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Paradoxer Appell

Paradoxe Appelle sind eine spezielle Form von  Appellen. Bei ihnen gibt der Sender dem Empfänger das Gegenteil dessen auf, was er erreichen möchte. Sie versuchen sich die Tatsache zunutze zu machen, dass Appelle oft einen Druck ausüben, der beim Empfänger einen Gegendruck hervorruft ( Reaktanz). Beispielsweise lässt sich beobachten, dass ein Kind, wenn seine Mutter es dazu anhält, noch lauter zu schreien und ja nicht damit aufzuhören, in der Regel den Reiz an seinem Tun verliert. Alfred Adler zufolge liegt hier das Prinzip zugrunde, dass das Kind seine Größe fühlt, indem es das Gegenteil dessen tut, was man von ihm möchte. So kann es zum Beispiel vorkommen, dass ein Empfänger sich einem Appell widersetzt, nicht weil er ihn sachlich ablehnen würde, sondern weil er ihn als unzulässigen Eingriff in sein persönliches Entscheidungsrecht und in seine Eigenständigkeit erlebt und die Befolgung somit dem Eingeständnis einer persönlichen Niederlage gleichkäme. Umgekehrt kann die Nichtbefolgung als Beweis der eigenen Unabhängigkeit erlebt werden, und somit als Gelegenheit, die eigene Größe zu fühlen (schon dadurch, dass dem appellierenden Sender ein Misserfolg beschert wird). Auch wenn ein paradoxes Vorgehen in der Erziehung punktuell überaus erfolgreich sein kann, gerät die aufrichtige Beziehung zwischen Eltern und Kind dadurch in Gefahr. Es sollte daher, wenn überhaupt, nur sparsam angewendet werden, und nur in einem humorvollen Kontext.

In manchen Therapieformen werden paradoxe Appelle bewusst eingesetzt, um ungünstige Verhaltensmuster zu «verstören». Zum Beispiel verändert sich das Streitverhalten eines Ehepaars, wenn ihm vorgegeben wird, nur noch an bestimmten Tageszeiten zu streiten. In ähnlicher Weise führt das absichtliche Herbeiführen eines Tics dazu, dass dieser seinen spontanen Charakter verliert. Der Klient wird Herr über sein Symptom, ist ihm nicht mehr ausgeliefert.

Literatur

Miteinander reden 1, S. 277ff. (S. 237ff.)

Miteinander reden von A bis Z
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