Themenzentrierte Interaktion
Das Themenzentrierte Interaktionelle System (TZI) ist eine Form der geleiteten Gruppeninteraktion (→ Interaktion, → Gruppe, → Leitung) und ein Kind der → Humanistischen Psychologie. Es wurde von der Psychoanalytikerin und Pädagogin Ruth Cohn entwickelt. Nach diesem Ansatz spielen vier Faktoren eine zentrale Rolle im Gruppengeschehen:
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Das Ich bezieht sich auf die einzelnen Gruppenmitglieder mit ihren unterschiedlichen → Persönlichkeiten und Befindlichkeiten.
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Das Wir betrifft die Interaktionen innerhalb der Gruppe und die → Gruppendynamik.
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Das Es steht für das Thema der Gruppenarbeit.
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Der Globe bezeichnet das Umfeld der Gruppe, dazu gehört alles, was von außen hineinwirkt, wie zum Beispiel Hierarchien sowie aktuelle politische oder persönliche Ereignisse
(s. Abb. 69).
TZI-Modell (Ruth Cohn)
Eine Gruppe, die nach dem Ansatz der TZI arbeitet, versucht die Aspekte Ich, Wir, Es und Globe in dynamischer Balance zu halten. Dafür ist vor allem der Leiter zuständig und entsprechend ausgebildet. Er wird das Thema so formulieren, dass es die Gruppenmitglieder anspricht; er wird ein Auge auf die Einzelnen haben, auf das, was sie umtreibt oder blockiert; er wird das Miteinander in der Gruppe beachten und beeinflussen und ebenso die Geschehnisse im Globe als Wirkfaktoren berücksichtigen. Um diese dynamische Balance zu verwirklichen, helfen bestimmte TZI-Regeln, die für die Teilnehmer ebenso gelten wie für den Leiter – zum Beispiel:
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«Sei dein eigener Chairman» (Chairman = engl. Vorsitzender): Diese Regel fordert von den Beteiligten Selbstverantwortung für das eigene Tun. Jeder soll seine Befindlichkeiten und Bedürfnisse in der Gruppe so vertreten, dass er arbeitsfähig wird und bleibt.
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«Störungen haben Vorrang»: Was immer die Gruppenmitglieder davon abhält, sich wirklich auf den Arbeitsprozess einzulassen, soll ausgesprochen und benannt werden. Dazu gehören innere → Konflikte ebenso wie Konflikte oder Missstimmungen zwischen Gruppenmitgliedern, Langeweile, körperliche Beschwerden etc. Hinter dieser Regel steht die Überzeugung, dass jede Störung die Arbeitsfähigkeit der Gruppe beeinträchtigt und sie darum zum Thema werden muss. Dies kostet zunächst Zeit, ermöglicht der Gruppe aber, später umso konzentrierter und intensiver zu arbeiten.
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«Sprich per ich und nicht per man»: Jedes Gruppenmitglied soll auch sprachlich für die eigene Meinung, Position oder Entscheidung Verantwortung übernehmen, anstatt sich sprachlich zu verstecken.
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«Sei authentisch und selektiv»: Die Gruppenmitglieder sollen sich ehrlich und offen verhalten, dabei jedoch auch die Wirkung ihres Verhaltens mit im Blick haben. Selektive → Authentizität bedeutet: «Alles, was du sagst, sollte wahr sein; aber du solltest nicht alles sagen, was wahr ist.» (Ruth Cohn)
Die Themenzentrierte Interaktion kann überall dort angewendet werden, wo Menschen miteinander lernen und arbeiten: in der Schule, in der Weiterbildung, in Teams und im Management.
Literatur
Cohn, R.: Von der Psychoanalyse zur Themenzentrierten Interaktion.
Schulz von Thun, F.: Miteinander reden. Fragen und Antworten, S. 151–160.