II.

Dantes geschichtliche Welt

1.

Ein wenig Biographie

Dante war ein Autor von ausgeprägtem, ja extremem Ichbewußtsein. Er mußte sich erst zu dem Autorenbewußtsein entwickeln, das er in der Commedia zeigt. Er redet in der Commedia immer wieder von seinen Gefühlen und Gedanken, bezieht aber sein Leben nicht nur auf die Geliebte, sondern auch auf die politische, die ökonomische, die intellektuelle und die kirchliche Situation seiner Zeit.[798]   Daher sind bei ihm die politische, gesellschaftliche und die religiöse, die literarische und die intellektuelle Konstellation nicht zu trennen. Die Kirche war damals schon nicht mehr ganz, aber doch noch weitgehend die Gesellschaft. Wer die Stadt oder wer gar Italien retten wollte, konnte weder am sozialen Zustand noch an der Korruption der Kirche vorbeigehen. Daher gehen Dantes Biographie und die Beschreibung seiner geschichtlichen Welt ineinander über; beides bestimmt seine Dichtung.

Dante ist 1265 in Florenz geboren und 1321 56jährig in Ravenna gestorben. Um die Zeitdimension fühlbar zu machen: Petrarca lebte von 1304 bis 1374, Boccaccio wurde 1313 geboren und starb 1375. 1376 kehrten Papst und Kurie von Avignon nach Rom zurück. Ein Zeitraum zeichnet sich ab.

Ich skizziere zunächst die Biographie Dantes und versuche dann eine elementare Übersicht über die geschichtliche Entwicklung von 1250 bis 1375. Daß das kaum möglich ist, leuchtet ein: Es ist schon schwer zusammenzufassen, was in einem einzigen Jahr geschehen ist, noch viel weniger lassen sich 125 Jahre intensiver Entwicklung zu einem einheitlichen Bild bündeln. Ich gebe hier nur ein paar abgrenzende Stichworte und Hinweise.

Was Dante in der Commedia von sich erzählt, ist im Sinn einer modernen Biographie nicht allzu ergiebig: Dantes Angehörige kommen nicht vor. Beatrice und er waren jeweils mit anderen Personen verheiratet; das bleibt verdeckt. Immerhin haben wir 12 oder 13 Briefe Dantes. Wir kennen recht gut unmittelbare Reaktionen von Zeitgenossen, die zu Unrecht im Schatten des übergroßen Dante stehen: Guido Cavalcanti, Cecco d’Ascoli und Cecco Angiolieri werde ich dem Leser noch vorstellen. Was amtliche Akten angeht, so wurden in Florenz früh Dokumente vernichtet, um die Schande der Verbannung zu verdecken. Allerdings haben wir die Dante-Biographie (Tratatello in laude di Dante, auch Vita di Dante) von Boccaccio und die informativen und schönen Chroniken von Giovanni Villani und von Dino Compagni. Giovanni Villani gibt in seiner Cronica ein Dante-Portrait von außen. Er schreibt: Dante wurde als einer von der Partei der Weißen aus Florenz verjagt. Er ging zum Studium zuerst nach Bologna, dann nach Paris. Er war Laie und doch ein großer Gelehrter, sommo poeta e filosafo; er erreichte eine Sprachkunst wie noch niemand in Florenz (S. 117).[799]   Er wurde nach seinem Tod in Ravenna ehrenvoll begraben als ›Poet und großer Philosoph‹ (S. 116).

Giovanni Villani erwähnt von Dantes Werken die Vita nova, drei lateinische Briefe und zuletzt die Commedia, die voll sei von aller Art Weisheit: moralische, naturphilosophische, astronomisch-astrologische und theologische Einsichten. Dantes Florenzkritik teilte Villani nicht. Er drückte das so aus: Dante habe es genossen, über viele Leute schlecht zu reden, mehr als sich gehört. Das habe er wohl getan, weil er unter dem Exil sehr gelitten habe. Persönlich sei er wegen seines vielen Wissens ziemlich eingebildet und hochfahrend gewesen, presuntuoso e schifo e isdegnoso. Er war auf Philosophenart wenig freundlich im Umgang, a guisa di filosafo mal grazioso. Er konnte sich mit Laien schlecht unterhalten, aber wegen seiner ›Tugenden‹ (virtù) und seines Wissens verdiene er, für immer im Gedächtnis zu bleiben (S. 119).

Giovanni Villani ist etwa 1275 geboren und 1348 an der Pest gestorben; seine Brüder Matteo und Filippo setzten die Chronik fort; er gehörte zur Partei der Schwarzen. Er war als Kaufmann und Bankier weit in der Welt herumgekommen; er gibt die Sicht maßvoller Dante-Gegner wieder, wenige Jahre nach dessen Tod.[800]  

2.

Schriften

Dante wurde 1265 hineingeboren in eine unruhige, von blutigen Kämpfen zerrissene reiche Stadt. Seine Familie war von niederem Adel, nicht sehr reich. Ihm war es wichtig, daß er im Sternzeichen der Zwillinge zur Welt gekommen war. Mit neun Jahren, 1274, beachtet er zum ersten Mal Beatrice, schließt aber 1277 einen Ehevertrag mit Gemma Donati. Einige andere Frauen spielen eine Rolle, eine Violetta, eine Fioretta, Pargoletta und eine Donna Pietra. Er dürfte 1285 geheiratet haben, hatte vier Kinder, studierte wohl 1287 in Bologna, 1289 war er Soldat. Er nahm an der Schlacht von Campaldino gegen Arezzo teil (Inf. 22, 1–5), ebenso an der Belagerung und Eroberung von Caprona (Inf. 21, 94–96).

Am 8. Juni 1290 stirbt Beatrice. Die entscheidende Begegnung mit ihr und ihr Tod sind das Thema der Vita nova von 1293/94. Das Buch endet mit der Ankündigung, er werde zu Ehren Beatrices einen Lobpreis schreiben, wie noch nie eine Frau von jemandem gelobt worden ist.[801]  

Nach dem Tod Beatrices wirft er sich nach einigem Schwanken trostsuchend auf die Philosophie, studiert 1291 bis 1295 in den florentiner Ordenshochschulen, in den scuole de li religiosi, wie er sagt, also bei den Dominikanern in Santa Maria Novella und wohl auch bei den Franziskanern in S. Croce. Seit 1295 war die Beteiligung von Adligen an der Stadtregierung möglich; Dante nimmt das sofort wahr; 1296 ist er im Rat der Hundert. Es gab die Partei der Guelfen, der ›Welfen‹, kaiserfeindlich und papstfreundlich; gegen sie standen die Ghibellinen, die Kaisertreuen und Papstfeindlichen. Ihr Name kommt von ›Waiblingen‹, einer Stadt in Baden-Württemberg, die früh in den Besitz der Staufer kam. In den florentinischen Stadtkämpfen war inzwischen die Partei der ›Guelfen‹ in zwei entgegengesetzte Gruppen zerfallen, in die ›Schwarzen‹ und die ›Weißen‹. Ihre Quartiere sind heute noch an Straßennamen erkennbar. Dante gehörte zur Partei der Guelfi bianchi und erreichte höhere Ämter: 1300 war er einer der sechs priori für zwei Monate und nahm 1301 als Mitglied einer Gesandtschaft an einer Reise zum Papst in Rom teil. Dante war noch in Rom, da zog am 1. November 1301 Karl von Valois, der Bruder des französischen Königs, auf Drängen des Papstes in Florenz ein. Er stellte sich auf die Seite der Schwarzen. Die Weißen, darunter Dante, werden verbannt. Er wird in Abwesenheit verurteilt, 1302 endgültig verbannt. Da er nicht vor Gericht erscheint, wird er zum Tod verurteilt. Er hat Florenz nie wieder gesehen. Wir treffen den Exilanten ab 1303/04 in Verona, Arezzo, Forli, Bologna und Ravenna. 1304 bricht er mit seiner Partei, den Bianchi.

Er beginnt in diesen Jahren, wohl 1304 oder wenig später, das große Werk des Convivio, einer überdimensionalen Einführung in die Philosophie; er schrieb es italienisch, in Volgare, wie die Volkssprache heißt. Auf dieses umfangreiche Werk muß ich öfter noch zurückkommen und sage hier nur:

Dante verteidigt den Wert der italienischen Sprache auch für hohe Themen;

Er zeigt Vernunftvertrauen, auch bezüglich der Offenbarung, nennt aber auch Grenzen ihrer rationalen Erfaßbarkeit;

Er entdeckt die Idee des fortdauernden Reichs, also des Imperium Romanum.[802]  

Wohl etwas später, fast gleichzeitig beginnt er seine lateinische Sprachabhandlung: De vulgari eloquentia. Beide Bücher schließt er nicht ab, sondern beginnt um 1306, eher 13o8, mit dem Inferno, das um 1310 vollendet und 1314 publiziert wird.

Ich stelle noch einmal die ungefähren Daten für die Schriften vor der Commedia zusammen:


 
1293/94 
 
 
1304–1307 
 
 
1305–1306 
 

1310 kommt Kaiser Heinrich VII. nach Italien. Dante hatte ihn lange als Friedensstifter erwartet; er schreibt ihm einen Brief und trifft ihn. Doch der Kaiser stirbt 1313. 1312 bis 1318 lebt Dante in Verona, schließt das Purgatorio ab, an dem er etwa 1310 bis 1313 gearbeitet hat und das er 1315 publiziert. 1316 schreibt er die Epistola 13 an Cangrande, in der er die Commedia erklärt.[803]   Er unterbricht die Arbeit am Paradiso, die er 1315/16 begonnen haben dürfte, und schreibt wohl 1317 sein Buch zur Philosophie des Gemeinwesens und der Kirche, die Monarchia, lateinisch. Die Sache war dringlich: Der Papst nutzte die deutschen Thronstreitigkeiten aus, um zu erklären, im Falle der Sedisvakanz im Reich unterliege die Führung des Reiches ihm, aufgrund der an Petrus verliehenen allumfassenden Vollmacht (plena potestas). Damit war Dantes Schützer, Cangrande della Scala, bedroht, der als Vikar des Kaisers amtierte. Dante arbeitete die Selbständigkeit der Politik heraus.

Bis 1321 vollendet Dante in Ravenna das Paradiso. Hier sind noch einmal die wahrscheinlichen Daten für die drei Teile der Commedia:

Inferno begonnen um 1304, eher 1306 – beendet gegen 1308,

Purgatorio begonnen um 1308 bis ca. 1313,

Paradiso begonnen um 1315/16 – vollendet kurz vor dem Tod 1321.

1320 hält er eine öffentliche Vorlesung in Verona über eine naturphilosophische Frage, die Quaestio de aqua et terra. Darin geht es um die Lage der Elemente. – Er erkrankt auf dem Rückweg von einer Diplomaten-Reise nach Venedig, stirbt im September 1321 und wird in Ravenna begraben.

3.

Das unruhige Florenz

Die großen politischen Zusammenhänge haben sich schon angedeutet. Ich gehe zunächst der Stadtentwicklung nach:

Florenz hatte vor 1050 keine überregionale Bedeutung, nahm aber an der rasanten Wirtschafts- und Gesellschaftsentwicklung des 12. Jahrhunderts teil und setzte sich bald an deren europäische Spitze. Das war abzulesen an der Bevölkerungszahl. Ihr folgte die mehrfache Erweiterung des Mauerrings. Seit der Mitte des 12. Jahrhunderts kam es zur extremen Entwicklung des Handels und Geldwesens. 1252 prägte Florenz wieder eine Goldmünze, den Dollar des Mittelalters, den Goldgulden, den Fl., das heißt: der Florentinus. Die Stadt pflastert als eine der ersten Städte Europas 1237 ihre Straßen und baut ein städtisches Abwassersystem. Sie errichtet kurz hintereinander repräsentative Bauten, seit 1255 den Bargello, erweitert 1294 Santa Maria Novella, im Folgejahr die franziskanische Konkurrenz, S. Croce. Arnolfo di Cambio beginnt 1298 den Palazzo Vecchio.

In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts war Florenz eine Weltmacht; es hatte die Stelle des alten Rom erreicht. Am Bargello brachte man eine Inschrift an, die eben dies von der Stadt behauptete, quae mare, quae terram, quae totum possidet orbem.[804]   Dante spielt im Inferno 26, 1–3 auf diese hochmütige Selbsteinschätzung an: Florenz schlägt seine Flügel über Land und Meer, sein Name verbreitet sich in der Hölle. – In der Hölle wimmelt es von Florentinern. Dort gehören sie hin, denn sie sind stolz und geldgierig (Inf. 6, 74–75; 15, 67–68). Aber nicht nur Florenz hat den Untergang verdient, das ganze Arnotal ist verdorben (Purg. 14, 16–57); der Arno soll Pisa überschwemmen und seine Einwohner ertränken (Inf. 33, 79–84). Ganz Norditalien ist korrupt.

Florenz hatte nur die ökonomische und soziale Gesamtentwicklung seit Anfang des 12. Jahrhunderts genutzt: Jetzt konnte Westeuropa seine Menschen ernähren; bis gegen 1100 gab es nach Mißernten selbst im reichen Kloster Bec noch Hungersnot. Um 1300 exportierte England Wolle nach Brügge und nach Florenz; nach Frankfurt kamen regelmäßig Rinderherden aus Ungarn. Die Landwege wurden verbessert; der Geldverkehr überregional geregelt. Kaufleute und Handwerker organisierten sich im Lauf des 12. Jahrhunderts. Sie schaffen für sich und die Stadt Rechtsordnungen. Sie machen die Erfahrung, daß sie das können. Recht muß keine Gabe von oben sein, von Gott, vom Kaiser, vom Bischof. Ihnen gelingt der Aufbau der bürgerlichen Welt. Sie schaffen Eigentum, sie setzen Regeln des Zusammenlebens, sie organisieren Handel, Recht und Politik. Sie machen die geschichtlich neue Erfahrung der Selbständigkeit der Bürger; das fördert seit dem 12. Jahrhundert das Vernunftvertrauen. Der Einzelne versteht sich nicht mehr nur als Teil der Familie, der Korporation, der Gehorsamsgemeinschaft des Ordens oder der Zunft oder der Stadt. Er macht die außerhierarchische, auch antihierarchische Selbsterfahrung des Einzelnen, etwas, das manche Moderne dem Mittelalter nicht zutrauen. Der Schriftsteller entwickelt ein neues Autorenbewußtsein mit dem Recht auf Neuerungen. Es war auch Vernunftvertrauen, daß in den Jahrzehnten der Kritik, 1280 bis 1350, einige Philosophen die distanzierte Erforschung der Grenzen der Vernunft betrieben. Sie wollten lieber die Grenzen der Vernunft selbst bestimmen, als ihnen blind zu erliegen.

Florenz und seine Handelsorganisation und Geldwirtschaft führten die Grenzenlosigkeit der Selbstausdehnung anschaulich vor. Die Stadt wuchs und wuchs. Die römische Militärsiedlung war klein; 1172 brauchte Florenz außerhalb der karolingischen eine neue Stadtbefestigung. Sie umschloß das Dreifache des Geländes des römischen Kastells. Ab 1284 plante Florenz die dritte Mauer, deren Größe heute am Straßenverlauf und an erhaltenen Festungstürmen noch leicht zu erkennen ist. Sie umschloß ein Gebiet, das etwa 20mal so groß war wie das alte römische Kastell. Jetzt hatte die Stadt etwa 100 000 Einwohner. Florenz, innerhalb des alten Mauerrings, Firenze, dentro de la cerchia antica (Par. 15, 97), das war der Sehnsuchtsruf florentinischer Konservativer. Denn die Stadt barst vor Zuwanderern und extremen sozialen Spannungen: Ihre Bürger schließen bis 1295 den Adel von der Politik aus. Danach kämpfen Adlige gegen Großkaufleute, diese gegen die Zünfte und beide bald gegen die Wollarbeiter. Der Papst schürt die Parteiungen in der Stadt. Er will den Kirchenstaat nach Norden abrunden und schließt sich mit einer Partei der Willigen zusammen. Neapel stand unter seiner Gewalt, nur Florenz störte den Aufbau einer päpstlichen Machtzone, die halb Italien umfaßt hätte. Der Papst mußte versuchen, die inneren Zerwürfnisse der Stadt für seine Politik auszunutzen. Daher die Unruhe.

Dante vergleicht die Stadt, wegen des ständigen Wechsels der Verfassungen, mit einem Fieberkranken, der sich vor Schmerzen ständig im Bett herumwirft (Purg. 6, 136–151).

Guelfen und Ghibellinen, Papsttreue und Kaiseranhänger, hießen die Parteien, aber diese Schlagworte besagten zur Dante-Zeit fast nichts mehr; sie wurden bedeutungslos wie bei uns rechts und links. Nach Dantes Ansicht hatten sie sich gebildet anläßlich einer Metzelei, die am Ostersonntag 1216 nahe am Ponte Vecchio stattfand (Inf. 28, 106–108): Ein junger Adliger, Buondelmonte dei Buondelmonti, heiratete an diesem Festtag, aber er hatte einer anderen Frau die Ehe versprochen, und deren Clan brachte ihn jetzt um. Die Guelfen spalteten sich 1300 in Schwarze und Weiße.

Dantes Commedia ist auch seine Auseinandersetzung mit dieser blutigen und für ihn aussichtslosen Florentiner Geschichte. Er begegnet, meist in der Hölle, den handelnden Figuren dieses Dramas. Er trifft unter den Ketzern den Kardinal Ottaviano degli Ubaldini, der nicht ans Jenseits glaubte, aber 1258 eine Verschwörung organisiert hatte, die zur Vertreibung der Ghibellinen führte (Inf. 10, 120). Die Geflüchteten organisierten in Siena eine Armee von mehr als 70 000 Mann. Sie wurde 1260 bei Montaperti vernichtend geschlagen. Das Wasser der Arbia färbte sich rot vom Blut der etwa 10 000 gefallenen Guelfen (Inf. 10, 85–86).

Im Purgatorio trifft Dante Manfred, den unehelichen Sohn von Kaiser Friedrich. Papst Urban IV. hatte ihn 1263 exkommuniziert und Karl von Anjou als König von Sizilien eingesetzt, der 1266 Manfred in der Schlacht von Benevent besiegte (Purg. 3, 112–145).

1289 wurden die Ghibellinen von Arezzo in der Schlacht von Campaldino geschlagen. Dante deutet an, er habe als Soldat an der Schlacht teilgenommen (Inf. 22, 4–5 und Purg. 5, 85–129).

4.

Reich und Kirche[805]  

Wie die Kaisergeschichte, so spiegelt sich auch die Papstgeschichte in der Commedia: 1294 dankte Coelestin V. nach wenigen Monaten ab; er starb zwei Jahre später im Gefängnis, in das ihn sein Nachfolger geworfen hat. Dante wirft ihm die große Verweigerung vor, il gran rifiuto (Inf. 3, 60). Den Nachfolger Bonifaz VIII. trifft er unter den Simonisten in der Hölle (Inf. 19, 52–54). Dieser Papst habe die Kreuzzugsidee mißbraucht für private Rachefeldzüge gegen Christen; Dante läßt ihn durch den Apostel Petrus verurteilen (Par. 27, 22–27).

Für das Imperium Romanum und damit für Reichsitalien war der Tod Friedrichs II. 1250 der Wendepunkt. Er hatte einen fast säkularen Staat geschaffen, er hatte in Neapel eine weltliche Universität gegründet; er unterlag dem Papsttum, das ihn viermal mit dem Kirchenbann belegt hatte. Dante war überzeugt, dieser Kirchenkonflikt habe den Niedergang Italiens besiegelt (Purg. 16, 115–117).

Das Kaisertum wurde immer schwächer: In Deutschland wegen der zunehmenden Macht der Territorialherren, vor allem der Kurfürsten; in Italien verlor es seit 1250 gegen die reichen Kommunen. Für gut 50 Jahre traten Päpste an die Spitze der europäischen Politik, nicht nur aufgrund der tatsächlich vorhandenen Ideologie päpstlicher Weltherrschaft, nicht nur aus Machtgier, sondern weil keine übergeordnete Macht da war. Die Päpste verhandelten mit Mongolen, sie trafen Friedensregelungen; sie führten Kreuzzüge an. Nie waren sie dem politischen Programm, der Idee der päpstlichen Weltherrschaft, so nah wie zwischen 1250 und 1303. Ihre Kunst bestand darin, Frankreich gegen das Reich aufzustellen und die inneren Streitigkeiten (Reich gegen Territorialherren, Kommune gegen Kommune) zu schüren. Schon Innozenz III. hatte 1202 erklärt, Frankreich habe in weltlichen Dingen keine Macht über sich. Das vom Papst instrumentalisierte Frankreich sah Dante als eine Gefahr für die ganze Christenheit (Purg. 20, 43–45, vor allem Purg. 32, 136–160). Das moralische und religiöse Ansehen des Papsttums war, wie das Decameron, bes. 1, 2, belegt, längst ruiniert; das Schisma ab 1378 machte den Verlust für alle sichtbar. Es gab jetzt zwei, zuweilen drei Päpste, die sich gegenseitig mit dem Kirchenbann belegten. Die Folge war der Sieg der konziliaren Bewegung. Aber diese konnte die großen Probleme auch nicht lösen: Sie erreichte weder die Kirchenreform noch verhinderte sie den Hussitismus, schon gar nicht das Vordringen der Türken. Das Papsttum konnte sich erst nach dem Zusammenbruch der konziliaren Bewegung konsolidieren, also etwa um 1450; der wirtschaftliche Aufschwung des Kirchenstaats (Alaunfunde) stärkte das Papsttum, so korrupt es war, wie Nikolaus von Kues dem Papst ins Gesicht sagte.

Dante steckte von den sechs Päpsten, die er erlebt hat, fünf in die Hölle: Nikolaus III. (1277–1280), Inf. 19, 70–71; Bonifaz VIII. (1294–1303), Inf. 19,55–57 und öfter; Clemens V. (1305–1314), Inf. 19, 82–87; Coelestin V. versetzt er in die Vorhölle der Unentschiedenen, Inf. 3, 59 – 60, weil er 1294 nach wenigen Monaten das Amt aufgegeben hatte, das er hätte reformieren sollen, und damit dem Schlimmsten Platz machte, nämlich Bonifaz VIII., 1294–1303, dem starken Hauptfeind, mit seiner Geldmacherei, seiner kaiserfeindlichen Politik und seinem Programm päpstlicher Weltherrschaft, das er in der Bulle Unam sanctam als unfehlbare Lehre verkündet hat. In der Hölle sitzt Clemens V., der erst 1305 nach zweijähriger Vakanz gewählt wurde, weil die italienische und die französische Kardinalspartei sich nicht einigen konnten. Er regierte bis 1314, verlegte 1309 die Papstresidenz nach Avignon. Er hat Heinrich VII. erst zur Italienfahrt ermuntert und ihn dann aufgegeben aus Abhängigkeit von Frankreich. Dante verurteilt Johannes XXII., den mächtigen Avignoneser Papst aus Cahors (Par. 17, 58–60 und 18, 133–136). 1316 mit 72 Jahren zum Papst gewählt; zum Schrecken mancher hielt er durch bis 1336. Dante warf ihm illegitimen Amtserwerb (Simonie), Kaiserfeindlichkeit und Geldbesessenheit vor. 1314, bei der Doppelwahl zum deutschen König – Ludwig der Bayer oder Friedrich der Schöne – beanspruchte er das Entscheidungsrecht: sein Machtanspruch führte zu heftigen literarischen Auseinandersetzungen über die Kompetenz des Papstes, De potestate Papae. Im Kampf mit Kaiser Ludwig dem Bayern übertrug er Robert von Neapel das Reichsvikariat über Italien; gegen den kaisertreuen Visconti in Mailand bereitete er einen Kreuzzug vor. Er war ein Genie der Finanzverwaltung; er machte durch fiskalische Ausbeutung die Kurie in ganz Europa verhaßt, besonders in Deutschland. Albert Hauck charakterisiert ihn: »Ein unscheinbares Männlein, klein, mager, blaß, kahlköpfig, mit unschönen Zügen und einer dünnen Stimme. Aber von der Ermüdung des Alters merkte man dem rastlos Tätigen nichts an. Alles interessierte ihn: die Politik und die Dogmatik, Kunst und Wissenschaft, die Streitigkeiten der Mönche und die Händel der Gelehrten, die Kreuzzüge und besonders Geldsachen jeglicher Art.«[806]  

Die deutschen Könige der Zeit konnten einem solchen Papst zwar wie Ludwig der Bayer, 1314–1347, Widerstand leisten, aber in Italien sich nicht mehr durchsetzen; die Selbständigkeit und der Reichtum der unter sich zerstrittenen Städte und der Einfluß des an Frankreich orientierten Papsttums schlossen dies aus. Mit Rudolf von Habsburg, 1275–1281, endete zwar die ›kaiserlose, die schreckliche Zeit‹, aber er mußte im zerfallenden Reich für die Konsolidierung seiner Hausmacht sorgen. König Adolf von Nassau, 1292 bis 1298, hatte ohnehin eine zu kleine Hausmacht und fiel in der Schlacht gegen seinen Rivalen Albrecht von Habsburg. Dieser regierte von 1298 bis zu seiner Ermordung durch seinen Neffen 1308. Sein Nachfolger wurde der Luxemburger Heinrich VII., der Italien ordnen wollte, den Dante jubelnd begrüßte, der aber schon 1313 starb. Die lange Regierungszeit Ludwigs des Bayern, bis 1347, verging mit Hausmachtspolitik und Streit mit den Päpsten; 1338 beschlossen die Kurfürsten in Rhens, daß der deutsche König auch ohne päpstliche Approbation Römischer Kaiser sei. Mit Kaiser Karl IV., 1346 bis 1378, kommen wir an das Ende unseres Zeitraums. Er baute Prag aus, pflegte die Beziehung zu Paris, ordnete die Zuständigkeit der Kurfürsten neu, denen er mit der Goldenen Bulle von 1356 weitgehende Selbständigkeit bot; er schuf mit Böhmen und Brandenburg ein geschlossenes Machtgebiet, das er arrondierte.

Die deutsche Geschichte des 14. Jahrhunderts zeigte vor allem zwei Resultate: Jetzt stellten sich neben den mächtigen Rheinischen Kurfürsten – Mainz, Köln, Trier, Rheinpfalz – die Mittelmächte der deutschen Zukunft auf: Die Luxemburger mit Böhmen und Brandenburg, die Habsburger mit Streubesitz in der Schweiz, dort im Kampf gegen die Waldstädte, in Süddeutschland und Österreich, die Wittelsbacher in Bayern. Sie bestimmen für die nächsten Jahrhunderte die deutsche Politik. Sodann: Die Päpste in Avignon machen Reichspolitik in Italien unmöglich, vor allem wenn es ihnen gelingt, sich mit Neapel und Florenz zu verbünden. Sie bilden das Haupthindernis, daß Italien Frieden findet. Das haben Dante in seiner Monarchia und kurz darauf Marsilius von Padua im Defensor pacis schroff analysiert. Das war auch neu: Jetzt konnte man die Politik der Heiligen Kirche so rücksichtlos beschreiben wie die jeder anderen italienischen Mittelmacht.

5.

Die italienischen Mittelmächte

Deutschland und Italien zerfielen zu Territorien mit ständig wechselnden Bündnissen. Es gab Einheitsbestrebungen, zum Beispiel in den achtziger Jahren eine Währungsunion der rheinischen Kurfürsten. Aber der deutsche Kaiser hatte weder Finanzhoheit noch Heer. Er wurde immer abhängiger von den Fürsten.

Italien war mit seinen mächtigen, in sich und miteinander zerstrittenen Kommunen noch kleinteiliger aufgelöst, aber im 14. Jahrhundert bildeten sich starke Mittelmächte:

Vor allem die Visconti in Mailand, die in der zweiten Jahrhunderthälfte gefährlich nahe an Florenz heranrückten. 1352 nahmen sie Bologna als päpstliches Lehen. Gian Galeazzo Visconti, 1385 bis 1402, gewann Pisa und Siena, kaufte Perugia und verhinderte den Romzug des Königs Ruprecht von der Pfalz.

Venedig, bisher See- und Handelsstaat, wurde im 14. Jahrhundert zur Landmacht. Es sicherte seine Landhandelswege nach Norden. Es baute seine Herrschaft auf der terra ferma aus, gewann zuerst Treviso und bekam dadurch zu seinen Dauerkonflikten mit Genua neue Spannungen mit Verona und mit Mailand. Wenn Genua sich mit Mailand verbündete, hatte Venedig einen schweren Stand, erst nach dem Tod Gian Galeazzos 1402 gelang ihm der Erwerb Paduas. Seine interne Verfassung blieb merkantil-aristokratisch; soziale Reformbewegungen um 1354 unterdrückte es blutig.

Florenz suchte sich im Laufe des Jahrhunderts mehrfach auswärtige Quasi-Diktatoren, um seiner internen Kämpfe Herr zu werden und um diese Herren bald wieder zu verjagen. 1325 bis 1327 regierte Herzog Karl von Kalabrien als Stadtherr, von 1341 bis 1343 Gautier de Brienne, Herzog von Athen. Die mittlere wohlhabende Schicht übernahm immer wieder das Regiment; 1343 wurde die Vorherrschaft des in Zünften organisierten popolo grasso gebrochen; die kleinen Leute, das popolo minuto, erzwang Mitwirkung. 1378 kam es zum Aufruhr der Wollweber; man machte Zugeständnisse und nahm sie bis 1382 alle wieder zurück. Eine großbürgerliche Aristokratie, die sich Lebensformen des Adels aneignete, zum Beispiel Turniere abhielt, beherrschte die Stadt, konnte 1406 die alte Feindin Pisa unterwerfen, hatte jetzt Zugang zum Meer und eine Universität.

Rom war in den Händen der großen Familien, der Colonna, Orsini und Frangipani. Versuche des kleineren Volks, ihre Herrschaft abzuschütteln, scheiterten. Cola di Rienzo versuchte, die Adelsherrschaft abzuschaffen und mit Zustimmung der Päpste eine Art Volksherrschaft zu installieren, die Herrlichkeit der alten Römischen Republik mit viel Symbolik zu erneuern, er kam nicht durch. Im Kirchenstaat schuf Kardinal Albornoz um die Jahrhundertmitte militärisch Ordnung; er legte große Festungen an und eroberte Bologna zurück. Die Päpste konnten 1376 zurückkehren, aber jetzt brach das Große Schisma aus, die Päpste in Rom und Avignon schwächten sich gegenseitig. Der Kirchenstaat faßte, wie gesagt, erst nach der Besiegung der konziliaren Bewegung gegen 1450 festeren Halt.

Neapel/Sizilien waren für Dante altes Reichsgebiet; Boccaccio zog hier Vergleiche zwischen einem Königreich und der unruhigen Republik Florenz; er erhoffte sich dort noch in späten Jahren eine Stellung, denn dort war ein Jugendfreund, Niccolò Accaioli, in höchste Ämter gekommen.

Seit der sog. Sizilianischen Vesper, 1282, waren die Anjou in Sizilien gestürzt, Peter von Aragon wurde König. Alle späteren Ansprüche Spaniens auf Süditalien schrieben sich daher. Es gab das nun von Sizilien abgetrennte Königreich Neapel. Dort regierte König Robert von 1309 bis 1343, auch er ein Anjou und Herr der Provence. Er versuchte vergeblich, Sizilien zurückzuerobern. Dante verspottete ihn, er sei mehr zum Predigen als zum Regieren geeignet. Das ging auf Roberts papstfreundliche Politik und gegen Einmischungsversuche in Florenz. Robert war der König, in dessen Kreis der junge Boccaccio studierte, er berief die beiden größten Maler des Jahrhunderts, Giotto und Simone Martini, nach Neapel, wo er Santa Chiara, das Franziskanerkloster, ausbaute. Er examinierte Petrarca vor dessen Dichterkrönung. Sein Sohn Karl, Herzog von Kalabrien, war schon 1328 gefallen. Dessen Tochter Johanna war mit dem Sohn des Königs von Ungarn verheiratet, hatte aber ein Liebesverhältnis mit ihrem Onkel und soll ihren Gemahl umgebracht haben. Ludwig von Ungarn unternahm einen Rachefeldzug, eroberte Neapel. Papst Clemens VI. erkannte die Herrschaft Ludwigs in Neapel nicht an. Johanna kam wieder an die Macht, wurde in Scheinprozessen freigesprochen. Sie hat noch dreimal geheiratet, konnte die Regierung nicht in die Hand nehmen, ihre Männer noch weniger. Intrigen und innere Wirren waren die Folge. Sie starb 1382 im Gefängnis.

Ich bin absichtlich über die Dante-Zeit hinausgegangen. Die Verhältnisse in Italien und im Reich zeigen seit 1250 Auflösung, Zersplitterung und Unruhe überall. Die großen Hoffnungen Dantes und die Italienpolitik Heinrichs VII. erschienen bald als Illusion. Spanien und England bauten ihr Herrschaftsgebiet aus; Frankreich war mit Ludwig IX. und Philipp le Bel vorangegangen, versank aber seit 1355 in den Hundertjährigen Krieg mit England. Die Institution Kirche büßte Glaubwürdigkeit ein. Skepsis breitete sich aus. Es war schon viel, seine kleine Gruppe zusammenzuhalten in einer Welt, die bestimmt war von Pest, Hunger und Krieg. Der Rückzug ins Private stand offen, wenn Fortuna es gestattete. Übrigens schrieb auch Dante den dauernden Wechsel bei Macht und Reichtum dem Walten der Fortuna zu (Inf. 7, 61–96). Die allgemeine Sonne ist verschwunden. Die beiden Sonnen, Papstamt und Kaisertum, sind, wie Dante sagt, untergegangen (Purg. 16, 106–114). Dann flüchten die Menschen, wie Karl Marx im Blick auf Epikur formulierte, ins Lampenlicht des Privaten. Sie sehen, daß die Herrschenden nichts suchen als Macht, Genuß und Geld. Sie hören nicht auf deren Worte; sie sehen deren Taten und machen es wie sie.

6.

Intellektuelle Situation

Es ist unmöglich, die soziale und politische Situation von 1250 bis 1375 in Kürze zusammenfassend darzustellen, aber die intellektuelle Situation war noch komplizierter und voraussetzungsreicher; sie ist auch noch immer weniger erforscht; ich begnüge mich hier mit wenigen Strichen, die ich in Teil DREI, Kapitel IV bis VI, genauer ausführen werde.

Das 12. Jahrhundert brachte die soziale, die politische und die wissenschaftliche Wende, und das in mehrfacher Hinsicht. Die gesellschaftliche Entwicklung ermöglichte eine intellektuelle Doppelbewegung und hing von ihr ab: Sie drängte auf Anerkennung der menschlichen Individualität und zugleich auf härtere, weniger symbolische Erforschung der Natur. Abaelard forderte das Recht des irrenden Gewissens, schockierend genug für seine Leser, auch für die Henker bei der Hinrichtung Jesu. Das 12. Jahrhundert brachte die Anerkennung der Selbstbestimmung des Mönchs. Kein Mensch sollte mehr vom Vater als Geschenk (oblatus) einem Heiligen oder einem Kloster dargebracht werden; er sollte über seine Lebensform selbst entscheiden. Die allgemeinere Anerkennung rationaler Kriterien führte zur allmählichen Abschaffung des Gottesurteils zugunsten rationaler, kriteriengeleiteter Gerichtsentscheidungen. Gleichzeitig brauchte die expandierende Gesellschaft eine bessere Erforschung der Natur. Die Naturwelt wurde umgestaltet durch Rodung, Stadtgründung und Architektur. Wer technische Arbeiten leitete in der Stadt oder beim Ackerbau, mußte die Natur kennen. So suchte man im 12. Jahrhundert nach neuen Büchern, die eine kausal analysierende Vergegenständlichung der Natur lehrten und den moralistisch-religiösen Symbolismus zurückdrängten.

Diese Bedürfnisse begünstigten im 13. Jahrhundert die Rezeption des Aristoteles und der arabischen Wissenschaften. Sie meldeten sich schon im 12. Jahrhundert an und führten zur Suche griechisch-arabischer Bücher. Der Westen entdeckte, daß er neu lernen mußte und neu lernen konnte: Die ›Weisheit‹ war nicht schon da; die alten patristischen Autoritäten, Augustin oder Gregor der Große, hatten nicht alle Fragen gelöst. Es begann eine neue Suche nach antiken Quellen: Cicero und Seneca boten das Konzept einer außerchristlichen allgemein-menschlichen Ethik. Dadurch spitzte sich die Frage zu, ob die Tugenden der Heiden mehr waren als, wie Augustin geschrieben hatte, ›glänzende Laster‹. Es war nicht mehr selbstverständlich, daß allein Christen und unter ihnen nur die Mönche richtig lebten. Diesen großen Vorgang setzte das 13. Jahrhundert mit der Rezeption der Ethik und der Politik des Aristoteles fort, auch durch die Beschäftigung mit Cicero und Seneca; für Dante und Boccaccio wurde die Ethik Senecas besonders wichtig.[807]  

Albert der Große rezipierte in mindestens zwanzigjähriger Arbeit diese Textmassen. Er meinte keineswegs, er könne sie friedlich in das vorhandene Wissen des christlichen Westens einfügen, sondern war überzeugt, alles sei neu zu machen. Die Wissenschaft der Lateiner sei höchst unvollkommen, über grundlegende Konzepte wie Seele und Geist hätten sie kaum nachgedacht. Das sei alles neu zu finden. Dazu seien die Schriften des Aristoteles unentbehrlich, aber sie würden erst aufgeschlossen durch die arabischen Kommentatoren, also Avicenna und Averroes. Albert erklärte ausdrücklich, er stimme mit Averroes fast in allem überein. Siger von Brabant führte die Unbefangenheit Alberts fort; er hat über Gottfried von Fontaine, Boethius von Dacien, Meister Dietrich von Freiberg auf Meister Eckhart gewirkt und Dantes hohes Lob erhalten.[808]  

Dabei ging es unter anderem um die Lehre von der natürlichen Glückseligkeit des menschlichen Geistes. Aristoteles hatte die Ethik auf Eudaimonie hin angelegt. Das Ziel allen Handels sei das Glück, und dem menschlichen Geist könne das Glück nicht umgeworfen werden wie ein Mantel; der Geist sei in sich Tätigkeit, er sei Aktivität der Selbst- und Welterfassung und insofern immer selig. So entstand in Paris, in Bologna und anderswo die Lehre vom Intellekt als Glück, von der felicità mentale. Der Westen entdeckte, es gebe wohl zwei Arten der Lebenserfüllung, also des Glücks: das natürliche Glück des Geistes, das jedem Menschen zugänglich sei, und für die Gläubigen das jenseitige Glück der Begnadeten. Demnach war das menschliche, das politische Leben als rationale Selbstgestaltung konsequent festzuhalten und gegen theologische Einsprüche zu verteidigen. Dann war das soziale, das politische Leben nach Vernunftregeln zu gestalten, auch wenn der Glauben eine höhere, jenseitige Glückseligkeit versprach. Diese Doppelung der Glückseligkeit des Geistes spricht Dante in der Monarchia aus und beruft sich dafür ausdrücklich auf Aristoteles–Averroes. Die Commedia kennt neben dem himmlischen Paradies auch das irdische. Das Ziel des menschlichen Lebens, lehrt die Monarchia, sei die Aktuierung aller Möglichkeiten der menschlichen Vernunft. Auch das erklärt das Lob, das Dante dem Thomas von Aquino über dessen Gegner Siger in den Mund legt.

Die Lehre vom Intellekt, von seiner Wesensaktivität, Glückseligkeit und Göttlichkeit, hatte Albert aus Aristoteles–Averroes herausgearbeitet, vor allem in seinem Traktat De intellectu et intelligibili.[809]   Aber er hatte mehr getan: Er hatte die gesamte Naturphilosophie des Aristoteles mit Hilfe des Averroes erklärt, einschließlich der Elementenlehre, über die Dante noch ein Jahr vor seinem Tod die Abhandlung De aqua et terra geschrieben hat. Naturphilosophie war keine Studienübung für Anfänger, sie blieb ein würdiges Forschungsgebiet bis zuletzt, bei Albert, Dietrich und Dante.

7.

Armut als Problem

Ein noch so flüchtiger Überblick über die intellektuelle Welt von 1250 bis 1350 darf das Problem der Armut nicht unerwähnt lassen.[810]   Der wachsende Reichtum der mittel- und norditalienischen, der französischen und rheinischen Städte hatte wachsende Armut zur Folge. Es entstand eine neue Sensibilität für Not, Leiden, Armut. Franz von Assisi hat die Empfindlichkeit für die Not der Armen und Kranken gefördert: Man erinnerte sich, daß Jesus arm gewesen war. Das apostolische Leben war ein armes Leben; der Jesus des Neuen Testaments hatte klar gesagt, der Menschensohn habe nichts, wohin er sein Haupt legen kann. Seine Jünger sollten, wenn sie unterwegs seien, kein Geld dabeihaben. Abaelard hatte in seiner Theologia die Quellen antik-philosophischer Armutsideen ausgegraben und mit denen des Neuen Testaments synthetisiert. Weder die Idee der Armut noch die Kritik an Hybris oder superbia ist erst auf christlichem Boden entstanden, und darauf insistierte Abaelard. In der Macht- und Geldkirche des 13. und 14. Jahrhunderts löste das zugleich antik-philosophische wie neutestamentliche Konzept freiwillig besitzlosen Lebens gewaltige Spannungen aus. Das Verlangen nach einer ecclesia spiritualis durchzieht die Commedia, die Monarchia, den Defensor pacis, das Decameron, Wyclif und das Denken der Hussiten.

Dann flossen die sokratisch-franziskanische Armutsidee und die aristotelisch-averroistisch-albertistische Intellekttheorie zusammen. Möglich war dies, sogar naheliegend, denn Aristoteles hatte vom Intellekt, vom nous gesagt, er habe mit nichts etwas gemein, er müsse leer sein von allem, um sich alles zum Inhalt machen zu können. Schon Plotin hatte daraus gefolgert: aphele panta, laß alles fallen. Dann wären wir bei Meister Eckhart und seiner Armutspredigt. Es kam zu verschiedenen Formen der Aktualisierung der Albertschule: bei Dietrich und Eckhart, anders bei Dante und Boccaccio.

8.

Sprache

Noch je einen Hinweis zur Geschichte von Sprache und Dichtung in unserem Zeitabschnitt, zunächst zur Sprache:

Die Stadtbevölkerung nahm zu an Zahl und Bildung. Der Klerus reagierte darauf mit mehr Predigten; besonders die Bettelorden übernahmen im Laufe der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts diese Aufgabe. Es gab jetzt mehr Häretiker oder doch mehr Menschen, die ihren Dissens kundtaten. Diskussionen über Wahrheit und Unwahrheit der Religionen mit Muslimen und Juden wurden häufiger. Die Lesekompetenz nahm zu, auch bei Frauen, zumal in Florenz und in anderen Städten. Der Gebrauch der Volkssprache wurde häufiger, selbst in Rechts- und Religionsdingen; das Volgare drängte das Lateinische zurück, ohne es zum Verschwinden zu bringen.

Die Commedia ist in Volgare geschrieben. In derselben Zeit verwandelten Raimundus Lullus das Katalanische und Meister Eckhart das Mittelhochdeutsche und verteidigten ihren Gebrauch auch bei ›großen‹ Themen: Die christliche Wahrheit sei für alle da, auch für die Ungelehrten. Wenn man Ungelehrte nicht belehren dürfe, würde nie jemand gelehrt, argumentierte Eckhart. Alle drei Autoren, Dante, Lull, Eckhart schrieben auch noch lateinische Bücher, sogar überwiegend, auch Boccaccio. Aber sie schrieben nicht mehr im gewöhnlichen Universitätslatein des 13. Jahrhunderts; sie durchbrachen es durch ihre individuelle Diktion. Die Universitäten verloren an Bedeutung: Dante, Lull und Petrarca standen außerhalb der Universitäten und kritisierten sie. Mit dem langdauernden französisch-englischen Krieg verlor die Sorbonne ihre zentrale Rolle; Nichtfranzosen konnten sie nicht oder nur schwer besuchen; seit der Universitätsgründung in Prag 1348 nahm die Zahl der Universitäten zu: Heidelberg folgte 1386. Diese neuen Universitäten waren regionalisiert und territorialisiert; sie waren Ausbildungsinstrumente der Landesfürsten für den Nachwuchs ihrer neuentstandenen Administrationen.

Die Pest kehrte seit 1348 immer wieder, wurde zur Dauererfahrung bis ins hohe 17. Jahrhundert und erwies das Wissen aller Fakultäten als unwirksam. Die Menschen, ratlos, brauchten die Erörterung ihrer Lebenslage in Volgare, in philosophischer Dichtung und in philosophierender Predigt. Petrarca übertrug diese Tendenz ins Lateinische zurück, anti-universitär, anti-averroistisch, als ethisch-politische Reflexion über Wissen und Leben, als Entwicklung individueller Religiosität und Verurteilung der Kirche als Hure Babylon. Innerhalb der Universitäten entwickelten sich Spekulationskritik und wachsende Zweifel anerkannter Gewißheiten, von Wilhelm von Ockham zu Nicolaus von Autrecourt.

Die klassischen Texte lasen Theologen und Philosophen seit etwa 1280 zunehmend genauer; es begann ein Zeitalter des Nachprüfens. Es war zu untersuchen, welche der vielen verbotenen Thesen der Verurteilung von 1277 vielleicht doch und vielleicht modifiziert gehalten werden könnte. Die produktive intellektuelle Arbeit an den Universitäten verlagerte sich auf medizinische und logische Einzelforschung, auf die Theorie des Geldes oder die philosophische Theorie der Elemente wie in Dantes De aqua et terra. Das weiterführende, nicht bloß reproduzierende Interesse galt physikalischen Bewegungsproblemen, auch der Meteorologie und der Theorie des Regenbogens. Dietrich von Freiberg entzog mit spektakulärem Erfolg die Untersuchung des Regenbogens der Meteorologie und entwickelte sie neu und erfolgreich mit Hilfe der Optik arabischer Herkunft.

9.

Europäische Dichtung in den Volkssprachen

Frankreich, England und Deutschland besaßen vor 1200 eine ausgedehnte volkssprachliche Dichtung; man denke an die große Versepik, an Chrétien de Troyes, an das Nibelungenlied, an Gottfried von Straßburg und Wolfram. Seit dem 9. Jahrhundert gab es deutsche Wissenschaftsprosa, besonders mit Notkers Aristoteles-Übersetzungen. Gewiß fing in Italien nicht alles mit Dante an; es gab Troubadoure, den Dolce Stil Nuovo und Guido Cavalcanti; es gab den Sonnengesang des heiligen Franz und die Gesänge des Iacopone da Todi, den Bonifaz VIII. einkerkern ließ, den sein Nachfolger wieder befreite und der 1306 starb.[811]  

Dennoch hat Italiens volkssprachliche Dichtung eine auffallende europäische Verspätung. Wie kam es dazu? Wahrscheinlich gibt es mehrere Antworten: Das Lateinische blieb in Italien länger selbstverständlich; man glaubte nicht im ›Mittelalter‹, sondern im antiken Römischen Reich zu leben. Aber das glaubte man in Frankreich und im Reich auch; es gab ausgearbeitete Theorien der Übertragung (translatio) des Studiums und des Imperiums. Hier setzt die schon erwähnte Theorie von Ernst Robert Curtius ein, die Dante eine geradezu weltgeschichtliche Bedeutung gibt: Die Nationalsprachen haben durch das Lateinische erst sprechen gelernt, jedenfalls was die Dichtung angeht.[812]   Der Reim ist eine westliche Erfindung lateinischer Dichter. In Frankreich wie im Reich habe es, so Curtius, eine lange Zeit der Aufarbeitung der antiken Dichtung – Vergil, Ovid, Statius, Terenz – gegeben. Die Texte lateinischer Klassiker waren hier vor 1200 durch karolingische Handschriften mehr präsent als in Italien; sie waren Gegenstand der Auslegung und des Schulunterrichts. Das Lateinische blieb in Italien als Sprache der Juristen und der Mediziner gegenwärtig. Es war Fachsprache, Verwaltungssprache, nicht Dichtungssprache. Frankreich, die Provence, das Reich hatten eine lange Vorbereitungszeit hinter sich, den lateinischen Klassikern poetische Töne zu entlocken. Dante holt das alles mit einem persönlichen Kraftakt nach: Indem er die lateinische Dichtung in der Volkssprache fortsetzte, habe er, so immer noch Curtius, den lateinischen Mutterboden produktiv für die Nationalliteratur aufbereitet, habe damit die Lyrik Petrarcas und die Erzählkunst Boccaccios ermöglicht und die Kontinuität der gesamten europäischen Überlieferung gesichert. Er ist insofern der Vater der europäischen Identität. Indem er Petrarca und Boccaccio ermöglichte, sicherte er den Vorrang der italienischen Literatur bis ins 17. Jahrhundert.

Commedia und Einladungsband: I.Commedia. In deutscher Prosa von Kurt Flasch II.Einladung, Dante zu lesen
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