11

Ich konnte sie fühlen, noch bevor ich sie hörte oder gar zu Gesicht bekam.

Ein feines, schnelles Schwingen lag mit einem Mal in der Luft und ließ sie erzittern wie das Sirren eines Mückenschwarms. Stärker wurde es und lauter, wie das aufgeregte Flügelschlagen einer Vogelschar. Ich schloss meine Augen und horchte in die Dunkelheit hinaus. Versuchte, dieses Vibrieren einzuordnen und die Richtung zu bestimmen, aus der es kam. Und dann – dann witterte ich ihre Angst. Beißende, säuerliche Angst, die zu mir herüberströmte und an mich heranflutete.

Da waren diese fliegenden, aber schon müden Schritte in schnellem Lauf, die mehr und mehr aus dem Takt kamen, dann unter dem Scheppern von Metall abrupt abbrachen. Und ihr Keuchen, ihr angstvolles, verkrampftes, erschöpftes Keuchen. Ich öffnete die Augen.

Ihr Gesicht leuchtete hell zu mir ans Fenster herauf, während sie es auf der anderen Seite des Zauns hin und her wandte und sich umschaute, ihre Augen riesig vor nackter Furcht und nachtschwarz im Schein der Laterne. Viel mehr konnte ich aus der Entfernung nicht erkennen. Nur dass sie jung war, jünger als ich.

Ich zögerte, fragte mich, für wen die Gefahr größer war. Für sie oder für mich.

Im nächsten Moment spürte ich, wie sie sich innerlich abwandte und von mir entfernen wollte. Und ich wusste, dass ich das nicht zulassen konnte.

»Komm«, raunte ich ihr zu. »Komm her.«

Komm her zu mir. Ich zeig dir den Weg.