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Seinen Rucksack über der Schulter und ein graues Linkin-Park-T-Shirt über einem schwarzen Longsleeve, lehnte Matt sich gegen die rot lackierten Schließfächer und sah mir zu, wie ich in meinem herumräumte. »Ich mag ihn einfach nicht.«

Ich verdrehte die Augen. »Leg mal eine andere CD ein, die hier hat nämlich einen Kratzer.«

Die ganze Mittagspause über hatte Matt mich genervt, dass ich Nathaniel besser nie wiedersehen sollte und mir damit sogar beinahe die Freude über das absolut genießbare gegrillte Truthahn-Käse-Sandwich mit Tomate verdorben, und jetzt, nach Schulschluss, hatte er sofort wieder damit angefangen, genau wie gestern auch schon. Wenn ich es nicht besser gewusst hätte, hätte ich wirklich glauben können, er sei eifersüchtig.

»Echt, Amber – von dem kommt nichts Gutes!«

Ich zog eine Braue hoch. »Hast du schon vergessen, dass er nicht nur mir, sondern auch dir vor gerade mal drei Tagen aus der Patsche geholfen hat?«

»Hast du dich schon mal gefragt, warum er ausgerechnet dann auftaucht, wenn wir beide in Schwierigkeiten stecken?«

Ich kramte langsamer in meinem Fach herum. Ja, das hatte ich, das gesamte Wochenende und den ganzen Montag über, und war zu dem Schluss gekommen, dass nur Nathaniel selbst mir diese Frage beantworten konnte.

»Was willst du überhaupt mit ihm anfangen?«, ließ Matt nicht locker. »Im Sommer dekorativ auf der Blumenwiese vor dem Haus herumliegen und ihn anschmachten? Davon träumen, mit ihm zu den Sternen hinaufzufliegen? Als Begleitung zum Abschlussball taugt er nämlich nicht, weil ihn keiner sehen kann außer dir und mir. Und Knutschen und so weiter – das kannst du sowieso alles vergessen!«

Eine glühende Röte schoss mir den Hals herauf und ließ mein Gesicht brennen. Verstohlen schielte ich zu Matt. Ob er sein erstes Mal schon gehabt hatte? Oder wartete er die ganze Zeit darauf, dass Holly ihn vielleicht doch erhörte?

»Du bist doof«, grummelte ich. »Und überhaupt«, setzte ich lauter hinzu, stopfte energisch die letzten Bücher in meinen Rucksack, quetschte meine Jacke obendrauf und zerrte den Reißverschluss zu, »bist du nicht gerade in der besten Position, mir ausgerechnet da gute Ratschläge zu geben!« Ich warf mir den Rucksack über die Schulter und sah ihn herausfordernd an, und als er grinste, grinste ich mit.

Das Grinsen auf seinem Gesicht erlosch; er fixierte einen Punkt irgendwo hinter mir und ruckte dann mit dem Kinn hinüber. »Sag mal, die ist auch ganz schön streng drauf, oder?«

Ich wandte den Kopf. In einiger Entfernung von uns wühlte Goth-Girl gerade in ihrem Fach herum, starrte dabei aber immer wieder zu uns herüber. Unter ihrem schwarzen Wallerock mit Spitzensaum schauten Springerstiefel hervor, und obwohl es draußen ein warmer Tag war, trug sie einen langärmligen Pullover, um dessen Rollkragen die Kette mit dem massiven silbernen Kreuz baumelte. »Ziemlich.«

»Kommt mir das nur so vor oder lungert die in letzter Zeit öfter in unserer Nähe herum?«

Als Goth-Girl bemerkte, dass wir ihr zuschauten, wandte sie schnell den Kopf ab und stöberte intensiver, aber auch fahriger in ihrem Fach herum; es sah aus, als wollte sie jeden Moment hineinkriechen.

»Glaubst du, sie hat uns über Geister reden hören?«, fragte ich leise.

Matt kaute so angestrengt auf seiner Unterlippe herum, dass sich sein Goatee auffächerte. »Das überlege ich auch gerade.« Er löste sich von den Schließfachtüren. »Komm mal mit.«

Ich klappte die Tür des Schließfachs zu und verdrehte die Zahlenräder, bevor ich Matt folgte.

»Hi«, sprach er Goth-Girl mit seinem charmantesten Lächeln an. Sie hatte uns nicht kommen sehen; ihr Kopf ruckte hoch und mit ihren kajalumrandeten Augen schaute sie uns an wie ein Reh die Scheinwerfer eines heranrasenden Autos. Mir fiel erst jetzt auf, wie winzig sie war, mehr als einen Kopf kleiner als ich, sogar noch kleiner als Matt, der auf uns beide deutete. »Ich bin Matt, das ist Amber. Wir wollten dich fragen, ob du vielleicht mal mit uns zu Mittag essen willst.«

Sie guckte uns nur an, dann schüttelte sie stumm den Kopf und beschäftigte sich wieder mit dem Inhalt ihres Schließfachs.

»Warum denn nicht?«, blieb Matt hartnäckig. »Wär doch vielleicht mal ganz nett, anstatt immer nur allein herumzusitzen.«

Sie erstarrte; nur ihre dichten Wimpernbögen bewegten sich und flatterten auf und ab. »Schiebt euch euer Mitleid sonstwohin«, sagte sie dann langsam.

»Wow.« Matt zog die Brauen hoch. »Ähm, ja. Ein einfaches Nein, danke hätte es natürlich auch getan.« Vielleicht täuschte ich mich, aber ich meinte gesehen zu haben, wie es um ihren Mund kurz zuckte.

»Vielleicht«, fing ich vorsichtig an und wechselte einen schnellen Blick mit Matt, »vielleicht haben wir drei ja sogar was gemeinsam?«

Einen Augenblick verharrte sie noch reglos, dann ging ein Ruck durch sie hindurch und sie zerrte eine große, prallvolle Umhängetasche in Pechschwarz aus ihrem Schließfach. »Unwahrscheinlich.«

»Bist du dir da sicher?« Erstaunlich sanft klang Matt dabei, und unerwartet heftig knallte sie die rot lackierte Tür zu; ihre Finger mit den abgekauten schwarz lackierten Nägeln zitterten, als sie die Zahlenräder verdrillte.

»Verpisst euch«, zischte sie, ohne uns dabei anzusehen, schleuderte sich die Tasche über ihre Schulter und marschierte so schnell davon, dass ihre langen Haare wie eine schwarze Flagge hinter ihr her wehten.

»Was für eine Zicke!« Matt klang erschüttert, dann zuckte er mit den Schultern. »Na ja, einen Versuch war’s wert.« Er sah mich an. »Und du willst heute wirklich da hingehen?«

»Yapp«, meinte ich und drehte mich auf dem Absatz um. »Keine Chance, mich davon abzuhalten«, rief ich ihm über die Schulter zu, »oder dich als Bodyguard aufzudrängen! Bis morgen!«

So selbstsicher ich mich in der Schule noch gefühlt hatte, so flau war mir im Bauch, als ich am Lafayette Park aus dem Bus stieg, die Sacramento Street bis zur nächsten Ecke vorlief und in die Franklin Street abbog. Was auf Alcatraz passiert war, steckte mir noch tief in den Knochen, aber all die Fragen, die mir seither im Kopf herumschwirrten, trieben mich vorwärts, Fragen, auf die ich einfach Antworten haben musste. Und der Gedanke an Nathaniel.

Je näher ich dem alten Haus kam, umso heftiger schlug mir das Herz bis zum Hals, und mein Magen übte sich in Pirouetten. Vor dem Tor im Zaun blieb ich stehen; ich konnte nicht mal zu den Fenstern hochschauen, so viel Angst hatte ich. Augen zu und durch, befahl ich mir, sah mich schnell nach allen Seiten um und schob das Tor auf, das dabei müde ächzte.

Hinter dem Mäuerchen war das Gebüsch dichter, das Gras höher, als ich es in Erinnerung gehabt hatte, vielleicht war es in den letzten Wochen auch einfach tüchtig gewachsen. Mit einem tiefen Durchatmen stemmte ich die Holztür auf der Rückseite des Hauses auf und schlich mich durch den dämmrigen Korridor.

In der Halle musste ich für einen Moment die Augen schließen, weil mich das einfallende Licht blendete. Vorsichtig blinzelte ich in die flirrenden blauen, violetten und purpurfarbenen Sprenkel, und ich merkte, wie sehr ich diesen immer anderen, immer neuen Lichterzauber vermisst hatte. Als mein Blick weiterwanderte und ich aus dem Augenwinkel eine Silhouette ausmachen konnte, schrak ich zusammen. Mein Kopf fuhr herum und meine Knie wurden weich.

Selbst in diesen hellen, tanzenden Lichtern sah er noch aus wie ein Mensch aus Fleisch und Blut, ein groß gewachsener, starkknochiger Junge, fast schon ein Mann. Als hätte er gewusst, dass ich heute kommen würde, so stand er da, die Hände in den Hosentaschen, und eine widerspenstige Locke kringelte sich in seine Stirn.

»Hallo«, platzte ich heraus, atemlos und viel zu laut.

Unschlüssig trat er von einem Fuß auf den anderen, einen vorsichtigen Ausdruck im Gesicht wie ein wildes, scheues Tier, unsicher, ob ich Freund war oder Feind. Und blieb stumm.

Ich vergrub die Hände so tief in den Hosentaschen, dass sich meine Ellenbogen durchdrückten, zog die Unterlippe zwischen die Zähne und ließ meine Augen durch den Raum schweifen, über die Wände und den Boden aus dunklem Holz. Mein Blick fing sich an meiner Lieblingsdecke, die sorgsam unter dem Fenster ausgebreitet lag, die Bücher säuberlich danebengestapelt, genauso wie ich sie zuletzt zurückgelassen hatte. Nur mit den beiden Flaschen Cola light stimmte irgendetwas nicht, wenn ich auch nicht darauf kam, was; aber vermutlich konnte man den Inhalt sowieso nicht mehr trinken, er musste inzwischen total abgestanden sein.

»Ist alles noch da«, hörte ich Nathaniel raunen. Als ich ihn verwirrt ansah, fügte er hinzu: »Du bist doch gekommen, um deine Sachen zu holen – oder nicht?«

»Eigentlich«, sagte ich leise und rieb mit der Außenkante meines Sneakers über den Boden, »eigentlich bin ich gekommen, um dich zu sehen.« Angestrengt starrte ich auf die Kappe des anderen Sneakers hinunter.

»Wie geht es deinem Freund?« Vielleicht bildete ich es mir ein, aber für mich hörte es sich an, als ob seine Stimme dabei etwas wackelte.

»Gut«, sagte ich mit einem Nicken. »Aber … aber er ist nicht mein Freund«, plapperte ich drauflos. »Also, schon – irgendwie. Glaube ich zumindest. Aber nicht so mein Freund. Nicht so wie … Ähm, also – wir sind kein Paar oder so. Da ist nichts zwischen uns. Zwischen Matt und mir, meine ich.« Zittrig holte ich wieder Luft. Meine Wangen fühlten sich heiß an und wurden noch heißer, als ich zu ihm hochschielte und zu sehen glaubte, wie Nathaniels Augen aufleuchteten.

Ich hob den Kopf und sah ihn direkt an. »Du bist also ein Geist, ja?«, flüsterte ich heiser.

Er nickte nur und ich musste schlucken. Hinter meiner Stirn begann es zu prickeln, etwas drückte von hinten gegen meine Augäpfel, und ich blinzelte heftig. »Woher – woher hast du gewusst, dass ich auf Alcatraz bin und dort in der Klemme stecke?«

»Manchmal«, erwiderte er langsam, »manchmal kann ich fühlen, wie es dir geht. Hier.« Er zog die Rechte aus der Hosentasche und legte sie quer auf seine Magengegend. »Ob du zornig bist oder dich wohlfühlst oder Angst hast. Und wenn ich dem nachgehe, kann ich den Weg zu dir finden.«

»Kannst du das bei allen … Lebenden?«

»Nein. Sonst kann ich nur die reine Gegenwart von Menschen spüren, wenn sie mir nah genug sind. Ob es ein Mann ist oder eine Frau, alt oder jung, ob sie wachen oder schlafen.« So etwas wie ein Lächeln zuckte um seinen Mund. »Das andere kann ich nur bei dir.«

Ich wand mich vor Verlegenheit. »Jetzt – jetzt gerade auch?«

»Ich … ich bin mir nicht sicher.« Hilflosigkeit zeichnete sich in seiner Miene ab.

Ich schluckte wieder; dann nahm ich meinen ganzen Mut zusammen, ließ den Rucksack von meiner Schulter gleiten und stellte ihn ab. In langsamen Schritten ging ich auf Nathaniel zu, und obwohl wieder diese Scheu von vorhin auf seinem Gesicht aufschien, bewegte er sich nicht von der Stelle.

Erst im letzten Moment, als ich keinen Schritt mehr von ihm entfernt war, wich er zurück, und in mir sackte etwas zusammen.

»Warte«, flüsterte er. »Ich … ich muss dir noch etwas sagen. Und ich fürchte, es wird dir nicht gefallen.«

»Was?«, hauchte ich, eine plötzliche Leere in Kopf und Bauch.

Nathaniel räusperte sich und fuhr sich durch seine Locken. »Neulich … neulich nachts … da … da habe ich es nicht mehr ausgehalten. Ohne dich. Da bin ich zu dir gekommen. In dein Zimmer.« Jetzt war ich diejenige, die einen Schritt zurück machte, und in einer entschuldigenden Geste hob Nathaniel die Hände. »Ich hab nichts gemacht, Ehrenwort! Nur … », er schob die Hände wieder in die Hosentaschen und senkte den Kopf; ich hätte schwören können, dass seine Wangen sich leicht gefärbt hatten. »Nur mich zu dir gelegt und dich im Arm gehalten. Sonst nichts. Ehrlich nicht.«

Unwillkürlich ruckten meine Schultern wie unter einem Schaudern. »Wann war das?«

»Ich … ich glaube, zwei Nächte, bevor du auf der Insel warst.«

Ich starrte vor mich hin. Das musste die Nacht gewesen sein, in der ich zum ersten Mal seit langer Zeit tief und fest und traumlos geschlafen hatte. Und Nathaniel war bei mir gewesen. Hatte mich in meinem ollen blauen Satinpyjama gesehen, den mit dem ausgefransten Saum an den Shorts und dem abgescheuerten Kragen; wahrscheinlich hatte ich den Mund offen stehen gehabt und auch noch auf das Kopfkissen gesabbert.

»Oh nee«, rutschte es mir beschämt heraus, und ich schlug die Hände vor mein glühendes Gesicht. In mir tobte es. Es war mir unendlich peinlich, dass er mich so gesehen hatte. Es tat mir unendlich leid, dass ich von seiner Nähe so gar nichts mitbekommen hatte; vor allem aber zog ein seltsames Sehnen durch mich hindurch und in meiner Brust kitzelte etwas wie ein beginnender Schluckauf. »Hab ich etwa geschnarcht?!«

Ich hörte ihn leise lachen. »Nein, du hast nicht geschnarcht. Du hast ganz ruhig und fest geschlafen.« Er schwieg einen Herzschlag lang. »Und du hast sehr hübsch ausgesehen.«

Ich blinzelte ihn durch meine gespreizten Finger hindurch an und sein Lächeln sprang auf mich über. Das Kitzeln in meiner Brust wurde stärker, sprudelte meine Kehle hinauf, und ich musste lachen; ein kleines, stolperndes Lachen, in das Nathaniel einstimmte.

»Du bist mir nicht böse?« Er klang erleichtert.

Ich schüttelte den Kopf und löste die Hände von meinem Gesicht. Ein verlegenes Schweigen breitete sich zwischen uns aus, während wir uns gegenüberstanden und uns mal ansahen, dann wieder die Augen durch den Raum schweifen ließen. Schließlich hielt ich es nicht mehr aus, stellte mich dicht vor Nathaniel und schaute zu ihm auf.

»Darf ich dich anfassen?«, wisperte ich.

Als er zögerlich nickte, begann mein Herz im Techno-Beat gegen meine Rippen zu hämmern. Ich hob die Hand und ließ sie langsam gegen seine Schulter sinken. Noch bevor ich seine Form berührte, spürte ich ein sanftes Prickeln auf meiner Haut, das meinen ganzen Arm hinaufzog. Für eine Sekunde umschloss meine Handfläche die Wölbung seiner Schulter und sank dann ein. Ich zuckte kurz zusammen; noch immer schien es mir unmöglich, dass er so menschlich, so stark aussah und doch durchlässig war. Vorsichtig bewegte ich meine Finger und sah aus dem Augenwinkel, wie Nathaniel kurz die Augen schloss. Wie sich seine Miene entspannte, als würde er es genießen. Er war weitaus mehr als nur ein Dunsthauch; ich spürte einen leichten Widerstand, wie ein gleichmäßig strömender Luftzug. Nathaniel fühlte sich an wie Nebel und Wind zugleich, durchzogen von den ersten Sonnenstrahlen des späten Winters, die schon die Haut wärmen, während die Luft noch kühl ist.

»Du leuchtest«, flüsterte ich erstaunt und schwenkte staunend meine Hand sacht hin und her.

»Das bist du«, raunte er mir ins Ohr. »Du lässt mich leuchten.«

Ein Lächeln breitete sich auf meinem Gesicht aus. Nathaniel nahm seine Schulter zurück, hob dafür seine flache Hand und legte sie gegen meine; in dem Augenblick, in dem unsere Fingerspitzen sich berührten, blitzten unzählige Lichtfünkchen daran auf, die mir auf der Haut kribbelten, bevor sie erloschen.

»Hast du das gesehen?!«, quiekte ich und lachte auf.

Nathaniel nickte. Seine Finger glitten über meine hinweg und strichen meinen bloßen Unterarm hinauf; alle Härchen daran stellten sich zu einer wohligen Gänsehaut auf, wie unter einer frischen Brise, die vom Wasser herkam, und ich seufzte. Als seine Hand weiter hinaufwanderte, der Luftzug unter den Ärmel meines T-Shirts kroch und einige feine Strähnen meiner Haare zur Seite blies, reckte ich meine Arme und legte sie um seinen Hals. Ich fing Nathaniels überraschten Blick auf und tat dann das, was ich die ganze Zeit schon tun wollte: vorsichtig näherte ich mein Gesicht der Kuhle zwischen Hals und Brust, an der Stelle, an der sich eines seiner markigen Schlüsselbeine abzeichnete.

Es war ein seltsames Gefühl, seine durchlässigen Konturen zu spüren, in ihn einzutauchen und dabei zu fühlen, wie unkörperlich er war; ich musste aufpassen, dass ich mich nicht zu weit vorlehnte und das Gleichgewicht verlor. Und doch war da nicht nichts. Da war dieses sanfte Strömen von teils warmer, teils kühler und sehr dichter Luft, die über meine Haut streichelte und wohlige Schauder durch meinen ganzen Körper schickte. Und als dieses luftige Fließen über meinen Rücken wanderte, mein T-Shirt sacht bewegte und ein Kribbeln über meine Wirbelsäule wandern ließ, als nämlich Nathaniel die Arme um mich legte, da wusste ich, dass Holly und vor allem Matt falschlagen.

Ich war überzeugt gewesen, ich würde es nie wieder sein können, hätte auch schon längst vergessen, wie es sich anfühlte – aber an diesem Nachmittag in dem alten Haus in der Franklin Street, während bunte Lichtsprenkel über mich hinwegtanzten und ich eingehüllt war in Nathaniels geisterhafte Erscheinung, in seinen rauchigen Duft nach Moos und Treibholz, da war ich zum ersten Mal nach langer Zeit wieder glücklich.