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Fünf Minuten später trabte Striker nervös die Union Street auf und ab. Verdammt, wo blieb die angeforderte Hundestaffel? Er schnappte sich sein Handy und rief in der Zentrale an. Seine Kollegin Sue Rhaemer meldete sich.

»Verdammt, wo bleibt der Typ mit dem Hund?«, wollte er wissen.

Die Telefonistin ließ ihn einen kurzen Moment in der Leitung warten, während sie das GPS checkte. »Müsste gleich da sein. Ist bloß noch ein paar Blocks entfernt.«

»Okay, wenn er keinen Ärger haben will, soll er seinen Arsch schleunigst hierher bewegen.«

Er hatte das Gespräch kaum beendet, als das eingeschaltete Signallicht eines weißen Chevy Tahoe die Dunkelheit durchzuckte. Der Mann am Steuer war Harry Hooch, einer ihrer besten Hundeführer.

Der Tahoe bretterte über die Kreuzung Gore Avenue, bremste auf der vereisten Straße und stoppte direkt vor dem Lucky Lodge. Hooch stieg aus. Er war klein für einen Cop, etwa eins siebzig, schlank und drahtig. Und er hatte Nerven wie Stahlseile. Harry Hooch riss die rückwärtige Wagentür auf, und Sable, eine schwarze Schäferhündin, sprang heraus.

»Irgendwas, woran sie Witterung aufnehmen kann?«, fragte Hooch.

Striker gab ihm den Handschuh und zeigte in die Richtung, in die der Unbekannte geflüchtet war. »Dahinten ist er auf dem Boden aufgekommen. Auf dem kurzen Stück unter dem Fenster.«

»War er allein?«

»Ja. Die Gegend ist sauber.«

Hooch machte sich schweigend an die Arbeit. Er ließ den Schäferhund ausgiebig an dem Handschuh schnüffeln, dann führte er ihn zu der betreffenden Stelle.

Der Ermittler beobachtete gespannt, wie Sable nervös hin und her lief, bis sie Witterung aufnahm. Dann hetzte sie in südliche Richtung der Union.

Hooch führte sie an der Leine, der Detective schloss sich den beiden an. Wie viele Hundeführer spielte Hooch das Spiel zwar lieber solo, aber Striker war entschlossen, ihm im Ernstfall vernünftig Deckung zu geben. Zumal sie noch völlig im Dunkeln tappten, womit sie es hier zu tun haben würden.

Also ignorierte er Hoochs missfällige Miene und ließ sich nicht abschütteln.

Der Hund lief in südöstliche Richtung weiter und setzte schließlich über die Malkin Avenue. Striker, der sich mental eine Planskizze machte, fluchte.

»Irgendeine Idee?«, fragte Hooch.

»Der Kerl will zu den Lokschuppen.«

Hooch stieß frustriert den Atem aus. Güterbahnhöfe waren ihm bei der Spurensuche immer ein Horror. Zu viele Hindernisse, Absperrungen, Containerzüge, die auf den Gleisen manövriert wurden. Und natürlich jede Menge Obdachlose, die hinter dem Industriegelände kampierten oder beim Flaschendepot und der Recyclinganlage herumlungerten.

Alles in allem eine verdammt schwierige Kiste.

Als sie das Ende des Glen Drive, einer Sackgasse, erreichten, blieb Sable kurz stehen. Dann begann sie, mit gesenkter Rute vor dem Tor auf und ab zu laufen, das zum Güterbahnhof führte. Hooch gab ihr mehr Leine und marschierte entschlossen neben ihr her.

Striker nutzte den Moment, um das Terrain zu sondieren. Er atmete tief durch. Die eisige Luft stank nach Diesel und Rauch von den Industrieanlagen und brannte in seiner Lunge. Keine zwanzig Meter weiter war ein hoher Metallzaun, der das Gelände der nationalen Eisenbahn von dem der Stadt trennte. Dahinter tummelten sich Scharen von Obdachlosen. Kleine Lagerfeuer flackerten entlang der Gleise.

»Die da drin haben bestimmt schon sämtliche Spuren versaut«, bemerkte Striker.

Hooch schüttelte den Kopf. »Die Spur führt da sowieso nicht weiter.«

»Wo dann?«

»Verdammt, direkt hier

Striker sah sich um. Da war nichts außer einer Sackgasse, einem geschotterten Kreisel und einer Reihe alter, leerer Lagerhäuser.

»In dieser verfluchten Sackgasse«, knirschte Hooch.

Striker beobachtete, wie der Hund nervös schwanzwedelnd über den schmalen Schotterstreifen lief, der höchstens sechs Meter lang war. Er richtete den Strahl seiner Taschenlampe auf die Straßendecke. Löchriger Asphalt, Steine und Schotter und keine erkennbaren Reifenspuren.

Hooch ließ die Schultern hängen und zog die Leine zurück. »Er hatte einen Wagen hier geparkt, Schiffswrack. Jede Wette.«

Striker wiegte nachdenklich den Kopf.

»Oder jemand wartete hier mit einem Fluchtfahrzeug auf ihn.«

Er schaute sich nach Zeugen um oder, besser gesagt, nach einer Überwachungskamera. Aber außer den Videokameras der CP Rail – die überwachten in dem umzäunten Gelände den Schienenverkehr – war da nichts.

Hooch pfiff den Hund zurück. »Pech gehabt, Mann. Er ist uns entwischt.«

Striker schüttelte den Kopf und hielt den schwarzen Lederhandschuh hoch.

»Noch nicht ganz«, grinste er.

Zornesblind
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