
Fett: Feind Nummer eins
Um noch besser zu greifen, wurden die Anti-Fett-Kampagnen mehr und mehr vereinfacht, bis schließlich als Botschaft nur noch blieb: »Fett ist schlecht.« Stimmt, Fett macht dick, denn es enthält viele Kalorien. Doch die Warnung traf nun auch die wertvollen pflanzlichen Öle, die viele wichtige Nährstoffe enthalten und die – natürlich in Maßen – notwendig sind, um die Gefäßwände elastisch zu halten. »Das Low-Fat-Mantra«, betont Walter C. Willett, prominenter Ernährungsexperte der Harvard Medical School, »hat die Fettsucht erst richtig angekurbelt, zu Krankheit und unnötigen Todesfällen geführt.«
Das Hohelied aufs Eiweiß
Unter anderem zeigten US-Verzehrstudien Anfang der 1990er-Jahre, dass zwar der Cholesterinspiegel insgesamt in der Bevölkerung gesunken war. Gleichzeitig hatte sich aber das Verhältnis des schädlichen Cholesterins (low density lipoprotein, LDL) und des gesunden Cholesterins (high density lipoprotein, HDL) zum Negativen verändert. Denn wer auf gesunde pflanzliche Fette (mit ein- oder mehrfach ungesättigten Fettsäuren) verzichtete, senkte damit den Anteil des »guten« Cholesterins, während der an »schlechtem« Cholesterin stieg. Gleichzeitig erhöhte der vermehrte Konsum von Kohlenhydraten den Anteil an sogenannten Triglyzeriden im Blut, welche das Risiko für Herzkrankheiten vergrößern.
Seit die Zahl der Diabetiker in den Industrienationen dramatisch steigt, sind fettarme Diäten auch von dieser Seite unter Beschuss geraten. Denn die Kohlenhydrate, vor allem aus Weißmehl und Zucker, schädigen langfristig die Bauchspeicheldrüse.
Rührei zum Frühstück, Steak zum Mittagessen, abends einen Krebs, Butter und Speck nach Belieben, aber Verzicht auf Kohlenhydrate, also auf Brot, Reis, Kartoffeln – mit seiner »Diätrevolution«, die konsequent auf Eiweiß setzt, wurde der amerikanische Kardiologe Robert C. Atkins vor 40 Jahren weltweit zum populären Protein-Pionier. Bis heute hält sich sein Eiweiß-Credo hartnäckig, auch wenn längst erwiesen ist, dass tierische Eiweißstoffe zum Beispiel das Risiko für Darm-, Brust- und Prostatakrebs erhöhen können, wenn sie im Übermaß verzehrt werden.
Fakten aus der Zwillingsforschung
Die Wirkungsweise seiner Diät erklärte Atkins damit, dass Fett und Proteine im Körper nicht so leicht verstoffwechselt werden wie Kohlenhydrate. Der zusätzliche Aufwand verbrauche also mehr Kalorien. Eine Studie von Joe Donnelly (Kansas University) zeigte, dass dies nicht stimmte: Der Abnehmexperte ließ ein Zwillingspaar zwei Wochen lang in einer Art Klimakammer unter Beobachtung Diät essen: den einen Zwilling eine klassische Low-Fat-Variante, den anderen nach der Atkins-Methode. Der Kalorienverbrauch war so gut wie gleich. Allerdings hat eine proteinreiche Diät den Vorteil, dass sie schneller satt macht – bereits bei einer geringeren Kalorienaufnahme.