Selbstkonzept
Das Selbstkonzept (oder auch Selbstbild) bezeichnet die eigene Auffassung darüber, was man für ein Mensch ist: «So einer bin ich – mit diesen Charaktereigenschaften, Stärken und Schwächen!» Bei der Entstehung des Selbstkonzeptes spielen empfangene Beziehungsbotschaften (→ Beziehung) eine wichtige Rolle. Der Empfänger erhält durch die impliziten und expliziten Beziehungsbotschaften Informationen, wie er von verschiedenen Sendern gesehen wird. Zum Beispiel «Dummkopf», «Aus dir wird nie was!», «Du kannst gut malen!», «Du bist hier erwünscht!» usw. Das Kind ist bei der Suche nach seiner Identität auf solche Hinweise angewiesen. Mit der Zeit verdichten sich diese Beziehungsbotschaften zum Selbstkonzept: «Aha, so bin ich also!» (s. Abb. 59)

Das Selbstkonzept als Verdichtungsresultat von Beziehungsbotschaften
Für die Kommunikation spielt das Selbstkonzept eine wichtige Rolle. Hat es sich einmal verfestigt, tendieren wir dazu, uns in Übereinstimmung mit ihm zu verhalten. Das heißt, es hat Einfluss darauf, wie wir Kommunikation und Kontakt gestalten, was wir wahrnehmen und wie wir das Wahrgenommene interpretieren (→ Empfangsprozess). Das Selbstkonzept dient gewissermaßen als Interpretationsschlüssel für unsere Erfahrungen. So schafft sich das Individuum eine Welt, in der sein einmal etabliertes Selbstkonzept immer wieder bestätigt wird (→ sich selbst erfüllende Prophezeiung). Wenn in Renates Selbstkonzept verankert ist: «Ich bin langweilig, es lohnt sich nicht, mir zuzuhören», dann wird sie gegenteilige Erfahrungen vermutlich als Zufall oder Glück ansehen und positive Rückmeldungen für eine Geste des Mitgefühls halten. Ferner wird sie in Unterhaltungen entsprechend ihrem Selbstkonzept einsilbig bleiben, mit der Folge, dass sie alternative Formen der Selbstpräsentation nicht einübt, was dazu führt, dass sie tatsächlich als langweilig empfunden wird.
Darüber hinaus verhindert ein starres Selbstkonzept, Gefühle wahrzunehmen, die nicht in das eigene Bild passen. Hege ich beispielsweise zutiefst die Selbstüberzeugung: «Ich bin eine liebevolle und verständnisvolle Ehefrau», dann ist es schwer, sich Empfindungen wie Wut und Aggression dem Ehemann gegenüber zuzugestehen. Gefühle, die nicht wahrgenommen werden und somit auch nicht ausgedrückt werden können, suchen sich häufig andere Wege, um ans Tageslicht zu gelangen, zum Beispiel einen psychosomatischen Weg über den Körper. In der Psychotherapie, vor allem in der Gesprächspsychotherapie nach Carl Rogers, wird daher viel Wert darauf gelegt, Gefühle zu entdecken und wertschätzend zuzulassen, die dem Selbstkonzept widersprechen. Mit der Zeit wird dieses weniger starr und stärker durchlässig für alles, was in mir aufkommen will: eine Voraussetzung für → Authentizität und Selbstkongruenz (Kongruenz → Äußerung).
Literatur
Miteinander reden 1, S. 134, 181, 216ff., 227 (S. 119, 156, 187ff., 196).