Verstehen

«Ich fühle mich von ihm nicht verstanden» ist ein häufiger Seufzer auf dem Feld der zwischenmenschlichen Kommunikation. Was also kann ich tun, um besser verstanden zu werden? Wie kann ich mich auf allen vier Ebenen der Begegnung ( Kommunikationsquadrat) verdeutlichen? Und was kann mein Gegenüber tun, um mich besser zu verstehen, und, insoweit ihm dies gelungen ist, wie kann er mir das Gefühl geben, verstanden worden zu sein?

Schulz von Thun unterscheidet drei Aspekte des Verstehens:

  1. Den Sinn einer Botschaft erfassen. Wenn jemand «immer nur Bahnhof» versteht, deutet dies darauf hin, dass es an der Verständlichkeit ( Hamburger Verständlichkeitsmodell) hapert und dass der Sender wenig Einfühlung ( Empathie) hat für das, was im Kopf des Empfängers vor sich geht.

  2. Die inneren Beweggründe des anderen nachvollziehen. «Ich verstehe dich nicht» in diesem Sinne kann heißen: Ich kann nicht nachvollziehen, warum du das gemacht oder gesagt hast. Wenn mir daran gelegen ist, dass mein Gegenüber mich in diesem zweiten Sinne versteht, müsste ich ein wenig mein Herz öffnen und Einblick gewähren in das, was in mir vorgeht.

  3. Sich das «Schachbrett», auf dem mein Gegenüber steht, vor Augen führen ( Systemische Psychologie). «Jemanden verstehen» vollzieht sich nicht nur durch Empathie mit dem inneren Menschen («So also sieht es in deinem Herzen aus!»), sondern auch (was ebenso bedeutsam ist) durch Betrachtung und Analyse des äußeren Kräftefeldes, auf dem er steht. «Aha, du hast in diesem System jene Rolle inne, bist umgeben von … wirst daran gemessen, ob und wie es dir gelingt …, und musst folglich das Interesse haben …» etc. Man könnte hier von systemischer Empathie sprechen.

Damit haben wir drei Bedeutungen und Komponenten von «Verstehen» (s. Abb. 77).

Abb. 77:

Drei Bedeutungen und Komponenten von Verstehen

Schulz von Thun unterscheidet zudem «Verstehen» und «Verständnis». Während das Verstehen darin besteht, sich die Bedeutung der Worte und Taten eines anderen ohne eigene Bewertung zu erschließen («Ich will es erst mal nur verstehen!»), enthält das Verständnis darüber hinaus eine eigene positive Stellungnahme («Das kann ich gut nachvollziehen, möglicherweise würde ich genauso reagieren!»). So könnte der Chef, der seine Mitarbeiter anlässlich seines 60. Geburtstages zu einem Grillfest eingeladen hat, zu seinem persönlichen Referenten sagen: «Ich verstehe jetzt, warum Sie nicht kommen wollen. Aber ich kann für diese Entscheidung kein Verständnis aufbringen, tut mir leid!»

Literatur

Schulz von Thun, F.: Verstehen – Verständnis – Einverständnis. In: Schulz von Thun, F./Kumbier, D.: Impulse für Kommunikation im Alltag.

Miteinander reden von A bis Z
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