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Der Doktor war unten im Arbeitszimmer.
»Bitte«, bettelte die Natter. »BITTE!«
Es war bestimmt das zehnte Mal, dass er sie darum bat, ihm das Video zurückzugeben. Er wusste nicht, was er tun sollte, er war vor Verzweiflung halb wahnsinnig.
Sie glitt an ihm vorbei in die Küche, ein Lächeln auf den Lippen, ihre eisblauen Augen auf ihn fixiert. Sie genoss es, ihn zu quälen, sann die Natter, und sie kostete diesen Moment kaltblütig aus. Sie war eine perverse Sadistin.
»Ich brauche es.«
Der Doktor antwortete nicht. Sie starrte ihn für eine lange Weile an, und das Lächeln verschwand aus ihrem Gesicht. Ihre Iris verdunkelte sich. Ihre Kinnpartie wurde hart. »Du widerst mich an«, stieß sie schließlich hervor. »Du hättest an dem Tag draufgehen müssen, und nicht mein geliebter William. Er hätte von mir gelernt. Und auf mich gehört. Er hätte uns niemals eingebrockt, was du uns eingebrockt hast.«
Sie hielt die DVD mit spitzen Fingern fest. Als die Natter ihren Blick auffing – als sich ihr Mund zu einer durchtrieben lächelnden Grimasse verzog –, erkannte er, was sie vorhatte.
»Nein, bitte! Nicht!«
Es war sinnlos.
Der Doktor brach die Disk in zwei Hälften. Die Natter stieß einen gellenden Wutschrei aus. Reflexartig packte er den Doktor am Handgelenk und bog es nach hinten. Mit einer Mischung aus Verblüffung und Schmerz schrie sie auf und versuchte, ihm ihren Arm zu entziehen. Als er nicht lockerließ, holte sie mit ihrer freien Hand aus und schlug ihm hart ins Gesicht.
Er verzog keine Miene.
»Ich wünschte, du wärst nie geboren worden«, zischte sie. »Ich wünschte, deine Mutter, dieses Flittchen, hätte dich nach der Geburt verrecken lassen – dann würde mein William heute noch leben!«
»Du spinnst doch! Dein William ist seit vielen Jahren tot«, fuhr die Natter sie an.
Ihre Augen wurden schmal. »Du bist ein totaler Versager, Gabriel. Und als Sohn eine herbe Enttäuschung.«
Sie wollte ihn bewusst demütigen, aber das zog bei ihm nicht. Er ließ sie reden – und nickte abwesend.
»Ich bin aber nicht dein Sohn«, konterte er.
»Was?«
»Ich bin Erichs Sohn. Und mein Vater ist tot. Du bist nicht mehr seine Frau. Und du bist nicht meine Mutter.«
»Was fällt dir ein?« Sie knallte ihm noch eine, auf dieselbe Stelle, wo sich seine Gesichtshaut flammend rot färbte, und riss sich von ihm los. Als er nicht wirklich reagierte, sondern bloß irre lächelte, wich sie zurück.
»Bleib, wo du bist«, fuhr sie ihn an.
»Du bist nicht meine Mutter.« Er drängte näher.
»Bleib weg von mir! Fass mich nicht an! Ich befehle es dir. Hörst du nicht, was ich gesagt habe? Ich bin dein Arzt, Gabriel! Dein Arzt!«
Die Natter hob die Arme und brachte seine langen Finger um Lexas schlanken Hals.
»Das Spiel ist vorbei, Doktor«, sagte er. »Du hast verloren.«