Motivation
«Heutzutage muss man seine Mitarbeiter motivieren – anbrüllen allein nützt nichts mehr!» Dieses Bonmot enthält ein Körnchen Wahrheit. Denn die hierarchische Macht (allein) garantiert keine wirksame Einflussnahme. Wie motiviere ich meine Mitarbeiter, dass sie sich mit dem Unternehmen nachhaltig identifizieren und ihre Einsatzbereitschaft steigern? Wie motiviere ich meinen Chef, mir respektvoller zu begegnen? Wie motiviere ich meinen Mann, weniger zu arbeiten und mehr für die Familie da zu sein? Wie motiviere ich meine Kinder, mehr zu lesen und weniger am Computer zu sitzen? Wie motiviere ich meinen Kunden, den Kaufvertrag zu unterschreiben (→ Manipulation)?
Wer seinen Einfluss auf seine Mitmenschen erhöhen will, wird solche Fragen an die Kommunikationspsychologie stellen. Gibt es «Gesetze», wie man die «Macht des Wortes» steigen kann? Ein weites Feld! Manchmal hängt es wirklich an der Formulierung, ob ein → Appell Aussicht auf Erfolg hat. «Würdest du die Spülmaschine ausräumen?» ist aussichtsreicher als «Würdest du wenigstens mal die Spülmaschine ausräumen?». Denn die zweite Version enthält als «korrelierte» → Botschaft einen Vorwurf, der die Befolgung des Appells erschwert. Die Akzeptanz des Appells kann auch als Akzeptanz der Kritik aufgefasst werden.
Allgemein lässt sich sagen, dass eine Ansprache, die den Empfänger zu einer Veränderung bewegen will, «quadratisch transparent» (→ Kommunikationsquadrat) und dabei auf der Beziehungsebene wertschätzend sein sollte. Quadratisch transparent ist die Kommunikation, wenn deutlich wird: 1. welcher Sachzusammenhang für die Bitte/Aufforderung maßgeblich ist; 2. welche persönlichen Überzeugungen/Absichten den Sender leiten und beseelen; 3. wie er die Beziehung zum Empfänger definiert: Spricht hier ein «Klugi», der weiß, wo es langgeht, zu einem «Dummi», der keine Ahnung hat? Oder spricht ein nachdenklicher Steuermann zu seinen Leuten, von denen er weiß, dass jeder seinen Wirklichkeitsausschnitt kompetent überschaut und von daher eingeladen werden sollte, seine Sichtweise zum Thema beizutragen?
In diesem Sinne kann man einen wirksamen Appell als Ergebnis guter vierseitiger Kommunikation bezeichnen. Besondere Bedeutung kommt der Vorentscheidung auf der Beziehungsebene zu: Sehe ich mein Gegenüber als trägen Esel an, der ungern Lasten schleppt, aber mit Zuckerbrot, Peitsche, Anreizsystemen, Incentives, mit Geld und guten Worten zu etwas «gebracht» werden muss? In diesem Fall versucht ein Subjekt ein Objekt zu motivieren. Oder begegnen wir uns von Subjekt zu Subjekt und verständigen uns auf gelingende Kooperation? Gehe ich als Führungskraft davon aus, dass mein Mitarbeiter prinzipiell motiviert ist (und nicht motiviert werden muss)? Und dass es meine Aufgabe ist, seine Motivation kennenzulernen (zuhören!), ebenso wie die Motivationshindernisse zu ergründen und wenn möglich zu vermindern? In diesem zweiten Fall ist eine erfolgreiche Motivierung deutlich wahrscheinlicher.