Doppeln

Wenn der Berater meint, einen Klienten gut verstanden zu haben, obwohl dieser seine innere Wahrheit nicht in klare Worte fassen kann, dann kann er ihn doppeln, das heißt in Ich-Form etwas für ihn aussprechen. Diese Technik dient sowohl der  Selbstklärung einzelner Individuen (monologisches Doppeln bzw. Selbstklärungsdoppeln) als auch der Klärung zwischen zwei Konfliktparteien (dialogisches Doppeln).

Doppeln kann eine sehr machtvolle Intervention sein, da durch das Sprechen in Ich-Form die Grenze zwischen dem Eigenen und dem Anderen scheinbar verschwimmt. Voraussetzung für das Doppeln ist daher, dass der Doppler die ausdrückliche Erlaubnis der betreffenden Person einholt: «Darf ich einmal neben Sie kommen und etwas an Ihrer Stelle sagen? Sie sagen dann anschließend, ob es für Sie stimmt?» Diese Erlaubnis wird vor jedem Doppeln aufs Neue eingeholt. Während des Doppelns sitzt oder hockt der Doppler an der Seite der gedoppelten Person (s. Abb. 17).

Abb. 17:

Vorgehen beim Doppeln

Das Doppeln hat seinen Ursprung im Psychodrama. Es wurde von Chr. Thomann für Mediation und Paarberatung aufgegriffen und zum dialogischen Doppeln als eine Methode der  Klärungshilfe weiterentwickelt. Das dialogische Doppeln dient der Klärung zwischen zwei Konfliktparteien. Dabei liegt das Hauptziel auf der Vervollständigung der Kommunikation zwischen den Beteiligten: Bislang unterschwellige und emotional oft brisante  Botschaften werden durch den Klärungshelfer ausgesprochen und ergänzen damit den Streit-Dialog. Als Strukturierungshilfe dient hierbei das  Kommunikationsquadrat. Die Kommunikation zwischen den Konfliktparteien wird durch das Doppeln verlangsamt und präzisiert, da die jeweilige Äußerung zunächst vom Klärungshelfer gedoppelt wird, bevor die andere Partei darauf reagieren darf.

Eine besondere Herausforderung für den Klärungshelfer liegt in den feindseligen Impulsen und Gefühlen wie z.B. Wut und Neid, Misstrauen und Rache. Er muss auch sie doppeln, das heißt ihnen eine Sprache geben, damit der «Inhaber» der Gefühle sich verstanden fühlt und damit dem Gegenüber die Brisanz der Auseinandersetzung deutlich wird.

Gleichzeitig droht jetzt, wenn diese Dinge «auf den Tisch kommen», eine feindselige Eskalation. Hier ist es für den Klärungshelfer hilfreich, zwischen abwehrenden und abgewehrten Gefühlen zu unterscheiden und sie beim Doppeln zusammenzuführen. «Hinter» den harten abwehrenden Gefühlen verbergen sich nämlich weiche, schutzbedürftige Gefühle (Traurigkeit, Verletztheit …).

Mit Hilfe des Doppelns kann ein Berater die Beteiligten dabei unterstützen, von der Ebene der harten Gefühle zu den darunter liegenden weichen Gefühlen wie Enttäuschung und Kränkung zu gelangen und sich so aus der Gefangenschaft ihrer Verletztheit zu befreien. Gelingt dieser Schritt im Klärungsprozess, kann das An-Erkennen der gegenseitigen Verletzungen viel zu gegenseitigem Verständnis beitragen und damit eine Wende in der bislang destruktiven Beziehungsdynamik einleiten.

Literatur

Benien, K.: Beratung in Aktion, S. 72ff.

Stahl, E.: Einmaleins des Brückenbaus: versöhnende Aspekte beim dialogischen Doppeln. In: Schulz von Thun, F./Kumbier, D.: Impulse für Beratung und Therapie, S. 215ff.

Thomann, Chr./Schulz von Thun, F.: Klärungshilfe 1, S. 128ff.

Thomann, Chr.: Das Doppeln im Konfliktklärungs-Dialog, dargestellt am Kommunikationsquadrat. In: Schulz von Thun, F./Kumbier, D.: Impulse für Beratung und Therapie, S. 194ff.

Miteinander reden von A bis Z
cover.html
haupttitel.html
inhaltsvz.html
chapter1.html
chapter2.html
chapter3.html
chapter4.html
chapter5.html
chapter6.html
chapter7.html
chapter8.html
chapter9.html
chapter10.html
chapter11.html
chapter12.html
chapter13.html
chapter14.html
chapter15.html
chapter16.html
chapter17.html
chapter18.html
chapter19.html
chapter20.html
chapter21.html
chapter22.html
chapter23.html
chapter24.html
chapter25.html
chapter26.html
chapter27.html
chapter28.html
chapter29.html
chapter30.html
chapter31.html
chapter32.html
chapter33.html
chapter34.html
chapter35.html
chapter36.html
chapter37.html
chapter38.html
chapter39.html
chapter40.html
chapter41.html
chapter42.html
chapter43.html
chapter44.html
chapter45.html
chapter46.html
chapter47.html
chapter48.html
chapter49.html
chapter50.html
chapter51.html
chapter52.html
chapter53.html
chapter54.html
chapter55.html
chapter56.html
chapter57.html
chapter58.html
chapter59.html
chapter60.html
chapter61.html
chapter62.html
chapter63.html
chapter64.html
chapter65.html
chapter66.html
chapter67.html
chapter68.html
chapter69.html
chapter70.html
chapter71.html
chapter72.html
chapter73.html
chapter74.html
chapter75.html
chapter76.html
chapter77.html
chapter78.html
chapter79.html
chapter80.html
chapter81.html
chapter82.html
chapter83.html
chapter84.html
chapter85.html
chapter86.html
chapter87.html
chapter88.html
chapter89.html
chapter90.html
chapter91.html
chapter92.html
chapter93.html
chapter94.html
chapter95.html
chapter96.html
chapter97.html
chapter98.html
chapter99.html
chapter100.html
chapter101.html
chapter102.html
chapter103.html
chapter104.html
chapter105.html
chapter106.html
chapter107.html
chapter108.html
chapter109.html
chapter110.html
chapter111.html
chapter112.html
chapter113.html
chapter114.html
chapter115.html
chapter116.html
chapter117.html
info_autor.html
info_buch.html
impressum.html
lovelybooks_buchfrage.xhtml