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Mir machte es nichts aus, dass ihr die Augen zufielen, sosehr sie die Lider auch mit Gewalt aufzuhalten versuchte, und sie dann schnell in einen tiefen Schlaf versank. Sie dabei in meinen Armen zu halten, ihren schweren Kopf an meiner Schulter, ihren schlafwarmen, vollkommen entspannten Körper an meinem und ihren Arm quer über meiner Brust, bedeutete mir genau so viel wie der Rausch und der Taumel zuvor.

Es war nicht allein dieser Hunger nach ihren Berührungen, dieser gewaltige Ausbruch an Empfindungen und die Sattheit danach. Tief in mir hatte Amber zudem etwas berührt, was lange unangetastet geblieben war. Womöglich schon immer, als ob sie für mich auf eine andere Weise die Erste gewesen und mir so nahe gekommen war wie niemand zuvor. Irgendwo tief, tief in meiner unsterblichen Seele hatte sie ihren unauslöschlichen Abdruck hinterlassen, den ich jetzt in mir tragen würde bis an das Ende aller Zeiten.

In dieser Nacht, während ich Amber schlafend in den Armen hielt, jeden ihrer Atemzüge auf mir spürte, jede Regung ihres Körpers, wünschte ich mir mehr denn je, dass diese Nacht, gerade diese eine Nacht, nie enden möge. Doch dass sie sich dem Ende zuneigte, konnte ich bald schon fühlen, nachdem die Kerzenflammen erloschen waren und wir in der Dunkelheit beieinanderlagen. Noch bevor sich die ersten Vorboten der Dämmerung erahnen ließen, fühlte ich, wie sich die Gestalt, die ich für diese Nacht angenommen hatte, auflockerte. Es widerstrebte mir, mein Funny Girl, das in meinen Armen tief und fest schlief, zu wecken, aber ich hatte es ihr versprochen.

»Amber«, flüsterte ich, drückte sanft meinen Mund auf ihre Wange und strich ihr durch das Haar. »Amber. Wach auf.«

»Hm?«, machte sie verschlafen und kuschelte sich enger an mich. Dann erstarrte sie. »Ist … ist es schon Zeit?«

»Ja.« Ich brachte es kaum heraus.

»Warte, ich mach schnell Licht.« Sie setzte sich auf und tastete schlaftrunken neben der Decke umher.

Ein kleiner Schein entzündete sich, der ihres Handys, und die Ellenbogen auf den angezogenen Knien verschränkt, schaute sie mir zu, wie ich meine Kleidungsstücke aufsammelte und mir überzustreifen begann. Bevor ich mich vollkommen auflöste, mein Hemd, meine Hosen und meine Schuhe aber stofflich bleiben würden und ich mindestens für das nächste Jahr ohne sie auskommen musste. Als ich mich wieder angezogen hatte, sah ich sie an, unsicher, wie es weitergehen sollte.

Wortlos legte sie sich wieder hin und ich mich zu ihr. Arm in Arm warteten wir auf den Morgen mit seinem Silberlicht, und es tat mir weh, wie sehr sie gegen die Tränen ankämpfte. Wie sie sich immer enger an mich drückte und ihre Finger immer fester in mich krallte, während meine Gestalt weicher wurde und nachgiebiger, dann dünner und durchlässiger. Als ob sie nur mit ihrem Willen das Unausweichliche aufhalten könnte.

Bis es draußen hell wurde und ich nicht mehr als ein flüchtiger Nebel war, der als leichter Luftzug über Ambers bloße Haut strich.