lombardischer Hofmann und Diplomat, hier die pessimistische Stimme Dantes, die Italiens Lage analysiert, C 472 zu 46; D 268.

349   Die Verse 55–57 lauten nach Sanguineti 277: Prima era s(c)empio, e ora è fatto doppio/nella sentenza tua, che mi fa certo/qui, e altrove, quello ov’io l’acoppio.

Der Satz ist umstritten, vgl. M 358; C 473–474; D 269. Klar ist: Dante erinnert an das Gespräch in canto 14, 88–126 mit Guido del Duca und bezieht sich auf den Zweifel: Woher kommt das Böse? Sind die Menschen daran schuld oder die Sterne? Sein Zweifel kam ihm im Gespräch mit Guido del Duca und hat sich jetzt verdoppelt. Vers 57 sagt: Dein Satz, daß jetzt im Unterschied zu früher niemand mehr nach Tugend strebt (Vers 48), verdoppelt meinen Zweifel über den Ursprung des Bösen, weil ich ihn kombiniere mit dem, was Guido del Duca über den Niedergang der Romagna gesagt hat.

350   Dante lenkt die metaphysische Frage nach der Willensfreiheit und dem Ursprung des Bösen sofort ins Politische: Es gibt das Böse, jetzt mehr als je, denn der Kaiser ist nicht da; der Papst, der Hirte, kann zwar das Gesetz wiederkäuen, aber respektiert nicht den Unterschied von weltlich und geistlich, kümmert sich nur um das Weltliche. Anspielung auf ein Speiseverbot der Hebräischen Bibel: Die Juden sollten nur Fleisch von Wiederkäuern essen, die gespaltene Hufe haben. So sollen geistliche und politische Macht getrennt sein.

351   Die Rede enthält Dantes politisches Programm: Die Zuständigkeit des Kaisers soll wiederhergestellt, der Papst auf seine geistliche Rolle beschränkt werden.

Seit dem Krieg Friedrichs II. mit dem Papst ist Italien schutzlos; die alte Lebensart ist verloren. Drei alte Fürsten im Norden warten nur noch auf ihren Tod. Einer von ihnen, Guido aus Reggio Emilia, wäre, französisch ausgedrückt, ein anständiger Lombarde, also ein weißer Rabe, da ›Lombarden‹ ein abfälliger Name für italienische Händler war.

352   Die Söhne Levis waren die Priester Israels und waren nach Num. 18, 20 davon ausgeschlossen, im gelobten Land Grund zu besitzen oder zu erben.

353   Gaia war berühmt, sei’s wegen ihrer Liebesabenteuer, sei’s wegen ihrer Keuschheit. Vgl. M 70.

354   Zur Übersetzung: Dante schreibt Vers 8 von der Sonne: già nel corcar era.

Von coricare: sich niederlegen.

Naumann 268 übersetzt: Die schon im Niedergehen war.

Aber im Deutschen geht die Sonne nicht nieder, sondern unter.

L 159: die schon zur Rüste ging.

Das ist zwar schön, aber landschaftlich begrenzt und altertümlicher, als bei Dante intendiert.

355   Dantes Phantasiegesichte abschreckender Beispiele für Zorn:

Aus Ovid Met. 6, 412–676: Prokne, die im Zorn ihr Kind tötet und dem Gatten als Speise vorsetzt. Sie wird in eine Nachtigall verwandelt.

Aus Buch Esther 3–9: Haman wird gehenkt an dem Galgen, der für Mordechai errichtet worden war.

Aus der Aen. 12, 595–606: Amata will ihre Tochter nicht an Aeneas verheiraten, weil sie schon an Turnus versprochen war. Als Turnus im Kampf gefallen war, nahm sie sich das Leben.

356   Zur Übersetzung: Dante schreibt Vers 73: O virtù mea, perché sì ti dilegue?

Naumann 270: Du meine Kraft, warum schwindest du so dahin?

L 160: Ach, meine kraft, warum entschwindest du so.

Virtù heißt hier: Kraft zum Gehen, so auch C 304.

357   Vergil erklärt Sinn und Aufbau des eigentlichen Purgatorio, das mit canto 9 beginnt: Bestraft und geläutert werden müssen nicht einzelne Sünden, auch nicht Todsünden, sondern falsche habituelle Gesamteinstellungen, die durch Gewohnheit eingeschliffen sind. Das nannte man ›Laster‹. Während der Abstieg in der Hölle von den leichteren zu den schwersten Fehlhaltungen führt, führt der Aufstieg im Purgatorio umgekehrt von den schwersten zu den leichteren Verkehrtheiten. Er beginnt mit dem Stolz, es folgen Neid und Zorn. Dann kommen nach oben, deutlich abgesetzt: Geiz, Schlemmerei und Wollust. Alle diese Haltungen sind Fehlformen der Liebe.

358   Hier ist nicht ein moderner Begriff von ›Natur‹ gemeint, sondern ein qualifizierter: Natur als das wirkliche Wesen der Sache. Bei Thomas von Aquino: Natura ist das vom Autor der Natur Intendierte, Sth 1, 60, 1 ad 3.

359   Die Verse 17, 91–111 bringen ein zentrales Lehrstück der ethisch-politischen Philosophie Dantes und stehen in der Komposition der Commedia genau in der Mitte. Vgl. D 287–288.

360   Es sind die Kreise der Geizigen, der Schlemmer und der Wollüstigen.

361   Der Satz, Vers 1 bis 3, gibt Anlaß, über das Übersetzen nachzudenken: Posto avea fine al suo ragionamento/L’alto dottore, e attento guardava/Ne la mia vista s’io parea contento.

Heißt ragionamento soviel wie ›Überlegung‹ oder ›Darlegung‹, ›Beweisführung‹? Spielt sich sein ragionamento in seinem Inneren ab oder ist es hörbar? Ist es dasselbe, ob man sagt, der hohe ›Lehrer‹ oder der hohe ›Weise‹? Ist es dasselbe, ob er seine Rede ›beendet‹ hat oder ob er ihr ›ein Ende gesetzt‹ hat? Sieht er Dante ›in das Gesicht‹? Oder blickt er ›auf das Gesicht‹? Oder sucht er ›in meinem Gesicht‹? Will er wissen, ob Dante befriedigt ›scheint‹ oder ob er es ›ist‹?

362   Einteilen und beschreiben – das waren um 1300 wichtige Operationen der Wissenschaft.

Die Liebe als allgemeines Verlangen wird von Dante eher ontologisch und kosmisch als psychologisch konzipiert. Die Liebesfähigkeit und Neigung ist unsere Natur, die aktualisiert wird durch das Bejahen oder Verneinen dessen, was uns affiziert, indem es uns gefällt. Die Liebeslehre Dantes hat einen antinaturalistischen polemischen Bezug. Sie sagt, nicht jede Liebe sei gut – gegen seine eigene frühere Ansicht oder gegen stilnovistische Liebeslehren bei Jacopo da Lentini, Guinizelli und Cavalcanti? Vgl. Bruno Nardi, Dante e la cultura medievale, Bari 31983, S. 9–79; C 523 zu 19–21; Ruedi Imbach, Amours pluriels, Paris 2007.

363   Die weitere Erklärung, die Vergil von Beatrice erwartet, ist dann für Dante eine Sache des Glaubens, keineswegs für Beatrice, die in Gott direkt alle Wahrheit sieht. Im Himmel hört der Glaube auf.

364   Große Rede Vergils: Die Vernunfterklärung des freien Willens: Die ursprüngliche Kraft ist anerschaffene Liebesbereitschaft; sie wird aktualisiert durch das, was gefällt. Sie ist nicht nur Trieb, sondern naturhafte Norm, zu der alle Strebungen passen sollen. Vernunft und freier Wille wählen unter den Eindrücken aus und entscheiden, wohin sie führen.

365   Astronomische Zeitangaben, dazu L 163–164 und C 534 zu 79.

366   Pietola, vielleicht das antike Andes bei Mantua, am rechten Ufer des Mincio, Geburtsort Vergils.

367   In diesem Kreis werden die im bacchantischen Taumel zur Eile angetrieben, die im irdischen Leben durch träge, traurige Langsamkeit, acedia, gesündigt haben. Es werden ihnen Gegenbeispiele vorgeführt durch rasche Rufe, als erstes der Besuch der Maria bei Elisabeth, als zweites Caesar, der bei der Belagerung von Marseille diese Stadt einem Unterfeldherrn überließ und selbst nach Spanien zog, um dort die Pompeianer zu besiegen bei Lerida.

368   In Vers 101 setzt C 537–538 anders als Petrocchi und Sanguineti 288, denen ich folge, einen Doppelpunkt nach dem einleitenden e.

369   Barbarossa hat 1162 Mailand zerstört. Dante hält ihn gleichwohl für »gut«, denn Kaiser müssen in Italien herrschen und die Empörung der Mailänder war ungerecht, denkt er.

370   Voraussage des Todes Alberts de la Scala, der im September 1301 starb, und der seinen Sohn Giuseppe gegen das Kirchenrecht zum Abt gemacht hatte. Giuseppe war gehbehindert, war unehelich geboren. Dantes Kritik an einem der Herren de la Scala überrascht; in Par. 17, 70–93 preist er die gastfreundliche Familie. Aber hier kritisiert er die Vermengung von weltlicher und geistlicher Herrschaft, C 540 zu 121 und 544.

371   Zwei Beispiele des gebüßten Lasters: Erst die Juden, die murrten und zurückblieben beim Zug ins Gelobte Land, dann die Trojaner, die Aeneas nicht weiter folgen wollten und in Sizilien zurückblieben. Acedia ist hier nicht Mönchslaster, sondern politisches Versagen.

372   Zwei Zeitangaben für die letzte Stunde der Nacht.

Über Geomanten vgl. C 555–556; D 316–317.

Ein Traum wie bei zwei anderen Übergängen: Purg. 9, 13 und 27, 94.

373   Eine Frau, Bild der fleischlichen Sünden, die im oberen Teil des Purgatorio gebüßt werden: Sirene, Kirke? Vgl. D 317–318.

374   Die Philosophie oder die Vernunft ruft Vergil zur Wachsamkeit und Intervention auf. Einige Kommentatoren sehen in der intervenierenden Frau, von der es heißt, sie sei »heilig und schnell«, Beatrice.

375   Anfächeln, um ein weiteres P in Dantes Gesicht zu löschen.

»Qui lugent«, Seligpreisung der Trauernden, nach Matth. 5,5.

376   Die Himmelssphären. Das Bild stammt aus der Falkenjagd: Der Falkner schwingt eine Vogelattrappe, einen Lockvogel, um den Kopf und lockt den Falken zurück. Die folgenden Verse führen das Bild fort.

377   Bis zum Erreichen des fünften Kreises, in dem Habgierige und Verschwender büßen. Dante hat den kurzen, steilen Aufstieg bis zum Übergang in den fünften Rundweg am heiligen Berg hinter sich.

378   Die Büßenden zitieren den Psalm 119, 26.

379   Der ehemalige Papst Hadrian V. sagt das auf lateinisch. Er stammt aus der Adelsfamilie der Lavagna; er war 1276 für 38 Tage Papst.

Avaritia ist Habgier, Alleshabenwollen und Machtgier.

380   Im Jenseits gibt es keine Heirat – nach Matth. 22, 30 – und keine Rangunterschiede mehr.

381   Der Papst hatte die Unterredung abrupt beendet, um keine Zeit auf dem Weg der Reinigung zu verlieren. Dante geht weiter, obwohl er viele unbeantwortete Fragen hat.

382   Exempla freiwilliger Armut. Der Konsul Gaius Fabricius aus dem dritten Jahrhundert vor Christus war berühmt für seine Unbestechlichkeit; er starb in Armut.

383   Legende des heiligen Nikolaus von Bari. Er hatte Goldbälle ins Fenster einer armen Familie geworfen, um die Töchter vor der Prostitution zu bewahren.

384   Es spricht Hugo Capet, gestorben 996, der Stammherr des französischen Königshauses, C 589 zu 43 und L 171. Dante legt ihm seine Kritik an Philipp dem Schönen und Karl von Valois in den Mund.

385   Ironischer Unterton, religiöse Weihe als Verdecken von Verbrechen. Dante nutzt die Doppeldeutigkeit des lat. sacrum (1. heilig, 2. verdammt, die auch das französische sacré kennt, vgl. Dictionaire historique de la langue française, Band 3, Paris 1998, S. 3349) und spielt wohl an auf die Königskrönung in Reims. – Hugo wünscht Gottes Rache; er spricht schlecht von Frankreich, wie Guido del Duca von der Toscana, Purg. 14.

386   Karl von Anjou, Bruder Ludwigs IX., bekam durch seine Frau Beatrix die Provence. Der Papst lud ihn ein, Manfred zu besiegen und Konradin zu töten (1268). – Man sagte, er habe Thomas von Aquino ermordet (1274).

387   Hugo Capet prophezeit: Karl von Valois, Bruder Philipps des Schönen, wird ohne Heer kommen, weil er auf päpstliche Soldaten hofft. Er kam, um Sizilien zurückzuerobern, aber Bonifaz VIII. schickte ihn nach Florenz, um die Partei der Schwarzen gegen die Weißen zu unterstützen, 1301/1302. Die Himmelsreise findet im April 1300 statt, Dante wird sein Exil angekündigt.

388   Der dritte Karl ist Karl II. von Anjou (1248–1309), den Dante als den Hort des Guelfismus am meisten kritisiert. Er wurde auf seinem Schiff im Golf von Neapel gefangengenommen; nach seiner Freilassung König von Apulien. – Er hat seine Tochter Beatrice dem alten Azzo VIII. von Este vermählt.

389   Das schlimmste Verbrechen der französischen Könige: Philipp der Schöne dringt in Anagni ein und nimmt Bonifaz VIII. gefangen. Dante kritisiert sonst den Papst, setzt ihn in die Hölle, aber die entehrende Behandlung des Vikars Christi verwirft er.

390   Philipp verfolgte seit 1307 die Templer grausam, erreichte vom Papst die Aufhebung dieses Ritterordens und beschlagnahmte dessen Besitz.

391   Dante hat keine Probleme mit Gottes Zorn und mit der Freude über seine Rache. Laetabitur iustus cum viderit vindictam, Ps. 57, 11.

392   Also: Tagsüber Lob der Demut und der Nichthabgier, nachts Lieder über bestrafte Habgier. Es folgen dafür sieben Beispiele, teils biblische, teils aus der Antike. Im Einzelnen: L 173. Zur Textform: C 601.

393   Pygmalion ermordete nach der Aen. 1, 340–359, seinen Onkel aus Habgier; Midas erbat sich nach Ovid, Met. 11, 85–179, von Bacchus, daß alles zu Gold würde, was er anfaßte, aber als auch seine Speisen und Getränke zu Gold wurden, mußte er Bacchus um Rücknahme des Gewährten bitten.

394   Neptun hatte die Insel Delos unter gewaltigen Erschütterungen aus dem Wasser entstehen lassen, damit Latona dort Apollo und Diana, die Sonne und den Mond, die beiden Himmelslichter, gebären konnte.

395   Zu Lesarten in Vers 35: Petrocchi und Sanguineti 304 lesen tutto statt tutti, der Berg als Subjekt, nicht alle, wie L 175 mit älterer Textfassung liest. Dazu C 620 zu 35.

396   Klare Abstufung des Berges: Auf den ersten drei Stufen, dem sog. Antepurgatorio, gibt es noch äußere Einflüsse, weiter oben gelten die Gesetze der supralunarischen Welt: Keine Veränderung. Kein Einfluß von außen.

397   Tochter des Thaumas: Iris, der Regenbogen.

398   Die Seele bekommt kein Zeichen von außen, daß sie aufsteigen kann. Ihr Wille erfährt sich als frei, das genügt. Der Wille wollte immer aufsteigen, konnte es nur nicht; das instinkthafte Verlangen hinderte ihn; es verlangte, von Gott dazu bestimmt, nach Strafe. Die göttliche Strafverwaltung bewirkt selbstverursachte Strafen.

399   Die Legende setzte den römische Dichter Statius aus Neapel (46 bis 96 nach Chr.) nach Toulouse und erzählte, er sei heimlich Christ gewesen. Er schrieb eine Thebais und eine nach dem ersten Buch abbrechende Achilleis.

400   Amica – blinzelte bei L 176 und Naumann 292: zublinzelt.

401   Im Ring mit den Fressern und Säufern hatte der Engel mit dem einzigen Wort »sitiunt, sie dürsten« an die Seligpreisung erinnert: Selig sind, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit, Matth. 5, 6.

402   Dantes Übersetzung und Auslegung der Stelle bei Vergil ist problematisch, er hat wohl sacer, sacra mißverstanden, das hier ›verflucht‹ bedeutet. Dazu siehe L 178 und C 664. Der Satz bei Vergil Aen. 3, 56–57: Quid non mortalia pectora cogis, auri sacra fames? hat wohl den Sinn: Wozu nicht alles zwingt bei den Sterblichen der heillose Hunger nach Gold?

403   Das heißt: Ich säße im vierten Kreis der Hölle.

404   Statius führt die Änderung seiner Lebensrichtung, weg von der Verschwendung, auf Vergillektüre zurück, bes. Aen. 3, 56–57.

405   Vergil, Verfasser der Bukolischen Lieder, spielt an auf die gegenseitige Ermordung der beiden Söhne der Jokaste.

406   Heiden können nicht gerettet werden, nach Paulus, Hebr. 11, 6 und Dante, Inf. 4, 35. Das ist die schmerzliche Erfahrung Vergils.

407   Vergil, Ekloge 4, 5–7:

Magnus ab integro saeculorum nascitur ordo / Iam redit et Virgo, redeunt Saturnia regna / Iam nova progenies caelo demittitur alto.

Eine große Reihe von Jahrhunderten beginnt ganz von vorn. / Schon kommt die Jungfrau (Astrea) zurück, die Reiche des Saturn kommen wieder. / Ein neues Geschlecht steigt von der Höhe des Himmels herab.

Dazu L 178 und C 650 zu 70.

408   Die Stunden – Mägde des Tages – lenken den Sonnenwagen.

409   Die Stimme nennt Beispiele der Tugend, die das Gegenteil des hier bestraften Lasters, der Völlerei, ist. Als Maria bei der Hochzeit zu Kanaan sagte: ›Sie haben keinen Wein mehr‹, dachte sie nicht an den eigenen Genuß, vgl. Joh. 2, 1–3. Es folgen Tugendbeispiele aus Bibel und Antike. – Die Sünder bekommen zur Strafe für ihre Völlerei weder die Früchte noch Wasser.

410   Ein Bußpsalm, Ps. 50, 17 bzw., je nach Zählung, 51, 17. Die »Lippen« sind betont, um gegenüber Völlern und Säufern die höhere Bestimmung der Lippen zu nennen.

411   Beispiele für Hungergeplagte: Erysichthon nach Ovid, Met. 8, 739–878, eine andere Maria bei der Belagerung von Jerusalem durch Titus, nach Josephus Flavius und Vincenz von Beauvais.

412   Homo, ohne h gelesen und die o in die beiden Bogen des unzial geschriebenen M gesetzt. Bild bei C 677.

413   Florentinischer Dichter, Jugendfreund Dantes, Forese Donati, gestorben 1296, Cousin von Dantes Frau Gemma. Ein Lebemann und Spötter, dessen Lebensart Dante eine Weile teilte. Es gibt gemeinsame Spottgedichte auch auf Foreses Frau Nella, eine Tenzone von sechs Sonetten, L 182; C 679f.

414   Nach Matth. 27, 46 war Chris-tus kaum heiter, lieto, als er Eli rief. Hans Urs von Balthasar vermißte bei Dante die Kreuzestheologie. Dagegen apologetisch Inos Biffi, La poesia e la grazia nella Commedia di Dante, Milano 1999.

415   Dante nimmt an, Forese habe seine Reue immer verschoben, und hat ihn im Antepurgatorio erwartet, wo man so lange warten muß, wie man im Leben die Reue verschoben hat.

416   Die Frauen von Florenz sind schamloser als die Halbwilden im Innern Sardiniens, im Barbarenland, in der Barbagia.

Dante macht die Spottverse auf Nella wieder gut.

417   Unglücksvoraussage für Florenz wie in Dantes Ep. 6, 15–17.

418   Es ist Papst Martin IV., 1281–1285, der als Feinschmecker galt und die Aale aus dem Lago di Bolsena im Vernaccia einlegen und dann braten ließ. Siehe dazu: Einladung, S. 59; 122.

419   Bonifaz, Erzbischof von Ravenna, gestorben 1295, der große Gelage gab.

Vers 30: pasturò col rocco molte genti bezieht sich auf eine Besonderheit des Bischofsstabs des Erzbischofs von Ravenna, der oben mit einem turmartigen Teil endete, auf dem sich das Kreuz befand. C 706 zu 30. rocco bedeutete ›Turm‹, besonders ›Turm im Schachspiel‹; Salvatore Battaglia, Grande Dizionario della lingua italiana, Band 17, Turin 1994, S. 15.

420   Es ist der genannte Bonagiunta, Dichter der Generation vor Dante. – Textprobleme erörtert C 707 zu 36; ich folge Sanguineti 320, von ihr abweichend.

421   Also: Aus seinem Mund. – Gentucca ist der Name einer Frau aus Lucca, die Dante geliebt hat. Dazu C 725.

422   Liebeslied Dantes aus seiner frühen Zeit, von ihm erklärt in seiner Vita nova 19, 2–3. Es gilt als Anfang einer neuen Art von Lyrik, des Dolce Stil Novo, wie ihn Dante in Vers 57 nennt.

423   Dante charakterisiert seine frühe Dichtung. – Forese beschreibt den Unterschied zwischen der älteren Lyrik wie der des Notars Giacomo da Lentini und des Guittone d’Arezzo und dem Jugendstil Dantes andererseits.

424   Forese spricht von seinem Bruder Corso Donati, Führer der Partei der Schwarzen. Aus der Stadt verjagt, kehrte er nach dem Einzug Karls von Valois 1301 nach Florenz zurück und rächte sich grausam. Er mußte schließlich fliehen und wurde auf der Flucht getötet, vielleicht von seinem Pferd eine Weile mitgeschleift.

425   Im canto 22 hatte die Stimme an die Maßhaltung gemahnt, jetzt bringt sie Beispiele bestraften Unmaßes, ein biblisches und ein heidnisches.

Ixion zeugte die Kentauren aus einer Wolke. Sie haben eine Menschenbrust über der Pferdebrust. Bei der Hochzeit des Peithoos betranken sie sich, kämpften gegen Theseus. – Gideon prüfte seine Krieger beim Quell: Er nahm nur mit, die stehend daran leckten, nicht die, die niederknieten, um mit der hohlen Hand zu trinken.

426   Es eilt. Es ist zwei Uhr am Nachmittag. C 735 zu 2. D 428 plädiert für zwölf Uhr.

427   Das Problem, wie eine Geistseele körperlich gestraft werden kann, tauchte schon in 3, 31–33 auf. Vergil versucht es mit zwei rational klingenden Vergleichen zu lösen. Erstens: Die Parzen hatten der Mutter des Meleagros ein Holzscheit gegeben, an das das Leben des Sohns gebunden war. Nachdem dieser im Streit ihre beiden Brüder erschlagen hatte, warf sie das Scheit ins Feuer, und Meleagros starb, Ovid, Met. 8, 260–556. Magische Kausalität durch Analogie. Zweitens: Das Bild eines Vorgangs im Spiegel verändert sich mit dem realen Vorgang. Die Scheinkörper spiegeln wider, was in der Seele geschieht. – Vergil gibt die Frage an Statius weiter. Dieser erklärt die Zeugung, die Entstehung der Geistseele und ihr Fortleben nach dem Tod. Er argumentiert professionell und zeigt 1. die Entstehung des Embryo und der vegetativen und sensitiven Seele (Vers 37–60); 2. den Eintritt der Geistseele in den Embryo als Akt des Schöpfers (Vers 61–78); 3. die Existenzweise der Seele nach dem Tod (Vers 79–87); 4. Entstehung und Eigenart der Schatten (Vers 88–108).

428   Anspielung auf Averroes, von dem Statius sagt, er sei weiser als Dante. Das Argument des Averroes war, daß der Intellekt kein körperliches Organ habe. Dazu Kurt Flasch, Meister Eckhart. Der Ursprung der »Deutschen Mystik« aus dem Geist der arabischen Philosophie, München 2006.

429   Text hier nicht nach Petrocchi, sondern mit C 748 zu 95 und Sanguineti 328, Verse 94–96:

così l’aer vicin quivi si mette
in quella forma che in lui sug(g)ella
virtualmente l’alma che ristette.

430   Lange Begründung für die Körperlichkeit der getrennten Seelen, auf aristotelisch-albertistischer Grundlage.

Hauptargument: Die Seele ist Gestaltungskraft, wo immer sie ist. Die Geistseele zieht die vegetative und sensitive Seele in sich hinein, sie wirft diese nicht ab. Wird sie vom Körper getrennt, gestaltet sie mit ihrer natürlichen Formkraft die sie umgebende Luft nach ihrem Gemütszustand.

Die Quellen: Aristoteles, De gen. an. 2, 3, 736 b; 3, 4, 739 b und 2, 6, 741 b; Albert, De natura et origine animae; De animalibus 16, 1, 13; Thomas von Aquino, Sth 3, 31, 5. Vgl. Dante, Conv. 4, 21, 4 – dazu Bruno Nardi, Studi di filosofia medievale, Rom 1960, S. 9–68. Aristoteles und Albert begründeten Ausgangspunkt und Teilergebnisse der Theorie des Statius, nicht seine Position als Ganze: Für diese Autoren hatten abgetrennte Geister keine Körper. Aber für die Commedia müssen sie solche haben. Dazu Kurt Flasch, Anima. Substantia spiritualis oder: Die Seele als Luftkörper, in: Festschrift für Ruedi Imbach, Turnhout 2010.

Averroes respektvoll kritisiert in Vers 63. Vgl. Inf. 4, 144.

Etienne Gilson, Dante e Béatrice. Études dantesques, Paris 1974, S. 23–65. Vgl. M 568–571; C 755 und D 430.

431   Exempel der Keuschheit, biblische (Maria, die Jungfrau ist und bleiben will, Luk. 1, 34) und heidnische: Diana verjagt aus dem Wald die Nymphe Helike, die Jupiter verführt hatte.

432   Wir sind im letzten Kreis, in dem die Wollüstigen bestraft werden. Sie haben gelernt, sich mit dem Friedenskuß zu begnügen.

In Sodoma und Gomorra begingen nach Gen. 18–19 alle die Sünde der gleichgeschlechtlichen Liebe. Antikes Exempel: Pasiphae, die Frau des Minos, war verliebt in einen Stier und ließ sich eine hölzerne Kuh bauen, in die sie hineinschlüpfte, um sich von ihm bespringen zu lassen. So entstand der Minotauros.

433   Anspielung auf Caesars Homosexualität, nach Sueton, Vita Caesaris 1, 49.

434   Guido Guinizelli, † 1276, großer italienischer Dichter der Zeit vor Guido Cavalcanti. Über ihn C 778 zu 92 und 789–790; L 193; ED 3, 330–333, auch s.v. ›Stil nuovo‹, ED 5, 438.

Lykurg hatte seinen kleinen Sohn einer Amme anvertraut. Diese verließ für einen Augenblick das Kind, um den Griechen den Weg zu einer Quelle zu zeigen. Eine Schlange kam und biß das Kind tot. Lykurg wollte sie hinrichten, ihre beiden Söhne retteten sie im letzten Augenblick aus den Flammen, wie Statius, Theb. 5, 718–722, erzählt. So entstand in Dante zunächst der Impuls, Guinizelli aus den Flammen des Purgatorio zu retten.

435   Guido Guinizelli verweist bescheiden auf den provenzalischen Dichter Arnaut Daniel. – Der Mann aus Limoges ist Giraut de Borneilh, provenzalischer Troubadour.

436   Guittone kam außer Mode, als der neue Stil aufkam durch Dichter wie Guinizelli, Cavalcanti, Dante.

437   Den letzten Satz des Vaterunser kann Dante weglassen, denn die Seelen im Purgatorio können nicht mehr sündigen.

438   Dante zitiert die Verse des Arnaut in provenzalischer Sprache.

439   Feierliche und genaue Zeitangabe aufgrund des Sonnenstands an den vier kreuzweise gelegenen Hauptorten: Jerusalem, dort geht die Sonne gerade auf, und das Fegefeuer auf der Seite der Antipoden, dort wird es Abend. Im äußersten Westen steht die Waage dem Widder gegenüber. Der Ebro, d.h. praktisch: Cadiz. – Die Stunde der Non ist die Mittagszeit. – Genauer: D 464.

Zu Beginn des Purgatorio ging die Sonne auf, jetzt geht sie unter. Die Reise geht zu Ende; die Reinigung ist abgeschlossen. Es erscheint der Engel der Keuschheit.

440   Die Liebesgeschichte nach Ovid, Met. 4, 55–166: Zwei junge Leute in Babylon, Pyramus und Thisbe, lieben sich, aber ihre Familien sind gegen die Verbindung. Sie fliehen aus der Stadt. Aber Thisbe kommt zuerst allein draußen an, muß vor einer Löwin fliehen, verliert ihr Tuch, die Löwin beschmiert es mit Blut. Pyramus kommt, sieht das und bringt sich um. Sein Blut färbt den Maulbeerbaum, der vorher weiß war, rot, L 195f.; C 802 zu 37; D 466 und 618–620.

441   Vers 81 übersetzt nach Sanguineti 339, vgl. C 808 zu 81. Heinz Willi Wittschier, Dantes Divina Commedia, Frankfurt/M. 2004, S. 44, bringt die alte Übersetzung von Vossler zum neuen Text von Sanguineti.

442   Lea war die erste Frau des Patriarchen Jakob, Gen. 29, 16, und galt als Bild des tätigen Lebens.

443   Dantes Beschreibung des irdischen Paradieses gab späteren Dichtern das Muster einer lieblichen Landschaft, eines locus amoenus. Entgegen der alten Bedeutung von ›Paradies‹ als ›Garten‹ beschreibt Dante einen dunklen Wald, in den das Sonnenlicht angenehm moderiert einfällt und in dem die triumphale Prozession von canto 29 um so sichtbarer Licht verbreitet. D 483 zufolge erinnert Dantes »Wald« an Platons Materie, in die der Mensch hineingeraten ist, ohne zu wissen wie – eine ingeniöse, aber überflüssige und sogar unpassende Theorie, denn es geht um den Ort, der dem Menschen ursprünglich zugedacht war.

444   Dante hat das irdische Paradies erreicht. Er ist frei von allem Zwang, tritt in eine Ideallandschaft. Jetzt begegnet er Matelda. Ihren Namen erfahren wir erst später; er soll offenbar keine Rolle spielen. Ihr Blumenpflücken erinnert ihn an Persephone, die Göttin des Getreides, die Tochter der Erdmutter Demeter. Diese wurde – nach Ovid, Met. 5, 341–571 – beim Blumenpflücken vom Totengott Hades geraubt und in die Unterwelt entführt. Sie verlor den Frühling – also alle Blumen, die sie gepflückt hatte. Zu vergleichen mit der Stelle über Lea, Purg. 27, 100–108.

Über Matelda vgl. M 639–640.

445   Nach Ovid, Met. 10, 525–528 wurde die Göttin der Liebe von einem Pfeil ihres Sohnes Cupido getroffen, gegen seinen Willen.

446   Es handelt sich um die Dardanellen. – Dante kennt die Liebesgeschichte von Hero und Leander aus Ovid, Epistulae heroidum 18.

447   Der Psalm 91 preist die Schönheit der Welt als Quelle der Freude, als Schöpfung.

448   Die namenlose schöne Frau ist keine Nymphe; nur ihr Gang ist wie der einer Nymphe, 29, 4. Doch D 484: Matelda is a kind of nymph of the wood or protective spirit of the place. Sie ist das heitere Bild der sündlosen menschlichen Natur. Sie ist körperhaft; sie ist Tanz- und Blumenwesen. Bei ihr ist auch das Wissenwollen zur Vollendung gediehen. Sie weiß alles. Sie ist Vernunft, die Dante zufolge die Natur des Menschen ist. Sie erklärt zuerst das Rauschen des Waldes, dann die Flüsse.

449   Statius hatte Purg. 21, 40–57 erklärt, meteorologische Störungen erreichten das Purgatorium nicht.

450   Der des primum mobile, des äußersten Weltkreises, mit dem alle Bewegung beginnt.

451   Lethe und Eunoë, dazu L 201.

452   Eva hat zuerst gesündigt? Trotz C 855 zu 24 lehrt Paulus, durch Adam sei die Sünde in die Welt gekommen, nicht durch Eva. Vgl. Kurt Flasch, Eva und Adam. Wandlungen eines Mythos, München 2004.

453   Helikon ist die Bergkette, in der die Musen zu Hause sind. – Urania ist die Muse, die sich in himmlischen Dingen auskennt. – In Vers 39 verstehe ich mercé als »Hilfe«, nicht als ›Lohn‹ mit C 857 zu 39.

454   Statt mit Naumann 332 der wahrgenommene Gegenstand oder L 203 das gemeinsame, das den sinn betrügt verstehe ich l’obietto commun als ›Gegenstand des Gemeinsinns‹, sensus communis. Die Terminologie ist aristotelisch, Belege bei Zimara, Tabula = Aristotelis Opera cum Averrois commentariis, Venedig 1562, Suppl. 3, 359 va: Der spezifische Sinn kann sich über sein Objekt nicht täuschen, aber in Bezug auf allgemeine Sinnesinhalte, die Gegenstand mehrerer Sinne sind, sehr wohl.

C 859 zu 49 legt die Kraft, die a ragion discorso ammanna aus als Intellekt und verweist auf Sth 79, 8 und 85, 5. Sie meint, Dante rede von der simplex apprehensio, die dem Urteil vorausgeht. Aber es ist eher die ratio particularis gemeint, die das Urteil vorbereitet.

455   Beim feierlich-langsamen Gang vom Haus des Vaters zu dem des Bräutigams.

456   In Vers 61 lese ich nach Sanguineti 350: aspetto statt affetto, abweichend von C 861 zu 61.

457   Delia ist Diana, identifiziert mit dem Mond mit seinem lichten Ring, dem sog. Halo.

Lichter, Farben, Glanz und festliche Bewegung bestimmen die Szene, ein himmlischer Umzug. Eine Prozession im antiken, kirchlichen Stil.

Die sieben Leuchter aus der Apokalypse 1, 12, ebenso die 24 Greise, Apok. 4,4, die hier auch die 24 Bücher der Hebräischen Bibel bedeuten sollen.

458   Ezechiel 1, 4 gibt ihnen vier Flügel, die Apokalypse des Johannes 4, 6 dagegen sechs.

459   Die berühmten römischen Triumphzüge zu Ehren des Scipio Africanus und des Augustus waren glanzlos, aber auch der Sonnenwagen war ärmlich im Vergleich zum paradiesischen Aufzug.

Phaeton hatte seinen Vater Helios gebeten, den Sonnenwagen fahren zu dürfen, er entgleiste, versengte die Erde, die Erdmutter beklagte sich bei Zeus, Zeus traf ihn mit einem Blitz.

460   Es ist der Triumphzug der christlichen Kirche. Der Wagen wird rechts begleitet von den drei christlichen Tugenden: Glaube, Hoffnung, Liebe, links von den vier antiken Kardinaltugenden: Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit und Maßhaltung. – Die Tugend mit drei Augen: Die Klugheit, die das Vergangene, das Gegenwärtige und das Zukünftige im Blick hat.

461   Der Evangelist Lukas, der Arzt gewesen sein soll.

462   Dante erzählt, er erklärt nichts. Die Ausleger sahen in den vier bescheiden Auftretenden einzelne biblische Texte, nicht schon Personen, hier die Briefe von Petrus, Johannes, Jakob und Judas, im Greis, der zuletzt kommt, das Buch Apokalypse.

463   Die »Braut vom Libanon« ist Beatrice.

464   Die Engel singen Psalm 31 als Antwort auf die Frage, wie Dante es wagen konnte: Sie singen bis zu dem Satz ›und stelltest meine Füße in freien Raum‹.

465   C 903–904 liest compatire, gegen Petrocchi, den Sanguineti 357 bestätigt. Also: compartire im Sinn von: ›teilnehmen an meinem Schmerz‹.

466   Das Schwert der göttlichen Gerechtigkeit verliert gegen Reuige die Schärfe.

467   Denn das hieß: Er soll sich als Erwachsener benehmen.

468   Erst jetzt erfahren wir: Das Tier, das den Wagen mit Beatrice zog, ist Christus, der eine Person sei, mit einer menschlichen und einer göttlichen Natur.

469   Der Psalm der Reinigung, Ps. 50, 9: Asperges me ysoppo et mundabor.

470   Die vier Kardinaltugenden halten die Hand über den Entsündigten. Dante macht sie zu Dienerinnen Beatrices.

471   Von der menschlichen und der göttlichen Natur Christi sieht Beatrice bald die eine, bald die andere.

472   Zur Bedeutung von caribo, »Begleitgesang« vgl. C 925f. zu 132.

473   Der Himmel ist dort von besonderem Glanz, er zeigt das ewige Licht, aber unvollkommener als das entschleierte Gesicht Beatrices.

474   Die theologischen Tugenden, die »Göttinnen« wenden Dantes Blick. Worauf bezieht sich der Tadel: Schaut Dante seine Beatrice mit zu sinnlichen Augen an? Ist seine Aufmerksamkeit maßlos? Übersicht über die Meinungen bei M 738–739; C 936 zu Vers 9.

475   Nur auf Beatrice zu blicken, ist zu eng. Das geschichtliche Schicksal kommt mit dem Aufzug wieder vor Augen. Die Prozession wendet sich in die Richtung, aus der sie kam, gegen Osten.

476   Die Sonne (das große Licht) mit dem aus dem Widder, d.h. wenn es Frühling wird.

477   Purpur. – Der Baum der Erkenntnis lebt auf, nachdem der Greif (Christus) seinen Wagen an ihn gebunden hat.

478   Ovid, Met. 1, 568–747, erzählt von Argos, der nie mit allen seiner hundert Augen zugleich schlief. Auf Wunsch des Zeus brachte Merkur (Hermes) ihn zum Einschlafen, indem er ihm die Liebesgeschichte von Pan und Syrinx erzählte. Das mußte er teuer bezahlen; er wurde umgebracht.

479   Bezieht sich auf die Szene der Verklärung Jesu, nach Matth. 17, 1–8. – Es geht um das Erwachen aus Visionen. Dante erwacht von dem Glanz, mit dem der Greif – Christus – in den Himmel zurückgekehrt ist. – Die Frau ist wieder Matelda.

480   Es geht um das geschichtliche Schicksal der Kirche. Es ist bestimmt von Katastrophen: Erstens die Verfolgung der Kirche durch das heidnische Rom, repräsentiert durch den Adler. Zweitens die Ketzereien der ersten Jahrhunderte, drittens die Konstantinische Schenkung, viertens der Islam, zuletzt die Abhängigkeit vom König von Frankreich.

481   Dante deutet nicht. Man nimmt an: Der große Drache aus der Apok. 12, 3–9, der Satan.

482   Dante erklärt nichts. Alte und neue Kommentatoren sagen, der Riese sei der französische König, der die verdorbene Kirche in seiner Gewalt hat, wohl Philipp der Schöne.

483   Rückblickend auf canto 32 und die dort geschilderte Fast-Zerstörung der Kirche – vergleichbar der Zerstörung des Tempels von Jerusalem, von der Psalm 78 spricht, den die personifizierten Tugenden singen –, trauern alle wie Maria unter dem Kreuz.

484   Worte Jesu vor dem Tod mit der Zusage der Auferstehung, Joh. 16, 16: Der Verfall der Kirche ist ein zweites Leiden Christi, aber es besteht Hoffnung der Auferstehung.

485   Vers 36 spielt wohl an auf einen florentinischen Brauch, daß ein Mörder, der über der Leiche eine Suppe essen konnte, von der Rache der Verwandten verschont blieb, C 982. Gottes rächende Gerechtigkeit, heißt das, kennt keine Ausnahmen und keine Hindernisse.

486   Bewußt dunkel gehaltene Stelle der Vorhersage der Wiederherstellung der Lebensordnung durch einen Kaisererben, wohl Heinrich VII. Rückverweisend auf die Prophezeiung in Inf. 1, 105. – Die Zahlen Fünfhundert (D), Fünf (V) und Zehn (X) ergeben, lateinisch geschrieben, das Wort DVX, zur Wonne mancher Dantedeuter zur Zeit des Duce. – Geheimnisvolle Andeutung mit Zahlen bringt auch die Apokalypse des Joh. 13, 18; die Zahl 666 als Chiffre für Nero?

487   Die Reden der Themis und der Sphinx waren sprichwörtlich dunkel. Nach dem Tod der Sphinx kamen Tiere und Ernten zu Schaden. – Ödipus war der Sohn des Laios und hieß der Laiade, Dante las in seinem Ovidmanuskript fälschlich: Najade.

488   Zuerst durch Adam, dann durch die Profanierer der Kirche? Oder: Zuerst durch den Adler, also das Imperium, das die Kirche reich und mächtig gemacht hat, sodann durch den Giganten, den König von Frankreich, der sie unterdrückt?

489   Die Schuld der Zerstörer ist so schwer wie die Adams.

490   Nebenfluß des Arno, dessen Wasser so kalkhaltig sein soll, daß es jeden Gegenstand, den man hineinlegt, mit einer harten weißen Kruste überzieht.

491   Pyramus verdunkelt mit seinem Blut die helle Maulbeere, nach Ovid, Met. 4, 55–166, wie in Purg. 27, 39. Beide Bilder deuten darauf hin: Dante ist noch nicht geeignet für die höhere Erkenntnis.

492   Die Theorie vom mehrfachen Schriftsinn unterscheidet nach Conv. 2, 1, 2–12 folgende Bedeutungen: wörtlich, dann dreifach geistig: allegorisch, moralisch, anagogisch.

493   Damit man glaubt, daß sie dort waren.

494   Welcher falschen »Schule« (Vers 85) ist Dante gefolgt? Philosophiefremde Interpreten finden, Beatrice distanziere sich von aller menschlichen Philosophie. Dies ist mit dem Gesamtbild der Commedia und der Spätdatierung der Monarchia unvereinbar. Es widerspricht der Tatsache, daß zwei Zeilen weiter vom primum mobile die Rede ist, einem wichtigen Lehrstück der Philosophie. Eher schon tadelt Beatrice ihren Verehrer, daß er eine Weile mit Epikureern und Averroisten sympathisiert hat. Aber das ist schwer entscheidbar. Vgl. M 774–775; D 579.

495   Zur Kommentierung des Paradiso vgl.: Natalino Sapegno, Dante Alighieri, La Divina Commedia, Paradiso, Florenz 131981, abgekürzt: S; Anna Maria Chiavacci Leonardi, Dante Alighieri, La Divina Commedia, Paradiso, Mailand 1997, abgekürzt: C; Robert Hollander, Dante, Paradiso. A Verse Translation, New York 2007, abgekürzt: H.; Robert M. Durling – Roland L. Martinez, The Divine Comedy of Dante Alighieri, Vol. 3: Paradiso, Oxford 2011. – Die Erklärungen im Brief an Cangrande bei Dante, Schreiben an Cangrande della Scala ßß 49–88, übersetzt und kommentiert von Thomas Ricklin, Dante. Philosophische Werke, hg. unter der Leitung von Ruedi Imbach, Band 1, Hamburg 1993, S. 18–32.

496   Dante stellt diesen philosophisch-theologischen Grundsatz an den Anfang. Er lädt damit seine Leser ein, nicht nur in Rechtskategorien zu denken, also nicht primär auf Verfehlungen und Belohnungen zu achten, sondern in der Dichtung die Herrlichkeit Gottes auf Erden zu suchen. Sie findet sich abgestuft, in Beatrice mehr, in Ugolino weniger, an dem zwar der Verrat bestraft wird, in dessen Vatersein vor allem die Vaterschaft Gottes aufleuchtet.

497   Dante unterscheidet eine doppelte Unzulänglichkeit seiner Rede vom Paradies: Die menschlichen Begriffe sind nicht adäquat zur Sache, und die Wörter sind nicht adäquat zum Begriff.

498   Dante spricht vom Intellekt, nicht von ›Geist‹. Denn Geist ist bei ihm die Gesamtheit von Intellekt, Erinnerung und Wille; er will aber sagen, daß das Gedächtnis der Einsicht oft nicht nachkommt. So erklärt er, warum er den Inhalt seiner Einsichten im Himmel nicht oder nur andeutungsweise mitteilt.

499   Die Terzine lautet bei Sanguineti 879, der ich für das Paradiso in der Regel, aber mit Blick auf Textvorschläge von Anna Maria Chiavacci Leonardi folge: O bono Apollo, a l’ultimo lavoro fammi del tuo valor sì fatto vaso, come dimandi a dar l’amato al(l)oro.

Stefan George 114 übertrug: Apollo gütiger! Zur letzten Mühe / Gib daß ich soviel deiner Kräfte fasse / Dass der geliebte Lorbeer dann mir blühe!

Übersetzungsbeispiele für dar in Vers 15: George umging es, L 223 übersetzt spenden, Naumann 361 verleihen. Ich wähle das einfache Wort »geben«.

500   Man sagte vom Parnaß, er habe zwei Gipfel, einen für die Musen, einen anderen für Apollo. Für das Paradiso braucht Dante auch Apollo, den heidnischen Gott.

Hierzu und zu den drei folgenden Anmerkungen vgl. S 6 und C 19.

501   Dante bittet den heidnischen Gott Apollo um Hilfe. Er macht keine Andeutung, daß er, wie manche Dantisten lehren, unter ›Apollo‹ Christus verstehe, so H 17 gegen sogar C 16. Der heidnische Gott entledigt sich seines Gesangskonkurrenten, indem er ihm die Haut abzieht. Nach Ovid, Met. 6, 382–400, forderte Marsyas Apollo zum musikalischen Wettkampf heraus, verlor, und zur Strafe zog Apollo ihm die Haut ab. Dante vergleicht seinen Körper mit der Scheide, aus der man das Schwert zieht. Dies erschwert es zusätzlich, in Apollo a familiar Christian analogue for Christ (H 17 zu Vers 13) zu sehen. Auch die Bitte um den Lorbeer paßt nicht recht dazu. Vgl. H 45 zu Par. 2, 7–9, der zäh an einer ›figürlichen‹ Deutung Apollos festhält.

502   Menschen sollten sich bessere Ziele setzen, höheren Ehrgeiz entwickeln und große Taten oder Gedichte mit Lorbeer krönen.

503   Peneisches Laub ist Lorbeer. Daphne, die von Apollo geliebte, war die Tochter des Peneios.

504   »Cirra« – ein anderes Wort für Apollo am Parnaß oder für das Delphische Orakel, ED 2, 225 b.

505   Vier Kreise: Meridian, Äquator, Ekliptik schneiden den vierten Kreis, den Horizont. Die Schnittpunkte ergeben drei Kreuze. Skizze bei C 40. – Dante beginnt die Himmelsreise zu einem günstigen Zeitpunkt.

506   Dante spricht nicht von Protuberanzen des Sonnenkörpers, sondern von der Intensivierung des Lichts. Auch von der Feuerzone unter dem Mondkreis?

507   Glaukos hatte Fische gefangen und am Strand abgelegt. Er beobachtete, daß diese Fische, wenn sie ein bestimmtes Kraut fraßen, wieder lebendig wurden und ins Wasser sprangen. Er aß selbst von diesem Kraut und wurde zum Meergott. Nach Ovid, Met. 13, 898–968.

508   Was Gott zuletzt erschaffen hat, ist die Seele. – Vor Dante war nur Paulus im Paradies, 2 Kor. 12, und Paulus wußte nicht, ob er mit dem Körper oder ohne ihn im Paradies war. Dante spielt auf diesen Bericht an: Er weiß nicht genau, was von ihm im Paradies war.

509   Gott will die Verschiedenheit der Weltsphären und ihre Einheit. Deren Bewegung kommt dadurch zustande, daß sie sich nach dem Ersten Beweger sehnen, nach Aristoteles, Metaphysik 12, 7. – Die Sphärenharmonie des Pythagoras und Platons kannte Dante aus dem Timaios, aus Ciceros Somnium Scipionis und Boethius. Zu mittelalterlichen Diskussionen vgl. Bruno Nardi, Saggi di filosofia dantesca, Florenz 21967, S. 81–88.

510   Der Aufflug vom irdischen Paradies zum Himmel wird in der Commedia nicht beschrieben. Wir erfahren nur das Ergebnis: Der Wanderer Dante sieht neues Licht, hört neue Musik. Dann fragt er, wie der Aufflug möglich war.

511   Die Vorsehung gibt dem sog. Feuerhimmel, dem Empyreum, Ruhe, damit sich in ihm die äußerste Himmelsschale, von der die anderen Sphären ihren Schwung bekommen, in höchster Geschwindigkeit dreht.

512   Die Argonauten fuhren nach Kolchis, das Goldene Vlies zu holen. Aber König Jason mußte dort feuerschnaubende Stiere zähmen und das Land pflügen.

513   Dante hat die Reihenfolge des Abschießens umgestellt, wohl um die Schnelligkeit zu betonen.

514   In Vers 27 lese ich mit Sanguineti 386 das schwierigere: opra, nicht mit C 56: cura.

515   Der erste Stern ist die erste Sternenschale, die Dante erreicht. Sie trägt den Mond.

516   Das erste Wahre, auf das der Mensch sich verläßt, ist der Satz vom Widerspruch.

517   Danach entstehen Mondflecken durch ungleiche Dichte der Teile des Mondes. Viele Erklärer beziehen das auf Averroes, vor allem auf dessen De substantia orbis, dessen Lehre Dante in einem früheren Stadium geteilt habe, bes. Conv. 2, 12, 9. Cesare Vasoli zur Stelle und Pézard verweisen auf den Roman de la Rose. Belege und Diskussion: H 49–50 zu den Versen 59–60, ferner 51 zu den Versen 73–82.

518   Beatrice spricht von der achten, der Fixsternsphäre. Sie erklärt die verschiedene Helle auf der Oberfläche des Mondes durch Vergleich mit der verschiedenen Helligkeit der Fixsterne.

519   Was dem Schnee zugrunde lag, das könnte der Boden sein, auf dem er lag. Wie dieser bei Erwärmung die Eigenschaften des Schnees verliert, so wird der Intellekt frei von falschen Vorstellungen und gewinnt Einsicht. In diesem Sinn versteht L 227 in Vers 107 unter dem Träger, suggetto, des Schnees den Boden. Das würde für den Vergleich des Bodens mit dem Intellekt genügen. Aber Dante spricht nicht von dem, was unter dem Schnee liegt, sondern was sein suggetto ist, was ihm zugrunde liegt. Hat er das Wasser gemeint, das dem Schnee als Ausgangsprodukt dient und ohne die Eigenschaften des Schnees zurückbleibt? Wahrscheinlicher dürfte sein: Nach der aristotelisierenden Naturphilosophie des 13. Jahrhunderts hat der Schnee einen substantiellen Stoff als Träger. Wird Schnee erwärmt, bleibt dieser unsichtbare Träger ohne die Eigenschaften des Schnees und trägt die Umwandlung zu Wasser. Er ist weder weiß noch kalt. Dies erst gibt einen Begriff von der Befreiung des eigenschaftslosen Intellekts von falschen Vorstellungen. Er wird frei für die Einsicht, die Beatrice ihm übermittelt. Er begreift dann die Entstehung der Mondflecken. Zur Diskussion vgl. C 67.

Beatrice verläßt nun das engere Thema der Mondflecken und beschreibt den Weg des Weltganzen vom Einen zum Vielen. Sie skizziert ihre Kosmologie und Naturphilosophie, von Vers 112 bis zum Ende des canto, Vers 148. Diese Passage ist ein Haupttext zur Philosophie Dantes, die auf der Metaphysik der Form und der aristotelisch-arabischen Lehre von den Intelligenzen als Prinzipien der Sterne und der Natur beruht. Die Intelligenz ist nicht nur Bewegungsgrund, sondern Formursache, formal principio (147) – wie die Seele im Leib. Zu diesem letzten Motiv der Astrophilosophie im Umkreis Alberts vgl. Kurt Flasch, Dietrich von Freiberg, S. 167–208.

520   Im Innern des Empyreum kreist die neunte Weltschale, das primum mobile, das allen Weltreichtum enthält. Es begründet und bewegt den Fixsternhimmel mit den vielen, abgestuft hellen Körpern. Die nachfolgenden Sphären führen die Differenzierung weiter durch.

521   Ich folge bei lor fine e lor semenze von Vers 120 nicht S 28, der lor fini liest, sondern Sanguineti 389.

522   ›Intelligenz‹ ist hier ein aus der arabischen Philosophie stammender Fachausdruck für den Sternengeist, der die Sternenschale bewegt.

523   Ich folge bei Vers 15 nicht C 83, sondern Sanguineti 391: vien men forte.

524   Während Narziß (nach Ovid, Met. 2, 417) das Spiegelbild für ein lebendiges Wesen hielt, glaubt Dante, er sehe Spiegelbilder, wo es sich um reale Wesen, also Schatten, die vere sustanze seien, handelt.

525   Dante ist verwandt mit Piccarda Donati durch seine Heirat mit Gemma Donati. Ihr Bruder, Corso Donati, entführte sie aus dem Kloster, um sie politisch zu verheiraten. Piccarda gesteht eine Teilschuld zu, daß sie sich das gefallen ließ. In der Mondsphäre macht sich noch Schwanken bemerkbar. – Dante zeigt Interesse an ihr; er hat schon ihren Bruder Forese nach ihr gefragt, Purg. 24, 10.

526   Der schöne Vers 85 mit den drei gedehnten a lautet: In la sua voluntate è nostra pace; Sanguineti 394.

527   Wir erfahren hier nur die Anfangsgründe über das Leben der Seligen. Im nächsten canto wird klar, daß sie nicht eingeschlossen sind in ihre Himmelssphäre und daß sie im Empyreum zu Hause sind.

528   Ein Blick auf alternative Übersetzungen von Vers 95–96: Was das Tuch sei, an dem sie das Schiffchen nicht bis zu Ende abgespult hatte; Naumann 374. Bild vom Weben: Daher tela, ordito, trama, spuola.

Wie der Zettel war, durch den sie das Schiffchen nicht bis zu Ende warf; L 230.

529   Sie trat in die Ordensgemeinschaft der Heiligen Chiara ein, wurde von ihrem Bruder mit Gewalt aus dem Kloster entführt und zur Heirat gezwungen, starb aber bald.

530   Der Schatten, also das Bild, der Ausdruck. Ihre Intention blieb.

531   Konstanze war die Frau Kaiser Heinrichs VI. (der zweite vento, Sturm), die Mutter des Kaisers Friedrich II. (dritter Sturm) mit der letzten Fülle der Macht. Friedrich II. befindet sich als Häretiker im Inferno, canto 10, aber in De vulgari eloquentia 1, 12, 4, Dante, Philosophische Werke, ed. Ruedi Imbach, Hamburg 2007, Band 3, S. 40–42, lobt Dante ihn und König Manfred enthusiastisch wegen seiner Verdienste um die Dichtung. Dazu der Kommentar Imbach S. 124–125 mit Literaturangaben.

532   Keiner der Traumdeuter konnte den Traum des Königs erraten. Er wurde zornig, wollte sie alle hinrichten lassen, aber Daniel erriet und deutete den Traum, Dan. 2, 1–46.

533   Beatrice erörtert zuerst die Frage, die den theoretischen Grundlagen der Commedia eher gefährlich werden könnte und die in diesem Sinn mehr »Galle«, mehr Schädliches, enthält. Kehren die Seelen in ihre Sternenheimat zurück, wo sie sich vor der Geburt aufhielten? Zugrunde liegt der platonische Timaios 41 e, der im westlichen Mittelalter lateinisch verbreitet war und von dem Augustin, De civitate Dei 13, 19, und Albert, De natura et origine animae 2, 7, berichten. Vgl. Purg. 25, 61–75; Conv. 2, 13, 5 und 4, 21, 2. Über Diskussionen zur direkten Kenntnis des Timaios siehe Marta Cristiani, ED 5, 604–605, und ED 4, 546–550, ferner H 95 zu Vers 24.

534   C 112 liest: … per far segno de la spirtüal; Petrocchi: celestial. Ich folge Sanguineti 397: de la celestial ch’à men salita.

Die seligen Geister sind nicht verteilt auf verschiedene Räume; so erscheinen sie nur den Menschen, um ihnen Mut zum Aufstieg zu machen.

535   Der Seher Amphiaraos wußte, daß er beim Zug der Sieben nach Theben umkommen werde. Seine Frau ließ sich durch ein Halsband bestechen, sein Versteck zu verraten; er trug sterbend seinem Sohn Alkmaios auf, den Verrat an der Mutter zu rächen, nach Ovid, Met. 9, 407–408.

536   Manche Dantisten betonen zu sehr die Grenzen, die Dante dem menschlichen Denken zuweise. Aber grundlegend ist sein Vernunftvertrauen: Unsere Sehnsucht nach Wahrheit kann nicht umsonst sein.

537   Dantes programmatische Erklärung von der Würde des freien Willens. Sie ist unvereinbar mit den Besonderheiten der Gnadenlehre des späten Augustinus.

538   Ohne kirchlichen Dispens.

539   Jephta war Richter in Israel (Richter 12, 30). Vor der Schlacht gegen die Ammoniter gelobte er Gott, wenn Israel siegen werde, wolle er Gott das erste, was ihm begegnete, zum Opfer darbringen. Als erste begegnete ihm seine Tochter. Er opferte sie. – Schwierig in Vers 66: mancia. Entweder im Sinn von ›Geschenk‹, ›Gabe‹ oder von ›Zusammentreffen, Begegnen‹. Ich wähle mit Pézard die zweite mögliche Bedeutung, C 144 und H 125.

540   Dante warnt, sich Gelübde aus Geldgier des Klerus aufschwätzen zu lassen.

541   In die zweite Sternschale, in die des Merkur.

542   Der Merkur, in dessen Sphäre wir sind, wird den Sterblichen meist durch das Sonnenlicht verhüllt.

543   Dante greift die Nachricht einiger mittelalterlicher Geschichtsschreiber auf, Kaiser Justinian habe einige Zeit lang die Lehre der sog. Monophysiten geteilt, nach der es in Christus nur eine Natur, nämlich die göttliche, gab.

544   Dante stellt sich außerhalb der beiden Parteien: Die sog. Kaisertreuen, die Ghibellinen, eignen sich das Imperium an, die Kaisergegner, die Guelfen, stellen sich gegen es. Hier und bis Vers111 redet Justinian vom Reichsadler.

545   Pallas, Sohn des Königs Evandros, war verbündet mit Aeneas gegen die Latiner, starb im Kampf gegen sie und ermöglichte Aeneas, das Reich in Latium zu errichten. Sein Geschlecht herrschte dreihundert Jahre lang in Alba Longa und gründete von dort aus Rom.

546   Die Herrschaft Roms über Alba wurde entschieden durch den Kampf der drei Horatier gegen die drei Curiatier.

547   Dante nennt die Karthager anachronistisch »Araber«. – Merkwürdig die direkte Anrede an den Fluß Po. Dante substantiiert und mythologisiert geographische Begriffe.

548   Also in der Umgebung Trojas.

549   Unter dem dritten Kaiser, Tiberius, wurde Christus von einem ordentlichen Richter hingerichtet. So wurde Gottes Zorn gerächt, besänftigt. Nach Dante in der Monarchia 2, 11, 5 mußte es ein ordentliches Gericht im Dienst der römischen Weltmacht sein, das Jesus zum Tode verurteilte, weil nur so der Bezug dieses Todes auf das ganze Menschengeschlecht zum Ausdruck kam.

550   Titus eroberte 70 nach Christus Jerusalem. Die Zerstörung der Stadt erklärten Kirchenschriftsteller als Rache für die Hinrichtung Jesu, eine Theorie, die schwer vereinbar ist mit dem zuvor geäußerten Lob des Kaisers Tiberius, unter dem Jesus zum Tod verurteilt worden ist.

551   Gegen die Politik König Karls II. von Neapel (1285–1309), der sich gegen das Reich auf Frankreich stützt, dessen Wappen die Lilien sind.

552   Der Merkur beherbergt die aktiven Menschen, die um der Ehre und des Ruhmes willen handelten. Nach Augustins Ethik müßten sie in die Hölle, nicht so bei Dante.

553   Romeo von Villanova, 1170 bis 1250, Minister des Grafen von der Provence, verlor der Legende nach durch Mißgunst sein Amt und endete in großer Armut.

554   Die Provence fiel durch Heirat der Beatrice, der Tochter des letzten Grafen, an die Anjous. Das Verhalten der Provenzalen war Neid: Sie hielten, was er Gutes tat, für ihren Schaden.

555   Justinian hatte im vorangehenden canto gesagt, mit Titus habe der römische Adler den Tod Jesu an den Juden gerächt. Aber Gott hatte diesen Tod gewollt; er hat sich an ihm ›gefreut‹ (Vers 47). Wie kann er dann gerechterweise Rache verdienen? Beatrice unterscheidet die menschliche Natur von der göttlichen Person Christi. Die menschliche Natur war durch Adams Sünde schuldig und verdiente Strafe. – Adam ist der Mann, der nie geboren, sondern direkt erschaffen worden ist.

556   Gott teilt sich neidlos mit, sagt der platonische Timaios 29 e, fortgeführt bei Boethius, Consolatio 3, 9.

557   Nach Ps. 24, 10 sind die Wege Gottes Barmherzigkeit und Wahrheit (Gerechtigkeit). Gott konnte handeln entweder nur nach Barmherzigkeit oder indem er Gerechtigkeit und Gnade verband.

558   Ich folge in Vers 107 nicht Petrocchi und C 202, die da l’operante lasen, sondern Sanguineti 415, der de l’operante liest.

559   Licht und Sternenbewegung ziehen aus einer hochentwickelten Stoffverbindung – complession potenziata – die Tier- und Pflanzenseelen heraus. Nur die Menschenseele ist ohne Zwischenwesen erschaffen und hat Dauer.

560   Diesen Satz übersetzt L 247: Alle sind wir erbötig, dir gefällig zu sein, damit du dich unserer erfreust.

561   Dionysius Areopagita hatte in De coelesti hierarchia folgende Ordnung der hohen Geister aufgestellt, die Dante mit den Sternensphären verknüpft: Engel im Mond, Erzengel im Merkur, Herrscher, principatus, in der Venus, weiter hinauf: potestates, Mächte; virtutes, Kräfte; dominationes, Herrschaften; Throne, Cherubim und zuletzt Seraphim.

Der Sprecher der Venussphäre zitiert den Anfang des Einleitungsgedichts Dantes zum zweiten Buch des Convivio: Voi ch’ntendendo il terzo ciel movete.

Die Himmelsfürsten, welche die Planeten beseelen und leiten, sind die reinen Geistwesen der arabischen Philosophie, die sog. Intelligenzen.

562   Dante erkennt nicht gleich Karl Martell, den ersten Sohn von König Karl von Anjou und Maria von Ungarn. Er lebte nur kurz, 1271 bis 1295. Dante konnte ihn kennenlernen, als Karl 1294 Florenz besuchte. Karl beschreibt, welche Gebiete er durch Erbschaft zu regieren gehabt hätte: Ungarn als Erbe von der Seite seiner Mutter, die Provence und Neapel von Seiten des Vaters. Karl Martell hatte Clementia geheiratet, die Tochter Rudolfs von Habsburg. Das hätte die Versöhnung des Kaiserhauses mit den Anjous bedeutet. Karl Martell kritisiert die schlechte Regierung von Karl I. von Anjou. Sie reizte die Palermitaner zum Aufstand: Die ›sizilianische Vesper‹, Ostermontag 1282, verjagte die Anjous, Sizilien fiel an das Haus Aragon.

Eigentümlich der Stil der Übersetzung der Zeilen 46–47 bei Naumann 397: In Größe und Beschaffenheit, wie sah ich es / da stärker werden dank der neuen Freude, / die, als ich sprach, ihm zuwuchs zu seiner eigenen Freude.

563   Dante korrigiert die mythologische Erklärung des Vulkanismus an der Ostküste von Sizilien: Nicht durch das Schnauben des Giganten Typhon entsteht der verdunkelnde Rauch, wie nach Vergil, Aen. 3, 570–582, und Ovid, Met. 5, 352–356, sondern durch das Sichentzünden aufsteigender Schwefeldämpfe.

564   Der Bruder Karl Martells, Robert, hatte seit dem Tod seines Vaters Karl II. im Jahr 1309 die Regierung über Neapel übernommen. Er stellte viele Katalanen für seine Finanzverwaltung ein, die unbeliebt waren. Er widersetzte sich den Versuchen Heinrichs VII., die Kaiserherrschaft in Italien durchzusetzen. Daher kritisiert Dante ihn scharf.

565   Verweis auf die Politik des Aristoteles, Politik 1, 2; vgl. Nikomachische Ethik 1, 5 und 9, 9. Der erste Unterricht in politischer Philosophie, den Karl Martell Dante erteilt, bringt zwei Grundsätze: Erstens der Mensch ist von Natur aus ein politisches Wesens. Zweitens das politische Leben muß mißlingen, wenn bei Herrschern die individuelle Naturbegabung mißachtet wird. – Wir sind im Venushimmel, aber die Gespräche drehen sich nicht mehr um Erotik, sondern nur noch um Politik.

566   Ohne die differierende Wirkung der verschiedenen Sternschalen und ihrer leitenden Geister würde die Natur nur immer artgleiche Wesen erzeugen; Löwen zeugen Löwen; die Vorsehung will aber innerhalb der Arten Vielfalt und setzt sich damit durch.

567   Böse Anspielung Karl Martells auf seinen Bruder, König Robert, der tatsächlich Sermones hielt.

568   Die Anrede an Clemenza gilt der Frau von Karl Martell oder auch seiner Tochter, beide hießen Clemenza. – Der Bruder Karl Martells, Carlo Roberto, wurde 1296 von seinem Großvater, Karl II., von der Thronfolge ausgeschlossen zugunsten von Robert, den die Päpste Bonifaz VIII. und Clemens V. unterstützten.

569   Auffällige Hochschätzung des Ruhmes, den ausgezeichnete Menschen hinterlassen.

570   Bezieht sich also auf die Provinz Treviso in der Region Venetien.

571   Das Volk dort sollte sich Cangrande als dem rechtmäßigen Herrscher fügen.

572   In Treviso also.

573   Der Herr von Treviso, Rizzardo da Camino, wird ermordet werden.

574   Der Bischof von Ferrara lieferte politische Flüchtlinge an den Vertreter von Anjou aus, der sie hinrichten ließ.

575   Das Licht, dem Dante jetzt begegnet und dessen Identität sich erst allmählich enthüllt, ist der provenzalische Troubadour Folco oder Fouquet aus Marseille, der Zisterzienser wurde und später Bischof. Er hat sich bei der Bekämpfung der Albigenser hervorgetan.

576   Die Seraphim haben sechs Flügel, in die sie sich wie in eine Kutte hüllen.

577   Folco sagt in zwölf umständlichen Zeilen, daß er in Marseille geboren ist. Er nennt nicht gleich den Namen seiner Stadt, sondern beschreibt das Mittelmeer, das er »Tal« nennt, an dem seine Heimatstadt liegt. Es ist die zweitgrößte Wasserfläche nach dem Ozean. Er läßt den Leser seine Stadt erraten; sie liege in der Mitte zwischen dem Ebro in Spanien und der Macra, die Ligurien von der Toscana trennt.

Dante überschätzt die Ost-Westerstreckung des Mittelmeers; er hält die Entfernung von Jerusalem bis Cadiz für 90 Grad und nimmt an, der Himmelskreis, der an seinem Anfang der Horizont war, werde an seinem Ende zum Meridian.

578   Folco stammt aus Marseille, das Brutus für Caesar mit großem Blutvergießen erobert hat. Er lebte als Troubadour in den Küstenstädten des Mittelmeers, zog sich nach dem Tod der Geliebten ins Kloster zurück und starb als Bischof von Toulouse. Er ist der einzige Dichter-Künstler, den Dante ins Paradiso aufgenommen hat.

579   Drei berühmte antike Liebespaare: Dido, Tochter des Belos, und Aeneas, nach Vergil, Phyllis und Demophoon sowie Herkules und Iole nach den Heroides des Ovid.

580   Instruktives Textproblem: Frühere Ausgaben lasen Vers 106: l’arte ch’adorna con tanto effetto; Petrocchi, C 260 und Sanguineti 427: ch’adorna cotanto affetto.

581   In Vers 108 ist das torna verschieden gedeutet worden. Dazu C 267–268, wonach tornare die Bedeutung von attorniare – umgeben, umringen, einschließen – hat. Vgl. H 222–223.

582   Die bekehrte Prostituierte Rahab ist die höchste Zier im Himmelskreis der Venus. Nach Jos. 2, 1–21 und 6, 15–21 hat sie die Kundschafter bei sich versteckt und gerettet, die Josua ins Heilige Land geschickt hatte, und hat damit Verdienste um die Eroberung des Heiligen Landes. Zum Textproblem vgl. C 262 zu Vers 117, jetzt entschieden durch Sanguineti 428, dem ich folge.

583   In den Versen 121–123 Spiel mit dem Doppelsinn von palma 1) als Siegeszeichen 2) als Hand. Die zwei Hände, wohl die beiden durchbohrten Hände Jesu am Kreuz.

584   Florenz ist Teufelsgründung, der Gulden mit der Lilie ist Teufelszeug, denn Florenz stützt die Wolfspolitik des Papsttums.

585   Dante prophezeit die bevorstehende Umwandlung der Kirche; er redet unbestimmt wie über den veltro und den dux.

586   Der Sonnenhimmel, die höhere Stufe nach den drei ersten Himmelskreisen von Mond, Merkur und Venus, lädt ein, den Blick auf die Sternenwelt und ihre Ordnung zu richten, vor allem auf den Punkt, an dem der Tageslauf des Himmelsäquators von Ost nach West und die jährliche Planetenbahn der Ekliptik, des Zodiacus von West nach Ost, aufeinandertreffen. Dies geschieht zweimal im Jahr, bei der Tages- und Nachtgleiche im Frühjahr und im Herbst. Wäre die Ekliptik in einem anderen Winkel geneigt, würden viele irdische Möglichkeiten nicht verwirklicht. Die Welt wäre weniger weise eingerichtet.

587   Die arme Witwe opferte die beiden einzigen Münzen, die sie besaß, Luk. 21, 1–4. Petrus Lombardus vergleicht im Prolog zu den Sentenzen sein Schreiben mit dem Tun der armen Witwe.

588   Das Seelenheil des Königs Salomo mit seinen tausend Weibern schien unklar. Seine sexuellen Abenteuer bis ins Alter, 1. Buch der Könige 11, 1–9, gaben Anlaß zu Zweifeln.

589   Salomo war der Weiseste. Das sagt die Wahrheit selbst: Gott bestätigt es Salomo nach dem 1. Buch der Könige 3, 2 bis 5, 14.

590   Dionysius Areopagita, De caelesti hierarchia, stellte die Hierarchien der Engel auf.

591   Paulus Orosius schrieb um 400 auf Anregung Augustins hin eine Weltgeschichte, Historiarum libri VII adversus paganos, in der er die christiana tempora lobte, sie seien besser als die heidnische Zeit.

592   Boethius, der Verfasser einer philosophischen Lehre vom wahren Guten, Consolatio Philosophiae, hoher Staatsbeamter, wurde von Theoderich hingerichtet, als Märtyrer angesehen und in S. Pietro in Ciel d’Oro in Pavia beigesetzt.

593   Siger von Brabant bestand wie Albert von Köln auf der methodischen Selbständigkeit der Philosophie und auf konsequenter Durchführung des Aristotelismus. Thomas von Aquino hat ihn dafür scharf kritisiert. Dante läßt Thomas ihn loben. Vom Himmel aus gesehen, konvergieren die auf der Erde unversöhnten Ansichten. Zur Deutungsgeschichte der »vielbeneideten Wahrheiten« vgl. Cesare Vasoli, ED 5, 238a–242b und H 250–251. Zu Siger: Ruedi Imbach – François-Xavier Putallaz, Profession philosophe: Siger de Brabant, Paris 1997.

594   Beide Städte liegen auf der sonnenarmen, unfruchtbaren Seite.

595   Nach der Geographie Dantes ist das im Frühjahr der Fall. Francesco als Frühjahrssonne der Welt, die alles neu belebt.

596   Ascesi, alte toskanische Form für Assisi, auch: Anstieg, Aufstieg.

597   Oriente, Land des Sonnenaufgangs, Morgenland.

598   Caesar, nach Lukan, Phars. 5, 513–531: Amyklas war so arm, daß er nicht erschrak, als Caesar um Mitternacht bei ihm eindrang. Er hatte nichts zu verlieren. Diskussion der Verse 67–69 bei H 269.

599   Bernhard von Quintvalle war einer der ersten, die sich Francesco anschlossen.

600   Erste Weggefährten des Francesco.

Commedia und Einladungsband: I.Commedia. In deutscher Prosa von Kurt Flasch II.Einladung, Dante zu lesen
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