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Übertragung
Wenn eine neue Beziehung alte, prägende Beziehungserfahrungen (positiver wie negativer Art) unbewusst aktiviert, sprechen wir von Übertragung. Beispiel: Theresa hatte einen strengen Vater, dem gegenüber sie sich als Kind oft klein und unbedeutend fühlte. Er war Bartträger. Reagiert Theresa als erwachsene Frau auf einen älteren Mann mit Bart (beispielsweise ihren Vorgesetzten) gefühlsmäßig so, als ob dieser ihr Vater wäre, wäre es zu einer Übertragung gekommen.
In der Psychotherapie kommen solche Übertragungen auch vor: Der Klient überträgt alte Gefühls- und Verhaltensmuster auf den Therapeuten. Die Übertragung kann dann erkannt und für den therapeutischen Prozess genutzt werden. Besonders in der Freud’schen Psychoanalyse spielt die Übertragung daher eine große Rolle.
Übertragungen schleichen sich meist unbewusst in eine zwischenmenschliche Beziehung ein. Dies ist gut zu wissen: Nicht alle Reaktionen, die du erhältst, sind dir wirklich zugedacht. Dein Gegenüber «verwechselt» dich vielleicht zum Teil mit jemand anderem. Womöglich ist irgendetwas an dir, was den anderen unbewusst an jemanden aus seiner Vergangenheit erinnert. Je mehr du von dir zeigst und erkennbar wirst, umso geringer ist die Gefahr einer Verwechslung und Übertragung.
Ein ähnlicher Beziehungsmechanismus ist die → Projektion. Während dort ein eigener Seeleninhalt auf jemand anders wie auf eine Leinwand geworfen (projiziert) wird, ist bei der Übertragung ein Dritter im Spiel, der sich in eine Beziehung «einmischt».