V.

Läuterungsweg

1.

Der geschichtliche Raum zwischen ›Commedia‹ und ›Decameron‹

Dantes Commedia, so originell sie ist, hatte geschichtliche Voraussetzungen und historische Folgen. Um ihre Stellung in einer heftig bewegten geschichtlichen Landschaft anfangsweise zu beschreiben, schlage ich ein Gedankenexperiment vor: Stellen wir uns vor, jemand läse zum ersten Mal den Anfang des Inferno und dann den des Decameron. Nehmen wir an, er käme bis zum sechsten canto des Inferno, bis zu Ciaccos Florenz-Kritik und wechselte dann über zum Anfang des Decameron. Dieses hat einen langen Vorlauf – mit Proemio und Introduzione, mit der Pestschilderung und der Motivierung des Auszugs aus der Stadt. Unser Leser, nehmen wir an, käme bis zum Ende der vierten Novelle. Er vergliche Inferno 1 bis 6 mit Decameron 1, 1–4. Er wüßte, nehme ich an, daß das Decameron das zeitlich spätere Werk ist; er fände, es nehme Bezug auf die Commedia, es sei aber doch recht anders und bringe gleich am Anfang einige Erzählungen, die seine Andersheit erklären. Diese Erzählungen hätten also einen doppelten Boden: Sie erzählen eine neue Novelle, aber sie nähmen indirekt Bezug auf die Commedia. Die vier neuen Anfangserzählungen zeigen zugleich, warum Boccaccio 1350 nicht mehr so dichten kann wie Dante 1310.

Zwischen beiden Werken muß einiges passiert sein. Der heutige Leser wird zuerst an die Pest als Einschnitt denken, von der Boccaccio schreibt, er wisse nicht, ob der berechtigte Zorn Gottes über unser verkehrtes Leben oder eine ungünstige Konstellation der Sterne sie hervorgerufen habe. Unser Leser wird die Strukturen der beiden Werke vergleichen und feststellen: Dantes Hölle hat einen klar erkennbaren Eingang, das Höllentor, und Dantes (Dante 1) Wanderung verlaufe eindeutig bis zu einem letzten, ebenfalls klar als äußerste Stufe bezeichneten Ende, bei dem Dante 2 nicht ausruht; er muß auffallend schnell zur Erde zurück und seinen Dichterauftrag erfüllen. Es gibt die Hölle mit ihrem scharf bezeichneten Eingang und Tiefstpunkt, und es gibt zwei ähnlich durch Eingangsformalitäten und Höchstpunkt begrenzte andere Reiche. Die Dreiteilung zeichnet sich deutlich ab: Der zunächst verirrte, in einer Krise befindliche Dante wird geheilt, indem Vergil ihn durch die drei Bereiche führt. Er soll zuerst die Menschen sehen, die das Gut des Intellekts verfehlen, dann Menschen oder vielmehr Schatten, die sich reinigen, und schließlich solche, die ihr Ziel erreichen.

Das Decameron hat eine solche Gliederung nicht. Es übernimmt zwar die Hundertzahl der Abschnitte, aber kein Handlungsfaden verbindet die 100 Geschichten; jede hat andere Protagonisten; jede hat ein anderes Umfeld, und acht der zehn Tage haben ein eigenes, anderes Thema. Gleich am Anfang des Decameron tritt uns eine einzelne Person entgegen, nämlich der Verfasser; aber er gehört zum Rahmen, nicht zum Inhalt der Novellen; pointiert tritt er noch einmal hervor in der Einleitung zum vierten Tag. Die erste Novelle des ersten Tags zeigt: Wir sind auf der Erde, nicht in Himmel oder Hölle, wir sind unter italienischen Kaufleuten; die zweite Novelle erzählt von Unterhaltungen eines Kaufmanns mit Abraham, seinem jüdischen Freund; in der dritten Novelle entgeht ein gewitzter und nachdenklicher Jude einer Falle, die der Sultan, der Geld braucht, ihm gestellt hat. Die vierte Novelle schildert den moralischen Verfall in einem Benediktinerkloster draußen auf dem Land: Ein Novize sieht zufällig eine hübsche junge Frau, fällt in der fleischlichen Versuchung, sein Abt will ihn bestrafen, aber fällt in derselben Versuchung, nur ist er verlogener und raffinierter: seine Verdorbenheit hat Methode.

Wieso beziehen diese vier Szenen sich auf den Anfang des Inferno? Boccaccios erste Novelle zeigt: Selbst eine Ausnahmeerscheinung wie der gelehrte und anständige Mönch kann nicht ins Innere eines anderen Menschen sehen, zumal nicht des schlechtesten Menschen der Welt, eines Geldmanns und Advokaten aus Prato im Dienst Bonifaz’ VIII.; er glaubt das aber. Weil er die geheuchelten Tränen des Sünders sieht, glaubt er dessen Reue zu sehen; er denkt noch altmodisch, Seelenzustände seien sichtbar, und folgert, der Lügner sei ein Heiliger. Er täuscht sich und die Stadt und setzt dessen Kult beim wundersüchtigen Volk und beim geldinteressierten Klerus durch. Ergebnis: Wenn es dieser weiße Rabe nicht gekonnt hat, dann kann es niemand: Kein Mensch kann einem anderen den Platz im Jenseits anweisen.

In der zweiten Novelle will Abraham sich zum Christentum bekehren; er will nur noch schnell seinen Glauben durch einen Besuch beim Stellvertreter Christi auf Erden stärken. Aber er findet Papst und Kurie so verlottert und korrupt, daß er folgert: Dies muß die wahre Religion sein. Denn die Kirchenleute setzen alles daran, sie zu zerstören; wenn sie sich dennoch erhält, beweist Gott mit diesem unbegreiflichen Wunder, daß ihre Lehre wahr ist. Nur noch diese Paradoxie beweist die Wahrheit der christlichen Religion. Vernünftigerweise müßte Abraham Jude bleiben. Die christliche Religion macht die Menschen nicht besser.

Die dritte Novelle, die Ringparabel, lehrt: Die drei mittelmeerischen Religionen sind nicht am Wahrheitsgehalt unterscheidbar: Die Frage nach der wahren Religion bleibt offen.

Zusammengefaßt heißt das: Boccaccio hielt die Kirche für genauso korrupt wie Dante. Aber zweierlei hat sich verändert. Erstens: Es ist unmöglich geworden, innere Dispositionen fremder Personen sicher zu erkennen. Daher kann ein Dichter keine Jenseitsplätze mehr verteilen. Zweitens: Kein rationaler Leitfaden führt mehr zur Wahrheit des Christentums. Wir können die drei Religionen nicht nach ihrem Wahrheitswert beurteilen. Schon gar nicht nach ihrer Kraft, ein anständiges Leben zu ermöglichen; das beweist die negative Klosterlegende. Dante bleibt präsent in Boccaccios Analyse der Amoralität der Geldgier von Advokaten, in der Verurteilung der Geldwirtschaft des Papstes. Was Dante über die Kirche schreibt, bestätigt bei Boccaccio jeder Tag, aber Dantes Jenseitsgewißheit, sein Eifer, den wahren Glauben zu bekennen, und seine vermeintliche Kompetenz, Himmelssitze zu vergeben und Höllenqualen zuzuweisen, kann Giovanni aus Certaldo, der sich selbst einmal Johannes den Nützlichen nennt, Johannes utilitatum, nicht fortsetzen. Er will sich an das halten, was wir sehen.

Die wichtigsten Stellen für diesen Zusammenhang sind:

Erste Novelle § 72: Der Beichtvater behauptet, er sehe die Reue.

Erste Novelle § 89: Das Jenseitsschicksal des Advokaten aus Prato, sagt der Erzähler, ist mir verborgen, aber ich urteile nur nach dem, was nach außen erscheinen kann, ma per ciò che quest n’è occulto, secondo quello che ne può apparire ragiono.

Also beschränkt der Erzähler sich aus erkenntnistheoretischen Bedenken auf die sichtbare Welt. Er nimmt Abschied von Dantes Jenseitsgewißheit.

Boccaccio behält die 100-Teile-Struktur bei, aber nicht die Dreiteilung der Jenseitsbereiche. Diese kommen noch vor, aber als Redensarten und Machtinstrumente korrupter, täuschenwollender Mönche. Sie sind herabgesunken auf die Stufe orientalischer Zauberpulver.

Es ist, als sage Boccaccio am Anfang des Decameron: Ich habe von Dantes Erfahrungsreichtum gelernt, von seiner Kritik an Geldgesellschaft und Kirche, aber seine Jenseitsarchitektur, seine eindeutige Wegrichtung, zuerst nach unten, dann immer weiter nach oben, kann ich nicht nachvollziehen: Ich bleibe beim Beobachten irdischer Dinge, ich erzähle, was die Menschen äußern, ich achte auf die Kohärenz ihrer Reden. Für deren Beurteilung brauche auch ich ethisch-politische Maßstäbe, philosophische Wertkonzepte, wie Dante sie wußte, aber sie erlauben mir nicht mehr, Weltgericht zu halten. Die Meinungen über Kriterien gehen auseinander, neue müssen gesucht werden, daher lasse ich zehn junge Leute erzählen; ich dezentralisiere die Weltbetrachtung; sie erfolgt nicht ohne Urteil über Gut und Böse, aber dieses Urteil bezieht sich auf Folgen von Handlungen, nicht auf Gesinnungen und jenseitige Bestrafungen; diese bleiben verborgen. Zwischen Dante und mir liegen die Erfahrungen von Wirtschaftskrisen und von der Ohnmacht der Menschen vor der Pest, vor allem aber hat sich im Denken Entscheidendes verschoben: Der Übergang vom Sehen zum Wissen ist inzwischen ein Problem. Für Dante war es das noch nicht.[831]   Der Übergang von Hier nach Dort, von der Welt zu Gottes Weisheit, von der Pest zu Gottes Zorn oder zur astronomischen Konstellation ist mir nicht mehr möglich. Ich beobachte Menschen, ich untersuche ihre Reden. Was wir sehen, bleibt Außenseite, zeigt nicht die Seele. Die Seele bleibt im Dunklen. Aber auch die einfachen irdischen Kausalverbindungen sind unsicher: Die medizinische Wissenschaft wußte nicht, woher die Pest kam. Die juristischen Fachleute konnten das Zusammenleben nicht regeln.

Diese Zurücknahme der lange geltenden Erkenntniszuversicht fordert eine neue Art zu dichten. Alle Dichtung ist Fiktion und enthält als solche Wahrheit. Die Bibel ist Gottes Poesie; die Theologie ist eine Art wahrer Dichtung. Dante konnte sein Ich zum Repräsentanten der ganzen Menschheit machen; er hatte eine ›realistische‹ – ›realistisch‹ im Sinne der Parteien des Universalienstreites – Auffassung des Universalen: das ›Wesen‹ des Einzelnen war ihm das Allgemeine, Bleibende. Aber Boccaccio berichtet von perspektivengebundenen Sichten, von betont individuellen Erfahrungen, die der Leser aus seiner Sicht als allgemein gültig anerkennen kann oder auch nicht. Er gibt individuelle Sichten; die Leser können sie sich individuell aneignen, sie verbessern oder zurückweisen.

Was blieb einem Dichter nach dem Zusammenbruch der Jenseitsgewißheit, der Seelendurchsichtigkeit und der Reichsillusion Dantes? Er konnte seine individuellen Erfahrungen lyrisch stilisieren. Von seinem eigenen Gefühl, von seiner Liebe oder seinem Haß konnte er noch als von etwas Gewissem ausgehen. Dies tat Petrarca in seiner italienischen Lyrik. Oder er konnte wie Boccaccio Menschenschicksale so täuschend fingierend beschreiben, also mit ausgewähltem empirischen Material plausibel machen, daß aus ihnen etwas für unser Tun und Lassen zu lernen war, nichts freilich über den metaphysischen Grund der Welt, über die letzte Ursache der Pest oder gar über das wohlorganisierte Jenseits als Einheitsziel allen menschlichen Lebens. Nicht einmal das vernünftig erkennbare Naturziel irdischer Glückseligkeit ist kollektiv organisierbar. Die Kirche, von der man dies im 13. Jahrhundert hätte erwarten können, war so auf Geld und Machterhalt aus, daß von ihr für das Menschheitsziel nichts mehr zu erwarten war. Die Ideallandschaft, in der Eva und Adam kurz lebten, dient nur noch als Staffage, der Ausmalung des Landaufenthaltes einer Gruppe reicher florentinischer Jugendlicher.

Ein solcher Prozeß der Zurücknahme der Erkenntniszuversicht, eine solche Minderung oder Vernichtung des Vernunftvertrauens in eine erkennbare gerechte Jenseitsordnung ist kaum die Sache eines Einzelnen. Zwischen 1320 und 1350 hat sich das Verhältnis von Vernunft und Wirklichkeit verändert; etwas hat sich kulturell, intellektuell, kollektiv verschoben. Bedeutung und Erkennbarkeit des Jenseits haben abgenommen; die Menschen zweifeln mehr an Behauptungen übers Jenseits; der Klerus hat jedenfalls in Florenz das Vertrauen verspielt; das Innere des Menschen ist schon für das Diesseits und seine Seelenzustände undurchschaubar geworden. Nach drüben ist die Aussicht uns verrannt; die alten philosophischen Argumente für die Wahrheit unserer Religion, die Dante ausdrücklich noch anerkannte, stehen auf dem Kopf; ihre Wahrheit ist, wie der Jude vor Saladin zeigt, unerkennbar geworden; nur eine verrückt-paradoxe Rechtfertigung wie die des Juden Abraham legt sie noch nahe. Selbst schlichte Sehakte sind zu bezweifeln: Sehen wir etwa, ob ein Mensch bereut?

Boccaccio könnte sagen: Wir müssen umlernen, wir müssen uns ans Gegebene halten. Wir hören immer noch Reden über Inneres und Jenseitiges: Beschränken wir uns aufs Erkennbare und untersuchen ihre Funktion im sozialen Leben! Wem nutzen sie, wem schaden sie? Wer redet warum über die Hölle? Nicht als wäre es mit der Feststellung des Gegebenen getan. Um die Menschenwelt so zu beschreiben, daß Nutzen herausspringt und Schaden eindeutig bezeichnet wird, brauchen wir Kriterien, Regeln. Diese kamen auch bei Dante nicht aus dem Jenseits, sie gründeten nicht nur auf dem Glauben, sondern auf einer Verbindung von Bibel, Aristoteles, Vergil, Cicero und Seneca; Boccaccio braucht wie Dante Sokrates, Platon und Aristoteles, Cicero, Seneca und Boethius; bei ihm ist diese Textarbeit dokumentiert erhalten. Seit Albert von Köln und Thomas von Aquino, seit dem Streit um die griechisch-arabische Philosophie, der in der Verurteilung von 1277 gipfelte, seit der Erstarrung der zerstrittenen Ordensschulen hat sich die intellektuelle Welt verwandelt: Jenseitsgewißheiten schwanden; Tatsachen und Texte wurden genauer studiert; Grenzen unserer Erkenntnis wurden hart analysiert; hohe Spekulationen hatten es immer schwerer.

Boccaccio spricht diese Gesamtentwicklung im Decameron nicht direkt aus, aber er bezeugt sie. Den intellektuellen Umbruch von 1274 bis 1340 belegt ein Brief oder Briefentwurf von Boccaccio an einen streitbaren Intellektuellen, vermutlich an Petrarca. Darin sagt Boccaccio, Dichter seien zum Studium der Philosophie verpflichtet. Er nennt als für Poeten unentbehrliche Quellen Philosophen und Naturforscher in einem Atem: Sokrates und Seneca, Euklid, Ptolemäus und Archimedes, dabei nennt er auch Wilhelm von Ockham. Der Brief stammt aus dem Jahr 1339; damals lebte Ockham noch zehn Jahre in München. Er polemisierte im Dienst Ludwigs des Bayern gegen die Politik und Politiktheorie des avignonesischen Papstes Johannes des XXII. Der Brief oder Briefentwurf wirft Probleme auf; er hat den Charakter einer bunten Leseliste. Mit der Empfehlung Ockhams konnte er bei Petrarca kaum Sympathie erregen, aber der Name steht nun einmal da. Boccaccio nennt Ockham als Lehrer der Logik, also nicht als politischen Denker, aber die aristotelische Logik und ihre mittelalterlichen Kommentatoren erörterten immer auch Fragen der Ontologie und der Philosophie der Erkenntnis, den Übergang vom Sehen zum Wissen. Charakteristisch dafür ist der Anfang der aristotelischen Schrift De interpretatione, Peri hermeneias. Dort erklärt Aristoteles das Verhältnis von Wort, Gedanke und Sache und geht damit über logische Fragen im Sinne der modernen Logik weit hinaus.[832]   Jetzt, um 1350, war die Harmonie dieser Beziehung gestört; eine Wandlung war eingetreten, die alles veränderte, was Menschen denken konnten. In der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts traten Sehen, Denken und Sprechen auseinander. Schlichte Rückkehr zu Dante war nicht mehr möglich. Dantes Intention war unentbehrlicher denn je, sie mußte mit neuen intellektuellen Konzepten und frischen künstlerischen Mitteln versucht werden.

2.

Der Läuterungsberg. Geographisches

Kehren wir zurück zu Dantes Purgatorio und beginnen mit etwas Geographie bzw. theologischer Geologie. Dante nahm an, Satan habe, als er vom Himmel zur Erde stürzte, ein gewaltiges trichterförmiges Loch in die Erde gerissen, das bis zum Erdmittelpunkt reicht, wo er seitdem im Eis steckt. Die Erdmasse, die der Teufel dabei verdrängte, sei auf der anderen Erdhälfte, die Dante sich nur mit Wasser bedeckt vorstellte, als ein riesiger Berg aus dem Ozean herausgetreten. Der Satan, in der Theorie ein rein geistiges Wesen, stürzte herab wie ein Meteorit. Sein Einschlag schuf einen Krater, die Hölle, und auf der anderen Seite der Kugel eine Erdaufschüttung, den Fegeberg oder das Purgatorium, der antipodisch zu Jerusalem liegt, wo die Höllenöffnung gähnt. Das Fegefeuer ist also bei Dante keine Feuerhöhle im Erdinneren wie bei Thomas von Aquino, sondern ein Reinigungsberg, den die Seelen besteigen, bis sie oben auf der äußersten Hochebene das irdische Paradies erreichen. Dantes Purgatorio ist keine Strafkolonie, sondern eine Zone unterstützter Selbstreinigung. Es ist keine Hölle auf Zeit. Geographisch entspricht es umgekehrt dem Inferno. Die Stoffmasse des Kraters ist aufgetürmt zum hohen Berg.

Wie die Hölle gegliedert war, so hat auch das Purgatorio drei Teile: Im sog. Ante-Purgatorio warten die Seelen oft lange auf Zulassung (1–9); das eigentliche Purgatorio beschreibt in den canti 10–27 sieben Reinigungsstufen; zuletzt, auf der oberen Plattform, liegt das irdische Paradies (canti 28–33), der alte Garten Eden, in dem Dante Beatrice wiedertrifft und eine Prozession mit symbolischen Figuren sieht.

Die sieben Stufen der Reinigung sind gegliedert nach den sieben Hauptlastern; nur kommen im Purgatorio die schwersten Sünder zuerst, nämlich die Stolzen (canti 10–12), die im Inferno ganz unten waren. Ihnen folgen die Neidischen (canti 13–15), dann die Zornigen (canti 15–17), die Trägen (canti 17–19), aber dieses Wort muß erklärt werden: Es sind die von acedia Betroffenen, von einer Art melancholischer Passivität, schließlich Geizige und Verschwender (canti 19–22). Die letzte Gruppe, also die mit den am wenigsten schweren Lastern, bilden die Schlemmer und die Wollüstigen (canti 23–27).

Der Läuterungsberg ist, wie man sieht, streng gegliedert, aber er ist kein geometrisches Produkt. Man darf ihn nicht zu rational zeichnen: Hier geschieht Überraschendes. Träume stehen jeweils am Anfang eines neuen Abschnitts des Aufstiegs. Oben angekommen, betreten wir das irdische Paradies. Im Unterschied zum Himmlischen Paradies, wo Gott und die Seligen wohnen, ist es der körperliche Raum, in den Adam bei der Erschaffung versetzt und aus dem er vertrieben wurde, weil er die verbotene Frucht aß, die seine Gattin ihm reichte und von der er wußte, daß sie ihm verboten war. Der Hölleneingang ist breit; die Seelenmassen regnen dort nur so hinein; der Purgatorio-Eingang ist eng und streng bewacht.

Mindestens vier Merkmale fallen auf, steigt man vom Inferno zum Purgatorio auf. Erstens, hier herrscht Bewegung. Im Inferno bewegen sich im wesentlichen nur die beiden Dichter; die Verdammten sind nicht genau an die Stelle gebunden, wohl aber an ihren Kreis. Vergil darf hindurchwandern; dieses Privileg erhielt er nur zur Rettung Dantes. Aber im Purgatorio wandern alle, mehr oder weniger schnell: alle wollen, alle müssen nach oben. Also nicht nur die Dichter steigen auf, sondern auch die Scharen der Schatten. Daher kommt es zur lebhaften Erfahrung der Zeit, daher die vielen Zeitangaben. Zeit ist hier zwar noch nicht Geld, aber Verkürzung des Läuterungsaufenthalts, und das zählt. Vergil drängelt immer: Wer denkt, sagt er, empfindet Zeitverlust als besonders schädlich.


Zweitens: Der Aufstieg ist schwer, mancher ermattet. Die Sünder werden an ihren Schattenkörpern auch physisch bestraft, den Neidischen werden mit Draht die Augen zugenäht, am Ende ist ein Feuerring zu durchschreiten. Allzu sanft geht es nicht zu. Aber niemand wird wie in der Hölle gefoltert. Die Seelen sollen sich selbst reinigen, indem sie über sich selbst nachdenken und ihre Taten an der antiken Ethik und an deren Vertiefung in der neutestamentlichen Lehre von den Glückseligkeiten, also an der Ethik der Bergpredigt, messen. Weniger zählt, was ihnen angetan wird, mehr, was sie selbst erarbeiten. Das Fegefeuer ist kein Gefängnis, in dem weniger böse Sünder eine zeitlich begrenzte Feuerstrafe absitzen, sondern es ist die Einrichtung, in der, wie es gleich am Anfang heißt, l’umano spirito si purga (1, 5). Die Gnade von oben kommt zu Hilfe; kein Teufel tritt hindernd entgegen; Engel zeigen sich behilflich, die Laster zu tilgen. Es tritt eine teuflische Schlange auf, aber zwei Engel vertreiben sie.

Es wird gesungen und gebetet; man hört keine Schmerzensschreie wie in der Hölle. Dante schuf die eher kirchlich-fromme Atmosphäre einer Klosterliturgie, fügte aber mächtige pagane Einlagen hinzu, gleichberechtigte antike Motive. Er konstruiert auffällig gleichgewichtig zwischen die neutestamentlichen Sentenzen und Bilder, zwischen Seligpreisungen der Milde, der Barmherzigkeit, der Demut, der Armut und des Hungers nach Gerechtigkeit antik-mythologische Figuren und antik-philosophische Konzepte. Psalmengesänge begleiten den Weg (5, 24); kirchliche Hymnen ertönen; der liturgische Abendgesang ist zu hören: Te lucis ante terminum (8, 13); der Lobgesang Te deum liegt in der Luft (9, 140); das Pater noster ist vertont (11, 1–7), aber auch die weltlichen Dichter, Künstler und Sänger sind intensiv gegenwärtig, Vergil sowieso, aber auch Casella und der Maler Oderisi, wir hören Sordello und Statius.

Das Purgatorio ist nach der rauhen Hölle die Cantica der Sanftheit, des höfisch-höflichen Umgangs, der dolcezza der Töne. Wir hören Gesänge, wir bewegen uns in einer Atmosphäre der Zuwendung und des Aufstiegs. Zwar erklingen auch Trauertöne des Exils (besonders in 7) und des Heimwehs der Seefahrer (8, 1–9). Auf den unteren Rängen, wo die schwereren Laster gebüßt werden, wird auch hart bestraft. Aber die Seelen sind sich der Glückseligkeit des Endes sicher. Sie haben Hoffnung. Am Ende, oben, wird das göttliche Bild im Menschen, das nie ganz ausgelöscht war, gereinigt und wiederhergestellt sein.


Drittens: Wenn die Bewohner der Hölle etwas vom Durchwandernden erbitten, dann ist es die Wiederherstellung ihrer Ehre, die Sicherung ihres Ruhmes im bleibenden Kunstwerk Dantes. Im Purgatorio wünschen sie, daß er, wenn er zurückgekehrt ist, auf der Erde Bittgebete für sie anrege; diese seien das einzige, was ihnen helfen könnte, die lange Wanderzeit abzukürzen. Aber können Bittgebete den einmal gefällten, unwandelbaren Richterspruch Gottes abändern? Sie können es, sagt Dante, weil Gott selbst auf diese Weise durch Liebe besiegt werden will.

Seither habe ich kaum von Beatrice gesprochen, die doch die Reise gewollt hat, die zu ihr hinführt. Ich werde das später nachholen, aber jetzt ist schon zu erwähnen: Am Ende des Purgatorio trifft Dante erstmals wieder Beatrice in einem spannungsreichen Rendezvous (30, 73–145; 31, 37–81). Unterwegs, wenn unser Wanderer, der im Unterschied zu Vergil einen gewichtigen Leib den Berg hinaufschaffen muß, zu ermatten droht, treibt ihn die Aussicht wieder an, daß er oben, im irdischen Paradies, Beatrice wiedersehen wird (6, 43–51).


Viertens: In den Pausen des mühsamen Aufstiegs kommt es zu theoretischen Unterhaltungen. In keinem der drei Teile wird so viel philosophiert wie im Purgatorio. Dante vertieft jetzt, was vorher angerissen war: seine Poetik, seine Position zu Literatur und Kunst, zu den Dichtern vor ihm, besonders zu Vergil (22, 37–73) und zum Dolce Stil Nuovo (24 und 26, 78–138); er spricht über Künstlerstolz (11, 79–120) und über seine eigene Art des Dichtens. Er präzisiert seine Position in der Politik, so in den Gesprächen mit Sordello (6, 76–151) und Aldobrandesco (11, 58–72); er verwandelt seine Beschreibung des Arnotals in eine wütende Invektive (14, 16–58): Der Geldsinn hat alles korrumpiert.

Im Purgatorio klärt Dante eine Reihe theoretischer Probleme:

Er erklärt den Unterschied zwischen dem wahren Guten, das allgemeinen Charakter hat, also von vielen besessen werden kann, im Unterschied zu partikulärem Besitz, der Gemeinsames ausschließt und folglich Streit auslöst (15, 40–81). Er verteidigt die Willensfreiheit gegen theologischen und astrologischen Determinismus (16, 52–118). Er philosophiert über das Verhältnis von Leib und Seele. Er sagt uns, was ein ›Schatten‹ ist (25, 31–108); im Purgatorio herrscht das Pathos der Selbstbestimmung, des Innengeleitetseins der Büßenden. Ausführlich entwickelt Vergil die Theorie der Liebe, auch der Strafe (17, 91–139 und 18, 13–70): Liebe liegt jeder menschlichen Handlung zugrunde. Sie ist die Antriebskraft zu allem. Naturhafte Liebe irrt nie. Wird die Liebe vom Intellekt geleitet, kann sie irren. Sie kann das falsche Objekt lieben oder den richtigen Inhalt zu sehr oder zu wenig schätzen. Das sind die Gesichtspunkte, die der Struktur des Purgatorio zugrunde liegen. Aber das Purgatorio ist nicht bloßes Lehrgedicht: Es wird gelitten. Dante und sein Leser empfinden den Schmerz, daß Vergil am Ende zurück muß in die Hölle (27, 115–142). Das versteht weder Dante noch wir: dieser noble, einfühlsame, weise Mann kommt nie ins Paradies, die sympathischste Figur der ganzen Komödie bleibt ewig draußen; ihm fehlt nichts als das bißchen Wasser der Taufe. Die Wendung vom bißchen Wasser der Taufe stammt nicht von mir, sondern von Papst Pius II.

3.

Cato und Casella (canti 1 und 2)

Die Jenseitswanderer kommen, beglückt vom Morgenlicht und heller Luft, gestärkt vom Anblick strahlender Sterne der Südhemisphäre, die seit Adam kein Mensch mehr gesehen hat, am Fuß des Läuterungsberges an, der eine Insel im Weltmeer ist. Der Dichter der Commedia ruft die Musen an, ihm zu helfen. Die Musen nennt er heilig: Ich gehöre ganz euch (1, 8):

O sante Muse, poi che vostro sono …

Am Eingang treffen sie einen würdigen alten Mann, der sich wundert, daß Leute aus dem Inferno herausgekommen sind. Er fürchtet neue Unregelmäßigkeit, aber Vergil klärt ihn auf. Höhere Himmelsdamen haben ihn beauftragt, diesem Mann da, der noch lebt, das Jenseits zu zeigen. Und dann charakterisiert er seinen Schützling (1, 71–72; Übersetzung S. 145):

Libertà va cercando, ch’ è si cara,
Come sa chi per lei vita rifiuta.

Der würdige Greis ist kein anderer als Cato, der sich in Utica das Leben nahm, als er sah, daß Caesar gesiegt hat und die republikanische Freiheit abgeschafft war. Christus hat Cato aus der Hölle, aus dem Limbus herausgenommen und ihn zum Wächter des Zugangs bestimmt. Augustin hatte den Suizid streng verworfen; auch Dante sah ihn als Verstoß gegen die Natur an, aber hier stellt er diese Bewertung zurück und macht Cato zum Aufseher über das Purgatorio. Er preist ihn: Cato hat den Wert der Freiheit vorgelebt, und als sie verlorenging, verweigerte er das Weiterleben. Dante nennt den Heiden und Selbstmörder Cato heilig.

Dante charakterisiert sich hier als den, der libertà sucht, ohne zu sagen, was libertà heißt. Er assoziiert sie mit Catos Selbsttötung aus politischem Anlaß. Klar liegt darin die Verwerfung der Tyrannei; sie ist schlimmer als der Tod. Mancher Kommentator bemüht sich hinzuzudenken, Freiheit sei gemeint als Reinigung von Sünden, die am Reinigungsberg stattfindet. Dazu hätte jeder Mann aus dem Heer der christlichen Märtyrer besser gepaßt. Cato ist der Mann von Strenge und Rechtlichkeit, er ist kein Christ, aber ein Heide im Besitz der natürlichen Tugenden, deren Wert im Purgatorio anerkannt und um die Ethik der Bergpredigt erweitert ist. Er beauftragt Vergil, Dantes Gesicht vom Höllenstaub zu reinigen und ihn mit weichem Schilf zu gürten. Kleiner Wink Dantes: Du verstehst: Das Nachgiebige ist stärker als das Starre.

Gleich im zweiten canto sehen wir Cato in Aktion: Ein Engel hat ein Schiff voller Schatten herangeführt, die zum Aufstieg bestimmt sind. Darunter ist ein Freund Dantes, der Sänger Casella. Casella löst sich aus der Schar, Dante erkennt ihn und begrüßt ihn freudig, umarmt den Schatten und erschrickt: Es ist nur ein Schatten. Aber er kann reden und singen; Dante bittet ihn, er möge das Liebeslied singen, das imstande sei, sein ganzes Verlangen zu stillen (2, 108), und Casella stimmt ein Liebeslied Dantes an:

Amor, che nella mente mi ragiona.

Alle sind beglückt, Vergil und die neu Angekommenen lauschen mit Hingebung, als hätten sie sonst nichts vor. Die Musik nimmt sie heraus aus der Situation, aus der Aufstiegspflicht. Aber da kommt der alte Cato donnernd heran: Was ist denn hier los? Che è ciò? Ihr langsamen Geister! (2, 118). Er treibt die Seelen an. Sie sind nicht hier, um sich an Liebesliedern zu berauschen. Hier herrscht die Härte des Lebens, nicht die Heiterkeit der Kunst. Augustin hatte in Confessiones 10 die Schönheit selbst der Kirchengesänge als Versuchung beschrieben. Cato vertritt die Eindeutigkeit des zielgerichteten Wegs. Konzerteinlagen sind nicht vorgesehen.

4.

Das Unglück Italiens. Sordello

Italiens Unglück, der Zusammenbruch der Reichsidee und der Reichsmacht, das sind neben Beatrice-Sehnsucht, Kirchenkritik und Antikeintegration Dantes große Themen. Sie flammen immer wieder auf: Im Inferno 6 hatte der Schlemmer Ciacco schon das düstere Schicksal von Florenz vorausgesagt (Inf. 6, 63 – 91). So beklagt der Troubadour Sordello in Purgatorio 6 das Unglück Italiens. Er stammt wie Vergil aus Mantova. Vergil tritt auf die verwandte Seele zu (Purg. 6, 58–151):

Wir kamen zu ihr hin: O lombardische Seele, wie hochgesinnt und unnahbar standst du da! Wie ernst und langsam in der Bewegung deiner Augen!
Sie sagte kein einziges Wort. Sie ließ uns vorbeigehen und folgte uns nur mit dem Blick wie ein Löwe, der ruht. Dennoch ging Vergil zu ihr hin und bat sie, uns den besseren Aufstieg zu zeigen. Aber sie antwortete nicht auf seine Frage, sondern erkundigte sich nach unserem Land und Leben, und der liebe Begleiter begann: »Mantua …«, und der Schatten, soeben noch ganz verschlossen in sich, sprang auf von der Stelle, wo er vorher stand, ihm entgegen und rief: »O Mantuaner! Ich bin Sordello aus deiner Stadt«, und sie umarmten einander.[833]  

Dante sieht, wie gemeinsame Herkunft die beiden Dichter verbindet, und bricht in den Friedensaufruf an Italien aus: Die freundschaftliche Begrüßung zwischen Vergil und Sordello beweist, wie stark die Verbindung zwischen zwei Mantuanern ist, und doch ist in Italien kein Frieden, weder in den Städten noch unter ihnen.

O weh, Sklavin Italia, du Haus des Schmerzes! Schiff ohne Steuermann in schweren Stürmen! Nicht Herrin, sondern Hure der Länder! Diese vornehme Seele war so erregt allein schon beim süßen Klang ihrer Stadt, daß sie ihren Mitbürger festlich empfing, aber die Menschen, die jetzt in dir leben, sind nie ohne Krieg. Einer frißt den anderen auf – Menschen, die ein und dieselbe Mauer und derselbe Graben umschließt.

Sordellos Klage beginnt als Wehklage über die geschundene Italia, weitet sich aus zur Kritik an der Kirche, an ihrer weltlichen Macht und daß sie dem Kaiser den Gehorsam verweigert, wendet sich dann an den Kaiser und zuletzt an die Stadt Florenz. Sordello spricht zu König Albrecht von Habsburg. Albrecht wurde 1308 von einem Neffen ermordet. Es war schon geschehen, was hier nach 1308 ex eventu prophezeit wird. Albrechts Nachfolger wurde Heinrich VII., der Luxemburger, auf den Dante seine Hoffnung für Italien setzte. Er ist der eigentliche Adressat der Rede. – Daraus ergeben sich Vorschläge zur Abfassungszeit: Das Purgatorio ist sicher nach 1308 verfaßt. Das Inferno war schon länger abgeschlossen und wurde 1314 publiziert. Damals war das Purgatorio in Arbeit und vielleicht zwei Jahre später beendet.[834]  

5.

Kleine Schönheiten, große Bosheiten

Der Leser Dantes steht zwischen zwei Gefahren: Entweder er konzentriert sich auf übergeordnete Themen der Theologie, der Kosmologie, der Politik und wird starr, ideologisch und bleibt kunstfern – manche machen gar aus der Commedia einen Katechismus in Versen –, oder er widmet sich liebevoll den Details, wird sprach- und bilderfreundlich, erkennt in Dante den Dichter und vernachlässigt den Denker. Bevor ich, wie unvermeidlich, noch einmal auf die Politik zurückkomme, notiere ich wenige poetische Finessen.

Da war die schon erwähnte Szene, wo Casella, der sich aus der Schar löst, Dante erkennt und ihn bittet, nicht gleich weiterzugehen (Purg. 2, 85–88).


Dantes Kirchenkritik ist hart; mehrere Päpste steckt er in die Hölle, wenige in das Purgatorio, darunter Martin IV. aus Tours, italienisch Torso, der 1285 nach reichlichem Genuß von Aal, der in Vernaccia gebraten war, gestorben sein soll. Jeder, der einmal am Lago di Bolsena Fisch gegessen und Wein getrunken hat, wird dem schlemmenden heiligen Vater diese kleine Schwäche nachsehen und sich an der papstkritischen Miniatur erfreuen (24, 22–24).

Dante kritisiert den Papst ohne Verbissenheit, ohne Prinzipienreiterei, verschmitzt und in äußerster Einfachheit. Aber ich habe schon darauf hingewiesen, mit welchem raffinierten Effekt er den Arm des heiligen Vaters reimt auf den Wein vom Lago di Bolsena:

Le sue braccia
E la vernaccia.

Das Purgatorio bringt einige breitausholende, volltönende poetische Metaphern: Polternd stört Cato die Seelenschar, die dem Liebeslied lauscht, wie aufgescheuchte Tauben, die beim Fressen waren und die ein plötzlicher Knall aufjagt (2, 124–133).

Oder die Seelen treten aus einem Engpaß am Läuterungsberg zögernd heraus wie Schafe aus dem Gehege (3, 79–87):

Wie Schafe aus dem Gehege kommen, erst eins, dann zwei, dann drei, während die anderen ängstlich stehenbleiben, Auge und Maul am Boden, und die anderen machen dann, was das erste Schaf machte, drängen sich an es heran, wenn es stehenbleibt, einfach und still, und sie wissen den Grund nicht, so sah ich die Spitze dieser begünstigten Herde auf uns zukommen, verhaltenen Gesichts und in würdigem Gang.

Oder noch einfacher: Der Aufstieg geht durch eine Enge, die so verschlossen ist, wie Weinbauern die Wingertwege verrammeln, wenn die Trauben reif sind (4, 19–24).

Die Vergleiche stammen aus der Erfahrung der Bauern. Sie geben zum hohen Thema vertrauten Zugang.

6.

Politik im ›Purgatorio‹

Ich komme zur Politik, darauf achtend, wie Dante sie ausdrückt. Im 14. canto wird Dante angeredet, er möge doch sagen, woher er kommt. Er drückt sich etwas umwunden aus: Er sagt, er komme aus dem Arnotal, aber er vermeidet den Namen des Flusses, erst recht den von Florenz. Sein Unterredner wundert sich (14, 25–30):

»Warum verschwieg er den Namen dieses Flusses, ganz so, wie man schreckliche Dinge nicht beim Namen nennt?« Der Schatten, der so gefragt wurde, gab die schuldige Antwort: »Ich weiß es nicht. Aber es ist schon recht, daß der Name dieses Flusses verschwindet.«

Dante beschreibt dann das Arnotal.[835]   Er findet im Casentino nur Schweine, bei Arezzo nur Kläffer, in Florenz nur Wölfe und in Pisa nur Füchse. Vor Arezzo macht der Flußlauf einen scharfen Knick: Er wendet voll Verachtung die Schnauze ab. Bevor es eine schlicht informierende, wertfreie Heimatkunde der Toscana gab, stand diese polemische Landschaftsskizze Dantes.

Die Politik im Purgatorio endet nicht mit dem 14. canto; sie durchzieht die ganze cantica bis hinauf zur höchsten Spitze: Dante kritisiert die französische Politik wegen ihrer Reichsfeindlichkeit und Vereinnahmung des Papsttums; er legt Hugo Capet ihr Sündenregister in den Mund (20, 42–125). Und ganz am Ende, vor dem Übergang ins überirdische Paradies (33, 37–45), prophezeit Beatrice in verschlüsselter Form einen machtvollen, auch politischen Retter; sie benennt ihn spielend mit der Zahl 515, was man als DXV oder DVX lesen kann, also duce, die Wonne faschistischer Dante-Ausleger.

Das alles heißt nicht, das Purgatorio sei nur oder primär politisch zu lesen. Es ist Seelenarbeit, auch Strafe und Selbstbesinnung. Da trifft Dante einen berühmten Künstler, der sich von seiner Eitelkeit reinigt und von dem Wahn, immer der Erste sein zu müssen (11, ab Vers 73). Er stöhnt:

Mein Herz war immer darauf aus, der Erste zu sein. Für diesen Hochmut zahlt man hier die Rechnung, und ich wäre nicht einmal hier, hätte ich mich nicht, solange ich noch sündigen konnte, Gott zugewandt. Oh, eitler Ruhm menschlichen Könnens!

Wie Dante das Arnotal ethisch-politisch analysiert, so geht er die neuesten Kunstrichtungen durch und schiebt noch seine Florenz-Kritik ein. Alles Getue, alles Konkurrieren der Künstler ist eitel; Ruhm vergeht schnell. Cimabue ist schon vergessen. Jetzt, im Purgatorio, kann Oderisi den Konkurrenten nennen und ihm den Vortritt lassen, als Lebender hätte er es nicht gekonnt, und dafür büßt er jetzt. Er arbeitet an sich.

7.

Das irdische Paradies

Mit canto 28 erreichen die Dichter das irdische Paradies.[836]   Dante, frei von allem Zwang, betritt eine Ideallandschaft; es ist das Muster einer harmonischen Landschaft, eines locus amoenus. Er kommt an den Fluß Lethe, der die Erinnerung an alle bösen Taten löscht. In der schönen Waldlandschaft bewegt sich harmonisch, Blumen pflückend, wie ein Teil der Natur, eine schöne Frau. Ihren Namen erfahren wir erst später: Matelda. Hier oben lebt der Mensch im Einklang mit der Natur. Der Zeitdruck des Aufstiegs ist gewichen. Wir sind nach Höllenqualm und Aufstiegsmühe im irdischen Paradies, in der versöhnten Natur (Übersetzung S. 253–256).


Dantes Sprache geht hier auf dem Teppich der römischen Dichtung: Das Blumenpflücken der fremden Frau erinnert ihn an Persephone, die Tochter der Erdmutter Demeter. Diese wurde – nach Ovid, Metamorphosen 5, 385ff. – beim Blumenpflücken vom Totengott Hades geraubt und in die Unterwelt entführt. Sie verlor den Frühling – also alle Blumen, die sie gepflückt hatte.

An Ovids Metamorphosen 10, 525 erinnert auch ein anderes Detail des Textes: Die Göttin der Liebe wurde von einem Pfeil ihres Sohnes Cupido getroffen, gegen seinen Willen. Canto 28 fängt an wie eine Liebesgeschichte, auch mit der Erinnerung an Hero und Leander. Aber die Frau bleibt so unnahbar wie liebenswürdig und freundlich. Ihre Rolle bleibt unbestimmt, zart, pastellfarben; sie ist eine schöne junge Frau, sie tanzt und singt, weckt Lebenslust und erweist sich als naturkundig. Ist sie die Freundin Beatrices, ihre Abgesandte? Man weiß es nicht und wird es auch später nicht erfahren. Sie wird Dante im Lethefluss baden, aber zuvor hat der immer wißbegierige Dante eine naturwissenschaftliche Frage: Er hatte kurz vorher gelernt, daß keine meteorologische Störung das irdische Paradies erreicht, aber jetzt hört er Blätter rauschen, spürt Wind. Er will wissen, wie das kommt. Sie kennt sich aus und ist bereit, es zu erklären. Aber sie übt auch auf Dante erotische Faszination aus in der Atmosphäre versöhnter Natur.

Sie erklärt ihm die Meteorologie: Dieser Berg ist so hoch gelegen, damit irdische Ausdünstungen, die Turbulenzen erzeugen, ihn nicht erreichen. Es gibt keine Gewitter und keine Stürme. Von all dem ist er frei. Aber weil durch die Drehung des primum mobile die gesamte Luft rings um die Erde sich dreht, trifft diese Luftbewegung in dieser Höhe auf, die vollkommen frei in die lebendige Luft ragt, und bringt den Wald, der dicht belaubt ist, zum Rauschen.

Die Pflanzen, geschüttelt, vermögen so viel; sie schwängern mit Wirkenskraft und Samen die Luft, und diese streut sie kreisend aus. Die Erde unten empfängt und gebiert je nach der Güte ihres Bodens und ihres Himmels verschiedene Gewächse unterschiedlicher Wirkkraft. Es wäre kein Wunder, wüchse eine Pflanze dort unten ohne sichtbaren Samen auf. Das heilige Land hier oben ist voll von jeder Art Samen und bringt Früchte, die es drunten nicht gibt.

Mateldas Meta-Biologie und Meta-Meteorologie beruhigen Dante; er geht am Lethefluss entlang, Matelda auf der anderen Seite geht mit. Da erscheint eine feierliche Prozession. Lichtglanz und Gesang. Vorneweg sieben Kandelaber. Es folgen vierundzwanzig Greise. Vier Tiere umgeben einen Triumphwagen, den ein Greif zieht. Rechts von ihm schreiten drei Frauen, links von ihm vier. Zuletzt kommen sieben gekrönte Greise.

Die Prozession kommt zum Stehen, Beatrice kommt in einer Blumenwolke, Vergil geht unauffällig. Sie hält eine so scharfe Strafrede gegen Dante, daß sie damit selbst die Engel zum Einspruch bewegt. Aber hier oben wird nichts vergessen, vor dem Bad im Lethefluß. Sie erklärt den Engeln Dantes Schuld. Sie sagt (30, 108–114):

Dieser Mann war in seinem jungen Leben mit allen Möglichkeiten so ausgestattet, daß jede rechte Haltung in ihm sich wunderbar erwiesen hätte. Aber ein Acker verödet und verwildert bei schlechter Saat und unbebaut um so mehr, je mehr erdhaft-gute Kraft er besitzt. Für eine gewisse Zeit hielt ich ihn mit meinem Gesicht; indem ich ihm meine jungen Augen zeigte, nahm ich ihn mit mir in die rechte Richtung. Sobald ich aber auf der Schwelle zu meinem zweiten Lebensalter stand und mein Leben vertauschte, da entzog er sich mir und gab sich anderen hin. Ich war aufgestiegen vom Fleisch zum Geist; Schönheit und Tugend hatten in mir zugenommen, aber für ihn war ich weniger wert und weniger geschätzt. Er lenkte seine Schritte ab vom wahren Weg und folgte falschen Bildern des Guten, die ihr Versprechen nie halten.

Beatrice zwingt Dante zum Bekenntnis seiner Sünden. Danach bricht er zusammen, Matelda taucht ihn in den Lethefluß und führt ihn zu dem Wagen, auf dem Beatrice in ihrer ganzen Schönheit erscheint (canto 31). Der Triumphzug zieht – wir sind im Paradies von Eva und Adam – zum Baum der Erkenntnis. Der Wagen wird an dessen Stamm gebunden. Dante schläft kurz ein, und als er erwacht, sieht er: Der Greif, der den Wagen gezogen hat, und die Seligen haben den Wagen verlassen. Ein Ungeheuer nimmt den Wagen in Besitz und verschwindet damit im Wald (canto 32). Schließlich entfernen sich Beatrice, Dante und Matelda vom Baum der Erkenntnis. Beatrice sagt die Rettung der Kirche und die Stärkung der päpstlichen wie der kaiserlichen Macht voraus. Die Schar kommt ans Ufer des Flusses Eunoe. Dessen Wasser ruft die guten Taten in die Erinnerung zurück und vollendet die Läuterung.

8.

Rückblick auf das ›Purgatorio‹

Ich bin den canti 28 bis 33 brav nacherzählend gefolgt, erlaube mir aber nun eine Reihe von Bemerkungen:

Erstens: Das irdische Paradies auf den Fegefeuerberg im Weltmeer zu verlegen, war nicht die allgemeingültige Ansicht von Dantes Zeitgenossen. Diese behaupteten ein auffindbares Gelände im Zweistromland oder in der Nähe; die Theologen hatten deswegen im Zeitalter der Entdeckungen erhebliche Rückzugsprobleme. Dante war originell in seiner Gestaltung des Paradieses, wie er überhaupt im Purgatorio mehr Spielraum hatte als bei der Hölle. Die Purgatoriovorstellungen waren neueren Datums, wie Jacques Le Goff, La naissance du Purgatoire, leicht überzeichnend, gezeigt hat, aber sie waren weniger ausgebaut; sie waren so etwas wie die zeitlich befristete Hölle. Das irdische Paradies war die Möglichkeit, in den ursprünglich geplanten Menschenaufenthalt zurückzukehren; eine Wiederherstellung des Status quo vor dem Sündenfall.

Zweitens: Als Mainzer bin ich von Kind auf an Fastnachtswagen, Triumphzüge und Prozessionen gewöhnt, dennoch erregt Dantes Umzug mein Erstaunen. Dante hält an, ihn allegorisch zu deuten: Die Frauen links und rechts des Wagens sind die vier Kardinaltugenden der Philosophen; die drei Damen sind Glaube, Hoffnung und Liebe, die drei theologischen Tugenden. Der Greif ist Christus, in dem die menschliche Natur mit der göttlichen vereint ist. Ich würde es keinem Christgläubigen verargen, wenn er fände, Dante gehe in der Apotheose Beatrices zu weit, wenn er Christus vor ihren Triumphwagen spannt. Der extreme Plan der Commedia, eine verstorbene junge Frau so zu verherrlichen, wie noch nie eine Frau hochstilisiert worden ist, findet hier seinen extremen Ausdruck. Das paßt gut zur Commedia, gerade deswegen bleibt es befremdlich.

Drittens: Dante ist oben angekommen, aber er hört zunächst die harte Rede seiner Freundin. Sogar die Engel finden, sie treibe es zu grob, und versuchen, sie zu mäßigen. Sie sagen mit etwas anderen Worten, nämlich auf die feine englische Art: ›Wie gehst du mit deinem Freund um! Warum machst du den Mann so fertig?‹ Ihr Vorwurf lautet, daß er nach ihrem Tod sich anderen Frauen zugewandt hat; das ist schlimm, wenn man mit Dante an Beatrice eine außergewöhnliche Sonderrolle vergibt; sie ist wie eine Göttin, l’ultima dea, schreibt Giorgio Petrocchi.[837]   Man muß sich erinnern, daß es Dante ist, der dies wollte und der diese Donnerrede verfaßt hat; er wollte, daß man wisse: Nur durch Reue kommt man in die Seligkeit. Danach erst kommt das Vergessen.

Viertens: Am Ende des 27. canto geht Vergil. Er hat seine Aufgabe erfüllt: Dante ist geläutert, noch nicht endgültig, aber doch ist er nun Herr seiner selbst. Vergil sagt zu ihm: Ich verleihe dir nun Krone und Mitra (27, 142). Er ist niemandem mehr untertan. Vergil sagt nicht: Du bist jetzt heilig. Er sagt: Du bist jetzt dein eigener König und Papst. Er ist als Individuum souverän. Hier bekommen wir die Erklärung, was es hieß, als Vergil Cato erklärte, warum Dante hier sei: Er sucht die Freiheit, libertà va cercando (1, 71). Das Ziel war nicht, den Glauben zu erlernen oder Gehorsam zu üben. Dante, der Wanderer, praktiziert das auch sofort: Er geht frei, ohne Anweisung und ohne Zeitdruck, im Garten Eden spazieren, canto 28.

Fünftens: Dante genügt es nicht, den Weg durch das Purgatorio mit der Wiederbegegnung der Liebenden zu beenden. So romantisch geht es nicht zu; das Zusammentreffen ist eher herb als sentimental. Vor allem gilt Dantes Interesse der Lage der Christenheit: Christus hat den Triumphwagen verlassen. Ein Ungeheuer hat ihn in Beschlag genommen. Wenn der Wagen die Kirche ist, dann ist Jesus jetzt nicht mehr bei ihr. Das kollektive Schicksal ist gleich wichtig wie das individuelle Dantes. Am Ende versichert der Autor nicht, es sei alles nicht so schlimm. Es ist unvorstellbar schlimm, die Kirche Jesu gibt es nicht mehr, aber zuletzt verspricht Beatrice, es komme demnächst ein Retter.

9.

Fegefeuer um 1350

Der Leser ahnt schon, was im Decameron aus dem Fegefeuer wird: Es erleidet dasselbe Schicksal wie die Hölle; es wird als Redensart und als Instrument für unlautere Zwecke von Klerikern entlarvt. Nun kommt es bei einem Dichter nicht nur auf das Was an, sondern auf das Wie. Das zeigt die Novelle, die Lauretta im Decameron 3, 8 erzählt: Ein Abt hat sich in eine Frau verliebt, die bei ihm beichtet. Sie beklagt sich über die Eifersucht ihres Mannes. Er schlägt ihr vor, den Ehemann in einem Klostergewölbe einzuschließen und ihm, nachdem er ihn mit einem orientalischen Zaubermittel betäubt hat, nach einigen Stunden zu erklären, er sei jetzt im Fegefeuer. Er bleibt dort einige Monate, in denen sich der Abt mit der Ehefrau vergnügt.

Das Wort ›Purgatorio‹ ist nur noch ein Instrument in der Hand eines durchtriebenen Klerikers. Als Realität kommt es im Decameron nicht mehr vor. Wir sind weit weg von Dante nach wenigen Jahrzehnten.

Commedia und Einladungsband: I.Commedia. In deutscher Prosa von Kurt Flasch II.Einladung, Dante zu lesen
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